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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2024, RV/7101873/2015

Schätzung Billard-Cafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2008, 2009, 2010 sowie Umsatzsteuer 2008, 2009, 2010 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Anschluss an eine Außenprüfung bei Frau ***Bf1*** (vormals ***Bf1a***, beschwerdeführende Partei - bP) erließ das Finanzamt folgende Bescheide: Mit Umsatzsteuerbescheid 2008 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 festgesetzt mit € 14.998,35 (Nachforderung € 21.446,15). Mit Umsatzsteuerbescheid 2009 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 festgesetzt mit € 6.554,87 (Nachforderung € 7.600,00). Mit Umsatzsteuerbescheid 2010 vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2010 festgesetzt mit € 7.262,91 (Nachforderung € 7.600,00). Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2008 festgesetzt mit € 9.431,50 (Nachforderung € 9.431,50). Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2009 festgesetzt mit € -1.109,00 (bisher vorgeschrieben war € -1.109,00). Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2010 festgesetzt mit € -1.109,00 (bisher vorgeschrieben war € 0,00). Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2008 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2008 und für das Jahr 2009 gem. § 303 Abs 1 BAO wieder aufgenommen. Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2009 gem. § 303 Abs 1 BAO wieder aufgenommen. Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2008 gem. § 303 Abs 1 BAO wieder aufgenommen. Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2009 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2009 gem. § 303 Abs 1 BAO wieder aufgenommen. Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2010 gem. § 303 Abs 1 BAO wieder aufgenommen. Die Nachforderungen resultieren unter anderem aus Umsatzzuschätzungen iHv jeweils netto € 20.000 (für das Jahr 2008), € 40.000 (für das Jahr 2009) sowie € 40.000 (für das Jahr 2010) zuzüglich Umsatzsteuer.

Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde zeitgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2008 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass der Anlagenverkauf iHv € 25.028,36 in der VuG 2008 berücksichtigt worden sei und die Zuschätzung von € 20.000,00 nicht gerechtfertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt worden wären. Die Bankeinzahlungen wären Privateinzahlungen von Familie und Freunden. Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde zeitgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass die Zuschätzung von € 40.000,00 nicht gerechtfertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt worden wären. Die Bankeinzahlungen wären wie 2008 auch Privateinzahlungen von Familie und Freunden. Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2010 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass die Zuschätzung von € 40.000 nicht gerechtgertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt worden wären. Die Bankeinzahlungen wären wie 2008 auch Privateinzahlungen von Familie und Freunden. Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde zeitgerecht Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass der Anlagenverkauf in der VuG 2008 berücksichtigt worden sei und die Zuschätzung von € 20.000,00 nicht gerechtfertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt worden wären. Die Bankeinzahlungen wären Privateinzahlungen von Familie und Freunden. Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde zeitgerecht Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2009 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass die Zuschätzung von € 40.000,00 nicht gerechtfertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt worden wären. Die Bankeinzahlungen wären wie 2008 auch Privateinzahlungen von Familie und Freunden. Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 sowie den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass die Zuschätzung von € 40.000 nicht gerechtfertigt sei, da keine Mehreinnahmen erzielt wurden. Die Bankeinzahlungen wären wie 2008 auch Privateinzahlungen von Familie und Freunden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Der von der Betriebsprüfung bei Ermittlung des Aufgabegewinnes betreffend ***Betrieb1*** angesetzte Anlagenverkauf wäre bei der Neuberechnung des laufenden Gewinnes wieder abgezogen worden, sodass es zu keiner doppelten Versteuerung kam. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Betriebsprüfung formelle und materielle Mängel festgestellt hätte und diese in der Beschwerde unbestritten geblieben wären. Die Behauptung, dass die ungeklärten Bankeingänge von Familie und Freunden stammten würden, wäre gänzlich unglaubwürdig. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2008, 2009 und 2010 sowie betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2008, 2009 und 2010 als unbegründet abgewiesen.

Mit Eingabe vom (eingelangt am ) wurde zeitgerecht der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag) betreffend Umsatzsteuerbescheide 2008, 2009 und 2010 sowie betreffend Einkommensteuerbescheide 2008, 2009 und 2010 gestellt. Darin wurde angeführt, dass sich die Begründungen der ursprünglichen Bescheidbeschwerden nicht geändert hätten. Kein Vorlageantrag wurde eingebracht für die Bescheide Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer jeweils für die Jahre 2008 bis 2010.

Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht. Das Finanzamt beantragte darin die Beschwerden im Sinne der Beschwerdevorentscheidungen abzuweisen.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die bP betrieb im ersten Halbjahr 2008 einen ***Betrieb1***. Dieser Betrieb wurde mit beendet. Ab betrieb die bP ein ***Betrieb2***. Wegen vorheriger Umbauarbeiten erfolgte die Eröffnung am . Mit Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde eine Außenprüfung betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Zusammenfassende Meldung für die Jahre 2007 bis 2010 abgeschlossen.

Anlagenverkauf

Der im Zuge der Betriebsaufgabe veräußerte VW TV Multivan (€ 13.333,25) sowie die Betriebsausstattung (€ 11.695,01) wurden bereits vor der Betriebsprüfung in der Gesamthöhe von € 25.028,26 netto in der Einkommen- sowie Umsatzsteuererklärung 2008 als Anlagenverkauf 20% erklärt. Diese Verkäufe iHv insgesamt € 25.028,26 wurden bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes (€ 22.831,17) durch die Betriebsprüfung zunächst hinzugerechnet (Berechnung gem. Tz. 7 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung). Anschließend wurde dieser Betrag (€ 25.028,26) wiederum von den bisher erklärten Einnahmen abgezogen (Tz. 7 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung: ***Betrieb2***: Erlöse Anlagenverkauf bereits erklärt). Aufgrund des Abzuges bei den Einnahmen wurde der zunächst hinzugerechnete Betrag wieder neutralisiert. Daraus folgt, dass der Betrag von € 25.028,26 nicht doppelt berücksichtigt wurde und keine Auswirkung auf den steuerlichen Gewinn hatte.

Zuschätzung

Im Jahr 2008 wurden € 95.000 und im Jahr 2009 € 46.000 in die Kassa eingelegt. Die Herkunft dieser Einlagen konnte seitens der bP, trotz zweimaliger schriftlicher und zweimaliger mündlicher Aufforderung der Betriebsprüfung, nicht geklärt werden.

Im Jahr 2009 wurden € 110.481,66 und im Jahr 2010 € 130.380,72 auf das betriebliche Bankkonto Nr. ***KtoNr*** eingelegt. Die auf dem Kasssakonto gebuchten Geschäftsfälle (Tageslosungen, Einlagen und Betriebsausgaben) ergaben einen möglichen Einlagenbetrag von Kassa in Bank in Höhe von € 78.402,91 im Jahr 2009 und in Höhe von € 32.374,89 im Jahr 2010. Aus der Differenz resultierten ungedeckte Bankeinlagen in Höhe von € 32.078,75 für das Jahr 2009 und in Höhe von € 98.005,83 für das Jahr 2010.

Im Oktober 2009 erfolgte in Summe eine Bankeinlage von € 14.300,00 (5.10. € 3.800, 9.10. € 1.000, 20.10. € 2.000, 29.10. € 7.500). Die monatlichen Bruttoeinnahmen betrugen laut Buchhaltung € 9.831. Daraus ergab sich eine ungeklärte Einlage von € 4.469.

Im Rahmen einer Kontrolle der (damaligen) KIAB vom wurden Kopien der geführten Standlisten vom 27. bis und vom 3. bis angefertigt. Die Standlisten-Kopien von 27. Juni bis ergaben eine durchschnittliche Bruttoeinnahme von € 700,80 pro Tag und die Standlisten-Kopien von 3. Juli bis ergaben eine durchschnittliche Bruttoeinnahme von € 816,47 pro Tag.

Die erklärte Monatslosung (brutto) für Juni 2009 betrug € 8.307,00 und für Juli 2009 € 7.421,00. Laut Internetseite (***IA***) war das Cafe täglich geöffnet (MO-FR 14.00-02.00 und SA-SO 13.00-02.00 auch Feiertags). Die durchschnittlichen Bruttoeinnahmen pro Tag betrugen demnach im Juni € 276,90 (€ 8.307/30) und im Juli € 239,39 (€ 7.421/31).

Am gab die bP an, dass es keine Grundaufzeichnungen zu den ermittelten Tageslosungen gab und dass die zeitweise geführten Standlisten ebenfalls nicht aufbewahrt wurden. Weiters wurde angegeben, dass die Aufteilung der monatlichen Tageslosungen auf die einzelnen Positionen, wie etwa Getränke, Speisen, Billard usw., im Schätzungsweg erfolgte. Die tägliche Losungsermittlung erfolgte mittels Kassasturz. Tägliche Grundaufzeichnungen betreffend Losungsermittlung wurden für den gesamten Prüfungszeitraum nicht vorgelegt.

Die Betriebsprüfung berechnete die ungedeckten Lebenshaltungskosten der bP für den Zeitraum 2008 bis 2010 mit € 128.213.

Als Basis für die Zuschätzung wurden die ungedeckten Lebenshaltungskosten, die ungeklärten Einlagen in die Kassa iHv insgesamt € 141.000 sowie die ungeklärten Bankeinlagen iHv insgesamt € 130.084 herangezogen. Unter Berücksichtigung der mit einer Schätzung einhergehenden Unwägbarkeiten wurde der Gesamtzuschätzungsbetrag mit € 100.000 zuzüglich € 19.000 Umsatzsteuer festgesetzt und auf die Jahre 2008, 2009 und 2010 verteilt in denen das ***Betrieb2*** in Betrieb war:


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Zuschätzung netto
20.000,00
40.000,00
40.000,00
USt 10% (BMGRL € 2.000, € 4.000, € 4.000)
200,00
400,00
400,00
USt 20% (BMGRL € 18.000, € 36.000, € 36.000)
3.600,00
7.200,00
7.200,00
Zuschätzung gesamt
23.800,00
47.600,00
47.600,00

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund des Vorbringens der bP sowie der von der belangten Behörde vorgelegten Akten. Gewürdigt wurden die im bisherigen Verfahren vorgelegten Beweismittel. Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens in freier Beweiswürdigung nach § 167 Abs 2 BAO zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl , ).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweislastregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (Ritz, BAO, § 167 Tz 6).

Im Rahmen der Betriebsprüfung ergaben sich auf Grund der vorgelegten Unterlagen wie Bankkontoauszüge, Losungsaufzeichnungen Zweifel betreffend der vollständigen Erfassung der Betriebseinnahmen. Diese Unklarheiten wurden wiederholt schriftlich und auch mündlich der bP vorgetragen und besprochen. Die Antworten konnten aber nicht dazu beitragen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Betriebseinnahmen und deren Ermittlung zu beseitigen.

Da es zu den Einnahmen der einzelnen Öffnungstage im Prüfungszeitraum keine Aufzeichnungen gab, war nicht nachvollziehbar, ob die erklärten monatlichen Betriebseinnahmen auch der Summe der täglichen Betriebseinnahmen entsprachen. Die aufgrund der Standlisten ermittelten durchschnittlichen Bruttoeinnahmen pro Tag wichen in erheblichem Ausmaß von den erklärten durchschnittlichen Bruttoeinnahmen pro Tag ab. Diese Differenzen deuten auf eine nicht richtige und nicht vollständige Erfassung der Betriebseinnahmen hin. Da keine Grundaufzeichnungen betreffend der erzielten Tageslosungen vorgelegt wurden, war eine zweifelsfreie Ermittlung der monatlichen Betriebseinnahmen nicht möglich.

Zu den ungeklärten Bankeinzahlungen gab die bP an, dass diese Geldbeträge von Familie und Freunden stammen würden. Dieses in der Beschwerde sowie im Vorlageantrag vorgebrachte Argument wurde nicht mit Nachweisen (etwa Vereinbarungen betreffend Personen, Verzinsung, Laufzeit oder Rückzahlungen) untermauert, obwohl durch die Betriebsprüfung und durch die Beschwerdevorentscheidung dieses Argument bereits als unglaubwürdig eingestuft wurde.

Zusammenfassend war aufgrund der fehlenden Grundaufzeichnungen sowie den nicht aufgeklärten Bank- bzw. Kassaeinlagen eine Zuschätzung geboten.

Da die bP weder gegen die Schätzungsberechtigung noch gegen die Höhe der von der Betriebsprüfung vorgenommenen Zuschätzung substantielle Einwendungen vorgebracht hat, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung geeignet war, die tatsächlichen Betriebsergebnisse zutreffend abzubilden.

Betreffend Anlagenverkäufe iHv € 25.028,36 geht aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung (Tz. 7 sowie Seite 10) unzweifelhaft hervor, dass dieser Betrag zwar zunächst bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes hinzugerechnet aber anschließend bei der Ermittlung der Einkünfte wieder abgerechnet wurde. Da diese Anlagenverkäufe bereits vor der Betriebsprüfung steuerlich erfasst wurden, kam es hier zu keiner doppelten Berücksichtigung und zu keiner Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Nach § 184 Abs. 3 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung auch dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt, oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Nur Bücher und Aufzeichnungen, die eine zuverlässige Ermittlung des tatsächlichen Umsatzes und Gewinnes ermöglichen, sind geeignet, der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu werden. Die Schätzungsbefugnis wird schon dadurch begründet, dass keinerlei Belege oder Aufzeichnungen vorliegen, die die erklärten Einkünfte der bP glaubhaft machen könnten.

Aufbewahrungspflichtige Belege, die die Überprüfung der Eintragungen in die Bücher und Aufzeichnungen ermöglichen und für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, konnten nicht vorgelegt werden. Die Vernichtung von Grundaufzeichnungen ist an sich schon geeignet, die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen (, , 93/15/0102, , 90/13/0214).

Alleine die unbestrittene Nichtaufbewahrung der Grundaufzeichnungen begründet eine Schätzungsberechtigung (vgl ).

Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die ermittelten Größen die tatsächlich erzielten Ergebnisse nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen können und dass dabei eine Beweisführung für ein bestimmtes Ergebnis nicht möglich ist (vgl ). Diese Unsicherheit ist umso größer, je geringer die Anhaltspunkte sind, von denen aus schlüssige Folgerungen gezogen werden können (vgl ).

Die Wahl der Schätzungsmethode durch die Abgabenbehörde ist im Allgemeinen frei. Das Schätzungsverfahren muss jedoch einwandfrei abgeführt, die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge müssen schlüssig und folgerichtig sein, und das Ergebnis, das in der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen besteht, muss mit den Lebenserfahrungen im Einklang stehen (vgl ). Das gewählte Verfahren muss zum Ziel haben, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Die Behörde muss im Zuge des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl ).

Im vorliegenden Fall war aufgrund der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Geschäftsaufzeichnungen, die über bloße Formalverstöße hinausgehen, die Abgabenbehörde berechtigt bzw. verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege gem. § 184 BAO zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der nicht gedeckten Lebenshaltungskosten, der nicht geklärten Kassaeinlagen sowie der nicht gedeckten Bankeinlagen war, entsprechend den grundsätzlich nachvollziehbaren und überzeugenden Erwägungen und Berechnungen der Betriebsprüfung zu den Umsatzzuschätzungen und Gewinnerhöhungen, spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dieses Erkenntnis folgt in der Frage ob die Schätzung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtskonform durchgeführt wurde den gesetzlichen Vorgaben sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101873.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at