Vermietung eines Eigenheimes - ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Liebhaberei mangels objektiver Eignung der Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karoline Windsteig in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***10***, ***9***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO bezüglich der Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie betreffend die Umsatzsteuer der Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Hinweis gem. § 101 Abs. 3 BAO
Schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), können einer nach § 81 vertretungsbefugten Person oder einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird (§ 101 Abs. 3 BAO).
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Kommanditgesellschaft, ihr Betriebsgegenstand war in den Streitjahren die Vermietung der Liegenschaft in ***2*** Wien, ***3***, (idF A) für Events (Geburtstagsfeiern usw.), des Weiteren die Vermietung der Liegenschaft in A an selbständige Unternehmer zum Zwecke der Berufsausübung sowie an Personen für die Anmietung virtueller Wohn- bzw. Betriebsitze.
Betriebssitz der Bf. ist laut dem Firmenbuch die ***4***, ***5*** Wien (idF B).
Komplementär der Bf. und Vertreter nach § 81 BAO war ***6*** ***7***, seit dem wohnhaft in ***9***.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom wurde ***10*** zum Erwachsenenvertreter des ***12***, unter anderem auch für die Vertretung in behördlichen Angelegenheiten bestellt.
Die Liegenschaft in A ist ein Superädifikat auf einem Grundstück, das im Eigentum des Stiftes Klosterneuburg steht.
Wegen des Verdachts nicht versteuerter Mieteinnahmen durch ***12*** sowie illegaler Vergabe von Scheinanmeldungen fand bei der Bf. eine Außenprüfung statt. Der Verdacht wurde von der Magistratsabteilung 62 im März 2017 an das Amt für Betrugsbekämpfung angezeigt.
Der Prüfer stellte in seinem am verfassten Bericht fest, dass die Vermietung der Liegenschaft in A einkommensteuerrechtlich und umsatzsteuerrechtlich eine Liebhabereitätigkeit darstelle.
Seit Beginn der Vermietungstätigkeit im Jahre 2008 bis zum Jahre 2018 wäre anhand der jeweiligen Veranlagungsergebnisse ein Werbungskostenüberschuss von insgesamt - 162.076,45 € erwirtschaftet worden. Der Zustand des Gebäudes ließe nach erfolgter Besichtigung überdies auf zukünftige laufende Reparaturen und Instandsetzungen schließen, was auch vom Komplementär der Bf. bei der Schlussbesprechung bestätigt worden wäre. Dieser habe auch angegeben, dass die Liegenschaft in A seit Generationen der Familie gehörte, weshalb ihre Vermietung jedenfalls der Abdeckung ihrer Kosten diente.
Ebenso habe der Prüfer keine grundlegende Änderung der Bewirtschaftung in Bezug auf die Liegenschaft in A feststellen können.
In rechtlicher Hinsicht wurde im Bericht ausgeführt, dass zu einer einkommensteuerrechtlichen Liebhaberei jede der Lebensführung zuzurechnende Betätigung zähle, wenn sie nicht objektiv ertragsfähig sei, und nicht anhand objektiver Umstände eine Gesamtgewinnerzielungsabsicht bewiesen werden könne.
Umsatzsteuerrechtlich sei jede typischerweise der Lebensführung zuzurechnende objektiv nicht ertragsfähige Betätigung, eine Liebhaberei.
Der Prüfer ging davon aus, dass im Beschwerdefall ein Gesamtüberschuss infolge einer fehlenden Änderung der Bewirtschaftungsart nicht erzielbar gewesen wäre, die Vermietung demnach keine nachhaltige Einkunftsquelle darstelle und einkommensteuerrechtlich deshalb von Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung (LVO) auszugehen sei.
Aus diesen Gründen wäre auch umsatzsteuerrechtlich von Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO auszugehen und schulde die Bf. die bisher in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994.
Nach Wiederaufnahme der Feststellungsverfahren 2015 bis 2018 und der Umsatzsteuerverfahren 2015 bis 2018 erließ das Finanzamt die angefochtenen Bescheide.
In den Feststellungsbescheiden der Streitjahre wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit Null festgestellt.
In den jeweiligen Umsatzsteuerbescheiden wurden die steuerbaren Vermietungseinkünfte mit Null festgestellt und die bisher verrechnete Umsatzsteuer in Höhe von 4.079,23 € (2015), von 4.482,79 € (2016), von 4.320,***BF1StNr1*** € (2017) und von 3.741,12 € (2017) gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994 als Steuerschuld aufgrund der Rechnung vorgeschrieben.
In der Beschwerde gegen die Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre brachte die Bf. vor, ihr Komplementär habe als Hauptmieter die Wohnung in B an unterschiedliche Personen und unter anderem auch seit 2008 als Betriebssitz an die Bf. untervermietet. Alle Einnahmen der bisherigen Untervermietung der Wohnung in B habe der Komplementär an die Bf. abgetreten und alle weiteren Untervermietungen stünden daher der Bf. zu und würden wirtschaftlich mit den Einnahmen aus der Vermietung der Liegenschaft in A eine Einheit bilden. Folglich würde die Bf. aus der Vermietung der beiden Liegenschaften A und B bereits seit 2014 regelmäßig Gewinne erzielen.
Dass diese Mieteinnahmen bisher nicht erklärt worden wären, rühre aus der falschen Einschätzung der konkreten Situation.
In einer Beilage zur Beschwerde wurden die Mieteinnahmen von 2014 bis 2018 aus der Untervermietung der an der Anschrift B gemeldeten Personen dargestellt. In dieser Wohnung wären sieben Räumlichkeiten an unterschiedliche Personen untervermietet worden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 |
8.175,00 € | 16.055,00 € | 17.430,00 € | 16.355,00 € | 16.625,00 € |
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden betreffend die Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 2015 bis 2018 als unbegründet abgewiesen.
Der Begründungsteil der Entscheidung enthält nachfolgende Ausführungen:
"Das Unternehmen ***1*** KG ist seit 2008 Vermieter der Liegenschaft in ***2*** Wien ***3***. Außer dieser Vermietung wurden weder in den bislang abgegebenen Steuererklärungen, noch während des gesamten Prüfungsverfahrens Einnahmen dargelegt, welche der ***Bf1*** zuzuordnen wären. Seit dem Jahr 2008 wurde ein Werbungskostenüberschuss in der Höhe von € 162.076,45 erwirtschaftet. Es erfolgte eine Betriebsprüfung für die Jahre 2015 - 2016. Das betreffende vermietete Einfamilienhaus wurde bei Prüfungsbeginn in Augenschein genommen. Anhand des vorgefunden Zustandes des Gebäudes wurde durch die BP festgestellt, dass auch zukünftig, wesentliche Reparaturen an der Liegenschaft anfallen werden, welche einer nachhaltig, positiven Entwicklung der Vermietungseinkünfte entgegenstehen. Im Prüfungsverfahren konnten keine Maßnahmen festgestellt werden, welche eine Änderung der Bewirtschaftung in Bezug auf die Erzielung eines Gesamtüberschusses bewirken. Im Zuge der Betriebsprüfung wurden anhand der vorgenannten Sachverhalte die im Prüfungszeitraum 2015 - 2018 erzielten Einkünfte der Liebhaberei im Sinn des § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung unterworfen. Die Einkunft kommt damit als Einkommensquelle i.S. des Einkommensteuerrechts nicht in Betracht. Es erfolgte eine Wiederaufnahme der Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015 - 2017. Hierbei darf auch auf den Prüfbericht verwiesen werden. Im Zuge des Prüfungsverfahrens wurde durch die BP festgestellt, dass, neben der Vermietung der Liegenschaft ***2*** Wien ***3***, auch Einnahmen aus der Untervermietung der Liegenschaft ***5*** Wien ***4*** erzielt werden, welche bislang keiner Besteuerung unterzogen wurden. Im Zuge dieser Feststellung wurde erhoben, dass diese Liegenschaft durch Herrn ***12*** selbst angemietet wird. Das Prüfungsverfahren wurde daher auf den Komplementär der ***Bf1*** (Herrn ***12***) ausgedehnt.
Die, in der eingebrachten Beschwerde vom dargestellte Behauptung, dass die Tätigkeit der Untervermietung der ***Bf1*** zuzuordnen ist, kann seitens der Abgabebehörde nicht geteilt werden, zumal diese einerseits bereits bei der Prüfung dargelegt hätte werden müssen, und auch während der Prüfung keine Beweise über diese Behauptung erbracht wurden. In den Buchhaltungsunterlagen fanden sich keinerlei Unterlagen über Einnahmen noch Ausgaben, welcher der Untervermietungstätigkeit entstammen. Es wurde von der BP erhoben, dass Herr ***12*** das betreffende Top 11 selbst anmietet, und die Mieten anhand vorliegender Mietverträge auf sein privates Girokonto einzuzahlen sind. Das betreffende Top 11 wird zwar als Betriebssitz der KG benutzt, dies beschränkt sich It. Besichtigung durch die BP auf ein Zimmer, welches vermüllt vorgefunden wurde. Eine Nutzung als Büro konnte ausgeschlossen werden. Die betreffenden Einkünfte aus der Vermietung des Top 11 wurden im Rahmen der Betriebsprüfung anhand des vorgenannten Sachverhaltes Herrn ***12*** zugeordnet. Eine Zuordnung der Einkünfte aus der Untervermietung des Top 11 der Liegenschaft ***5*** Wien, B, an die ***Bf1*** ist somit auszuschließen. Erwähnt sei, das selbst bei Zuordnung der Einkünfte an die ***Bf1*** kein Gesamtüberschuss entstehen würde, welche die Feststellung der BP als Liebhaberei beeinflusst. Einkommensteuerrechtliche Liebhaberei ist jede der Lebensführung zuzurechnende Betätigung, wenn sie nicht objektiv ertragsfähig ist, oder jene typisch erwerbwirtschaftliche Betätigung, wenn sie nicht mit anhand objektiver Umstände nachvollziehbarer Gesamtgewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Umsatzsteuerliche Liebhaberei ist jede typischerweise der Lebensführung zuzurechnende Betätigung, wenn sie nicht objektiv ertragsfähig ist. Anhand der durch die BP ermittelten Gegebenheiten (Gesamtverlust bis zum in Höhe von € 162.076,45, auch in Zukunft laufend Reparaturen, keine grundlegenden Maßnahmen betreffend einer Änderung in der Bewirtschaftung) kommt die Tätigkeit als Einkommensquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts nicht in Betracht. Bei Feststellung einer Liebhaberei im einkommensteuerrechtlichen Sinn nach § 1(2) der LVO betrifft diese auch den umsatzsteuerlichen Bereich. Bzgl. Ihrer Beschwerdeergänzung vom über den vorläufigen, widerrufbaren Widerruf zur Verzichtserklärung Kleinunternehmerregelung darf festgehalten werden, dass durch die Feststellung der Liebhaberei der Befreiungsverzicht der Kleinunternehmerregelung durchbrochen und die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung gern. § 11 Abs. 14 UStG vorgeschrieben wurde. Die betreffende Beschwerde war abzuweisen."
Im Vorlageantrag vom brachte die Bf. zur Vermietung der Liegenschaft in A vor, dass in den ersten drei Jahren keine Einkünfte erzielt worden wären, da das Objekt mit erheblichem finanziellen Aufwand umgebaut und renoviert worden wäre. Auch wären in den weiteren Jahren Verbesserungen und Anschaffungen durchgeführt sowie Ausgaben für Werbung und PR gemacht worden.
Desgleichen habe der Aufbau des Geschäfts angesichts des Umsatzschwerpunkts Seminare und Events mehrere Jahre gedauert. Die bisherige Art der Bewirtschaftung habe neben dem Erhalt einer wertvollen Naturoase eine umweltverträgliche Vorgehensweise vorgesehen, sämtliche Investitionen wären ohne die Inanspruchnahme von Krediten finanziert worden. ***12*** habe mit der Vermietung dieser Immobilien auch nicht unbedingt nur einen schnellen Gewinn beabsichtigt, sondern langfristig einen kleinen aber dauerhaften Gewinn angestrebt und langfristige Werte geschaffen. Außerdem wären Umsatzeinbußen durch höhere Gewalt (Brand des Nachbarhauses, Blitzschlag in einen Baum, Coronavirus) als Folge einer Betriebsstillegung entstanden. Deshalb könne das Unternehmen nicht als Liebhaberei beurteilt werden, ***12*** könne sich als Hobby auch etwas Lustigeres vorstellen, als die Buchhaltung und die bürokratischen Hürden.
Als Beweise wurden angeführt: Ortsbesichtigung, Bau Sachverständigen Gutachten, Feasibility Study durch Experten in Unternehmensführung, Immobilienverwertung.
Zur Untervermietung der Wohnung in B Tür 11 wurde ausgeführt, dass laut Mietvertrag ***12*** der Hauptmieter der Liegenschaft in B gewesen wäre, den die Bf. seit 2008 als Betriebssitz verwendet habe. Die Mieten hätte die Bf. bis 2015 getragen, bezahlt habe sie ***12*** von seinem Privatkonto. Ab 2014/2015 wäre die Wohnung immer weniger als Büro genutzt worden, sondern für kurzfristige Unterkünfte von Seminarleitern, die aus dem Ausland angereist wären. Die operative Tätigkeit der Bf. wäre sodann auf der Liegenschaft in B in die Wohnung von ***12***, Tür 10 verlagert worden, die Kostenanteile von Tür 11 im Ausmaß der anderweitigen Vermietung der Wohnung reduziert. Die Einnahmen aus der Untervermietung der Wohnung in B wären auch auf das Privatkonto von ***12*** eingezahlt worden, zumal auch die gesamten Kosten vom Privatkonto abgebucht worden wären. Letztlich wäre es praktisch nur ein Durchlaufposten gewesen, die Einnahmen von Tür 11 wären praktisch 1:1 direkt an die Hausverwaltung weitergeleitet worden, mit welcher auch 2015 eine Zusatzvereinbarung bzgl. Untermietrecht und auch für die Betriebs- und Energiekosten der Wohnung getroffen worden wäre.
Die von der Bf. weiterhin genutzten Räume an Tür 11 und teilweise an Tür 10 würden vor allem als Lager genutzt werden, da an der Liegenschaft in A nicht genügend Platz für ausgelagerte Büromöbel gewesen wäre. Der Raum für die Bf. sei demnach nicht vermüllt, sondern vollgeräumt gewesen. Die Bürotätigkeit wäre sodann von ***12*** in seiner Wohnung in B (Tür 10) ausgeübt worden.
Als Beweise wurden allgemein gehalten "Überweisungsbelege und Mietrechnungen" angeführt.
Zur Steuerschuld aufgrund der Rechnung wurde in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass ein Großteil der von der Bf. mit Umsatzsteuer fakturierten Rechnungen an Private, Vereine oder ausländische Unternehmen gegangen wären, die keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug gehabt hätten.
Hingewiesen wurde abschließend darauf, dass die infolge der Komplementärfunktion des ***12*** an der Bf. (95%ige Mehrheit) und der nachfolgenden Punkte die Vermietungen untrennbar miteinander verwoben und als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten wären:
***12*** als alleiniger Eigentümer am Gebäude in A, das wesentlicher Vermietungsgegenstand der Bf. sei;
***12*** als Hauptmieter der Wohnung in B, die der Bf. seit 2008 als Firmensitz diente
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Bf. aufgefordert, die Fakturen über die verrechneten Mieten des Zeitraumes 2015 bis 2018 betreffend die Vermietung der Liegenschaft in A sowie die Namen und die Anschriften der Leistungsempfänger- wie im Vorlageantrag vom - als Beweis angegeben, spätestens bis zum vorzulegen.
Der Erwachsenenvertreter gab dem Bundesfinanzgericht fernmündlich am bekannt, dass die über Vorhalt abverlangten Unterlagen nicht mehr existierten und daher nicht vorgelegt werden können.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht nimmt folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Die Bf., eine KG, vermietete seit 2008 ein Einfamilienhaus (Superädifikat) auf einer Liegenschaft in A, die im Eigentum des Stiftes Klosterneuburg steht. Die Vermietung für Events sowie zu anderen geschäftlichen Zwecken unter anderem zur Begründung von virtuellen Wohn- bzw. Betriebsstätten hat mit Gründung der Bf. im Jahre 2008 begonnen. Komplementär der Bf. ist ***12***, Eigentümer des Einfamilienhauses in A, das seit Generationen seiner Familie gehört.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom wurde ***10***, ***2*** Wien***3***, zum Erwachsenenvertreter für ***12*** bestellt.
Wirtschaftliches Ergebnis dieser Vermietung im Zeitraum von 2008 bis 2018 war ein Gesamtverlust in Höhe von -162.076,45 €.
Aus dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung waren Erklärungsdaten der Bf. für die Jahre 2019 und 2020 zu entnehmen
Erklärt wurden weitere Verluste aus der Vermietungstätigkeit durch die Bf.:
2019: Verlust in Höhe von -41,11 €
2020: Verlust in Höhe von -15.845,49 €
Die Bf. hat im Jahre 2011 die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit auf die Kleinunternehmerregelung nach § 6 Z 27 UStG 1994 zu verzichten (§ 6 Abs. 3 UStG) in Anspruch genommen. Ein diesbezügliches Verlangen seitens der Abgabenbehörde war nicht festzustellen.
Zum Gebäude in A ist festzuhalten, dass wegen seines Zustandes während des Prüfungsverfahrens zukünftig laufende Reparaturen und Instandsetzungen mit Sicherheit zu erwarten waren. Außerdem stand es im Familienbesitz des Komplementärs der KG, der während des Streitzeitraumes die Vermietungseinnahmen jedenfalls zur Abdeckung der Reparaturaufwendungen für das Gebäude verwendete. Die in der Beschwerde eingewendeten Unwägbarkeiten sind nicht bewiesen
Für das Bundesfinanzgericht ist die Zurechnung des Verlustes aus der Vermietung des Gebäudes in A an die Bf. erwiesen.
Demgegenüber waren die Einnahmen im Zeitraum 2014 bis 2018 aus der Untervermietung der Wohnung in B (Tür 11) in Höhe von insgesamt 74.640,00 € nicht der Bf. zuzurechnen. Diese Wohnung mietete ***12*** als Hauptmieter zu ihrer Verwendung für Geschäfts- und Bürozwecke an, ihre Nutzfläche beträgt ca. 91,85 m². Nach vorgelegten Miet- und Nutzungsvereinbarungen aus dem Jahre 2014 tritt die ***11***, vertreten durch ***12***, als Vermieter/Überlasser auf.
***12*** war zudem Hauptmieter der Wohnung in B (Tür 10) mit einer Wohnnutzfläche im Ausmaß von insgesamt ca. 124 m², in welcher er damals selbst wohnte und andere Räumlichkeiten dieser Wohnung untervermietete.
Feststeht, dass im Streitzeitraum die Vermietungseinnahmen der Wohnungen in B auf das Privatkonto von ***12*** einbezahlt wurden und er diese nicht versteuert hatte.
Die Bf. hat über die Vermietung des Einfamilienhauses in A Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer (20%) erstellt. Die verrechnete Umsatzsteuer betrug 4.079,23 € für 2015, 4.482,79 € für 2016, 4.320,06 € für 2017 und 3.741,12 € für 2018.
Aus umsatzsteuerlicher Hinsicht lag diesbezüglich keine Gefährdung des Steueraufkommens vor.
2. Beweiswürdigung
Der als erwiesen festgestellte Sachverhalt gründet sich auf aktenkundige Unterlagen und unstrittige Feststellungen im Prüfbericht.
Das Ergebnis (Verlust) der wirtschaftlichen Tätigkeit seit dem Beginn der Vermietung des Einfamilienhauses in A im Jahre 2008 bis 2020 gründet sich auf unstrittige Ausführungen im Prüfbericht und den von der Bf. abgegebenen Steuererklärungen.
Der Zustand des Gebäudes und die weiterhin bestehende Reparaturbedürftigkeit des vermieteten Liegenschaftsobjektes in A ergibt sich aus der bei Prüfungsbeginn vorgenommenen Besichtigung des Gebäudes und wurde damals vom Komplementär der Bf. auch bestätigt. Der allgemein gehaltene Beschwerdeeinwand, der Prüfer sei weder Unternehmensberater noch Bausachverständiger, und dass künftige erforderliche und wiederholte Reparaturen auf jedes Bauwerk zuträfen, ist für sich alleine nicht geeignet, eine andere konkrete Bewirtschaftungsart zu beweisen, mit welcher bis 2028 Verluste in Höhe von 177.763,05 € (162.076,45 + 41,11 + 15.845,49) ausgeglichen und ein Gesamteinnahmenüberschuss erwirtschaftet werden hätte können (vgl. ).
Die schriftliche Aufforderung der belangten Behörde vom , die Liebhabereivermutung in Bezug auf die Vermietung des Objektes in A durch eine Prognoserechnung zu widerlegen, in welcher- wie oben angeführt - die Erzielung eines Gesamtüberschusses rechnerisch prognostiziert werden hätte sollen, blieb unbeantwortet.
Die Zustellung dieses Vorhalts an die Bf. erfolgte im Wege von Finanzonline am um 11.52 Uhr.
Die Bf. ist beweispflichtig dafür, dass bei einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO die Art der Bewirtschaftung in einem absehbaren Zeitraum Gesamtüberschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt.
Dieser obliegt es, die begründete Wahrscheinlichkeit der Erzielung des positiven Gesamtergebnisses innerhalb der Frist des § 2 Abs. 4 letzter Satz LVO nachvollziehbar auf Grund konkreter und mit der wirtschaftlichen Realität übereinstimmenden Bewirtschaftungsdaten darzustellen (vgl. ). Mangels konkreter Beweise und überdies infolge fehlender Prognoserechnung war die Erzielung eines Gesamtüberschusses im dafür vorgesehenen Beobachtungszeitraum nicht erwiesen. Die objektive Eignung der Betätigung, Einnahmenüberschüsse zu erzielen, war demnach zu verneinen.
Aus der Untervermietung von Räumlichkeiten in den Wohnungen in B durch die ***13***, vertreten durch ***12*** und infolge seines in diesen Verträgen angeführten Privatkontos, erschließt sich, dass die diesbezüglichen Mieteinnahmen nicht der Bf. zugeflossen waren, sie überdies nicht als Vermieterin aufgeschienen war.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den Akten und sind erwiesen.
Die Ausführungen im Vorlageantrag in Bezug auf eine Abtretung der nicht versteuerten Mieten durch ***12*** an die Bf. oder hinsichtlich einer verrechnungstechnischen Darstellung der Kostenanteile von Tür 11 beweisen angesichts der verschiedenen Vermieter keine wirtschaftliche Einheit der Vermietungen der Liegenschaftsobjekte in A und in B. Da die Bf. zudem nie als Vermieterin in Bezug auf das Liegenschaftsobjekt B aufgetreten war und gegenteilige Vorbringen ohne Beweise blieben, ist diese Feststellung für das Bundesfinanzgericht erwiesen.
Aus all dem, insbesondere aus der fehlenden Prognoserechnung, welche auch künftige Instandsetzungen, Reparaturkosten und Umstände einer Änderung der Bewirtschaftungsart erfassen hätte müssen, folgt: die Vermietungstätigkeit ist mit ausreichender Gewissheit nicht geeignet, innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren seit Vermietungsbeginn (2008) einen Gesamtgewinn zu erwirtschaften.
Der Nachweis, dass Mietrechnungen mit gesondertem Steuerausweis an Privatpersonen ergingen, sodass im Beschwerdefall von keiner Gefährdung des Steueraufkommens auszugehen gewesen wäre, konnte über Aufforderung des Bundesfinanzgerichts nicht bewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
a. Feststellungsverfahren
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung (LVO), BGBl 1993/33 idF BGBl II 1999/15, ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.
In diesen Fällen kann die Annahme von Liebhaberei nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 dieser Verordnung ausgeschlossen sein und widerlegt werden.
§ 2 Abs. 4 LVO bestimmt, dass bei Betätigungen gem. § 1 Abs. 2 Liebhaberei dann nicht vorliegt, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§3) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen.
Ein Eigenheim eignet sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung, ihre Vermietung fällt daher unter § 1 Abs. 2 Z 3 LVO. Das gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann, wenn im konkreten Einzelfall die tatsächliche Vermietung einer solchen Einheit zu Geschäftszwecken erfolgt (vgl. ).
Nach dem festgestellten und vom Bundesfinanzgericht als erwiesen beurteilten Sachverhalt stellt die Vermietung des Objektes in A keine Einkunftsquelle dar, da es der Bf. mit ihren Ausführungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag nicht aufzuzeigen gelang, dass sie nach der konkret ausgeübten Bewirtschaftungsart der Vermietung innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren einen Gesamteinnahmenüberschuss erzielt hätte (vgl. , , ). Damit wurde die für die kleine Vermietung (Vermietung von Eigenheimen) geregelte Vermutung der Liebhaberei nicht widerlegt. Die Vermietung des Objektes in A, durch welche im Zeitraum 2008 bis 2020 ein Gesamtverlust von insgesamt -177.963,05 € erwirtschaftet wurde, war auf Dauer gesehen nicht geeignet, Überschüsse zu erzielen. Angesichts dieser objektiven Umstände führt auch ein unerwarteter Eintritt einer Krankheit im Ergebnis nicht dazu, dass die zu beurteilende Vermietung als Einkunftsquelle einzustufen war.
b. Umsatzsteuer
Gemäß § 6 LVO kann Liebhaberei im Bereich der USt (§ 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994) nur im Fall von Betätigungen nach § 1 Abs. 2 LVO vorliegen, damit auch bei kleinen Vermietungen, nicht hingegen bei anderen Betätigungen.
Der VwGH hat schon mehrfach ausgesprochen, dass umsatzsteuerlich "Liebhaberei" bei Vermietung privaten Wohnraumes nach § 1 Abs 2 LVO als Umsatzsteuerbefreiung mit Vorsteuerausschluss anzusehen ist. Von dieser Auffassung ist er auch im Erkenntnis vom , 2010/15/0107 nicht stillschweigend abgewichen. Die verlustträchtige Vermietung einer Eigentumswohnung unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer und vermittelt kein Recht auf Vorsteuerabzug (; ; ; s. auch Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner17, § 2 Tz 264).
Vor diesem Hintergrund sind die von der Bf. erklärten Umsätze betreffend die Vermietung des Objektes in A steuerbar und unecht steuerbefreit und ziehen gem. § 12 Abs. 3 UStG 1994 den Verlust des Vorsteuerabzuges nach sich.
§ 11 Abs. 12 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, lautet:
"(12) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß."
§ 16 Abs. 1 UStG 1994 idF BGBl. Nr. 663/1994 lautet:
"(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist."
§ 11 Abs. 12 UStG 1994 knüpft den Wegfall der Steuerschuld aufgrund der Rechnung an die tatsächliche Durchführung der Rechnungsberichtigung gegenüber dem Leistungsempfänger an und normiert im letzten Satz, dass im Fall der Berichtigung § 16 Abs. 1 leg. cit. sinngemäß gilt. Durch den Verweis in § 11 Abs. 12 letzter Satz UStG 1994 auf § 16 Abs. 1 leg. cit. ergibt sich, dass für den Aussteller der Rechnung die Steuerschuld aufgrund der Rechnung zu dem Zeitpunkt (in jenem Voranmeldungszeitraum) wegfällt, in dem die Rechnung berichtigt wird (vgl. ).
Nach , entsteht keine Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht in der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers.
Fehlende Nachweise, dass die Leistungsempfänger (fast) ausschließlich Nichtunternehmer gewesen wären, führten angesichts vorstehender Judikatur zu einer Steuerschuld aufgrund der Rechnung und zur Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 erst im Voranmeldungszeitraum der Rechnungsberichtigung.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Frage, ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, handelt es sich gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine Tatfrage, welche in freier Beweiswürdigung zu entscheiden ist. Diese Frage wurde anhand der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen und die Revision als nicht zulässig zu beurteilen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104587.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at