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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2024, RV/4100060/2024

Kein Familienbeihilfeanspruch subsidiär Schutzberechtigter auch bei Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4125/2024 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, Mag.a Simone Piuk, gerichtliche Erwachsenenvertreterin, Marksgasse 7, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamtes Österreich betreffend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe vom für den Zeitraum "ab März 2022", Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang
  • - Anträge

Namens des Beschwerdeführers (Bf.), ***Bf1*** (geb. ***1***), beantragte die gerichtliche Erwachsenenvertreterin mit Anträgen vom Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung rückwirkend ab . Der Bf. sei aufgrund seiner Behinderung nicht selbsterhaltungsfähig iSd § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967. Seine Eltern leisteten ihm keinen Unterhalt. Der Bf. werde im autArK Wohnverbund in ***2*** betreut. Die Kosten für vollinterne Förderung würden aus Mitteln des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes (K-ChG) übernommen. Der Bf. beziehe Pflegegeld der Stufe 3 und leiste mit 80 % des Pflegegeldes einen regelmäßigen Beitrag zur Deckung seiner Unterhaltskosten. Der Bf. sei erwerbsunfähig, es sei ihm behinderungsbedingt nicht möglich einer Beschäftigung nachzugehen.

Den Anträgen beigelegt wurde das Gutachten Dr. ***3***, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom . Zusammenfassend ist daraus zu ersehen, dass der Bf. an einer Enzephalopathie mit starker intellektueller Minderbegabung (ICD-10 F71.0) leide. Dem Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom ist zu entnehmen, dass die "Kosten für die vollinterne Förderung von Herrn ***Bf1***, geb. am ***1***, im autArk Wohnverbund in ***2*** aus Mitteln des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes - K-ChG übernommen werden."

  • - Abweisungsbescheide

Das Finanzamt (FA) wies den Antrag auf Familienbeihilfe und den Antrag auf Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe jeweils mit Bescheiden vom ab. Begründend wurde im Abweisungsbescheid Familienbeihilfe ausgeführt, dass bei Zuerkennung des Status als subsidiären Schutzberechtigten Familienbeihilfe nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 nur gewährt werde, wenn gearbeitet und keine Leistung aus der Grundversorgung bezogen werde.
Der Erhöhungsbetrag, der als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe konzipiert ist, werde mangels Gewährung des Grundbetrages nicht gewährt.

  • - Beschwerde

Mit Schreiben vom , beim FA eingelangt am , erhob der Bf. durch die Vertretung Bescheidbeschwerde gegen die Abweisungsbescheide, in welcher ausgeführt wurde:

"2. Sachverhalt und Gang des Verfahrens

Der am ***1*** geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Er ist mit seiner Familie nach Österreich eingereist und hat am Asyl beantragt. Mit Bescheid vom , ZI ***4***-BAG wurde der Asylantrag abgewiesen, dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des unabhängigen Bundesasylsenats vom , ZI ***5***, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt, weil er "nicht nur aufgrund seines Alters, sondern insbesondere auch aufgrund seines gegenwärtigen intellektuellen und psychischen Zustands zu einer selbständigen Besorgung seiner Angelegenheiten nicht in der Lage wäre und daher, bei einem Refoulement in seinen Herkunftsstaat Kosovo ... dort mit Sicherheit in eine existenzielle Notlage geriete...".

Mit Beschluss des BG Villach vom , GZ: ***6***, wurde der minderjährige Beschwerdeführer von seinen Eltern rechtlich getrennt und die Obsorge dem Kinder- und Jugendhilfeträger des Landes Kärnten übertragen.

Beim Beschwerdeführer besteht laut Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. ***3*** vom eine Hirnschädigung (Enzephalopathie) mit starker intellektueller Minderbegabung (Intelligenzminderung); ICD-10 F 71.0 nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen der WHO. Aufgrund der starken Hirnschädigung mit starker Intelligenzminderung kann der Beschwerdeführer weder rechnen noch schreiben, noch sich adäquat ausdrücken oder seinen Willen äußern. Er kann nicht selbstständig mit Geld umgehen. Es ist ihm nicht möglich, irgendwelche Angelegenheiten für sich selbst ohne die Gefahr eines Nachteils zu besorgen.

Im Sachverständigengutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom /vidiert , Seite 3, wird eine Intelligenzminderung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen (mittelgradige Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung, Betreuung in Institution mit Beschäftigung, Medikation, mittlerer Rahmen der Position), Pos. Nr. , diagnostiziert und der Grad der Behinderung mit 70 v.H. angegeben. Dieser Grad liegt seit 08/2005 vor. Weiters wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dass die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen vor dem vollendeten 18. Lebensjahr eingetreten ist. Es handelt sich um einen Dauerzustand.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , ***7***, wurde dem Beschwerdeführer ab die Leistung Unterbringung in Einrichtungen gem § 13 Kärntner Chancengleichheitsgesetz (K-ChG) gewährt und die für den autArK Wohnverbund in ***2*** anfallenden Kosten für die Förderung in der Einrichtung gem der Leistungsvereinbarung mit der Einrichtung übernommen.

Der Beschwerdeführer wurde von seinen Eltern rechtlich getrennt. Es besteht kein gemeinsamer Haushalt. Seine Eltern leisten keinen Unterhalt.

Der Beschwerdeführer bezieht ein Pflegegeld der Stufe 3 von der Pensionsversicherungsanstalt. Mit 80 % des Pflegegeldes (dzt € 402,24 monatlich) und dem "Taschengeld", das er in der Tagesstruktur erhält, in Höhe von € 24,- (vierzehnmal jährlich) trägt er zu den Kosten seiner Unterbringung bei. Aufgrund der Tätigkeit in der Tagesstätte für Menschen mit Behinderung besteht kein Anspruch auf Krankenversicherung und Pension.

Mit Mitteilung des Finanzamtes Spittal Villach vom wurde die erhöhte Familienbeihilfe bis Februar 2022 befristet gewährt. Am wurde der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers das Datenblatt zur Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe des Finanzamtes Österreichs vom übermittelt. Das Formblatt wurde ordnungsgemäß und zeitgerecht ausgefüllt und mit dem verlangten Bescheid über die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte vom , ZI ***8***, retourniert. Nach mehreren Urgenzen wurde mit Schreiben vom (eingelangt am ) mitgeteilt, dass die Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für ***Bf1***, geb. ***1*** im Zuge der Anspruchsüberprüfung eingestellt worden sei. Von einer Rückforderung sei Abstand genommen worden. Herr ***Bf*** sei subsidiär Schutzberechtigter und gehe keiner Beschäftigung nach. Subsidiär Schutzberechtigte haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie tatsächlich beschäftigt seien und keine Leistung aus der Grundversorgung erhalten würden.

Auf Anfrage vom , ob die Kosten für die Förderung in der Einrichtung autArK Soziale Dienstleistungs-GmbH für Herrn ***Bf*** aus Mitteln der Behindertenhilfe oder aus Mitteln der Grundversorgung getragen werden, teilte die Kärntner Landesregierung schriftlich mit, dass die Kosten aus Mitteln des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes - K-ChG übernommen werden (Bestätigung vom ).

In der Folge wurde am ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrags rückwirkend ab März 2023 gestellt. Im Begleitschreiben vom selben Tag wurde erläutert, dass es dem Beschwerdeführer behinderungsbedingt nicht möglich sei, einer Beschäftigung nachzugehen und dass die Kosten für die vollinterne Förderung aus Mitteln des K-ChG getragen werden.

Am wurden die Abweisungsbescheide vom zugestellt. Der Abweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Familienbeihilfe wird auf § 3 Abs 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967 gestützt und damit begründet, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Er würde die Familienbeihilfe nur dann erhalten, wenn er arbeiten und keine Leistung aus der Grundversorgung beziehen würde. Der Abweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung wird damit begründet, dass die allgemeine Familienbeihilfe nicht zustehen würde. Der Erhöhungsbetrag könne nur als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt werden.

Beweis:
Beilage ./A: Erkenntnis Unabhängiger Bundesasylsenat
Beilage ./B: Beschluss BG Villach (wird nachgereicht)
Beilage ,/C: Befund und Gutachten Dr.
***3***
Beilage ./D: Sachverständigengutachten BASB
Beilage ,/E: Bescheid Kärntner Landesregierung
Beilage ./F: Bescheid Pflegegeld PVA
Beilage ./G: Mitteilung Finanzamt Spittal Villach
Beilage ./H: Anschreiben und Datenblatt Finanzamt Österreich
Beilage ./I: Bescheid BFA
Beilage /J: Urgenz vom
Beilage ./K: Schreiben Finanzamt Österreich
Beilage ./L: Auskunftbegehren
Beilage ./M: Bestätigung Kärntner Landesregierung
Beilage ./N: Begleitschreiben und Anträge auf Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag
Beilage ./O: Abweisungsbescheid Familienbeihilfe
Beilage ./P: Abweisungsbescheid Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

3. Zur Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit der Beschwerde
…..
Beilage./Q: Urkunde BG Spittal an der Drau
Beilage./R: Urkunde VertretungsNetz

4. Beschwerdegründe

Die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom , VSNR ***9***, Ordnungsbegriff ***10***, verletzen den Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten. Diese Rechtsverletzung ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:

4.1. Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes eines Leistungsbezugs aus der Grundversorgung (§ 3 Abs 4 erster Satz FLAG)

Der Beschwerdeführer hat den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem § 8 Abs 1 AsylG inne. § 3 FLAG regelt den Anspruch nicht-österreichischer Staatsbürgerinnen auf Familienbeihilfe. Gem § 3 Abs 4 FLAG sind subsidiär Schutzberechtigte dann anspruchsberechtigt, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und selbständig oder unselbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Der Beschwerdeführer hat bei der Antragstellung die Bestätigung der Kärntner Landesregierung vom vorgelegt, wonach die Kosten für die vollinterne Förderung von Herrn
***Bf1***, geb. ***1***, im autArK Wohnverbund in ***2*** aus Mitteln des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes - K-ChG (und nicht aus Mitteln der Grundversorgung) übernommen werden. Der Abweisungsbescheid betreffend den Grundbetrag der Familienbeihilfe wird auch damit begründet (dem Wortlaut der bloß kursorischen Begründung ist dies allerdings nicht eindeutig entnehmbar), dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, und steht damit im Widerspruch zu dem vorgelegten Beweismittel. Entsprechende Ausführungen im Bescheid fehlen, damit bleibt das Ermittlungsergebnis unschlüssig.
Ebenso hat es die Behörde unterlassen, dem Beschwerdeführer vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern und damit gegen
§ 183 Abs 4 BAO verstoßen. Der Beschwerdeführer kann daher erst im Wege der Beschwerde klarstellen, dass er keine Leistungen aus der Grundversorgung erhält und erforderlichenfalls noch weitere Beweise vorlegen. Bei Wahrung des Parteiengehörs hätte die Behörde richtigerweise die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe zuerkennen müssen, weil der Ausschlusstatbestand nicht vorliegt und das Tatbestandsmerkmal der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit beim Beschwerdeführer - wie im Folgenden näher ausgeführt wird - nicht zum Tragen kommt.

4.2. Verfassungskonforme Interpretation des Tatbestandsmerkmals der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 3 Abs 4 erster Satz FLAG)

Die Behörde stützt ihren abweisenden Bescheid zu Unrecht auf das in § 3 Abs 4 erster Satz FLAG angeführte Tatbestandsmerkmal der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit.
Das Benachteiligungsverbot in
Art 7 Abs 1 dritter Satz B-VG besagt, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Wie der VfGH in seiner Entscheidung vom , G106/12 ua, dargelegt hat, kommt das Diskriminierungsverbot jedem Menschen, dh unabhängig von der Staatsbürgerschaft und des Aufenthaltsrechts zu.

Die Behörde unterstellt § 3 Abs 4 FLAG einen verfassungswidrigen Inhalt, wenn sie das in § 3 Abs 4 erster Satz FLAG angeführte Tatbestandsmerkmal der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit auch im Fall eines Eigenanspruchs auf erhöhte Familienbeihilfe wegen Selbsterhaltungsunfähigkeit anwendet. So hielt der VfGH bereits in seiner Entscheidung vom , B2128/00 fest, dass dann ein Verstoß gegen Art 7 Abs 1 dritter Satz B-VG anzunehmen ist, wenn für die Zuerkennung einer familienpolitisch geprägten Sozialleistung die Arbeitsfähigkeit als Tatbestandsvoraussetzung normiert wird, weil damit arbeitsunfähige Behinderte allein aufgrund ihrer Behinderung von dieser Leistung ausgeschlossen werden.
Der Beschwerdeführer ist behinderungsbedingt nicht in der Lage, einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das Abstellen auf diese Voraussetzung und die damit einhergehende generelle Verweigerung eines Eigenanspruchs auf erhöhte Familienbeihilfe, würde selbsterhaltungsunfähige subsidiär schutzberechtigte Personen ohne erkennbaren sachlichen Grund gegenüber selbsterhaltungsfähigen subsidiär schutzberechtigten Personen benachteiligen. Sie wären allein aufgrund ihrer Behinderung von vornherein vom Eigenbezug der erhöhten Familienbeihilfe ausgeschlossen, ohne Rücksicht darauf, ob sie die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe erfüllen, und ohne Möglichkeit, den Ausschlussgrund aus eigenen Kräften zu überwinden. Denn Personen, die - wie der Beschwerdeführer - als arbeitsunfähig gelten, haben keine Chance auf bezahlte Arbeit. Den Betroffenen bleibt daher nur der Weg in die Tagesstätte ohne Anspruch auf Gehalt, Krankenversicherung und Pension. Der generelle Ausschluss dieser Personengruppe vom Eigenbezug der erhöhten Familienbeihilfe wäre als Verstoß gegen
Art 7 Abs 1 dritter Satz B-VG zu qualifizieren, weil damit Menschen mit Behinderung, deren Behinderung gerade wesentlich dafür ist, dass sie die Voraussetzung, selbstständig oder unselbstständig erwerbstätig zu sein, von vornherein nicht erfüllen können, benachteiligt und diskriminiert werden. Gleichzeitig wäre es grob unsachlich, zwar einerseits die allgemeinen Beurteilungskriterien für das Bestehen eines Eigenanspruches für volljährige Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird (sog "Sozialwaisen") nach § 6 Abs 5 FLAG grundsätzlich unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern zu normieren, andererseits aber gerade solchen subsidiär schutzberechtigten "Sozialwaisen", die selbst erwerbsunfähig sind, die (fehlende) Erwerbstätigkeit ihrer Eltern - die ansonsten in jeglicher Hinsicht von ihnen getrennt sind - zum Nachteil zuzurechnen und ihnen alleine deshalb den Anspruch zu versagen.

Die Bestimmung des § 3 Abs 4 FLAG ist einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich. Die Behörde unterstellt der Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, wenn es § 3 Abs 4 erster Satz FLAG nicht bloß im damit eigentlich intendierten Fall des Bezugs erwerbsfähiger Eltern für ihre Kinder, sondern auch im Fall eines Eigenbezugs der erhöhten Familienbeihilfe wegen Selbsterhaltungsunfähigkeit anwendet. In diesen Fällen kann § 3 Abs 4 FLAG verfassungskonform so ausgelegt werden, dass nur § 6 Abs 2 lit d FLAG iVm § 3 Abs 4 Satz 2 FLAG zur Anwendung kommt, da letztere Bestimmung auch so gelesen werden kann, dass sie in diesen Fällen einen Eigenanspruch von Kindern mit subsidiärem Schutz ohne die zusätzliche Anforderung der Erwerbstätigkeit normiert.

4.3. Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen (§ 6 Abs 1 iVm Abs 2 lit d iVm Abs 5 FLAG)

Gem § 6 Abs 2 lit d FLAG besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn ein volljähriges Kind wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedenfalls aber vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen Behinderung dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht aufgrund der Bestimmung des § 6 Abs 5 FLAG die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Für den Eigenanspruch auf Familienbeihilfe müssen folgende Voraussetzungen vorliegen; keine Haushaltszugehörigkeit zu den Eltern, keine überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Eltern, die Unterhaltskostentragung darf nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln, die der Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs dienen, erfolgen und das Kind muss einen Beitrag zur Tragung der Unterhaltskosten leisten.

Nach dem Sachverständigengutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen ist der Beschwerdeführer wegen einer nachweislich jedenfalls seit August 2005 (9. Lebensjahr) eingetretenen geistigen Behinderung (Intelligenzminderung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen) voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Der Beschwerdeführer wurde schon als Kind von seinen Eltern rechtlich und örtlich getrennt. Es besteht keine Haushaltszugehörigkeit. Seine Eltern leisten keinen Unterhalt.

Sein Unterhalt wird nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen, weil er mit dem Pflegegeld und dem in der Tagesstätte ausbezahlten "Taschengeld" dazu einen Beitrag leistet. Verfügt eine Person über einen Anspruch auf eine Leistung aus der gesetzlichen Sozialversicherung, zB das Pflegegeld, so handelt es sich dabei nach der langjährigen Rechtsprechung des VwGH um keinen Unterhaltsersatz durch die öffentliche Hand.
"Andernfalls wäre eine behinderte Person, welche Pflegegeld bezieht und die sich - mangels entsprechender Möglichkeiten im familiären Bereich - Pflege in einer Anstalt verschafft, schlechter gestellt, als eine Person, welcher es möglich ist, Pflege im häuslichen Bereich - etwa durch Angehörige - zu erlangen, obwohl sie dafür regelmäßig mehr aufwenden muss als bei Pflegeleistungen im Familienverband" (vgl
2003/13/0162). Im Einführungserlass zu BGBl I 2018/77 wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber keine Mindestbeträge im Hinblick auf die Höhe dieses Beitrages nennt, so dass auch kleine, geringfügige Beträge ausreichen.
Beweis: Beilage ./S: BKA Österreich, Abt. V/i - Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag Einführungserlass BGBl 12018/77
Der Beschwerdeführer trägt zu den Kosten zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Höhe von monatliche 78,30 (€ 50,30 Pflegegeld und € 28,- Taschengeld - € 24,- / 14 x 12) bei.

Da somit die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, hätte die Behörde bei verfassungskonformer Auslegung des § 3 Abs 4 FLAG dem Beschwerdeführer die Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag gewähren müssen.

5. Beschwerdeanträge

Aus diesen Gründen stellt der Beschwerdeführer die Anträge, das Bundesfinanzgericht möge

  • gem Art 130 Abs 4 B-VG iVm § 279 BAO in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer die erhöhte Familienbeihilfe zuzüglich Kinderabsetzbetrag rückwirkend ab und laufend gewährt wird
    in eventu

  • die angefochtenen Bescheide gem § 278 BAO mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Finanzamt Österreich zurückverweisen.

Sollte das Bundesfinanzgericht der Ansicht sein, dass § 3 Abs 4 erster Satz FLAG keiner verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist (vgl oben Punkt 4.2.), so ergeht die Anregung, das Bundesfinanzgericht möge

  1. gem Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind" in § 3 Abs 4 erster Satz FLAG in der hier maßgeblichen Fassung (BGBl 1967/376 zuletzt geändert durch BGBl I 2022/135) wegen Verfassungswidrigkeit richten.
    Infolge der Aufhebung würde ein verfassungskonformer Zustand hergestellt werden, in dem die Voraussetzungen des Eigenanspruchs nach § 6 FLAG für subsidiär schutzberechtigte, erwerbsunfähige Kinder nur unter die zusätzliche Bedingung eines Nichtvorliegens von Grundversorgungsleistungen stellen würde, ohne von diesen - nochmals: erwerbsunfähigen - Kindern (oder von den von ihnen rechtlich in jeglicher Sicht getrennten Eltern) auch noch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu verlangen.
    Beilage./S: FLAG Thema Eigenanspruch auf Familienbeihilfe"

  2. - Ergänzendes Beschwerdevorbringen

Die Vertretung des Bf. legt den Beschluss des BG Villach vom , ***6***, mit dem den Eltern des Bf. die Obsorge vorläufig entzogen und dem Land Kärnten als Jugendwohlfahrtsträger übertragen wurde, nachträglich vor.
Mit dem Beschluss sei bewiesen, dass der Bf. selbsterhaltungsunfähig sei. Der Bf. sei am von seinen Eltern getrennt worden; seither bestehe keine Haushaltszugehörigkeit.

  • - Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die gegen den Abweisungsbescheid und den Erhöhungsbetrag eingebrachte Beschwerde ab. Begründend wurde ausgeführt, dass Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz zuerkannt worden sei, nur dann Familienbeihilfe gewährt werde, wenn sie oder ein anderes Familienmitglied keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung hätten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig seien. Laut den vorliegenden Daten habe der Bf. den Status als subsidiär Schutzberechtigter, "verfüge aber nicht über eine Beschäftigung". Die Überprüfung der Leistungen aus der Grundversorgung sei daher obsolet. Eine Ausnahme für Personen, die dauernd erwerbsunfähig seien, sei im Familienlastenausgleichsgesetz nicht vorgesehen. Da der Grundbetrag nicht zustehe, stehe auch der Erhöhungsbetrag nicht zu.

Aktenkundig ist ferner die Beschwerdevorentscheidung vom , mit der das FA die (Anm.: vermeintliche) Beschwerde vom wegen Verspätung zurückgewiesen hat (Anm.: Tatsächlich wurde mit Schriftsatz vom beschwerdeergänzend der Obsorgebeschluss des BG Villach vom ***11*** nachgereicht).

  • - Vorlageantrag

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag).

Nach Darlegung des Verfahrensgangs (1.) und der Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages (2.), wird begründend ausgeführt:

"3. Begründung

3.1. Zur Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die "Beschwerde vom gemäß § 260 Bundesabgabenordnung (BAO) zurückgewiesen wird"

Die Behörde begründet die Zurückweisung damit, dass die "Beschwerde" vom , eingelangt am , verspätet gewesen sei.

Dazu wird ausgeführt, dass es sich bei diesem Schriftsatz vom sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht um keine (weitere) Beschwerde handelt. Dies ergibt sich einerseits aus der Rubrik, insb der Bezeichnung des Schriftsatzes mit "Beweisvorlage" sowie der Referenz auf die Beschwerde vom , andererseits aus den inhaltlichen Ausführungen. So wird auf die Beschwerde vom Bezug genommen und erläutert, dass das dort als Beilage ./B angeführte Beweismittel nunmehr vorgelegt werde. Bereits in der Beschwerde erfolgte die Ankündigung, dass der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , ***6***, nachgereicht werde (vgl Seite 4 der Beschwerde, Beweis)…

3.2. Zur Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die "Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen wird"

Die Behörde begründet die Abweisung damit, dass der Antragsteller subsidiär schutzberechtigt sei und über keine Beschäftigung verfügen würde. Die Überprüfung der Leistungen aus der Grundversorgung sei daher obsolet. Das Familienlastenausgleichsgesetz sehe keine Ausnahme für Personen, die dauernd erwerbsunfähig seien, vor. Da der Grundbetrag nicht zustehen würde, würde auch der Erhöhungsbetrag nicht zustehen.

Dazu wird wie folgt ausgeführt:
Nach der Judikatur des VfGH wirkt das in
Art 7 Abs 1 Satz 3 B-VG normierte Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinderungen gegenüber jedermann; es ist daher nicht nur auf Staatsbürger:innen, sondern auf alle Menschen mit Behinderung, sohin auch auf den Antragsteller anzuwenden. Im Erkenntnis vom , G 106/12, hat der VfGH § 10 Abs 1 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz idF BGBl 12006/37 und § 10 Abs 5 leg cit idF BGBl I 2009/122, wonach Fremde, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen wollten, einen hinreichend gesicherten Lebensunterhalt in Höhe der Richtsätze des § 293 ASVG nachweisen mussten, als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründend führte der VfGH aus, dass die entsprechende Regelung nicht darauf Rücksicht nehme, ob ein Fremder aufgrund seiner Behinderung keinen bzw nur einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt habe. Dadurch würden Menschen mit Behinderungen von vornherein von der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen werden, weil sie den geforderten Nachweis nicht zu erbringen vermögen, und sie auch keine Möglichkeit hätten, diese Benachteiligung gegenüber anderen Menschen aus Eigenem auszugleichen.

Zieht man dieses Erkenntnis des VfGH heran, ist davon auszugehen, dass die Auslegung der Behörde, wonach § 3 Abs 4 FLAG auch bei dauernd erwerbsunfähigen / selbsterhaltungsunfähigen Menschen mit Behinderung eine Erwerbstätigkeit für den Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe im Eigenbezug voraussetze, gegen das Diskriminierungsverbot des Art 7 Abs 1 Satz 3 B-VG verstößt. Der Rechtsansicht der Behörde zufolge würde das ausnahmslose Erfordernis der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit für die Erlangung der erhöhten Familienbeihilfe eine bestimmte Gruppe von subsidiär Schutzberechtigten von vornherein vom Bezug der erhöhten Familienbeihilfe ausschließen. Bei dieser Gruppe handelt es sich um die besonders vulnerable Gruppe der Waisen und "Sozialwaisen" mit Behinderung, also um erwachsene selbsterhaltungsunfähige Kinder, für die niemand unterhaltspflichtig ist, oder für die niemand Unterhalt leistet. Der Gesetzgeber hat aber gerade für diese Personengruppe einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe geschaffen, um in jenen Fällen Härten zu vermeiden, in denen Kinder sich weitgehend selbst erhalten müssen ( 2001/14/0165).

§ 3 Abs 4 FLAG selbst unterscheidet zwischen Eltern (Satz 1) und den anspruchsvermittelnden Kindern (Satz 2), wobei Satz 2 leg cit das Erfordernis der Erwerbstätigkeit nicht enthält. § 3 Abs 4 FLAG ist demnach einer verfassungskonformen Auslegung insofern zugänglich, als das Erfordernis der Erwerbstätigkeit im Fall eines Eigenbezugs iSd § 6 FLAG nicht besteht."
Beilage: Urkunde BG Spittal/Drau vom (Bestellung der Erwachsenenvertretung)

Aktenkundig sind weiters

- Lohnzettel-Auskünfte des FA für das Kalenderjahr 2022 und 2023. Daraus ist ersichtlich, dass keine Einkünfte, wohl aber Pflegegeld bezogen wurde;
- Abfragen bei der Sozialversicherung für den Zeitraum - ;
- Abfragen aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (Statusinformation: subsidiär Schutzberechtigter - befristete AB für subsidiär Schutzberechtigte bis ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ***Bf1***, geb. ***1***, ist kosovarischer Staatsbürger.

Der Bf. reiste mit seiner Familie nach Österreich ein. Asyl wurde am beantragt. Mit Bescheid vom wurde der Asylantrag abgewiesen; mit Erkenntnis des unabhängigen Bundesasylsenates vom wurde dem Bf. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Derzeit besteht für den Bf. bis eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005.

Mit Beschluss des BG Villach vom wurde der Bf. von seinen Eltern getrennt und wurde die Obsorge dem Kinder- und Jungendhilfeträger des Landes Kärnten übertragen.

Der Bf. wird von der gerichtlichen Erwachsenenvertretung - VertretungsNetz Villach - vertreten (s. Beschluss BG Spittal/Drau vom ).

Laut dem Sachverständigengutachten ***12*** vom leidet der Bf. an einer Intelligenzminderung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen (Pos.Nr. ). Der Grad der Behinderung wurde mit 70 v.H. seit 08/2005 festgestellt. Weiters wurde das voraussichtlich dauernde Außerstandesein sich den Unterhalt zu verschaffen vom Sachverständigen attestiert.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom wird dem Bf. ab die Leistung Unterbringung in Einrichtungen gem. § 13 Kärntner Chancengleichheitsgesetz (K-ChG) gewährt und die für den autArK Wohnverbund in ***2*** anfallenden Kosten für die Förderung in der Einrichtung gemäß der Leistungsvereinbarung mit der Einrichtung übernommen.

Die Kosten für die Förderung in der Einrichtung autArK Soziale Dienstleistungs-GmbH für den Bf. werden aus Mitteln des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes übernommen.

Der Bf. erhielt im Beschwerdezeitraum keine Grundversorgung.

Der Bf. bezieht Pflegegeld der Stufe 3.

Die Eltern leisten keinen Unterhalt.

Der Bf. ist weder selbständig noch unselbständig erwerbstätig.

2. Beweiswürdigung

Weder die angefochtenen Bescheide noch die Beschwerdevorentscheidung oder der Vorlagebericht enthalten eine gesetzeskonforme Darstellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes. Dieser lässt sich erst durch den Akteninhalt und die Darlegung in der Beschwerde entnehmen.

Das Gericht folgt dem durch entsprechende Beweismittel erwiesenen Vorbringen des Bf.

Das Gericht hat gemäß § 2a BAO iVm § 167 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

…..

§ 3 FLAG 1967 lautet:

(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

§ 6 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder…..

  • Beschwerdevorbringen

Der Bf. sieht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zusammengefasst darin,

• dass der angefochtene Bescheid betreffend den Grundbetrag mangelhaft begründet sei und im Widerspruch zu den vorgelegten Beweismitteln stehe, dass das Ermittlungsergebnis unschlüssig und das Parteiengehör verletzt worden sei;

• dass der Ausschlussgrund eines Leistungsbezuges aus der Grundversorgung nicht vorliege;

• dass das Tatbestandsmerkmal der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 3 Abs. 4 FLAG) im Falle des Eigenanspruchs auf erhöhte Familienbeihilfe wegen Selbsterhaltungsunfähigkeit verfassungswidrig interpretiert und dadurch Art. 7 Abs. 1 dritter Satz B-VG ("Benachteiligungsverbot") verletzt worden sei;

• dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 iVm Abs. 2 lit d iVm Abs. 5 FLAG von der belangten Behörde negiert würden.

  • Zur Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides betreffend Grundbetrag

Es trifft zu, dass aus dem angefochtenen Abweisungsbescheid betreffend den Grundbetrag ebenso wie aus der Beschwerdevorentscheidung nicht hervorgeht, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zu Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Diese für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 60 AVG verankerten Grundsätze sind auch im Verfahren nach der BAO zu beachten (vgl. ).

Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte (bzw. bei Entscheidungen der Verwaltungsgerichte durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts) zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten behördlichen wie einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen daher erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung (vgl. ).

Selbst wenn bei der Erlassung von Bescheiden im Familienbeihilfeverfahren oftmals - aus welchen Gründen auch immer - eine detaillierte Bescheidbegründung nicht vorgenommen wird, wäre eine derartige Bescheidbegründung spätestens mit der Beschwerdevorentscheidung vorzunehmen. Aus der knappen rechtlichen Begründung lässt sich lediglich erahnen, welchen Sachverhalt das Finanzamt möglicherweise für verwirklicht hält.

Allerdings steht - siehe die vom Bundesfinanzgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen - mittlerweile fest, von welchem Sachverhalt auszugehen ist und aus welchen Gründen nach Ansicht des Finanzamtes (erhöhte) Familienbeihilfe nicht zu gewähren ist.

Dies ist insbesondere auf das im Gegensatz zu den Ausführungen der Behörde präzise erstattete und durch Beweismittel untermauerte Vorbringen der Vertretung des Bf. zurückzuführen. Allfällige vorgelegene Verfahrensmängel des behördlichen Verfahrens sind durch die Möglichkeit, in der gegenständlichen Beschwerde alles Sachdienliche vorzubringen, als saniert anzusehen (vgl. Landesverwaltungsgericht Niederösterreich , LVwG-AV-521/001-2014, ).

Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (vgl. ; , 2001/13/0281, 0282). Begründungsmängel, die dem angefochtenen Bescheid anhaften, können durch eine Begründung der Berufungsentscheidung bzw. nunmehr des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts saniert werden (vgl. etwa zum UFS und zur FLD ; ; u. v. a. m.).

Und auch die Verletzung des § 183 Abs. 4 BAO, die eine Verletzung von Verfahrensschriften darstellt, sind im Rechtsmittelverfahren "sanierbar" ().

Dies ist mit dieser Entscheidung geschehen.

  • Zum Ausschlussgrund Grundversorgung

Die Kosten für die vollinterne Förderung des Bf. im autArK Wohnverbung in ***2*** wird aus Mitteln des Kärntner Chanchengleichheitsgesetzes (K-ChG) übernommen.

Ziel dieses Gesetzes ist, Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewähren und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen (vgl. § 1 K-ChG).

Nach § 35 Abs. 1 K-ChG sind die Leistungen und Aufgaben nach diesem Gesetz, ausgenommen nach § 15, vom Land zu tragen.

Im Gegensatz dazu ist es Ziel nach dem Kärntner Grundversorgungsgesetz (K-GrvG), die vorübergehende Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die sich in Kärnten aufhalten, zu gewährleisten, regionale Ausgewogenheiten bei der Unterbringung anzustreben und Rechtssicherheit für die betroffenen Fremden zu schaffen.

Die Gesamtkosten die in Durchführung der Maßnahmen dieser Vereinbarung [Anm.: zw. dem Bund und den Ländern gem. § 15a B-VG] entstehen, werden zwischen Bund und Ländern im Verhältnis sechs zu vier aufgeteilt, ausgenommen die Kosten gemäß Art. 11 Abs. 4 erster Satz. …(Artikel 10 Abs. 1 erster Satz Grundversorgungsvereinbarung Art. 15a Bund - Länder).

Im Beschwerdefall steht fest, dass die Kosten für die vollinterne Förderung im Wohnverband vom Land Kärnten getragen werden. Leistungen aus Mitteln der Grundversorgung liegen im Beschwerdefall nicht vor.

  • Verfassungsmäßige Interpretation des Tatbestandsmerkmals der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 3 Abs. 4 FLAG 1967)

Gemäß § 3 Abs. 4 FLAG 1967 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind, wobei Anspruch auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, besteht.

Der Initiativantrag, auf welchen § 3 Abs. 4 FLAG 1967 i. d. F. BGBl. I Nr. 168/2006 zurückgeht (IA 62/A BlgNR 23. GP), führt zu der Regelung aus:

Weiters soll künftig auch für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eingeräumt werden, sofern diese auf Grund ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Bereits nach der Rechtslage vor dem war als Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe das Vorliegen einer mindestens drei Monate dauernden legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehen. Diese Voraussetzung soll nunmehr durch die selbstständige Erwerbstätigkeit erweitert werden.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 168/2006 wurde überhaupt erst ein Anspruch subsidiär Schutzberechtigter auf Familienbeihilfe geschaffen, da § 3 FLAG 1967 i. d. F. BGBl. I Nr. 100/2005 (anders als § 3 FLAG 1967 i. d. F. BGBl. I Nr. 142/2004 und der Vorgängerregelungen betreffend mindestens dreimonatige unselbständige Erwerbstätigkeit) einen derartigen Anspruch gar nicht vorsah.

Der Gesetzgeber wollte, so die Materialien, allerdings die Leistung der Familienbeihilfe an subsidiär Schutzberechtigte, wenn diese nicht unter die Grundversorgung fallen, mit einer tatsächlichen selbständigen oder nichtselbständigen Erwerbstätigkeit verknüpfen. Wenn die subsidiär Schutzberechtigte "durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen", soll auch ein staatlicher Beitrag in Form der Familienbeihilfe erfolgen.

Das Fehlen einer Erwerbstätigkeit steht bei subsidiär Schutzberechtigten daher nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 einem Familienbeihilfenanspruch entgegen (vgl auch Wanke in Czaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 3 Rz 275 ff, sowie etwa , ECLI:AT:BFG:RV/7104906.2014; , ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101965.2015 oder , ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100455.2013). Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Antragsteller arbeitssuchend, aber arbeitslos, oder - wie hier - arbeitsunfähig ist.

Die vom Bf. geforderte Interpretation des § 3 Abs. 4 erster Satz FLAG 1967, dass dieser nicht bloß im Falle des Bezuges erwerbsfähiger Eltern für ihre Kinder, sondern auch im Fall des Eigenbezuges der erhöhten Familienbeihilfe wegen Selbsterhaltungsunfähigkeit anzuwenden sei, ist nicht zu folgen. Durch diese vom Bf. geforderte Interpretation würde ein (zusätzlicher) familienbeihilfenrechtlicher Anspruchstatbestand - ohne gesetzliche Grundlage - geschaffen werden.

Nach Art. 18 Abs. 1 B-VG darf aber die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Legalitätsprinzip gilt selbstredend für die belangte Behörde wie auch für das Bundesfinanzgericht. Eine interpretative Ausdehnung dergestalt, dass das Tatbestandsmerkmal der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Falle eines Eigenbezuges der erhöhten Familienbeihilfe nicht zu berücksichtigen sei, hätte einer ausdrücklichen Anführung im Gesetz bedurft. Die vom Bf. intendierte Interpretation dieses Tatbestandsmerkmales widerspricht dem Wortsinn der Bestimmung. Die Umsetzung der vom Bf. dargelegten Interpretation des Tatbestandsmerkmales der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit, obliegt - falls er dies für geboten erachtet - nur dem Gesetzgeber.

Der Bf. rügt weiters unter Verweis auf Art. 7 Abs. 1 dritter Satz B-VG ("Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden"), die Entscheidung des (das Diskriminierungsverbot kommt jedem Menschen, unabhängig von der Staatsbürgerschaft und des Aufenthaltsrechts zu) und den (es liegt ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 dritter Satz B-VG vor, wenn für die Zuerkennung einer familienpolitisch geprägten Sozialleistung die Arbeitsfähigkeit als Tatbestandsvoraussetzung normiert wird, weil damit arbeitsunfähige Behinderte allein aufgrund ihrer Behinderung von dieser Leistung ausgeschlossen werden"), eine verfassungswidrige Interpretation des Tatbestandsmerkmals der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem , betreffend Versagung der Familienbeihilfe für Asylwerber während eines Asylverfahrens gemäß § 3 FLAG 1967 die Auffassung vertreten, "…dass dem Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes bei Gewährung familienfördernder Maßnahmen ein großer Gestaltungsspielraum zukommt…, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Familienbeihilfe von einer qualifizierten Nahebeziehung zum Inland abhängig machen darf,…dass es daher unbedenklich erscheint, wenn der Gesetzgeber diesen Anspruch einer Personengruppe vorenthält, der eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005, nicht zukommt, für die aber grundsätzlich eine staatliche Versorgung (auch für Kinder) im Wege der Grundversorgung vorgesehen ist…

Der Gesetzgeber hat bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen einen ihm zukommenden großen Gestaltungsspielraum, der es legitimiert, dass er bei subsidiär Schutzberechtigten die Gewährung der (auch erhöhten) Familienbeihilfe an eine selbständige oder nichtselbständige Erwerbstätigkeit knüpft. Die Familienbeihilfe ist nämlich eine Transferleistung, welche die von der Verfassung geforderte steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen für den Regelfall verwirklicht. Die Familienbeihilfe soll nach den Gesetzesmaterialien (RV 549 NR 11.GP) einen Ausgleich der Familienlasten zwischen denjenigen, die diese Lasten im Interesse der gesamten Gesellschaft tragen, und denjenigen, die solche Lasten nicht zu tragen haben, jedoch daraus Nutzen ziehen, dass es andere für sie tun, herbeiführen.

Dieser Charakter unterscheidet die Familienbeihilfe ganz wesentlich von Sozialhilfeleistungen, wie z.B. der bedarfsorientierten Mindestsicherung.

Da die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Grundbetrages der Familienbeihilfe nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 schon nicht vorliegen, erübrigt sich eine weitere Anspruchsprüfung nach den Tatbeständen des § 6 Abs.1 iVm Abs. 2 lit d und Abs. 5 FLAG 1967.
Wie ausgeführt stünde der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe nur bei Anspruch auf den Grundbetrag zu.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Da die angefochtenen Bescheide in Vollziehung von § 3 Abs. 4 FLAG 1967 zutreffend einen Anspruch des Bf. infolge fehlender Erwerbstätigkeit als subsidiär Schutzberechtigter verneint haben, war die Beschwerde nach § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

  • Kein Antrag auf Normenprüfung

Wenn der Gesetzgeber im Hinblick auf die Finanzierbarkeit des österreichischen Sozialsystems bei subsidiär Schutzberechtigten Beschränkungen hinsichtlich des Zugangs zu Familienleistungen vorsieht, handelt er im Sinne der seines europa-*, unions-**) und verfassungsrechtlich***) vorgesehenen Gestaltungsspielraumes (vgl.)

*) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gesteht zu Art. 14 EMRK ("Verbot der Benachteiligung") den Vertragsstaaten bei der Verfolgung wirtschaftlicher und sozialer Ziele einen besonders weiten Spielraum hinsichtlich der Frage zu, inwieweit sie differenzierende Rechtsfolgen an Unterschiede bei im Übrigen gleich gelagerten Situationen knüpfen (vgl. Thienel, Rechtsprechung des EGMR 2014, (Teil III) ÖJZ 2016/3).

**) Die Rechtsstellung von subsidiär Schutzberechtigten ist unionsrechtlich in der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes geregelt ("Statusrichtlinie"). Auch sie sieht eine unterschiedliche Behandlung von Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten vor.

***) Hinsichtlich des dem österreichischen Gesetzgeber verfassungsrechtlich eingeräumten Gestaltungsspielraumes iZm § 3 Abs. 4 FLAG 1967 sei - wie o.a. - auf den verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht sieht sich daher auf Grundlage der gegenständlichen Beschwerde nicht veranlasst einen Antrag auf Aufhebung der Wortfolge in § 3 Abs. 4 erster Satz FLAG idgF "und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind", somit einen Normenprüfungsantrag gemäß Art. 140 Abs. 1 lit. a B-VG (der vom Bf. zitierte Art. 89 Abs. 2 B-VG betrifft die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit) an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Dem Bf. bleibt eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 1 B-VG unbenommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur folgt.

Die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 1 B-VG wird hierdurch nicht berührt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 7 Abs. 1 Satz 3 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 293 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 8 Abs. 1 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005
§ 2a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 15a B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 18 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 14 EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005
NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005
§ 54 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005
§ 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 1 Z 3 und 4 StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969
StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969
§ 60 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 1 K-ChG, Kärntner Chancengleichheitsgesetz, LGBl. Nr. 8/2010
§ 35 Abs. 1 K-ChG, Kärntner Chancengleichheitsgesetz, LGBl. Nr. 8/2010
RL 2011/95/EU, ABl. Nr. L 337 vom S. 9
Art. 140 Abs. 1 lit. a B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 183 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005
Art. 144 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 13 K-ChG, Kärntner Chancengleichheitsgesetz, LGBl. Nr. 8/2010
§ 8 Abs. 1 AsylG, Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997
AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005
Art. 7 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 130 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 89 Abs. 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100060.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at