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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.10.2024, RV/7103544/2024

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbeträgen für das Kind ***1*** im Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert als der Rückforderungszeitraum auf den Monat März 2020 eingeschränkt wird, so dass der Rückforderungsbetrag nunmehr auf 172,40 Euro [114,00 Euro (FB) zuzüglich 58,40 Euro (KG)] zu lauten hat.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mitteilung vom

Die Beschwerdeführerin (Bf.) teilte auf das Anschreiben ALF 3 mit Eingabe vom mit, dass sie und ihre die ungarische Staatsbürgerschaft innehabende Tochter ***1*** über mit Gültigkeitsdauer bis ausgestattete Legitimationskarten grün verfügen, bzw. dass ihr ebenfalls die ungarische Staatsbürgerschaft innehabende Ehegatte und Kindesvater seit dem ***10*** beim ***Arbeitgeber*** beschäftigt sei. Anzumerken ist, dass auf der vorgelegten Legitimationskarte die Staatsangehörigkeit der Bf. mit "Ukraine" vermerkt ist.

In Anbetracht obiger Angaben wurde der Bf. seitens des Finanzamtes Österreich via mit datierter Mitteilung für das am ***3*** geborene Kind ***4*** ein im Zeitraum vom bis bestehender Familienbeihilfenanspruch attestiert, bzw. in weiterer Folge nämliche Familienleistungen zugezählt.

Beantwortung des mit datierten Anspruchsüberprüfungsschreiben

Dem beim Finanzamt am eingelangten Antwortschreiben Bf. vom waren die bereits aktenkundigen ein Gültigkeitsende aufweisenden Legitimationskarten grün bis sowie Reisepasskopien der Bf. und der Tochter angeschlossen.

Ergänzungsersuchen vom sowie vom

Mit Ergänzungsersuchen vom bzw. vom wurde die Bf. aufgefordert einerseits ihren ab Jänner 2024 rechtmäßigen Aufenthalt sowie jenen des Kindes ***4*** darzutun, anderseits eine Bestätigung der Energiegemeinschaft über die Höhe einer dort möglichen Kinderzulage/Familienleistung ab März 2020 sowie die tatsächlichen Auszahlungsbeträge vorzulegen.

Eingaben der Bf. vom sowie vom

Den obigen Eingaben immanenten Antworten der Bf. vom bzw. vom waren neue eine Gültigkeitsdauer von bis ausweisende Legitimationskarten der gesamten Familie, und die monatlichen Gehaltsabrechnungen des Gatten von April 2021 bis Februar 2024, jedoch keine Bestätigung über die Höhe eines ab dem März 2020 gegenüber der als Arbeitgeber fungierenden internationalen Organisation bestehenden Anspruches auf Kinderzulage/Familienleistung angeschlossen.

Rückforderungsbescheid vom

Mit der Begründung mangelnder - in § 119 BAO statuierter - Mitwirkungspflicht wurde mit Bescheid vom Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbeträge (KG) als für das Kind ***1*** im Zeitraum vom bis zum zu Unrecht bezogen im Gesamtbetrag von 8.674,40 Euro rückgefordert.

Beschwerde vom

In obiger gegen den Rückforderungsbescheid erhobenen Beschwerde vom wurde seitens der Bf. unter Bezugnahme auf den diesbezüglichen Inhalt eines Bescheides des Regierungsamtes der Hauptstadt Budapest (Abweisung eines Feststellungsantrages vom ) ins Treffen geführt, dass ihr Ehegatte keine ungarischen Familienunterhaltsleistungen erhalte.

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

In der Folge wurde das Rechtsmittel der Bf. mit BVE vom abgewiesen, wobei die Begründung in ihren entscheidungsrelevanten Passagen wie folgt lautet:

"Artikel 14 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (BGBl. III Nr. 87/2007) besagt, dass die Angestellten des Sekretariats sowie deren im gemeinsamen Haushalt lebende Familienmitglieder, auf die sich das Abkommen bezieht, von den Geldleistungen aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen oder einer Einrichtung mit gleichartigen Funktionen ausgeschlossen sind. Dies gelte jedoch nicht, wenn diese Personen österreichische Staatsbürger oder durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen gleichgestellte Staatsangehörige eines anderen Staates oder Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich sind.

Da Sie über die ukrainische Staatsbürgerschaft verfügen, haben Sie gemäß dem o.a. Abkommen keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen."

Vorlageantrag vom

In ihrem - als Beschwerde gegen die BVE vom titulierten - Vorlageantrag beantragte die Bf. unter Hinweis darauf, dass sie - belegter Maßen - seit dem Staatsbürgerin Ungarns sei, respektive laut Bescheid des Regierungsamtes Budapest vom (Abweisung des Antrages der Bf. vom betreffend Ausweis der Zeiten betreffend Auszahlung von Kinderbeihilfe für das Kind ***1*** in Ermangelung derartiger Auszahlungen für ihre Tochter in Ungarn keine Familienunterhaltsleistungen erhalten habe, die Zahlungspflicht, (= den Rückforderungsbescheid) für den Zeitraum vom bis zum 31.Dezember 2023 aufzuheben.

Vorhalt vom

Mit Schriftsatz vom wurde die Bf. aufgefordert mittels Vorlage einer Bestätigung der Energiegemeinschaft das Ausmaß etwaiger ab dem März 2020 an den Ehegatten monatlich zur Auszahlung gelangter Kinderzulagen/Familienleistungen darzutun.

Nachreichung einer Bestätigung der Energiegemeinschaft

Am reichte die Bf. dem Finanzamt Österreich eine mit datierte, vom Direktor des Sekretariats unterfertigte Arbeitgeberbestätigung nachstehenden Inhalts nach:

"Hiermit wird bestätigt, dass Herr ***7*** (geb. am ***8***.) seit ***9*** beim Sekretariat der Energiegemeinschaft (***6***) angestellt ist (Vollzeit).

Hiermit wird auch bestätigt dass beim Sekretariat der Energiegemeinschaft keine Kinderzulage/Familienleistung möglich ist, und daher keinem der Mitarbeiter solche Zahlung

geleistet wird."

Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich vom

Aufgrund der im Vorlageantrag nachgereichten Dokumente wurde im mit datierten Vorlagebericht der belengten Behörde nachstehendes ausgeführt:

"Gemäß § 4 Abs. 1 haben Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

Da durch die vorgelegte Bestätigung des Sekretariats der Energiegemeinschaft vom nachgewiesen wurde, dass dort keine Kinderzulage/Familienleistung möglich ist und daher auch keine solche Zahlung an den Gatten der Bf. geleistet wurde/wird, liegt kein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe vor.

Gemäß Artikel 14 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (BGBl. III Nr. 87/2007) sind die Angestellten des Sekretariats sowie deren im gemeinsamen Haushalt lebende Familienmitglieder, auf die sich das Abkommen bezieht, von den Geldleistungen aus dem Ausgleichfonds für Familienbeihilfen oder einer Einrichtung mit gleichartigen Funktionen ausgeschlossen. Dies gilt nicht, wenn diese Personen österreichische Staatsbürger oder durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen gleichgestellte Staatsangehörige eines anderen Staates oder Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich sind.

Die Bf. verfügte als Ukrainerin bis zur Verleihung der ungarischen Staatsbürgerschaft am nicht über eine durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichgestellte Staatsbürgerschaft.

Somit besteht für die Bf. aufgrund Artikel 14 Abs. 2 des o.a. Abkommens im Monat März 2020 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Das Finanzamt beantragt daher die Beschwerde der Bf. betreffend den Monat März 2020 abzuweisen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf., welche bis zum die ukrainische Staatbürgerschaft innehatte, bzw. ab vorgenanntem Datum eine Staatsbürgerin Ungarn ist, lebte im Rückforderungszeitraum im gemeinsamen, in Wien domizilierten Haushalt mit ihrem, die Staatsbürgerschaft Ungarns innehabenden Ehegatten sowie der gemeinsamen, ebenfalls die ungarische Staatsbürgerschaft innehabenden Tochter ***4***.

Der Ehegatte der Bf., welcher seit dem Jahr 2018 beim Sekretariat der Energiegemeinschaft beschäftigt ist, hat nach Angaben seines Dienstgebers für seine Tochter keinen Anspruch auf Zuzählung von Familienleistungen, wie etwa einer Kinderzulage.

2. Beweiswürdigung

Obiger Sachverhalt ist unstrittig und beruht dieser auf der Aktenlage sowie den im Zuge der Stellung des Vorlageantrages nachgereichten Dokumenten, sprich der Bestätigung der Energiegemeinschaft vom wonach sämtliche Mitarbeiter des Sekretariats so auch der Ehegatte der Bf. von arbeitgeberischen Familienleistungen ausgeschlossen sind sowie der, die am an die Bf. erfolgte Verleihung der ungarischen Staatsbürgerschaft bestätigende Einbürgerungsurkunde des Regierungsamtes Budapest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Vor dem Hintergrund des unter Punkt 1. dargelegten Sachverhaltes, steht das Ausmaß der Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind ***4***, respektive umgekehrt gesprochen die Rechtmäßigkeit der für den Zeitraum vom bis zum verfügten Rückforderung nämlicher Familienleistungen auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß Artikel 14 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (BGBl. III Nr. 87/2007) sind die Angestellten des Sekretariats sowie deren im gemeinsamen Haushalt lebende Familienmitglieder, auf die sich das Abkommen bezieht, von den Geldleistungen aus dem Ausgleichfonds für Familienbeihilfen oder einer Einrichtung mit gleichartigen Funktionen ausgeschlossen. Dies gilt nicht, wenn diese Personen österreichische Staatsbürger oder durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen gleichgestellte Staatsangehörige eines anderen Staates oder Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich sind.

§ 10 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 normiert, dass die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats an gewährt wird, in dem die die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden.

Würdigung

In Ansehung der Bestätigung der Energiegemeinschaft wonach der Ehegatte der Bf. von jeglichem Anspruch auf arbeitgeberische Familienleistungen ausgeschlossen ist, verbleibt - in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht - festzuhalten, dass für die Anwendung der Norm des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 kein Raum.

Ausgehend vom zweiten Satz des Art. 14 des Abkommens der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft kommt ein Familienbeihilfenanspruch der Bf. ab dem Zeitpunkt des Erwerbs der ungarischen Staatsbürgerschaft sprich somit ab dem zum Tragen.

Unter weiterer Berücksichtigung des Inhalts der Bestimmung des § 10 Abs. 2 erster Satz FLAG ist seitens des Verwaltungsgerichts - gemessen an der mittels Bescheid vom für den Zeitraum vom bis zum verfügten Rückforderung - das Bestehen eines Anspruches der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Zeitraum vom bis zum "festzustellen".

Korrespondierend damit war wie im Spruch zu befinden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nach vor, da die Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe, bzw. umgekehrt die Rechtmäßigkeit der Rückforderung in temporärer Hinsicht direkt auf den zitierten Rechtsgrundlagen fußt. Demzufolge war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 10 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 14 Abs. 2 Abkommen über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft, BGBl. III Nr. 87/2007
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103544.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at