Höhe des Arbeitsplatzpauschales
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RV/1100208/2024-RS1 | Bei Berücksichtigung des Willens des historischen Gesetzgebers kann die Wortfolge „für die ihm außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht“ in § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b EStG 1988 nur derart verstanden werden, dass darauf abzustellen ist, ob für die jeweilige Tätigkeit ein Arbeitsort außerhalb der Wohnung zur Verfügung steht und daher kein zumindest zeitweiser Zwang zur Nutzung privater Räumlichkeiten existiert. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Kurt Reinhold Unterweger, Dorf Rieden 7, 6900 Bregenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2022, ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom erfolgte insofern eine erklärungswidrige Einkommensteuerveranlagung 2022, als anstelle des großen Arbeitsplatzpauschale lediglich das kleine Arbeitsplatzpauschale in Höhe von 300,00 € gewährt wurde. Begründend wurde ausgeführt, das große Arbeitsplatzpauschale stünde nur jenen selbständigen Erwerbstätigen zu, die ihr Einkommen hauptsächlich aus ihrer Tätigkeit zu Hause beziehen würden. Zusätzliche Einkünfte, die außerhalb der Wohnung erzielt würden, dürften daher nicht mehr als 11.000,00 € jährlich betragen. Dementsprechend sei das kleine Arbeitsplatzpauschale in Höhe von 300,00 € berücksichtigt worden.
In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde bemängelt, dass beim Gewinnfreibetrag der Grundfreibetrag nicht an das höhere Ergebnis angepasst worden sei.
Betreffend Arbeitsplatzpauschale wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf. vorgebracht, der Bf. stünde bei ihren sonstigen Erwerbseinkünften nur für die Tätigkeit bei der ***3*** ein Raum zur Verfügung. Die im Rahmen der Tätigkeit bei der ***3*** erzielten Einkünfte würden 9.171,16 € betragen. Darüber hinaus habe die Bf. im Streitjahr 2022 Einkünfte aus selbständiger Arbeit beim ***9*** ***1*** und aus nichtselbständiger Arbeit bei der ***6*** erzielt. Beim ***9*** ***1*** sei die Bf. im Bereich mobiler Hilfsdienst für die mitmenschliche Begleitung älterer Personen tätig gewesen, diese Tätigkeit habe somit ausschließlich bei den betreuten Personen stattgefunden. Ein Raum beim ***9*** sei für die betreffende Tätigkeit daher nicht erforderlich gewesen und auch tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden.
Für die nichtselbständige Tätigkeit bei der ***6*** habe ebenfalls kein Raum zur Verfügung gestanden. Diese Tätigkeit habe darin bestanden, Klienten in deren Wohnung zu betreuen und Besorgungen für die betreuten Personen außerhalb ihrer Wohnungen zu tätigen.
Somit seien jene anderen Erwerbseinkünfte, für die außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung gestanden habe, unter der Einkunftsgrenze von 11.000,00 € gelegen, weshalb die Voraussetzungen für den Abzug des großen Arbeitsplatzpauschale erfüllt seien. Bei Ansatz des kleinen Arbeitsplatzpauschale wäre beim Gewinnfreibetrag der Grundfreibetrag von einer Bemessungsgrundlage von 6.113,11 € zu bemessen, sodass er 916,97 € betragen würde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, die Wortfolge "für die ihm außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht" sei so zu verstehen, dass die nichtselbständige Tätigkeit auch in der privaten Wohnung ausgeführt werde, weil eben kein anderer Raum außerhalb der Wohnung zur Verfügung stehe. Damit sei nicht zwingend ein Büroraum erforderlich. Die Bf. führe ihre Tätigkeit für die ***8*** in der jeweiligen Wohnung der jeweiligen Klientin durch, also außerhalb ihrer eigenen Wohnung. Das große Arbeitsplatzpauschale stehe nur jenen selbständigen Erwerbstätigen zu, die ihr Einkommen hauptsächlich aus ihrer Tätigkeit zu Hause erzielen würden. Zusätzliche Einkünfte, die außerhalb der Wohnung erzielt würden, dürften nicht mehr als 11.693,00 € betragen. Der Grundfreibetrag sei auf 916,97 € erhöht worden, weshalb der Beschwerde teilweise stattzugeben gewesen sei.
Im fristgerecht erhobenen Vorlageantrag vom wurde auf das bisherige Beschwerdevorbringen verwiesen und ergänzend ausgeführt, aus dem Gesetzestext sowie aus den Erläuterungen zum Initiativantrag und zum Ausschussbericht sei nicht ableitbar, dass Tätigkeiten aus nichtselbständiger Arbeit unbedingt in der privaten Wohnung ausgeführt werden müssten, um nicht in die Einkunftsgrenze eingerechnet zu werden. Es gebe viele nichtselbständige Tätigkeiten, die nicht in einer privaten Wohnung ausgeführt würden und für die dennoch kein Raum zur Verfügung stünde. Das seien insbesondere sämtliche Tätigkeiten ohne festen Arbeitsplatz sowie Tätigkeiten im Außendienst. Nach § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b EStG 1988 seien ausdrücklich nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, für die außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung stehen würde. Hätte der Gesetzgeber die in der Beschwerdevorentscheidung dargelegte Auslegung gewollt, so wäre der Bezug auf einen anderen Raum nicht erforderlich gewesen. Wenn die Tätigkeit in Wohnungen der jeweiligen Klienten verrichtet worden sei, sei diese zwar außerhalb der privaten Wohnung erfolgt, jedoch nicht in einem der Bf. zur Verfügung stehenden Raum. Auch die einzelnen Wohnungen von Klienten könnten nicht als solche Räume angesehen werden, da der Arbeitgeber keine Verfügungsmacht über diese Räume habe und diese daher nicht zur Verfügung stellen könne. Abgesehen davon sei die Berufsausübung nicht nur in einer einzigen Wohnung, sondern an unterschiedlichen Orten und teilweise auch außerhalb von Wohnungen erfolgt. Einen bestimmten Raum für die Ausübung der Tätigkeit für die ***8*** habe es daher nicht gegeben. Auch in den Räumlichkeiten der ***8*** selbst sei kein Büro oder sonstiger Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden, da dies für die Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich gewesen sei. Die Tätigkeit der Bf. unterscheide sich von den örtlichen Gegebenheiten her nicht von jener von anderen ausschließlichen Außendienstmitarbeitern (wie z.B. Vertreter oder Kundendienstmitarbeiter). Auch bei diesen würden die Räume von aufgesuchten Kunden nicht als Räume angesehen werden, die für die Berufsausübung zur Verfügung stünden. Da sowohl für die Tätigkeit bei der ***6*** als auch für jene beim ***9*** ***1*** kein Raum zur Verfügung gestanden sei, seien diese Einkünfte bei der Ermittlung der Höhe des Arbeitsplatzpauschale nicht zu berücksichtigen. Die Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit, für die der Steuerpflichtigen außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung gestanden sei, hätten daher im Jahr 2022 insgesamt 9.171,16 € betragen. Da dieser Betrag die Grenze von 11.000,00 € nicht überstiegen habe, stehe das Pauschale in Höhe von 1.200,00 € zu.
Im Vorlagebericht vom führte die Abgabenbehörde aus, die Bf. habe im streitgegenständlichen Zeitraum nichtselbständige Einkünfte als Angestellte bei der ***3*** in Höhe von 9.171,16 € sowie bei der ***8*** ***2*** in Höhe von 5.704,95 € erzielt. Zudem seien Einkünfte aus einem Werkvertrag aus der Tätigkeit für den ***9*** ***1*** erzielt worden. In diesem Zusammenhang sei das große Arbeitsplatzpauschale beantragt worden.
Durch das Arbeitsplatzpauschale werde die betriebliche Komponente von wohnraumbezogenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen berücksichtigt. Voraussetzung für die Anerkennung des Pauschale sei allerdings, dass dem Steuerpflichtigen auch tatsächlich Ausgaben aus der Nutzung der Wohnung erwachsen würden. Die Abgabenbehörde sei daher der Ansicht, dass mangels betrieblicher Nutzung des privaten Wohnraumes das Arbeitsplatzpauschale bereits dem Grunde nach nicht zustehen würde.
In der Stellungnahme vom zum Vorlagebericht des Finanzamtes vom führte der steuerliche Vertreter der Bf. aus, dem Vorlagebericht liege ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde. Die Behörde sei davon ausgegangen, dass der Abzug des großen Arbeitsplatzpauschales bei den Einkünften aus der Tätigkeit für den ***9*** ***1*** beantragt worden sei. Da für diese Tätigkeit privater Wohnraum nicht genutzt werde, stehe das Arbeitsplatzpauschale nicht zu. Tatsächlich sei hinsichtlich dieser Einkünfte aber kein Arbeitsplatzpauschale beantragt worden. Die Beantragung sei bei den Einkünften aus Gewerbetrieb erfolgt. Diese Einkünfte seien bei der Tätigkeit für die ***4*** erzielt worden. Im Rahmen dieser Tätigkeit seien Befragungen und Auswertungen für die ***4*** erfolgt. Die private Wohnung sei für die Erbringung dieser Leistungen regelmäßig genutzt worden. Insbesondere für Vorbereitungen von Befragungen, Korrespondenzen und die Erstellung von Auswertungen. Es werde daher ersucht, der Beurteilung der Rechtsfrage den wahren Sachverhalt zugrunde zu legen.
Das Finanzamt, dem die Stellungnahme des steuerlichen Vertreters der Bf. vom seitens des BFG übermittelt wurde, nahm dazu mit Schriftsatz vom wie folgt Stellung: "Unter Zugrundelegung des Sachverhalts, dass die Beantragung des Arbeitsplatzpauschales in Zusammenhang mit der Tätigkeit für die ***4*** erfolgte, die private Wohnung für diese Leistungen regelmäßig betrieblich genutzt wurde und auch kein anderer, der Bf. zurechenbarer Raum für diese Tätigkeit zur Verfügung stand, wird seitens der Abgabenbehörde dem nicht mehr entgegengetreten, dass das Arbeitsplatzpauschale dem Grunde nach zusteht.
Hinsichtlich der Höhe ist die Abgabenbehörde jedoch nach wie vor der Ansicht, dass das Arbeitsplatzpauschale aufgrund der Erzielung von Einkünften außerhalb der Wohnung in Höhe von mehr als 11.693,00 € lediglich in Höhe von 300,00 € zusteht. Mit der Anknüpfung des Gesetzgebers bei Anwendung des Arbeitsplatzpauschales in Höhe von 1.200,00 € an den Schwellenwert des Nullsteuersatzes soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Einkünfte aus der in der Wohnung ausgeübten Tätigkeit ausschließlich oder hauptsächlich zur Einkommenserzielung beitragen. In diesen Fällen ist typischerweise davon auszugehen, dass die betriebliche Nutzungskomponente deutlich höher ausgeprägt ist als in Fällen, in denen diese Voraussetzung nicht vorliegt (vgl. Bericht des Finanzausschusses).
Aufgrund dessen ist nach Ansicht der Abgabenbehörde - entgegen den Ausführungen der Bf. - nach dem Willen des Gesetzgebers Voraussetzung für die Gewährung des "großen" Arbeitsplatzpauschales, dass die außerhalb der Wohnung erzielten Einkünfte den maßgeblichen Schwellenwert nicht überschreiten dürfen. Als Raum ist dabei der jeweilig zur Verfügung stehende Arbeitsort zu verstehen.
Es wird beantragt im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. erzielte im Streitjahr 2022 Einkünfte aus folgenden Tätigkeiten:
Nichtselbständige Tätigkeit für die ***3***, aus welcher Einkünfte in Höhe von 9.171,16 € lukriert wurden. Diese Tätigkeit wurde von der Bf. in einem von ihrer Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Raum ausgeübt.
Nichtselbständige Tätigkeit für die ***6***, aus welcher Einkünfte in Höhe von 5.704,95 € lukriert wurden. Diese Tätigkeit bestand ausschließlich darin, Klienten in deren Wohnung zu betreuen und Besorgungen für die betreuten Personen außerhalb ihrer Wohnungen zu tätigen.
Selbständige Tätigkeit für den ***7***, aus welcher Einkünfte in Höhe von 2.285,73 € lukriert wurden. Die Bf. war im Bereich mobiler Hilfsdienst für die mitmenschliche Begleitung älterer Personen tätig. Diese Tätigkeit fand ausschließlich bei den betreuten Personen statt.
Gewerbliche Tätigkeit für die ***4***, aus welcher Einkünfte in Höhe von 5.331,14 € erzielt wurden. Diese Tätigkeit bestand darin, Befragungen und Auswertungen für die ***4*** durchzuführen. Insbesondere für Vorbereitungen von Befragungen, Korrespondenzen und die Erstellung von Auswertungen wurde - da der Bf. für diese Tätigkeit kein Raum zur Verfügung gestellt wurde - von der Bf. regelmäßig ihre private Wohnung genutzt, weshalb hinsichtlich dieser Einkünfte die Berücksichtigung des großen Arbeitsplatzpauschale beantragt wurde.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den seitens des Finanzamtes übermittelten Akten, der Stellungnahme des steuerlichen Vertreters der Bf. vom zum Vorlagebericht des Finanzamtes vom sowie der Stellungnahme der Abgabenbehörde vom .
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
In Streit steht, ob der Bf. das große oder das kleine Arbeitsplatzpauschale zusteht.
Gemäß § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls das Arbeitsplatzpauschale für Aufwendungen aus der betrieblichen Nutzung der Wohnung nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) Das Arbeitsplatzpauschale steht zu, wenn dem Steuerpflichtigen zur Ausübung der betrieblichen Tätigkeit kein anderer Raum zur Verfügung steht. Die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs.1 Z 2 lit. d schließt das Arbeitsplatzpauschale aus.
b) Das Arbeitsplatzpauschale beträgt für ein Wirtschaftsjahr:
- 1.200 Euro, wenn der Steuerpflichtige im Kalenderjahr keine anderen Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit von mehr als 11.000,00 Euro erzielt, für die ihm außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht. Mit diesem Arbeitsplatzpauschale werden sämtliche Aufwendungen, die aus der betrieblichen Nutzung der Wohnung entstehen, berücksichtigt.
- 300 Euro, wenn der Steuerpflichtige im Kalenderjahr andere Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit von mehr als 11.000,00 Euro erzielt, für die ihm außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht. Neben diesem Arbeitsplatzpauschale sind nur Aufwendungen und Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr) nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a zweiter und dritter Satz abzugsfähig. Stehen derartige Ausgaben auch mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang, sind sie zur Gänze entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben zu berücksichtigen; eine Aufteilung hat zu unterbleiben.
Bei einem Rumpfwirtschaftsjahr oder bei Wegfall einer Voraussetzung der lit. a ist für jeden Monat ein Zwölftel des maßgebenden Pauschalbetrages anzusetzen.
c) Bei mehreren Betrieben steht das Arbeitsplatzpauschale nur einmal zu und ist nach dem Verhältnis der Betriebseinnahmen aufzuteilen.
Ab der Veranlagung 2022 (siehe dazu § 124b Z 378 EStG 1988) kann auch bei betrieblichen Einkünften die Nutzung privaten Wohnraums steuerlich pauschal durch ein Arbeitsplatzpauschale berücksichtigt werden. Durch dieses Pauschale wird die betriebliche Komponente von wohnraumbezogenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen, wie z.B. Strom, Heizung, Beleuchtung oder die AfA, abgegolten. Ausgaben, die nicht wohnraumspezifisch sind, sondern ein betriebliches Arbeitsmittel, wie beispielsweise Computer, Drucker oder Kopierer betreffen, bleiben weiterhin neben dem Pauschale abzugsfähig. Das Pauschale stellt eine Vereinfachung dar, damit nicht auf die tatsächlichen Kosten abgestellt werden muss bzw. ist beispielsweise ein räumlich gesondertes Arbeitszimmer - anders als bei der Geltendmachung der tatsächlichen Kosten - keine Anwendungsvoraussetzung.
Das Arbeitsplatzpauschale kann dem Grunde nach - unabhängig davon, ob es sich bei der Wohnung um einen Hauptwohnsitz handelt - bei kumulativen Vorliegen folgender drei Voraussetzungen berücksichtigt werden:
Dem Steuerpflichtigen entstehen aus der Nutzung der Wohnung Aufwendungen. Das Pauschale steht somit nicht zu, wenn eine Wohnung zur Ausübung der betrieblichen Tätigkeit vom Steuerpflichtigen unentgeltlich genutzt werden kann.
Dem Steuerpflichtigen steht zur Ausübung der betrieblichen Tätigkeit (bezogen auf den jeweiligen Betrieb) kein anderer ihm zurechenbarer Raum zur Verfügung.
Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 werden nicht geltend gemacht.
Wie unter Pkt.II.1. festgestellt wurde, erfolgte die Beantragung des Arbeitsplatzpauschales in Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit der Bf. für die ***4***. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat die Bf. ihre private Wohnung regelmäßig für Vorbereitungen von Befragungen, Korrespondenzen und die Erstellung von Auswertungen genutzt. Da der Bf. für diese Tätigkeit auch kein anderer ihr zurechenbarer Raum zur Verfügung stand, ist das in § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988 normierte Arbeitsplatzpauschale dem Grunde nach zu gewähren.
Zur Frage, in welcher Höhe das Arbeitsplatzpauschale im jeweiligen Einzelfall zu berücksichtigen ist, wird im Bericht des Finanzausschusses folgendes ausgeführt:
"Steht das Arbeitsplatzpauschale dem Grunde nach zu, ist es in unterschiedlicher Höhe zu berücksichtigen. Da eine Differenzierung nach der zeitlichen Nutzungsdauer für die Betroffenen erheblich aufwändig und für die Finanzverwaltung kaum verlässlich kontrollierbar wäre, soll die Abstufung an der Höhe zusätzlicher Erwerbseinkünfte ausgerichtet werden:
- Werden keine anderen Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit erzielt, für die dem Steuerpflichtigen außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht, oder betragen diese höchstens 11.000 Euro, soll ein Pauschale in Höhe von 1.200 Euro zustehen. Als "Einkünfte aus einer aktiven Erwerbstätigkeit" sind dabei Einkünfte aus einem aktiven Dienstverhältnis und solche aus einer aktiven betrieblichen Tätigkeit (§§ 21 bis 23) zu verstehen; Einkünfte aus Vermögensverwaltung oder einer Pension bleiben somit außer Betracht.
Die Grenze von 11.000 Euro orientiert sich am Nullsteuersatz zur Sicherung des Existenzminimums (§ 33 Abs. 1) sowie am gleich hohen Grenzwert, der für die Stellung eines Antrages auf unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4) für Fälle vorgesehen ist, in denen Auslandseinkünfte von nur untergeordneter Bedeutung vorliegen. Mit der Anknüpfung an diesen Schwellenwert soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Einkünfte aus der in der Wohnung ausgeübten Tätigkeit ausschließlich oder hauptsächlich zur Einkommenserzielung beitragen. In diesen Fällen ist typischerweise davon auszugehen, dass die betriebliche Nutzungskomponente deutlich höher ausgeprägt ist als in Fällen, in denen diese Voraussetzung nicht vorliegt. Die Berücksichtigung eines höheren jährlichen Pauschalbetrages erscheint daher sachgerecht. Mit dem Arbeitsplatzpauschale von 1.200 Euro sind sämtliche Aufwendungen in Bezug auf die Wohnung berücksichtigt, sodass daneben keine wohnungsspezifischen Ausgaben absetzbar sind."
Wie bereits das Finanzamt ebenfalls unter Bezugnahme auf den obig auszugsweise wiedergegebenen Bericht des Finanzausschusses in seiner Stellungnahme vom ausgeführt hat, ist nach dem Willen des Gesetzgebers für die Höhe des Arbeitsplatzpauschales das Ausmaß der betrieblichen Nutzungskomponente der privaten Räumlichkeiten maßgebend. Die Berücksichtigung des großen Arbeitsplatzpauschale wird deshalb in jenen Fällen als sachgerecht angesehen, in welchen die Einkünfte aus der in der Wohnung ausgeübten Tätigkeit ausschließlich oder hauptsächlich zur Einkommenserzielung beitragen. Diesem Umstand wird mit der Anknüpfung an den Schwellenwert des Nullsteuersatzes Rechnung getragen. Sofern die außerhalb der Wohnung erzielten Einkünfte diesen Schwellenwert, der im Streitjahr 2022 11.000,00 € betrug, nicht überschreiten, wird in typisierender Betrachtungsweise davon ausgegangen, dass die betriebliche Nutzungskomponente deutlich höher ausgeprägt ist als in Fällen, in denen diese Voraussetzung nicht vorliegt.
Bei Berücksichtigung des Willens des historischen Gesetzgebers kann die Wortfolge "für die ihm außerhalb der Wohnung ein anderer Raum zur Verfügung steht" in § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b EStG 1988 nur derart verstanden werden, dass darauf abzustellen ist, ob für die jeweilige Tätigkeit ein Arbeitsort außerhalb der Wohnung zur Verfügung steht und daher kein zumindest zeitweiser Zwang zur Nutzung privater Räumlichkeiten existiert. Daher sind auch Tätigkeiten, die beispielsweise ausschließlich im öffentlichen Raum (Verteilung von Werbematerial in Fußgängerzonen) oder in den Wohnungen der Klienten ausgeübt werden, in die Berechnung, ob der maßgebliche Schwellenwert für das große Arbeitsplatzpauschale überschritten wurde, einzubeziehen.
Im Beschwerdefall betrugen die Einkünfte aus aktiven Erwerbstätigkeiten, die keine zumindest gelegentliche Nutzung privaten Wohnraums bedingten, insgesamt 17.161,84 € (siehe dazu Pkt.II.1). Da somit der maßgebliche Schwellenwert von 11.000,00 € überschritten wurde, steht der Bf. lediglich das kleine Arbeitsplatzpauschale in Höhe von 300,00 € zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu der im Beschwerdefall strittigen Frage, ob Einkünfte aus Tätigkeiten, für die auch kein zeitweiser Zwang zur Nutzung privater Räumlichkeiten besteht, in die Berechnung, ob der maßgebliche Schwellenwert für das große Arbeitsplatzpauschale überschritten wurde, einzubeziehen sind, fehlt eine höchstgerichtliche Rechtsprechung, sodass eine, einer (ordentlichen) Revision zugängliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100208.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at