Rückforderung Familienbeihilfe - keine Berufsausbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Kinder ***1***, geb. ***2*** und ***3***, geb. ***4***, für den Zeitraum August 2022 bis Februar 2023, Ordnungsbegriff ***5***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Auskunftsersuchen vom überprüfte das Finanzamt (FA) die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und forderte die Beschwerdeführerin (Bf.) auf, Unterlagen und zwar die Schulnachricht sowie die Jahreszeugnisse für das Schuljahr 2021/22 und für das Wintersemester 2022/23 für Sohn ***1*** vorzulegen.
In Beantwortung des Ersuchens teilte die Bf. via FinanzOnline am mit, dass ***1*** im Frühjahr 2022 eine Eignungsprüfung in Latein und die Vorwissenschaftliche Arbeit positiv abgeschlossen habe. Aufgrund des Schulfrustes, verursacht durch die Corona-Pandemie, habe er seinen schulischen Werdegang unterbrochen. ***1*** habe sich beim Bundesheer angemeldet. Die Einberufung habe er aber erst mit Februar 2023 erhalten. Nach Absolvierung des Bundesheeres besuche er nun wieder die Schule. Beigelegt wurde der Nachweis über die Einstufungsprüfung Latein vom , das Zeugnis über die Vorwissenschaftliche Arbeit vom und das Semesterzeugnis vom . Daraus ist ersichtlich, dass ***1*** in den Gegenständen Deutsch, Mathematik, Latein, Geographie und wirtschaftliche Bildung, Geschichte und politische Bildung, Physik und Forschungsbezogene Arbeiten nicht beurteilt wurde.
In der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wird der Anspruch auf Familienbeihilfe für ***1*** für den Zeitraum Jänner 2014 - Februar 2023 und vom August 2023 bis Juli 2024 ausgewiesen.
Mit Bescheid vom forderte das FA die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für die Kinder ***1*** und ***3*** für den Zeitraum 08/2022 - 02/2023 zurück. Begründend wurde auf § 26 Abs. 1 FLAG 1967 verwiesen. Zu ***1*** führte das FA aus, dass die Familienbeihilfe für ein volljähriges Kind während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zustehe. Bei ***1*** lägen diese im § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 geforderten Voraussetzungen nicht vor.
Die für ***3*** im Rückforderungszeitraum Familienbeihilfe bezogene "Geschwisterstaffel" sei ebenfalls zurückzufordern.
In der vom datierten Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe wird der Anspruch auf Familienbeihilfe für ***1*** für den Zeitraum Jänner 2014 - Juli 2022 und für August 2023 - Juli 2024 ausgewiesen.
Die Bf. brachte via FinanzOnline am Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid ein. Begründend führte sie aus, dass ihr Sohn ***1*** aufgrund der Coronazeiten und des Schulfrustes seine Wehrpflicht laut Plan des Bundesheeres absolviert habe. Leider habe es das Bundesheer nicht geschafft ihn gleich im August 2022 einzuberufen; er habe bis Februar 2023 - trotz mehrmaligen Nachfragen - warten müssen. Sein Bundesheerdienst habe vom bis gedauert. Wäre er gleich im August 2022 einberufen worden, hätte er ab Mitte Februar in der Abendschule weitermachen können. Somit habe er erst wieder im September 2023 die Schule besuchen können. Die Schulbesuchsbestätigung liege auf. Sie erhebe Einspruch, weil er für die Wartezeit keine Familienbeihilfe bekommen habe. ***1*** habe die Schule fortführen und beenden wollen. Er habe den Eintritt beim Bundesheer nicht beschleunigen können. ***1*** sei die ganze Zeit "gestanden". Sie habe dies nicht verstanden. Ihr Sohn ***6*** habe während der Wartezeiten sehr wohl Familienbeihilfe erhalten und zwar bis er die Inskriptionsbestätigung vorgewiesen habe. Es könne keinen Unterschied machen, ob man auf der Universität lerne oder in der Schule bzw. Fachhochschule.
Überdies sei ihr am 14. Februar (Anm.: 2024) die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe online zugestellt worden. Daraus sei ersichtlich, dass ***1*** bis Februar 2023 Familienbeihilfe bekäme. Zwei Wochen später habe sie eine neuerliche Mitteilung erhalten, dass ***1*** nur bis Juli 2022 Familienbeihilfe bekomme. Sie sei daher irritiert.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde auf § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 verwiesen. ***1*** habe seine Berufsausbildung im Sommersemester 2022 abgebrochen und diese erst wieder im Wintersemester 2023 aufgenommen. Da zwischenzeitlich weder eine Berufsausbildung noch eine der anderen gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen sei, habe die Beschwerde abgewiesen werden müssen.
Mit beantragte die Bf. die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Im Einzelnen führte die Bf. aus:
"***1*** hat die Schule nicht abgebrochen, sondern nur unterbrochen, um den Bundesheerdienst zu absolvieren. Er hat eine Unterbrechung für das Bundesheer gemacht!
Nach der Absolvierung des Bundesheeres bis zum Schuleintritt hat er Familienbeihilfe bekommen, vorher nicht. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.
Die Einberufung des Bundesheeres hat leider bis Februar gedauert, trotz mehrmaligem Nachfragen. Somit konnte er das Wintersemester 2022 die Schule nicht besuchen, weil er jeden Monat damit rechnete, einberufen zu werden. Leider schaffte es das Bundesheer erst im Februar.
Meinem Verständnis nach sind die Zwischenzeiten einer Ausbildung Voraussetzungen für Familienbeihilfenbezug. Diese sind bei ***1*** gegeben.
Der Gleichheitsgrundsatz fehlt bei ***1***. Mein älterer Sohn hat Familienbeihilfe bis zum Eintritt ins Bundesheer bekommen und dann danach wieder bis zum Studienbeginn. (Anmerkung: Es wurden ihm sogar die Bundesheerzeiten nachgezahlt, weil er ins Coronajahr gefallen ist).
Ich hoffe auf eine positive Entscheidung. Viele meiner Begründungen wurden auch schon in den vorhergehenden Schreiben erklärt.
Prinzipiell sollte sich der Gesetzgeber überlegen, wie die Totzeiten durch die Warterei auf die Einberufung ins Bundesheer auf jeden Fall abgedeckt sind, denn es ist ja in Österreich verpflichtend und man kann in dieser Zeit auch nichts planen."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. bezog für ihren Sohn ***1*** für den strittigen Zeitraum (08/2022 - 02/2023) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge und für Sohn ***3*** die "Geschwisterstaffel".
***1***, geb. ***2***, besuchte im Schuljahr 2021/22 das Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und Wirtschaftskundliche Bundesrealgymnasium für Berufstätige (Anm.: Abendgymnasium) in ***7***.
Im Sommersemester des Schuljahres 2021/22 legte er die Einstufungsprüfung in Latein mit 4 Wochenstunden ab und absolvierte die Teilprüfung VWA - "***8*** - ***9***". In den Gegenständen Deutsch, Mathematik, Latein, Geographie und wirtschaftliche Bildung, Geschichte und politische Bildung, Physik und forschungsbezogenen Arbeiten wurde er nicht beurteilt.
***1*** war schulisch und aufgrund der Corona-Pandemie frustriert und unterbrach idF die Ausbildung am Abendgymnasium.
Er hat sich für den Präsenzdienst angemeldet. Zum Bundesheer einberufen wurde er im Februar 2023. Der Präsenzdienst dauerte von Februar 2023 bis August 2023.
Im strittigen Zeitraum (08/2022 - 02/2023) besuchte ***1*** weder das Abendgymnasium noch eine andere Institution zur Berufsausbildung.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den von der Verwaltungsbehörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie die vom Bundesfinanzgericht erfolgte Einsichtnahme in die Datenbanken der Finanzverwaltung.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG ) 1967 lautet auszugsweise:
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) ….
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. … …
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Daraus ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (siehe z.B. ).
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. …. . Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt sich der Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die die FB gewährt wird, wobei die FB-Höhe nach dem Alter in Abs. 2 Z 3 und der zusätzliche Erhöhungsbetrag (= "Geschwisterstaffel") dieser Bestimmung näher geregelt wird.
Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" (außerhalb der Sonderbestimmung dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr. 305 genannte Einrichtung besuchen) enthält das Gesetz nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird ( und ). Es besteht kein Zweifel daran, dass bei der Absolvierung eines Abendgymnasiums mit dem Ziel der Ablegung der Matura grundsätzlich eine Berufsausbildung gegeben ist.
Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinne ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein, um von einer Berufsausbildung sprechen zu können. Dazu ist es auch erforderlich, die vorgesehenen Lehrveranstaltungen regelmäßig zu besuchen und zu den erforderlichen Prüfungen anzutreten. Jede Berufsausbildung weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. , und ).
Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, die die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat ().
Rückforderungstatbestände entsprechen mutatis mutandis den Anspruchstatbeständen. Aus diesem Grunde gilt es im Beschwerdeverfahren festzustellen, ob die Bf. im Zeitraum August 2022 -Feber 2023 einen Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe hatte.
Es ist unstrittig, dass ***1*** im Rückforderungszeitraum, somit 08/2022 - 02/2023, das Abendgymnasium nicht besucht hat. Er hat "seinen schulischen Werdegang" am Abendgymnasium und somit seine Berufsausbildung unterbrochen. ***1*** befand sich während dieser Zeit nicht in Berufsausbildung. Somit war der Anspruchstatbestand für die Gewährung der Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 nicht (mehr) gegeben.
Der Einwand der Bf., dass ***1*** die Schule und somit die Berufsausbildung nur unterbrochen habe, weil er von der Schule frustriert gewesen sei und den Präsenzdienst absolvieren wollte, letzteres aber aufgrund des erst für Februar 2023 erfolgten Einberufungsbefehls möglich war, ist für die Beschwerde irrelevant. Dabei handelt es sich um Motive, die aber im Falle von Rückforderungen nicht beachtlich sind. Subjektive Momente - wie eben das Warten auf einen Einberufungsbefehl oder Frustrationen - sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich ( uvam.).
Die Bf. rügt den Umstand, dass für die "Wartezeit" (gemeint die Zeit bis zur Einberufung zum Präsenzdienst) keine Familienbeihilfe gewährt wurde. Die Bf. ist darauf aufmerksam zu machen, dass Familienbeihilfe nicht einfach ohne Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen gewährt wird. Das FLAG sieht als allgemeine Kriterien für den Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind einerseits dessen Alter und andererseits dessen Kindschaftsverhältnis vor. Bezüglich des Alters des Kindes unterscheidet das Gesetz zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern. Für Minderjährige liegt allgemein ein Anspruch auf FB vor. Für Volljährige müssen eben gewisse Anspruchsvoraussetzungen (z.B. Berufsausbildung, Altersgrenze) erfüllt sein. Im Beschwerdefall waren diese im strittigen Zeitraum oder wie die Bf. meint während der "Wartezeit bzw. "Totzeit" nicht gegeben.
Das Vorbringen intendiert den Vorwurf, dass eine Unterbrechung der Ausbildung nur "für das Bundesheer" gemacht worden sei. In diesem Zusammenhang sei aber darauf zu verweisen, dass "taugliche Wehrpflichtige Anspruch auf Aufschub vom Antritt des Grundwehrdienstes haben, wenn vor der Einberufung zum Grundwehrdienst bereits eine weiterführende Ausbildung begonnen wurde und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde" (vgl. https://www.öesterreich.gv.at).
Für die Bf. ist nicht nachvollziehbar, dass ihr für ***1*** nach Absolvierung des Präsenzdienstes wieder Familienbeihilfe gewährt wurde. Dieser Umstand ist dadurch erklärbar, dass ***1*** ab Herbst 2023 wieder das Abendgymnasium besucht hat. § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 sieht für derartige Fälle einen Anspruch auf Familienbeihilfe vor.
Irritiert zeigt sich die Bf. auch durch den Umstand, dass in der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom ein Familienbeihilfenanspruch für ***1*** von Jänner 2014 - Februar 2023 währenddessen in der Mitteilung vom ein solcher aber nur mehr von Jänner 2014 - Juli 2022 ausgewiesen ist. Die Überprüfung durch das FA hat ergeben, dass in der strittigen Zeit ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht besteht. Deshalb erging gleichzeitig mit dem Rückforderungsbescheid vom am auch die Mitteilung. Diese ist bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruchs auf Familienbeihilfe auszustellen. Dabei handelt es sich aber nur um eine Verständigung.
Soweit die Bf. einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin sieht, dass sie für ihren ältesten Sohn Familienbeihilfe bis zum Eintritt ins Bundesheer bekommen habe und danach wieder bis zum Studienbeginn und für ihren zweitältesten Sohn nicht, geht der Einwand ins Leere. Zum einen hat die Bf. nach Beendigung des Präsenzdienstes von ***1*** wieder Familienbeihilfe bezogen, zum anderen ist es nicht Gegenstand dieses Verfahrens, ob (möglicherweise) für ihren ältesten Sohn ein Familienbeihilfenanspruch bestanden hat. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass ein Recht darauf, dass eine (möglicherweise) fehlerhafte Entscheidung auf den gegenständlichen Fall anzuwenden sei, nicht besteht.
Entscheidend für den Beschwerdefall war lediglich, ob der Empfänger die Beträge - weil eben kein Anspruchstatbestand für die Familienbeihilfe gegeben war - zu Unrecht erhalten hat (vgl. uvam.).
Da der Anspruch auf Familienbeihilfe im Streitzeitraum aufgrund eines fehlenden Anspruchstatbestandes nicht gegeben war, war auch der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs. 3 EStG 1988) sowie der Anspruch nach § 8 Abs. 3 FLAG 1967 ("Geschwisterstaffel" für ***3***), nicht mehr gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit es sich um Rechtsfragen handelt wurde von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 66 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953 § 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100251.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at