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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2024, RV/6100250/2023

Abweisung Antrag gem. § 217 Abs. 7 BAO mangels Nachweises des Fehlens eines groben Verschuldens.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr***, ***Vertr-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von der Umsatzsteuer April 2023 zu Recht erkannt:

I.
Die Beschwerde bzw. der Antrag auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FV 3 und damit in die Zuteilungsgruppe 7007. Aufgrund des Antrages auf Entscheidung durch den Senat wurde sie auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung vorerst der Gerichtsabteilung 7013-1 zur Entscheidung zugewiesen. Nachdem dieser Antrag zurückgezogen wurde, fällt die Zuständigkeit in die Gerichtsabteilung 7013.

I. Verfahrensgang und Akteninhalt

Der hier bekämpfte Säumniszuschlagsbescheid erging am , nachdem die Umsatzsteuervoranmeldung für April 2023 zwar am eingebracht und am gebucht worden war, aber die Umsatzsteuervorauszahlung erst am entrichtet wurde (Buchungsdatum ). Der strittige Säumniszuschlag beträgt EUR 54,18.

Die steuerlich vertretene Beschwerdeführerin (kurz Bf.), eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bekämpfte diesen Bescheid mit Beschwerde vom (FinanzOnline) und beantragte eine "Nichtfestsetzung gem. § 217 Abs. 7 BAO".

Die Umsatzsteuer für den April 2023 sei von der Bf. zeitgerecht gemeldet worden. Aufgrund eines Versehens sei sie der Klientin durch die steuerliche Vertreterin nicht fristgerecht korrekt mitgeteilt worden. Bei Erhalt der korrekten Umsatzsteuerzahllast sei die Abgabe von der Bf. unverzüglich einbezahlt worden. Sie habe ihre bisherigen Zahlungsverpflichtungen seit Jahren stets zeitgerecht beglichen hat und auch die Bezahlung der Umsatzsteuer April 2023 sei vor Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides erfolgt.
Da die Bf. stets um eine reibungslose Abwicklung ihrer Steuerangelegenheiten bemüht sei, könne in diesem Fall kein auffallend sorgloses Verhalten unterstellt werden. Die dargestellte einmalige außerordentliche Ausnahmesituation, die zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Überweisung geführt hat, stelle eine entschuldbare Fehlstellung und kein grobes Verschulden dar. Die Bf. habe einen zusätzlichen Kontrollmechanismus zur Vermeidung eines derartigen Vorfalles eingeführt.

Das Finanzamt (kurz FA) wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Es sei keine ausnahmsweise Säumnis (§ 217 Abs. 5 BAO) gegeben, da die Säumnis mehr als fünf Werktage betragen habe. Bedienten sich die zur Vertretung einer Gesellschaft berufenen Organe Mitarbeitern, hätten sie durch entsprechende Kontrollen sicherzustellen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. Maßgebend sei daher, ob dem Vertreter grobes Auswahlverschulden, grobe Organisationsmängel oder mangelhafte Überwachung oder Kontrolle anzulasten seien. Ist im Betrieb kein wirksames Kontrollsystem vorgesehen, welches im Falle des Versagens der Mitarbeiterin greift, liege eine Verletzung der Aufsichtspflicht vor. Offensichtlich seien unzureichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen der mit der Abgabenentrichtung beauftragten Mitarbeiterin getroffen worden. Somit sei der Bf. ein die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO ausschließendes grobes Auswahl- und Kontrollverschulden vorzuwerfen.

Dies bekämpfte die Bf. mit Vorlageantrag vom (Fax) und beantragte die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Sie schilderte den Sachverhalt aus ihrer Sicht wie folgt:

Die Bf. sei eine juristische Person und betreibe einen Gewerbebetrieb. Für den Geschäftsablauf sei die Geschäftsführerin zuständig. In der Geschäftsorganisation der Bf. existiere ein umfassender Kontrollmechanismus zur Überwachung der Einhaltung von Abgabenzahlungsverpflichtungen.

Seit Jahrzehnten sei die steuerliche Vertreterin mit der steuerlichen Vertretung bevollmächtigt und beauftragt. Allein mit der Beauftragung einer Steuerberatungskanzlei erfülle die Bf. ihre Sorgfaltspflicht, sodass alle Abgaben der Finanzbehörde vollständig und rechtzeitig gemeldet (und) entrichtet werden. In den letzten Jahren seien diese immer pünktlich gemeldet und vollständig entrichtet worden.

  • Die UVA für April 2023 sei am fällig gewesen und habe zu einer Zahllast iHv EUR 2.709,06 geführt.

  • Die UVA für Mai 2023 sei am fällig und habe zu einer Gutschrift iHv EUR 147,90 geführt.

Aus Versehen habe die Steuerberatungskanzlei bei Meldung der fälligen Abgaben die Monate Mai und April verwechselt. Daher habe die Bf. am keine Zahlung geleistet.

Obwohl die Festsetzung des Säumniszuschlages (Bescheid vom ) erst am an die steuerliche Vertretung zugestellt worden sei, habe die Bf. schon vorher auf einem FinanzOnline-Auszug den Abgabenrückstand gesehen und diesen bereits am sofort überwiesen.

Bei der Frage des groben Verschuldens handle es sich nicht um eine Frage, die zu beweisen ist, sondern vielmehr um eine Rechtsfrage (Hinweis auf Rn 31). Komme eine Rechtsauskunft von einem Wirtschaftstreuhänder, schließe das ein grobes Verschulden des Abgabenpflichtigen bei den selbst zu berechnenden Abgaben aus (Kamhuber/Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Abgabenordnung, 50). Liegen der Selbstberechnung Rechtsprechung des VwGH, VfGH oder EuGH ( RV/Q108-L/10), eine Rechtsauskunft der zuständigen Abgabenbehörde, eine Erlassmeinung des Bundesministeriums für Finanzen oder eine Rechtsauskunft eines Wirtschaftstreuhänders zugrunde, werde ein grobes Verschulden des Abgabepflichtigen in der Regel zu verneinen sein (Hinweis auf Ritz/Koran, BAO, Linde, Seite 1000).

Auch Kontrollorganen könnten Fehler unterlaufen und die einmalige Versäumung einer Frist lasse für sich allein noch nicht den Schluss zu, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist (Hinweis auf Rn 10).

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Der Berichterstatter wies die steuerliche Vertreterin darauf hin, dass alle Vorbringen in Beschwerde und Vorlageantrag zu beweisen seien. Daraufhin zog diese die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom zurück und legte zum Beweis dafür, dass die Fertigstellung und Freigabe der Buchhaltung für April und Mai 2023 am erfolgte, ihren Tätigkeitsnachweis vor. Daraus geht hervor, dass am Fälligkeitstag beide Buchhaltungen bearbeitet waren und die Listen mit den fälligen Abgaben vorlagen.

Zudem legte sie zum Beweis dafür, dass die Beschwerdeführerin seit der Säumnis alle Abgaben rechtzeitig gemeldet und entrichtet hat, einen Kontoauszug des Finanzamtes vor. Aufgrund der Einführung eines umfassenden Kontrollmechanismus sei die Zahllast der Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 2023 bereits am an das Finanzamt überwiesen worden und die Umsatzsteuervoranmeldung sei via FinanzOnline am rechtzeitig gemeldet worden.

Mit Beschluss vom wurde die Bf. ersucht nachzuweisen, wer die Umsatzsteuervoranmeldungen April und Mai 2023 eingereicht hat. Zudem sei aufzuklären, warum die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2023 - obwohl sie nach dem Schriftsatz vom schon am fertig war und sofort zu einem Guthaben geführt hätte (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) - erst am und damit erst etwa einen Monat später eingereicht wurde.

Die Bf. wurde aufgefordert, Nachweise darüber vorzulegen, wie und wann sie selbst von der steuerlichen Vertreterin vom Ergebnis der Buchhaltung für diese beiden Monate informiert wurde sowie welche Unterlagen (UVAs, Saldenlisten etc.) ihr dazu von der Vertreterin wann übermittelt wurden.

Zudem solle sie nachweisen, welcher Kontrollmechanismus in ihrer Geschäftsorganisation zur Überwachung der Einhaltung von Abgabenzahlungsverpflichtungen bis zur Säumnis April 2023 existierte und darzustellen, wie danach Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen zu behandeln gewesen seien. Weiters seien Erläuterungen sowie Nachweise darüber vorzulegen, welchen zusätzlichen Kontrollmechanismus zur Vermeidung eines derartigen Vorfalles die Bf. in der Folge eingeführt hat (Vorbringen in der Beschwerde).

Die steuerliche Vertreterin der Bf. reagierte darauf mit Mail vom und gab an, die Umsatzsteuervoranmeldungen Mai und Juni 2023 seien von ihrem Mitarbeiter eingereicht worden und die Bf. habe am beide Ergebnisse der Umsatzsteuervoranmeldungen erfahren.
Als Kontrollmechanismus nannte die Vertreterin "beispielsweise die mehrfache Überwachung der fälligen Abgaben und Fristen". Weiters erkundige sich der zuständige Buchhalter, ob die fälligen Abgaben rechtzeitig entrichtet sind. Ein solcher Vorfall sei in der gesamten historischen Entwicklung des Unternehmens in den letzten Jahrzehnten nicht vorgekommen und seit Juli 2023 seien alle Abgaben rechtzeitig gemeldet und entrichtet worden.

Abschließend verwies die steuerliche Vertreterin noch einmal auf VwGH Ra 2017/13/0023 und Ra 2014/15/0007.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO).
Eine in der Begründung einer Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung des Finanzamtes wirkt wie ein Vorhalt und es obliegt dem Abgabepflichtigen, die vom Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung zu widerlegen bzw. zumindest deren Unrichtigkeit zu behaupten (vgl. etc.).

Mit BGBl. I Nr. 136/2017 wurde in Umsetzung der bisherigen Judikatur in § 115 Abs. 1 letzter Satz BAO gesetzlich verankert, dass die Ermittlungspflicht durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen eingeschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1660 BlgNR 25. GP 24) trifft dies etwa dann zu, wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann, wenn der Abgabepflichtige Begünstigungen oder Befreiungen in Anspruch nehmen möchte oder wenn die Abgabenbehörde - wie hier - auf Antrag des Abgabepflichtigen tätig wird. In Fällen der erhöhten Mitwirkungspflicht liegt es etwa am Abgabepflichtigen, alle relevanten Sachverhaltselemente so zu dokumentieren, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind. Schon bisher wies Ritz zu Recht darauf hin (Ritz, BAO5, § 115 Tz 13), dass den Bf. auch dann eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen (vgl. ; , 99/15/0250; , 2002/13/0091; , 2004/17/0105), die nur er aufklären kann. Es entspricht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Lebenserfahrung, dass die ersten Angaben der Wahrheit in aller Regel am nächsten kommen (vgl. z.B. ; , 90/16/0176). Im Übrigen befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens den Revisionswerber nicht von seiner Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen ( mit weiteren Nachweisen).

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert unter Beachtung dieser Grundsätze auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.

  • Die Bf. ist eine juristische Person und betreibt einen Gewerbebetrieb. Für den Geschäftsablauf ist ihre alleinige Geschäftsführerin zuständig (vgl. Vorlageantrag).

Unbestritten ist, dass die fristgerecht gemeldete Umsatzsteuerzahllast für April 2023 in Höhe von EUR 2.709,06 um fast ein Monat und damit mehr als fünf Werktage zu spät entrichtet wurde sowie dass die Bf. einen Antrag auf Nichtfestsetzung gem. § 217 Abs. 7 BAO gestellt hat. Außer Streit steht auch, dass sich die Bf. lange davor und seitdem wohlverhalten und alle Fälligkeit beachtet hat.

Ihren Antrag begründete die durch eine Steuerberatungsgesellschaft vertretene Bf. - neben einem Hinweis auf ihr grundsätzliches Wohlverhalten - in der Beschwerde sehr kurz damit, aufgrund eines Versehens sei die Zahllast der Klientin durch die steuerliche Vertreterin nicht fristgerecht korrekt mitgeteilt worden. Die Bf. habe einen zusätzlichen Kontrollmechanismus zur Vermeidung eines derartigen Vorfalles eingeführt.

Erst im Vorlageantrag ergänzte sie, in der Geschäftsorganisation der Bf. existiere (bereits) ein umfassender Kontrollmechanismus. Seit Jahrzehnten sei die steuerliche Vertreterin mit der steuerlichen Vertretung bevollmächtigt und beauftragt. In den letzten Jahren seien diese immer pünktlich gemeldet und vollständig entrichtet worden. Die Säumnis basiere auf einem Versehen der Steuerberatungskanzlei, die bei der Meldung der fälligen Abgaben an die Bf. die Monate Mai 2023 (Gutschrift) und April 2023 (Zahllast) verwechselt habe.

Im Vorlagebericht brachte das FA seine Auffassung zum Ausdruck, diese Verwechslung indiziere unzureichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen im Betrieb der steuerlichen Vertretung. Das Bundesfinanzgericht forderte die Bf. in der Folge auf, ihre Vorbringen zu beweisen.

Aus dem Abgabeninformationssystem des FA ergeben sich die Daten der beiden betroffenen und elektronisch eingebrachten UVA-Daten wie folgt. Sie weichen damit gravierend voneinander ab.

Den im Zeitpunkt der Säumnis bestehenden Kontrollmechanismus zur Vermeidung einer Säumnis beschrieb die steuerliche Vertreterin über Nachfrage nur wenig substantiiert mit "beispielsweise die mehrfache Überwachung der fälligen Abgaben und Fristen". Der zuständige Buchhalter (wohl der steuerlichen Vertreterin) erkundige sich, ob die fälligen Abgaben rechtzeitig entrichtet sind. Die Frage, welcher Kontrollmechanismus nach diesem Vorfall - wie von ihr behauptet - zusätzlich eingeführt worden sein, beantwortete sie nicht.

Das Bundesfinanzgericht hält es mangels gegenteiliger Beweise für erwiesen, dass im Unternehmen der Bf. jedenfalls bis zu dieser Säumnis kein wirksames Kontrollsystem existierte. Dafür spricht das Vorbringen in der Beschwerde, die Bf. habe einen "zusätzlichen" Kontrollmechanismus zur Vermeidung eines derartigen Vorfalles eingeführt, was nach Aufforderung durch den Richter allerdings nicht weiter untermauert wurde. Damit war offenbar - ohne dass weitere strukturierte Abläufe oder eine andere Kontrollinstanz vorgesehen waren - allein die vertretungsbefugte Geschäftsführerin für die Abfuhr der Umsatzsteuer zuständig.

Aus dem Akteninhalt lässt sich der chronologische Ablauf der Ereignisse so rekonstruieren, dass die Steuerberatungskanzlei die Buchhaltung für April und Mai 2023 am fertigstellte. An diesem Tag reichte sie auch die Umsatzsteuervoranmeldung für April 2023 beim FA ein und übermittelte der Bf. (bzw. deren Geschäftsführerin) die Ergebnisse beider Umsatzsteuervoranmeldungen.
In der Sphäre der Bf. war offenbar allein die Geschäftsführerin selbst für die zeitgerechte Entrichtung der Abgaben zuständig. Der Vorlageantrag erwähnt zwar eine (in der Beschwerde noch nicht vorgebrachte) Verwechslung der beiden Monate durch den Mitarbeiter der steuerlichen Vertreterin, Beweise dafür oder Angaben, wie diese Verwechslung konkret ausgeschaut haben soll, blieben die Schriftsätze der Bf. schuldig. Offen blieb auch, warum eine solche Verwechslung für die Geschäftsführerin nicht leicht erkennbar gewesen soll.

2. Rechtliche Beurteilung

3.1. Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 1f BAO).

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Die Voraussetzungen für die Stattgabe eines solchen Antrages fassen Ritz/Koran in BAO7, § 217 Tz 43 ff wie folgt zusammen: Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (ErläutRV 311 BlgNR 21. GP, 200; ). Eine (lediglich) leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (, G 176/96; ; , 2007/15/0169; ).

Das (grobe) Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (vgl. ; , 2000/14/0006). Dies gilt auch für Organe juristischer Personen (). Hingegen ist (grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls (ebenso wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, anzulasten ist (Stoll, BAO, 2985 ff). Dies gilt auch bei Verschulden des Boten (vgl RAE, Rz 974).

Auch diese beiden Kommentatoren verweisen auf die erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers (Hinweis auch auf Fischerlehner, ecolex 2004, 411; RV/0530-I/05; ; ). Siehe dazu auch oben unter Beweiswürdigung. Dieses Antragsrecht normiert nach Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 217 Rz 17 ff einen Begünstigungstatbestand, der den Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund drängt (; ; ).

Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers folgt, dass es seine Sache ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufzuzeigen (vgl. auch RV/5100019/2017).

Leichte Fahrlässigkeit liegt nach diesen beiden Autoren vor, wenn dem Unternehmen bzw. bei Kapitalgesellschaften deren Geschäftsführer ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.

(Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insb grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl ).

Die einmalige Versäumung einer Frist lässt für sich allein noch nicht den Schluss zu, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist (vgl. ). Keine Herabsetzung oder Aufhebung kommt in Betracht bei der bloßen Behauptung einer einmaligen ausnahmsweisen Säumigkeit und dem Vorbringen, bei anderen Abgaben nicht säumig zu sein, weil es auf ein Wohlverhalten bezüglich der Entrichtung bzw. Abfuhr anderer Abgaben - wie im Übrigen auch auf die sofortige Nachholung der Zahlung - nicht ankommt ().

Auch Predota/Rzeszut unterstreichen in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), Stoll, BAO2023 § 217 Rz 75 ff diese Aussagen. Bei der Frage, ob grobes Verschulden vorliegt (oder nicht), handle es sich zwar nicht um eine Frage, die zu beweisen wäre, sondern um eine Rechtsfrage (Hinweis auf ), zu beweisen seien aber die Tatsachen bzw. Sachverhalte, anhand derer das mögliche grobe Verschulden zu beurteilen ist.

Hier steht aufgrund der Angaben der Bf. nur fest, dass ihre Geschäftsführerin die Überweisung zu spät veranlasste. Ein nachvollziehbarer, stichhaltiger Grund für ihre Exkulpierung ist den Akten nicht zu entnehmen. Dazu kommt ein Widerspruch zwischen den Ausführungen in der Beschwerde (Aufgrund eines Versehens wurde die Zahllast der Klientin durch die steuerliche Vertreterin nicht fristgerecht korrekt mitgeteilt) und im Vorlageantrag (Die Säumnis basiert auf einem Versehen der Steuerberatungskanzlei, die bei der Meldung der fälligen Abgaben an die Bf. die Monate Mai 2023 (Gutschrift) und April 2023 (Zahllast) verwechselt habe).

Die für die Bf. sprechende Beweislage ist trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht dürftig. Es wäre an der Bf. gewesen, zu beweisen, dass kein grobes Verschulden vorlag, was ihr nicht gelang. Das Bundesfinanzgericht vermag keine Gründe dafür zu erkennen, den Grund für die Säumnis in einem Versehen der Steuerberatungskanzlei bei der Meldung der fälligen Abgaben für April und Mai 2023 an die Bf. zu erkennen. Selbst wenn hier eine Verwechslung vorgelegen sein sollte, was erst im Vorlageantrag behauptet und nicht bewiesen wurde, hätte es der ihre Sorgfaltspflichten wahrenden Geschäftsführerin aufgrund der gravierenden betraglichen Abweichungen zwischen beiden Voranmeldungen ohne Zweifel auffallen müssen. Sollte der Geschäftsführerin das nicht ins Auge gefallen sein, wäre das nur mit auffallender Sorglosigkeit zu erklären. Andere Gründe dafür, dass die Unterlassung der Prüfung beider Umsatzsteuervoranmeldungen auf Plausibilität bloß auf einem minderen Versehen erfolgte, wurden nicht genannt.

Das Bundesfinanzgericht hält es deshalb für erwiesen, dass der Verschuldensgrad, der zur Säumnis führte, den Maßstab überschritt, der die Grenze für die positive Erledigung eines Antrages gem. § 217 Abs. 7 BAO darstellt. Ihm konnte kein Erfolg beschieden sein, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

3.2. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100250.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at