Pfändung eines Bankguthabens, Einwendungen betreffend Unwirksamkeit der zugrundeliegenden Bescheide
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch P-1, A-2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Pfändung einer Geldforderung, Steuernummer N-1, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der Beschwerdeführerin (Bf.) gegenüber der B-1 zur Hereinbringung der in Höhe von € 15.888,18 aushaftenden Nachforderungen samt € 166,63 an Pfändungsgebühren und Barauslagenersätzen. Das dazu ausgestellte Verfügungsverbot wurde direkt an die Bf. zugestellt.
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In der am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte P-1 (Gesellschafter der Bf.) im Namen der Bf. aus, dass das Bankkonto der GmbH bei der B-1 seitens des Finanzamtes vollständig gepfändet worden sei, weshalb es ihm nicht möglich sei, die Mieten zu überweisen.
Wie bereits auch dem Handelsgericht über das digitale Amt mitgeteilt worden sei, sei das Lokal in der A-1, seit der pandemiebedingten Schließung leider nicht mehr in den aktiv operativen Betrieb übergegangen, weshalb die Gesellschaft derzeit nur eine reine Verwaltungsaufgabe übernehme.
Seine Familie habe die Lokalität über 40 Jahre betrieben, weshalb er diese nicht aufgeben habe wollen. Nach fünf Jahren-Renovierungsarbeiten hätte im August 2021 die Lokalität wieder öffnen sollen. Durch einen Wasserrohrbruch drei Tage nach Eröffnung im Stockwerk über dem Lokal seien die Sanitärbereiche dermaßen beschädigt worden, dass eine neuerliche, wochenlange Schließung mit Trockenlegung und Sanierung notwendig gewesen seien. Am seien die Arbeiten fertiggestellt, am sei neuerlich ein Lockdown verhängt worden.
Er habe die komplette Renovierung als auch das Pandemieloch eigenfinanziert, diese Umstände hätten seine letzten finanziellen Reserven aufgefressen, weshalb er, anstatt den elterlichen Betrieb fortzuführen und wie geplant Anfang 2022 in die Selbstständigkeit zu wechseln, neuerlich einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgehen habe müssen, um die laufenden Mieten und Kosten decken zu können.
Weder der Staat noch die Stadt oder die Gemeinde hätten ihm damals Förderungen gewährt, da der Betrieb nicht in die vorgegebenen Bestandsfristen gefallen sei.
Seine Mutter habe seit Gründung der GmbH die Geschäftsführung inne, diese aber leider seit März 2022 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausfüllen können, zudem sei ihr langjähriger Steuerberater verstorben.
Da er die meiste Zeit geschäftlich im Ausland unterwegs (gewesen) sei, sei weder jemand im Betrieb (A-1) noch aufgrund der gesundheitlichen Situation seiner Mutter an der Wohnadresse der Geschäftsführerin (A-3) zugegen.
Er habe per digitalem Amt sowohl beim Handelsgericht als auch beim Bezirksgericht gebeten, ihm etwaige Unterlagen auf dem elektronischen Weg zukommen zu lassen, da er keine Möglichkeit habe, an der Betriebsstätte hinterlegte Verständigungen entgegenzunehmen und zu Postöffnungszeiten abzuholen. Diverse "gelbe" Briefe hätten und könnten somit nicht abgeholt werden (können).
Das Handelsgericht habe trotzdem Strafen für das Nichteinreichen von Bilanzen verhängt, die zur Exekution gebracht worden seien, ohne seiner Bitte nachzukommen, ihn elektronisch zu kontaktieren, weshalb diverse Bescheide nie zugegangen seien.
Während eines kurzen Aufenthalts in Wien sei er Anfang Mai beim Bezirksgericht gewesen, um die Angelegenheit zu klären. Hier sei ihm nur die Zahlung der Strafe übriggeblieben, da das BG nur ausführende Behörde gewesen sei.
Unabhängig davon habe er die Mindestkörperschaftsteuer für die Jahre 2021, 2022, 2023 und 2024 entrichtet. Er wüsste daher nicht, dass die Gesellschaft dem Finanzamt gegenüber eine Abgabenschuld, wie von der Bank angeführt, hätte. Bei der Höhe des gepfändeten Betrags könne er sich kaum vorstellen, was das Finanzamt als Basis für die Abgabenschuldberechnung herangezogen haben müsse.
UVA-Erklärungen dürfte es mangels Steuerberaters auch keine gegeben haben, allerdings seien die Einnahmen, die er für 2022 und 2023 durch partielle Vermietung der Räumlichkeiten für Lagerung und Schulung zur Deckung der laufenden Kosten vereinbaren habe können, niedriger als die Ausgaben (2021: Umsatz des Softopenings EUR 209,24 netto vs. Miete rund EUR 1.200,00 monatlich; 2022: Umsatz für temporäre Vermietung für Serviceschulungen und als Lager EUR 15.000,00 netto jährlich vs. Miete rund EUR 1.400 monatlich, div. Betriebskosten, Versicherung und Energiekosten kämen noch zusätzlich hinzu; 2023: Umsatz für temporäre Vermietung für Serviceschulungen und als Lager EUR 16.666,67 netto jährlich vs. Miete rund EUR 1.500 monatlich, div. Betriebskosten, Versicherung und Energiekosten kämen noch zusätzlich hinzu), dementsprechend hätte eigentlich eine Umsatzsteuergutschrift vorliegen müssen und an Körperschaftsteuer nur die Mindest-KöSt angefallen sein sollen, welche, wie oben erwähnt, bereits bezahlt worden sei.
Nachdem er für die GmbH keinen Steuerberater habe, hätten die Bilanzen und Erklärungen bis dato auch nicht nachgeholt werden können. Mittlerweile habe er jemanden gefunden, der die Buchhaltung übernehmen werde, allerdings werde dies erst nach seiner Rückkehr im August 2024 erfolgen können. Bis spätestens September 2024 sollten alle fehlenden Erklärungen und Bilanzen nachgereicht sein. Nach Abschluss der Bilanz 2023 und der Entlastung der Geschäftsführung für die fehlenden Bilanzen, werde seine Mutter als Geschäftsführerin zurücktreten.
Dementsprechend ersuche er um Nachsicht und Rücküberweisung des gepfändeten Betrags und Auflösung etwaiger Bescheide, welche die Pfändung begründet hätten, damit er die ausständigen Mieten, Energie- und Versicherungsleistungen per e-banking begleichen könne. Ohne die Möglichkeit die Mieten zu bezahlen, würden sie dem Vermieter gegenüber vertragsbrüchig werden, die Lokalität verlieren und alle von ihm getätigten privaten Investitionen der letzten Jahre ablösefrei in das Eigentum des Vermieters übergehen.
Aufgrund der aktuellen Marktlage und seiner persönlichen Situation denke er nicht, dass er den operativen Betrieb nochmals aufnehmen werde können, weshalb er bereits eine Nachfolge suche, aber bis dahin sowohl die Lokalität als auch die GmbH erhalten müsse.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet würden, gemäß § 226 BAO in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar seien.
Zum Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Bescheides hätten auf dem Abgabenkonto vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 15.888,18 bestanden. Unter Anwendung des § 229 BAO sei am als Grundlage für die Einbringung und Exekutionstitel für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren ein Rückstandsausweis ausgefertigt worden.
Den Finanzämtern obliege grundsätzlich die Erhebung von Abgaben innerhalb ihres Amtsbereiches. Unter Erhebung sind alle zur Durchsetzung der Abgabenansprüche dienenden behördlichen Maßnahmen zu verstehen, welche die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung und zwangsweise Einbringung zum Ziel hätten (§ 49 Abs. 2 BAO).
Aus dem bisher Angeführten ergebe sich, dass das Finanzamt der gesetzlichen Verpflichtung unterliege, vollstreckbar gewordene Abgaben mit den ihm gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln zwangsweise einzubringen.
Gemäß § 65 AbgEO erfolge die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Die Abgabenbehörde sei hinsichtlich der Einbringung von Abgaben an die Abgabenfestsetzung gebunden.
Der Rückstand stamme aus der Umsatzsteuer des Jahres 2022, der Körperschaftsteuer des Jahres 2022 und der Körperschaftsteuervorauszahlung 04-06/2024 sowie diverser Nebengebühren (Umsatzsteuerzinsen 2022 und Anspruchszinsen 2022). Auf Grund der Nichtabgabe der Steuererklärungen sei die Besteuerungsgrundlage gemäß § 184 BAO, sowohl für die Umsatzsteuer des Jahre 2022 (Bescheid vom ) als auch für die Körperschaftsteuer des Jahres 2022 (Bescheid vom ), im Schätzungswege ermittelt worden.
Sämtliche angeführten Bescheide sowie die Bescheide der Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen 2022 (Bescheid vom ) und von Anspruchszinsen 2022 (Bescheid vom ) seien automatisch durch die EDV erstellt und mit Versand vom zugestellt worden. Gegen keinen dieser Bescheide sei das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht worden, sodass die Rechtswirksamkeit eingetreten sei.
Der angefochtene Bescheid vom (Pfändung einer Geldforderung) sei daher zu Recht ergangen.
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Mit Schreiben vom beantragte der Gesellschafter im Namen der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und wandte ergänzend ein, dass die vom Finanzamt angegebenen Bescheide, wie bereits in seinem ersten Schreiben festgehalten, nicht zugänglich gewesen seien, wodurch die darin enthaltenen Rechtsmittel von ihm auch nicht hätten eingebracht werden können.
Aufmerksam geworden sei er erst, als im E-Banking das Bankkonto der GmbH bei der B-1 mit dem Hinweis auf die Pfändung durch das Finanzamt auf "EUR 0,00" gesetzt worden sei. Im Prinzip sei die GmbH damit illiquide geworden.
Die letzte Nutzung der Räumlichkeiten für Schulung und Lager habe 2023 stattgefunden, dementsprechend sei die GmbH nunmehr vollständig ohne Einnahmen. Jegliche Zahlungen von Miete über Betriebskosten sowie Energie und Versicherung müsse er somit neuerlich aus Privatvermögen stellen, wenn er nicht auch noch die getätigten privaten Investitionen in die Substanz verlieren möchte. Die GmbH sei lediglich Mieter der Räumlichkeiten, die Betriebs- und Geschäftsausstattung befinde sich nach wie vor im Privatvermögen, da der Betrieb der Lokalität, wie bereits beschrieben, nicht habe aufgenommen werden können.
Die Rechtsform der GmbH sei ausschließlich aufgrund des Mietvertrags gewählt worden, da eine neuerliche Übergabe in der Erbrechtsnachfolge im Privatwege gemäß Vertrag nicht möglich gewesen wäre, zumal die Rechtsauffassung bestehe, dass § 12a im speziellen Fall hier nicht zum Tragen komme.
Die vom Finanzamt getroffene Einstufung entspreche in der Höhe bei weitem nicht den Tatsachen. Es handle sich um eine Kleinst-GmbH. Selbst das Handelsgericht habe eine neuerliche Einstufung vorgenommen und die Strafen für die fehlenden Bilanzen entsprechend angepasst.
Er ersuche auf diesem Weg nochmals um Nachsicht. Die Abschlüsse und Anträge würden sie bis spätestens September 2024 nachholen. Er ersuche daher, zumindest weitere Exekutionen einzustellen, bis sie die Abschlüsse entsprechend vorlegen könnten.
Wenn er die Miete schuldig bleiben müsse, gingen alle fix mit der Substanz verbundenen Einrichtungen in das Eigentum des Vermieters über. Somit wären die letzten neun Jahre der Entbehrung für die Verwirklichung eines Lebenstraums umsonst gewesen.
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Mit Schreiben vom erging an die Bf. zu Handen ihres Gesellschafters folgender Vorhalt:
"In Ihrer Beschwerde haben Sie vorgebracht, dass Ihre Mutter P-2, die Geschäftsführerin der Bf., aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht an ihrer Wohnadresse A-3, aufhältig sei, weshalb die der angefochtenen Pfändung zugrundeliegenden Abgabenbescheide vom (Umsatzsteuer 2022, Umsatzsteuerzinsen 2022, Körperschaftsteuer 2022 und Anspruchszinsen 2022) nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien.
Dieses Vorbringen wird als Einwand gegen die Durchführung der Vollstreckung gemäß § 13 Abgabenexekutionsordnung gewertet, mangelt jedoch an entsprechenden Nachweisen.
§ 13 AbgEO lautet:
(1) Wenn der Abgabenschuldner behauptet, dass ein Exekutionstitel (§ 4) aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind, zu Unrecht ausgestellt wurde, hat er seine Einwendungen bei der Abgabenbehörde (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.
(2) § 12 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden; wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte einzustellen.
Es ergeht daher die Frage, in welchem Zeitraum bzw. in welchen Zeiträumen Ihre Mutter an ihrem Hauptwohnsitz, an dem sie seit aufrecht gemeldet ist, seit ortsabwesend war.
Um entsprechende Nachweise (Bestätigung über Spitalsaufenthalte und ähnliches, Hotel- und/oder Reiserechnungen, Einkaufsbelege, Tankquittungen, Zeugenaussagen, etc.) für den Zeitraum vom bis dato wird ersucht. Auf § 26 Zustellgesetz wird verwiesen:
(1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
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Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.
Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.
Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
Wenn der Abgabenschuldner behauptet, dass ein Exekutionstitel (§ 4) aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind, zu Unrecht ausgestellt wurde, hat er gemäß § 13 Abs. 1 AbgEO seine Einwendungen bei der Abgabenbehörde (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.
Werden beschränkt pfändbare Geldforderungen auf ein Konto des Abgabenschuldners bei einem Kreditinstitut oder der Österreichischen Postsparkasse überwiesen, so ist gemäß § 54 Abs. 1 AbgEO eine Pfändung des Guthabens auf Antrag des Abgabenschuldners vom Finanzamt insoweit aufzuheben, als das Guthaben dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht.
Unpfändbar sind gemäß § 290 Abs. 1 EO Forderungen auf folgende Leistungen:
1. Aufwandsentschädigungen, soweit sie den in Ausübung der Berufstätigkeit tatsächlich erwachsenden Mehraufwand abgelten, insbesondere für auswärtige Arbeiten, für Arbeitsmaterial und Arbeitsgerät, das vom Arbeitnehmer selbst beigestellt wird, sowie für Kauf und Reinigen typischer Arbeitskleidung;
2. gesetzliche Beihilfen und Zulagen, die zur Abdeckung des Mehraufwands wegen körperlicher oder geistiger Behinderung, Hilflosigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu gewähren sind, wie zB das Pflegegeld;
3. Beihilfen des Arbeitsmarktservice, soweit sie nicht unter § 290a Abs. 1 Z 8 fallen, sowie einem Versehrten gewährte berufliche Maßnahmen der Rehabilitation, die die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit ermöglichen;
4. Ersatz der Kosten, die der Arbeitnehmer für seine Vertretung aufwenden muss;
5. Beiträge für Bestattungskosten;
6. Rückersätze und Kostenvergütungen für Sachleistungsansprüche sowie Kostenersätze aus der gesetzlichen Sozialversicherung und Entschädigungen für aufgewendete Heilungskosten;
7. Leistungen aus dem Unterstützungsfonds und besondere Unterstützungen nach den Sozialversicherungsgesetzen;
8. gesetzliche Beihilfen zur Zahlung des Mietzinses oder zur Deckung des sonstigen Wohnungsaufwands;
9. gesetzliche Familienbeihilfe einschließlich Mehrkindzuschlag und Schulfahrtbeihilfe sowie die nach den jeweils geltenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern auszuzahlenden Absetzbeträge;
10. gesetzliche Leistungen, die aus Anlass der Geburt eines Kindes zu gewähren sind, soweit sie nicht unter § 290a Abs. 1 Z 6 fallen, insbesondere das pauschale Kinderbetreuungsgeld und die Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld;
11. Beihilfen und Stipendien, die Schülern und Studenten gewährt werden;
12. und 13. [aufgehoben]
14. Leistungen nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz und dem Opferfürsorgegesetz;
15. Leistungen der Tuberkulosehilfe, soweit es sich nicht um regelmäßige Geldbeihilfen handelt;
16. Ansprüche auf die Arbeitsvergütung nach dem Strafvollzugsgesetz und daraus herrührende Beträge während der Haft, soweit sie nicht unter § 291d fallen.
Beschränkt pfändbar sind gemäß § 290a Abs. 1 EO Forderungen auf folgende Leistungen, sie dürfen sohin nur nach Maßgabe des § 291a EO oder § 291b EO gepfändet werden:
1. Einkünfte aus einem privat- oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis, einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis und die gesetzlichen Leistungen an Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstleistende;
2. sonstige wiederkehrende Vergütungen für Arbeitsleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen;
3. Bezüge, die ein Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses beanspruchen kann;
4. Ruhe-, Versorgungs- und andere Bezüge für frühere Arbeitsleistungen, wie zB die Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Ausgleichszulagen und die gesetzlichen Leistungen an Kleinrentner;
5. gesetzliche Leistungen und satzungsgemäße Mehrleistungen, die aus Anlass einer Beeinträchtigung der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit zu gewähren sind und Entgeltersatzfunktion haben, insbesondere solche der Sozialversicherung; das sind vor allem a) Versehrtenrente, b) Versehrtengeld, c) Übergangsrente, d) Übergangsgeld, e) Familien- und Taggeld, f) Krankengeld, g) Rehabilitationsgeld;
6. Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft, insbesondere das Wochengeld und die Betriebshilfe, sowie das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz;
7. Leistungen, die für die Dauer der Arbeitslosigkeit zu gewähren sind, wie das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe, die Überbrückungshilfe und die erweiterte Überbrückungshilfe nach dem Überbrückungshilfegesetz, das Weiterbildungsgeld sowie die Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz;
8. Beihilfen des Arbeitsmarktservice, die zur Deckung des Lebensunterhalts gewährt werden;
9. wiederkehrende Leistungen aus Versicherungsverträgen, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind;
10. gesetzliche Unterhaltsleistungen;
11. wiederkehrende Leistungen, die auf Grund eines Ausgedingevertrages oder eines Unterhaltszwecken dienenden Leibrentenvertrags zu gewähren sind;
12. Leistungen wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, für Verdienstentgang, zur Sicherung des Lebensunterhalts und an die Hinterbliebenen für entgangenen Unterhalt, die wegen Tötung, Körperverletzung, Gesundheitsschädigung oder Krankheit zu gewähren sind, insbesondere Schadenersatzrenten.
Dem gegenständlichen Pfändungsbescheid liegt ein Rückstandsausweis vom gemäß § 229 BAO iVm § 4 AbgEO zugrunde, der vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten iSd § 226 BAO in der Höhe von € 15.888,18 ausweist, nämlich:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag in € |
Umsatzsteuer | 2022 | 13.500,00 |
Umsatzsteuerzinsen | 2022 | 68,39 |
Körperschaftsteuer | 2022 | 2.125,00 |
Anspruchszinsen | 2022 | 69,79 |
Körperschaftsteuer | 04-06/2024 | 125,00 |
Im gegenständlichen Fall wurde bestritten, dass die betriebenen Abgabenforderungen vollstreckbar seien, da die Nachforderungsbescheide nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien, weil der Gesellschafter der Bf. die meiste Zeit geschäftlich im Ausland sei, weshalb weder jemand im (stillgelegten) Betrieb (A-1) noch aufgrund der gesundheitlichen Situation der Geschäftsführerin an ihrer Wohnadresse (A-3) aufhältig sei.
Dazu wird festgestellt, dass die betreffenden Bescheide vom adressiert waren an die Bf. zH der Geschäftsführerin P-2, A-3. An dieser Adresse ist die Geschäftsführerin laut Zentralmeldeauskunft nach wie vor aufrecht gemeldet (Hauptwohnsitz).
Da jedoch der an die Bf., vertreten durch ihren Gesellschafter P-1, gerichtete Vorhalt vom zur Erbringung von entsprechenden Nachweisen der Ortsabwesenheit der Geschäftsführerin unbeantwortet blieb, kommt diesem Einwand gemäß § 13 AbgEO keine Glaubhaftigkeit zu und musste daher unberücksichtigt bleiben.
Darüber hinaus können in dem vor der Titelbehörde durchzuführenden Verfahren gemäß § 12 und § 13 AbgEO keine Einwendungen gegen die Richtigkeit des Abgabenbescheides erhoben werden ().
Die der Pfändung zugrundeliegenden Festsetzungsbescheide wurden daher gemäß § 97 Abs. 1 BAO wirksam, weshalb auch gemäß § 226 BAO (aufgrund der ungenutzt verstrichenen Fälligkeiten und Zahlungsfristen) am die Vollstreckbarkeit eintrat, die die Abgabenbehörde mangels erfolgter Zahlungen der Bf. zur Vornahme von Exekutionsmaßnahmen, diesfalls der Pfändung von Geldforderungen, ermächtigte.
Weiters machte die Bf. geltend, dass ihr Bankkonto vollständig gepfändet worden sei, weshalb es nicht möglich sei, die Mieten zu überweisen.
Dazu wird festgestellt, dass die einem Pfändungsschutz unterliegenden Einkünfte in den §§ 290 ff EO erschöpfend aufgezählt sind. Nur die dort aufgezählten Einkünfte vermögen gemäß § 291a EO ein pfändungsfreies Existenzminimum zu vermitteln. Da die Bf. keine natürliche, sondern eine juristische Person ist, konnte sie keine unpfändbaren bzw. beschränkt pfändbaren Einkünfte iSd §§ 290ff EO beziehen, die in der Folge dem Kontenschutz des § 54 AbgEO unterlegen sein hätten können. Auch aus diesem Grund konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 13 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 54 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 290 Abs. 1 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 § 290a Abs. 1 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103025.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at