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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2024, RV/7100466/2020

Siebentelbeträge in Folgejahren aus einem Veräußerungsverlust und einer Teilwertabschreibung

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Markus Knechtl LL.M., die Richterin Mag.a Gertraud Hausherr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes Denk und Mag Markus Fischer, BA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb*** und Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1 Tür Freyung, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend
-) Wiederaufnahme § 303 BAO für Feststellungsbescheid Gruppenträger und
-) Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit von Stb Mag. Robert Rzeszut und Stb Mag. Arnold Binder für Deloitte Tax Wirtschaftstsprüfungs GmbH für die Beschwerdeführerin sowie ***Bf1_Vertr1*** und ***Bf1_Vertr2*** für die Beschwerdeführerin und von HR Mag. Ursula Haidenthaller, HR Mag. Josef-Christian Kormesser und Mag. Thomas Sundström BSc (WU) für das Finanzamt zur Steuernummer ***BF1StNr1***

A) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

B) den Beschluss gefasst:

I. Die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015 wird gemäß § 261 Abs 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

II. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs 1 iVm § 264 Abs 4 der Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Außenprüfung

Mit Bericht über die Außenprüfung vom wurde eine Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin, welche die Körperschaft- und Kapitalertragsteuern 2012 bis 2014 zum Gegenstand hatte, abgeschlossen. Unter anderem wurden Veräußerungsverluste aus dem Verkauf einer Beteiligung sowie eine Teilwertabschreibung von der Außenprüfung nicht anerkannt.

Bescheide

Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart als Vorgänger des Finanzamtes Österreich (belangte Behörde) einerseits die Wiederaufnahme des Feststellungsbescheides Gruppenträger und erließ andererseits einen neuen Feststellungsbescheid Gruppenträger.

In einer gesonderten Bescheidbegründung vom wird ausgeführt, dass erst nach der Zustellung des Feststellungsbescheides Gruppenträger 2015 vom für das Finanzamt auf Grund der Außenprüfung neu hervorgekommen ist, dass es im Jahr 2012 zu einem konzerninternen Beteiligungserwerb an einem türkischen Unternehmen kam und dabei - nach Ansicht des Finanzamtes - ein nicht fremdüblicher, nämlich zu hoch angesetzter Abtretungspreis vereinbart wurde. Darüber hinaus wurde zum eine Teilwertabschreibung vorgenommen und die Veräußerung der im Jahr 2012 angeschafften Beteiligung an eine andere türkische Konzerngesellschaft führte teilweise zu Veräußerungsverlusten. Im Jahr 2015 hat die Beschwerdeführerin anteilige Siebenteil-Verteilungsverluste geltend gemacht, die in dieser Höhe nicht mehr anzuerkennen waren.

Im neuen Feststellungsbescheid wurden nur noch € -318.803,71 (von den geltend gemachten € -2.904.814,93) als 1/7-Beträge gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 KStG anerkannt.

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin sowohl gegen den Wiederaufnahmebescheid als auch gegen den neuen Feststellungsbescheid eine Beschwerde. In der Beschwerde wird - neben einer rechtswidrigen Ermessensübung - ausgeführt, dass gar keine Wiederaufnahmegründe vorliegen würden, zumal der Anteilserwerb im Jahr 2012 bereits im Rahmen der Vorbetriebsprüfung überprüft worden wäre und der belangten Behörde damit sämtliche Sachverhaltselemente im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides bekannt waren.

Beschwerdevorentscheidung(en)

Die belangte Behörde hat die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen, wobei die Beschwerdevorentscheidung vom unmittelbar der Beschwerdeführerin selbst und nicht einem Zustellbevollmächtigten zugestellt wurde.

Mit einer inhaltsgleichen Erledigung vom wurde die abweisende Beschwerdevorentscheidung nun dem Zustellbevollmächtigten der Beschwerdeführer zugestellt.

Inhaltlich führte die belangte Behörde aus, dass sich das Neuhervorkommen von Tatsachen auf den Wissensstand auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen im jeweiligen Veranlagungsjahr beziehe. Es sei zwar richtig, dass der Vorprüfer bereits die Bewertungsgutachten zur Verfügung hatte und diese auch gewürdigt hatte; allerdings teilte er keine diesbezüglichen Feststellungen der (damaligen) Abgabenbehörde mit. Das Wissen des Vorprüfers sei der abgabenfestsetzenden Stelle nicht bekannt gewesen.

Somit ergeben sich aus dem Jahr 2012 geringere fremdübliche Anschaffungskosten. Darüber hinaus konnte in Bezug auf die geringeren fremdüblichen Anschaffungskosten kein niedrigerer Teilwert glaubhaft gemacht werden. Schließlich wäre der Abtretungspreis im Jahr 2014 unter Berücksichtigung eines fiktiven Fremdwährungskurses festgelegt worden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin (erneut) die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führt erläuternd aus, dass die Beschwerdevorentscheidung vom auf Grund einer Änderung des Zustellbevollmächtigten nicht rechtmäßig zugestellt werden konnte. Demnach richtet sich der Vorlageantrag vom gegen die zugestellte Beschwerdevorentscheidung vom . Inhaltlich wird erneut auf das Fehlen von Wiederaufnahmegründen verwiesen und auf die Einhaltung von internationalen Standards zur Unternehmensbewertung und des Fremdvergleichsgrundsatzes.

Vorlageberichte

Im Vorlagebericht mit der Geschäftszahl FA38/B/2020/000518 beantragte die belangte Behörde die Zurückweisung des Vorlageantrages vom als unzulässig, zumal zu diesem Zeitpunkt noch keine Beschwerdevorentscheidung rechtswirksam zugestellt wurde.

Im Vorlagebericht mit der Geschäftszahl FA38/B/2019/006700 verwies die belangte Behörde lediglich auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom .

Beschluss vom

Mit Beschluss vom wandte sich das Bundesfinanzgericht an beide Parteien des Verfahrens und ersuchte um Bekanntgabe, welche Bescheide tatsächlich bekämpft wurden, zumal die belangte Behörde zwei Vorlageberichte ausfertigte und darin - zumindest teilweise - dieselben Erledigungen genannt sind.

Beide Verfahrensparteien führten aus, dass einerseits die Wiederaufnahme gem. § 303 BAO betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015 vom sowie der Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015 vom mit Beschwerde bekämpft wurden und dass die als Beschwerdevorentscheidung vom bezeichnete Erledigung wegen eines Zustellmangels unwirksam blieb.

Eingabe der belangten Behörde

In einer Eingabe vom (auch zum gegenständlichen Beschwerdeverfahren) geht die belangte Behörde davon aus, dass sich das Gutachten des Sachverständigen zur Ermittlung eines fremdüblichen Kaufpreises für die 52,99 % - Beteiligung der Beschwerdeführerin am türkischen Unternehmen als unschlüssig und unvollständig erweist, weil
-) der Sachverständige eine eigenständige Unternehmensbewertung durchzuführen gehabt hätte und insofern dem Gutachtensauftrag nicht nachgekommen sei;
-) keine adäquate Auseinandersetzung mit dem internen Vergleichswert der Fremdtransaktion erfolgte, wobei die belangte Behörde in Bezug auf den Abtretungsstichtag (im Jahr 2012) auf OECD Verrechnungspreisgrundsätze 2018 verweist;
-) der Bewertungssachverhalt ausschließlich rechtlich zu lösen sei, wobei die vom VwGH geforderte wissenschaftlich anerkannte Methode der Unternehmensbewertung eine solche im Sinne des Fachgutachtens KFS BW1 sei, die einen Ertragswert ohne Berücksichtigung von transaktionsbedingten Synergieeffekten vor Augen habe;
-) in den von der Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten keine Plausibilisierung der vom Management vorgelegten Planungsrechnung erfolgte, was nicht den Vorgaben des Fachgutachtens KFS BW1 entspreche.

Mündliche Verhandlung

Hinsichtlich der einzig strittigen Frage nach der Höhe der Siebentel aus einem (möglichen) Veräußerungsverlust aus den Jahren 2013 und 2014 sowie einer (möglichen) Teilwertabschreibung 2013 wurde festgehalten, dass sich sowohl ein Veräußerungsverlust als auch eine Teilwertabschreibung, sofern diese für die Vorjahre anzuerkennen sei, sich auf das Jahr 2015 im Rahmen der Siebentelabsetzung auswirken würde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Jahr 2012 erwarb die Beschwerdeführerin eine Beteiligung im Ausmaß von 52,99% an der türkischen ***AB*** von einer luxemburgischen Konzerngesellschaft um einen Kaufpreis von € 116.599.676,85 (Preis pro Aktie: € 85,94).
Am erfolgte ein Verkauf von 9,77 % der Anteile zu einem Preis von € 20.000.000 (Preis pro Aktie: € 80). Am erfolgte ein Verkauf von 23,7 % der Anteile zu einem Preis von € 47.365.972 (Preis pro Aktie: € 78,07).
Zum nahm die Beschwerdeführerin eine Teilwertabschreibung in Höhe von € 14.072.241,51 vor; dies ergibt einen Preis pro Aktie von € 57,80.
Am wurden die letzten 19,53 % der Anteile, welche die Beschwerdeführerin noch an der ***AB*** hielt, um € 28.993.500 (Preis pro Aktie: € 57,99) verkauft. Käuferin war stets eine (andere) türkische Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin.

In der Feststellungserklärung vom wurde in der Kennziffer 9296 ("1/7 gemäß § 12 Abs. 3 Z 2") ein Betrag von € -2.904.814,93 erfasst. Im angefochtenen Feststellungsbescheid hat die belangte Behörde nur € -318.803,71 anerkannt.

Als Wiederaufnahmegründe wurden von der belangten Behörde die Feststellungen der Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2014, insbesondere die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu einem fremdüblichen Kaufpreis im Jahr 2012 und zu einem nicht erfolgten Nachweis eines gesunkenen Teilwertes angeführt.

Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/7103521/2019 betreffend KESt 2012 wurde der fremdübliche Kaufpreis der Beteiligung an der ***AB*** mit € 116.599.676,85 festgestellt.

Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/7104714/2019 betreffend Einkommensfeststellung des Gruppenträgers für 2013 wurde der Teilwert zum der Beteiligung an der ***AB*** mit € 28.899.999,99 festgestellt.

Der Veräußerungsverlust aus dem Anteilsverkauf am beträgt € -1.486.120,75.
Der Veräußerungsverlust aus dem Anteilsverkauf am beträgt € -4.775.342,28.
Die Teilwertabschreibung zum beträgt € 14.072.241,51.
Aus dem Anteilsverkauf am resultiert kein Veräußerungsverlust.

Am wurde der Beschwerdeführerin eine als Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Erledigung vom direkt zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beschwerdeführerin bereits einer Steuerberatungskanzlei eine Zustellvollmacht erteilt und dies der belangten Behörde mitgeteilt. Am brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag ein.

Am erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung und stellte sie der Zustellbevollmächtigten zu. Dagegen stellte die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag.

Beweiswürdigung

Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen

Die Feststellung, dass eine Beschwerdevorentscheidung vom direkt an die Beschwerdeführerin gerichtet (und zugestellt) wurde, ergibt sich einerseits aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den Angaben der belangten Behörde und schließlich wurde in diese Erledigung, deren Kopie sich bei den vorgelegten Unterlangen befindet, Einsicht genommen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der Beschwerdevorentscheidung (am ) der belangten Behörde eine zustellbevollmächtigte Steuerberatungskanzlei namhaft gemacht hatte, ist ebenfalls unstrittig und ist aus den elektronischen Daten hinsichtlich der Vertretungsbefugnisse ebenfalls ersichtlich. Demnach hat die Beschwerdeführerin bereits am die ***Stb*** der belangten Behörde als Zustellbevollmächtigte bekannt gegeben.

Auch der Vorlageantrag vom , der an die belangte Behörde gerichtet ist und in der gemeinsamen Einlaufstelle der "Finanzämter Wien" persönlich überreicht wurde, findet sich bei den vorgelegten Aktenteilen. Auf diesen Vorlageantrag wird auch im Vorlageantrag vom von der Beschwerdeführerin verwiesen. Auch in der Stellungnahme vom , in der auch darauf hingewiesen wird, dass der "Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH" keine Zustellbevollmächtigung erteilt wurde, wird gleichlautend auf die Zustellproblematik im Jahr 2019 eingegangen.

Wiederaufnahme / Feststellung Gruppenträger

Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Beilage zur Steuererklärung (K1) in der Kennziffer 9296 (Siebentel gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 ab dem zweiten Wirtschaftsjahr des Verteilungszeitraumes) einen Betrag in Höhe von € -2.904.814,93 geltend. Die belangte Behörde hat jedoch nur einen Betrag in Höhe von € -318.803,71 anerkannt. In Höhe der Differenz (-2.586.011,22) wurden die Einkünfte sowie das Einkommen des Gruppenträgers von € 5.764.164,97 auf € 8.350.176,19 erhöht.

Die Differenz in Höhe von 2.586.011,22 setzt sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sachverhalt
Bescheid
Beschwerdeführerin
Differenz
Anteilsverkauf April 2013
0,00
- 212.303,00
Anteilsverkauf Sept 2013
0,00
- 682.191,73
TWA 2013
0,00
- 2.010.320,20
Anteilsverkauf Mai 2014
-318.803,71
0,00
-318.803,71
- 2.904.814,93
2.586.011,22

Die Feststellungen zu den restlichen Beträgen ergeben sich aus den Entscheidungen RV/7103521/2019 und RV/7104714/2019.

Rechtslage

§ 260 BAO lautet:

7. Zurückweisung der Beschwerde

§ 260.(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.

§ 261 BAO lautet:

8. Gegenstandsloserklärung der Beschwerde

§ 261.(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird
a) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder
b) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

(2) Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

§ 264 Abs 4 BAO lautet:

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

§ 303 BAO lautet:

2. Wiederaufnahme des Verfahrens.

§ 303.(1)Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a)
der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b)
Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c)
der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2)Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a)
die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b)
die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3)Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

§ 307 BAO lautet:

§ 307.(1)Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3)Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Rechtliche Beurteilung

Wiederaufnahme
Sind der Wiederaufnahmebescheid und der neue Sachbescheid angefochten, so ist zunächst über die Bescheidbeschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid gem. § 303 BAO und erst dann die Bescheidbeschwerde gegen den neuen Sachbescheid zu entscheiden bzw. beide Beschwerden in einer Entscheidung zu verbinden. Spätestens mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Somit kann über die Beschwerde entschieden werden.

Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde.

Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme von Amts wegen wird die Identität der Sache, über die vom Finanzamt abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr angewandten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. Aus einem im Betriebsprüfungsbericht gegebenen Hinweis auf einzelne Textziffern kann im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO (idF vor dem FVwGG 2012) gefolgert werden, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht der belangten Behörde neu hervorgekommen ist (vgl. , mwN). Aufgabe des Bundesfinanzgerichts bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Gegebenenfalls sind erforderliche Ergänzungen vorzunehmen (). Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar.

Das Finanzamt kann zur Begründung des Wiederaufnahmebescheides auf den Betriebsprüfungsbericht oder die Niederschrift verweisen (). Ein Verweis auf die Ausführungen in einem Betriebsprüfungsbericht ist dann rechtlich zulässig, wenn aus diesem die Wiederaufnahmsgründe hervorgehen und auch Überlegungen zur Ermessensübung dargestellt sind ().

Enthält ein Bericht über die Außenprüfung, auf den zur Begründung der erstinstanzlichen Wiederaufnahmebescheide verwiesen wurde, einen Hinweis auf einzelne Textziffern, darf die Rechtsmittelbehörde folgern, dass die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen ist ().

Entscheidend ist, dass die Abgabenbehörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes zu einem anderen Bescheid gelangt wäre. Diese weitere Voraussetzung ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Spruch der im Fall einer tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid zu verbindenden Sachentscheidung nicht anders lautet als der Spruch des im abgeschlossenen Verfahren ergangenen Bescheides (). Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist daher die materiellrechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid zu berücksichtigen (). Besteht keine Möglichkeit einer geänderten Sachentscheidung, so ist das Verfahren nicht wieder aufzunehmen (vgl Stoll, BAO, 2918). Die Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes muss zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid führen.

Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen. Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen bzw. Beweismittel im Erstverfahren schließt die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus (). Ziel einer amtswegigen Wiederaufnahme ist es, insgesamt ein rechtmäßiges Ergebnis zu erreichen (vgl B 2/96; ).

Das Bundesfinanzgericht hat in den Entscheidungen zu den Geschäftszahlen RV/7103521/2019 und RV/7104714/2019 festgestellt, dass der fremdübliche Kaufpreis der ***AB***-Beteiligung Jahr 2012 dem Wert entspricht, der auch von der Beschwerdeführerin angesetzt wird. Daraus folgend hat da das Bundesfinanzgericht für 2013 festgestellt, dass eine Teilwertminderung vorlag und für 2013 und 2014 auf Grund der hohen / fremdüblichen Anschaffungskosten die Beteiligung mit Verlust verkauft wurde. Insofern liegen keine der von der belangten Behörde geltend gemachten Wiederaufnahmegründe mehr vor. Der Beschwerde war somit in diesem Punkt Folge zu geben.

Feststellung Gruppenträger:
Wird der Wiederaufnahmebescheid aufgehoben, tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheidet der neue Sachbescheid ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid lebt wieder auf ().

Gem § 261 Abs 2 BAO ist eine gegen die Sachentscheidung - nach verfügter Wiederaufnahme - gerichtete Beschwerde mit Beschluss durch das Verwaltungsgericht als gegenstandslos zu erklären, wenn einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden Bescheid entsprochen wurde.

Die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015 vom war somit als gegenstandslos zu erklären, weil diese Erledigungen als Folge des Wegfalls der diesbezüglichen Wiederaufnahmebescheide nicht mehr dem Rechtsbestand angehören.

Vorlagebericht:
Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Erledigung ist neben der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadressaten auch die Zustellung an den Adressaten. Gemäß § 97 Abs 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie nach ihrem Inhalt bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung. Genauso wie die Zustellung einer Erledigung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen entfaltet (), ist die Zustellung auch dann unwirksam, wenn statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt wird (). Unterlaufen im Zustellvorgang Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Ein tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung (zB ).

Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (vgl ; , 2006/15/0373; ; , RV/7103611/2016). Unzulässig ist ein Vorlageantrag insbesondere, wenn keine Beschwerdevorentscheidung zugestellt wurde. Vorher gestellte Vorlageanträge sind vom Verwaltungsgericht als unzulässig zurückzuweisen (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 264, Tz 6, und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Da die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom mangels ordnungsgemäßer Zustellung keine Rechtswirkungen entfalten konnte, lag keine Beschwerdevorentscheidung vor, die wiederum Voraussetzung für das Stellen eines Vorlageantrages ist. Der Vorlageantrag vom ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht (§ 264 Abs 5 BAO).

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 261 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




B 2/96

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100466.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at