TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2024, RV/7103915/2020

Grunderwerbsteuerberechnung bei Schenkungen im Allein- und Hälfteeigentum der Geschenkgeber

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7103915/2020-RS1
Besteht bei einer Alleinschenkung eines Elternteiles und einer gemeinsamen Schenkung beider Elternteile an das Kind auch eine wirtschaftliche Einheit, ist gemäß dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG der vertikalen Zusammenrechnung der Vorrang einzuräumen und die bestehende wirtschaftliche Einheit für die Hälfteschenkung der Mutter gleichermaßen wie für die Hälfteschenkung des Vaters bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mazars Austria GmbH Wirtschafts- prüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kärntner Ring 5-7, 1010 Wien über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom

betreffend Grunderwerbsteuer Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert:

Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit 10.950 €.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu Grunde liegendes notarielles Schenkungsverfahren:

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) erhielt als Geschenknehmer mit Notariatsakt vom Grundvermögen durch Schenkungen seiner Eltern ***Mutter*** und ***Vater*** an ihn.

Der Notariatsakt umfasste mehrere Schenkungsverträge der beiden Elternteile an den Sohn:

1. Schenkung der Mutter eines Grundstücks inklusive Gebäude, landwirtschaftlich genutzte Grundflächen und Trennstück inklusive Weinkeller in ***123*** ***A*** EZ ***1***,

2. Schenkung der Mutter ihres Mindestanteils von 71/8392-stel am Wohnungseigentum und Grundstück (Gebäude mit Garten) in ***B*** bei Krems EZ ***2***.

3. Schenkung des Vaters und der Mutter (je zur Hälfte) der Mindestanteile von 122/5140-stel des Wohnungseigentums und Grundstücke mit Garten der Liegenschaft in ***C***, EZ ***3*** und

4. Schenkung des Vaters und der Mutter (je zur Hälfte) ihres Grundstücks in ***A***, EZ ***4***.

2. Verfahren vor der belangten Behörde:

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer (GrESt) mit 18.735,16 € fest.

Begründet wurde dies zum einen gemäß § 7 Abs. 1 z 2 lit.a GrEStG 1987 basierend auf dem Grundstückswert der Grundstücke in Höhe von 813.861,66 € und des Einheitswerts der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke von Höhe von 25,29 €.

Erwerb letzterer wurde gem. § 3 Abs. 1 z 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, da der für die Berechnung maßgebende Wert 1.100 € nicht übersteige.

Zum anderen wurde begründend ausgeführt, dass die Steuer bei der Schenkung mit gestaffeltem Tarif bemessen werde und für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes von denselben Personen anfallende Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre und Erwerbe von Grundstücken, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge innerhalb der Fünfjahresfrist zusammenzurechnen seien.

Die Grunderwerbsteuer wurde daher gestaffelt von der belangten Behörde folgendermaßen berechnet:

0,5 % von 250.000 € in Höhe von 1.250 €

2 % von 150.000 € in Höhe von 3.000 € und

3,5 % von den restlichen 413.861,66 € in Höhe von 14.485,16 €,

insgesamt 18.735,16 €.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf Beschwerde am .

Die Beschwerde wurde primär damit begründet, dass die Grunderwerbsteuer seitens des Notars berechnet worden und geringer ausgefallen sei als die Berechnung der belangten Behörde und dieser Berechnung entsprechend festzusetzen wäre.

Die Berechnung des Notars wurde folgendermaßen vorgenommen:

1. Erwerb von der Mutter:

0,00 € - 250.000,00 € mit 0,5% = 1.250 €

250.000,00 € - 400.000,00 € mit 2% = 3.000€

400.000,00 € - 458.134,29 € mit 3,5% = 2.034 €

Die Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Erwerb von der Mutter betrage daher insgesamt 6.284,70 €.

2. Erwerb vom Vater:

Aufgrund der horizontalen Zusammenrechnung der Erwerbsvorgänge erfolge die Berechnung der Grunderwerbsteuer für den Erwerb vom Vater wie folgt:

Der Anteil des Vaters in der Höhe von 355.727,20 € sei aliquot mit 0, 5% von 125.002,54 €, mit 2% von 74.987,29 € und mit 3,5% von 155.737,37 € zu versteuern:

125.002,54 € mit 0,5% = 625,01 €

74.987,29 € mit 2% = 1.499,75 €

155.737,37 € mt 3,5% = 5.450,81 €

Die Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Erwerb des Vaters betrage daher 7.575,57 €.

Die gesamte Grunderwerbsteuer für den Schenkungsvertrag betrage daher insgesamt 13.860,27 €.

Es wurde daher beantragt, die festgesetzte Grunderwerbsteuer dieser beigelegten Berechnung entsprechend auf 13.860,27 € zu reduzieren.

Die belangte Behörde erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit der Begründung, dass Erwerbe innerhalb von fünf Jahren zusammenzurechnen seien, wenn sie zwischen denselben Personen stattfinden und die Grunderwerbsteuerschuld nach § 7 Abs. 1 Z 2 lit a GrEStG berechnet wird. Es handle sich dabei um eine "vertikale" Zusammenrechnung von derselben Personen an dieselbe Person.

Daneben sehe § 7 Abs. 1 Z 2 lit a letzter Satz GrEStG auch eine objektbezogene Zusammenrechnung von Erwerben einer wirtschaftlichen Einheit oder eines Teils einer solchen durch dieselbe Person vor. Dabei handle es sich um die "horizontale" Zusammenrechnung.

Für die Grunderwerbsteuerberechnung sei der jeweils vom Vater und von der Mutter übergebene Hälfteanteil der Liegenschaften von 355.727,28 € zu berücksichtigen, und zwar steuerstufenmäßig in jenem Ausmaß, in dem er bei den einzelnen Stufen wirksam werde.

Die anteiligen Erwerbe vom Vater und von der Mutter würden mit je 0,5 % von 125.000,- €, je 2 % von 75.000,- € und je 3,5 % von 155.727,28 € besteuert.

Für den Erwerb des Alleineigentums der Mutter an den Sohn ergebe sich sohin, dass die erste Stufe mit 125.000,- € und die zweite Stufe mit 75.000 € "verbraucht" sei. Somit seien 102.407,09 € mit 3,5 % zu versteuern.

Die Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Erwerb betrage € 18.735,15.

Dagegen stellte der Bf am Vorlageantrag und beantragte, seine Berechnung der Grunderwerbsteuer zu übernehmen, weil § 7 Abs. 1 Z 2 lit. A GrEStG besage, dass die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung vorangestellt werde und der Anteil der Mutter demnach nach einer "normalen" horizontalen Zusammenrechnung (offensichtlich gemeint "vertikale Zusammenrechnung" wie im Beispiel 2 des Abschnitts 6.4 der Information des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom (BMF Info, 010206/0058-VI/5/2016), auf die sich der Bf auch bezieht, zu versteuern wäre.

Beigelegt wurde die oben dargestellte Berechnung der gegenständlichen Grunderwerbsteuer durch ein beauftragtes Notariat vom , derzufolge die Rechtslage im Grunderwerbsteuerbescheid (Beschwerdevorentscheidung) verkannt worden wäre und eben dieser Information des Bundesministeriums für Finanzen vom zur Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz widersprechen würde.

Diese Information wurde im Vorlageantrag auszugsweise dargestellt.

Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt ergebe sich daher unter Anwendung der Berechnung in der Information des BMF für den Bf eine niedrigere Besteuerung mit GrESt für den Bf:

"…

" Auszug der :

"6.4. Zusammentreffen von "horizontaler" und "vertikaler" Zusammenrechnung: Wie ist vorzugehen, wenn eine Zusammenrechnung auf horizontaler Ebene (= bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit) auf eine Zusammenrechnung auf vertikaler Ebene (= zwischen denselben Personen) und vice versa trifft?

Beispiel 2:

2016: Der Vater übergibt dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000,00 €). Die Besteuerung hat mit 0,5 % von 200.000,00 € zu erfolgen.

2017: Übergabe eines Grundstückes von Vater und Mutter je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000,00 €, anteilig jeweils 150.000,00 €). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen, aber wie?

Lösung:

Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist hinsichtlich des Anteils vom Vater eine "normale" vertikale Zusammenrechnung vorzunehmen. Für den Erwerb im Jahr 2017 ist die erste Stufe daher mit 200. 000,00 € "verbraucht". Somit sind 50.000,00 € von 150.000,00 € mit 0,5 % und die verbleibenden 100.000,00 € mit 2 % zu versteuern.

Der Anteil der Mutter ist wie im Fall einer "normalen" horizontalen Zusammenrechnung zu versteuern: Ihr Anteil von 150. 000,00 € ist aliquot mit 0,5 % von 125.000,00 € und 2 % von 25.000,00 € zu versteuern.

Beispiel 3: Mit einem einzigen Rechtsvorgang übergeben Vater und Mutter ein Grundstück je zur Hälfte dem Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000,00 €, anteilig jeweils 150.000,00 €) und der Vater dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000,00 €). Wie ist die Grunderwerbsteuer zu berechnen?

Lösung:

Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist im Gleichzeitigkeitsfall wie in Beispiel 2 vorzugehen. " (Die Hervorhebungen erfolgten durch den Notar).

Auf Grund dessen wären im gegenständlichen Fall die Schenkungen von der Mutter an den Bf vorrangig zu behandeln:

Mindestanteil Liegenschaft ***B***: 102,407,09 €

Mindestanteil ***C*** hälfteanteilig: 61.935,08 €

Liegenschaft ***A*** hälfteanteilig: 293.792,21 €

in Summe: 458.134,29 €

Diese Schenkungen von der Mutter seien mit dem Stufentarif zu versteuern:

€ 0,00 - € 250.000,00 mit 0,5% = 1.250 €

€ 250.000,00 - € 400.000,00 mit 2 % = 3.000 €

€ 400.000,00 - € 458.134,29 mit 3,5% = 2.034,70 €.

Die Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Erwerb betrage daher für die Schenkungen der Mutter insgesamt 6.284,70 €.

Die Schenkungen vom Vater an den Bf seien wie im Fall einer "normalen" horizontalen Zusammenrechnung zu versteuern und der Anteil vom Vater in Höhe von 355.727,20 € sei aliquot zu versteuern.

Die Schenkungen von Mutter und Vater in Höhe von 711.454,39 €, die eine wirtschaftliche Einheit bilden würden, wären zunächst aliquot aufzuteilen:

0,00 € - 250.000,00 € entspreche 35,14 %

250.000,00 € - 400.000,00 € entspreche 21,08 %

400.000,00 € - 458.134,29 € entspreche 43,78 %.

Der halbe Wert der Schenkungen in Höhe von 355.727,20 € sei unter Berücksichtigung der vorgenannten Quoten aufzuteilen und zu versteuern:

355.727,20 x 35,14% = 125.002,54 x 0,5% = 625,01 €

355.727,20 x 21,08% = 74.987,29 x 2% = 1.499,75 €

355.727,20 x 43,78% = 155.737,37 x 3,5% = 5.450,81 €

Die Grunderwerbsteuer für die Schenkungen vom Vater an den Bf betrage daher 7.575,57 €.

Die gesamte Grunderwerbsteuer betrage daher nicht - wie von der belangten Behörde in ihrem Bescheid und in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung berechnet insgesamt 18.735,15 € - sondern 13.860,27 €.

3. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Am legte die belangte Behörde den gegenständlichen Fall dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die teilweise Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde.

In ihrem Vorlagebericht nahm die belangte Behörde dazu dahingehend Stellung, dass der Stufentarif des § 7 Abs. 1 Z lit.a GrEStG für unentgeltliche Erwerbe vollumfänglich anwendbar sei und als Bemessungsgrundlage der Grundstückswert heranzuziehen wäre.

Bei der Ermittlung des Steuersatzes innerhalb des Stufentarifs sei auf den einzelnen Erwerbsvorgang bzw. die einzelne wirtschaftliche Einheit abzustellen.

Wenn der Stufentarif anwendbar ist, habe eine Zusammenrechnung der letzten fünf Jahre zu erfolgen.

Voraussetzung dafür sei, dass die Erwerbe zwischen denselben Personen stattfinden und dass dieselbe litera des Stufentarifs anzuwenden sei.

Die Zusammenrechnung habe auch dann zu erfolgen, wenn die Erwerbe gleichzeitig in einem Vertrag erfolgen. Im gegenständlichen Fall wären mehrere Erwerbsvorgänge gleichzeitig erfolgt und daher eine Zusammenrechnung vorzunehmen.

Strittig wäre im gegenständlichen Fall, wie die Berechnung im Falle der Zusammenrechnung zu erfolgen habe.

Verwiesen wurde nunmehr auch von der belangten Behörde auf die Info des BMF zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom (BMF Info, 010206/0058-VI/5/2016) Punkt 6.4, in der verschiedene Beispiele/Sachverhalte beschrieben seien, von denen Beispiel 3 anwendbar auf den gegenständlichen Fall wäre.

Dort werde auf die Lösung in Beispiel 2 verwiesen, die vertikale Zusammenrechnung sei der horizontalen Zusammenrechnung vorangestellt.

Daraus ergebe sich folgende Berechnung der GrESt im vorliegenden Fall:

Anteile vom Vater: ½-Anteil laut Stufentarif

125.000 € mit 0,5 % = 625 €

75.000 € mit 2 % = 1.500 €

155.727,29 € mit 3,5 % = 5.450,46 €

Dies ergebe eine Summe von 355.727,29 €.

Daher betrage die Grunderwerbsteuer 7.575,46 €.

Anteile von der Mutter: ½-Anteil (wie beim Vater) laut Stufentarif plus Übertragung aus dem Alleineigentum der Mutter

125.000 € mit 0,5 % = 625 €

75.000 € mit 2 % = 1.500 €

155.727,29 € mit 3,5 % = 5.450,46 €

Dies ergebe eine Summe von 355.727,29 €.

Daher betrage die Grunderwerbsteuer 7.575,46 €.

Somit seien in der ersten Tarifstufe bei der Mutter bereits 125.000 € von 250.000 € aufgebraucht. Für die Übertagung der Liegenschaften aus dem Alleineigentum der Mutter betrage der Grundstückswert insgesamt 102.407,09 €.

Die Steuer betrage daher für die Übertragung von der Mutter aus dem Alleineigentum 512,04 € (1. Tarifstufe: 102.407,09 mal 0,5 % = 512,04).

Es verblieben für die erste Tarifstufe daher noch 22.592,91 an Rest.

Die Grunderwerbsteuer betrage daher für den Erwerb von der Geschenkgeberin Mutter und dem Geschenkgeber Vater zusammen insgesamt 15.662,95 € (7.575,46 + 7.575,46 + 512,04).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf erhielt als Geschenknehmer mit Notariatsakt vom durch Schenkungen seiner Eltern an ihn verschiedenes Grundvermögen wie Wohnungseigentum und Grundstücke. Zum Teil erfolgten die Schenkungen aus dem Alleineigentum der Mutter sowie von beiden Elterneilen jeweils im Hälfteeigentum:

1. Schenkung der Mutter eines Grundstücks inklusive Gebäude, landwirtschaftlich genutzte Grundflächen und Trennstück inklusive Weinkeller in ***A***,

2. Schenkung der Mutter ihres Mindestanteils von 71/8392-stel am Wohnungseigentum und Grundstück (Gebäude mit Garten) in ***B*** bei Krems

3. Schenkung des Vaters und der Mutter (je zur Hälfte) der Mindestanteile von 122/5140-stel des Wohnungseigentums und Grundstücke mit Garten der Liegenschaft in ***C*** und

4. Schenkung des Vaters und der Mutter (je zur Hälfte) ihres Grundstücks in ***A***.

In der Folge kam es durch die Parteien insgesamt zu drei unterschiedlichen Berechnungen der belangten Behörde bzw. des Bf (durch seine Vertretung):

Die erste Berechnung erfolgte durch die belangte Behörde im Grunderwerbsteuerbescheid und der abweisenden Beschwerdevorentscheidung:

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer mit 18.735,16 € fest, primär nach der horizontalen Zusammenrechnung berechnet gemäß § 7 Abs. 1 z 2 lit.a GrEStG basierend auf den unstrittigen Grundstückswerten (siehe auch Verfahrensgang Punkt I.2).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
0,5 % von 250.000 €
in Höhe von 1.250 €
2 % von 150.000 €
in Höhe von 3.000 €
3,5 % von den restlichen 413.861,66 €
14.485,16 €
Grunderwerbsteuer für den gesamten Schenkungsvertrag
18.735,16 €

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf Beschwerde am mit der Begründung, dass die Grunderwerbsteuer seitens des Notars berechnet worden sei und geringer ausgefallen wäre mit 13.860,27 € (genaue Berechnung siehe Verfahrensgang Punkt I.2).

Demgemäß machte der Bf bzw. seine Vertretung die zweite Berechnung im gegenständlichen Fall, die eine andere Besteuerung ergab:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. Erwerb von der Mutter
0,00 € - 250.000,00 € mit 0,5%
1.250 €
250.000,00 € - 400.000,00 € mit 2%
3.000€
400.000,00 € - 458.134,29 € mit 3,5%
2.034 €
Grunderwerbsteuer für den Erwerb von der Mutter
insgesamt 6.284,70 €
2. Erwerb vom Vater
0, 5% von 125.002,54 €
625,01 €
2% von 74.987,29 €
1.499,75 €
3,5% von 155.737,37 €
5.450,81 €
Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Erwerb des Vaters
7.575,57 €
Grunderwerbsteuer für den gesamten Schenkungsvertrag
13.860,27 €

Die belangte Behörde erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung.

Darin bestätigte sie ihre im gegenständlichen Fall im Grunderwerbsteuerbescheid vorgenommene Berechnung, und bestätigte die darin mit 18.735,16 € festgesetzte Grunderwerbsteuer erneut bescheidmäßig.

Dagegen stellte der Bf am 31. Juli 020 Vorlageantrag und beantragte, seine Berechnung der Grunderwerbsteuer aus der Beschwerde zu übernehmen, weil § 7 Abs. 1 Z 2 lit. A GrEStG besage, dass die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung vorangestellt werde und das Finanzamt die Rechtslage verkannt hätte, unter Bezugnahme auf die Information des Bundesministeriums für Finanzen zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom , GZ. BMF-010206/0058-VI/5/2016.

Am legte die belangte Behörde den gegenständlichen Fall dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte in ihrem Vorlagebericht nicht mehr die Abweisung, sondern die teilweise Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde, indem sie ihre eigene Berechnung des Grunderwerbsteuerbescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung dahingehend abänderte, dass sie eine neuerliche Berechnung, die im gegenständlichen Fall dritte, vorgenommen hat.

Nunmehr bezog sich auch die belangte Behörde auf die Berechnungen in der Information des Bundesministeriums für Finanzen zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom , GZ. BMF-010206/0058-VI/5/2016.

In dieser Berechnung versteuerte die belangte Behörde zwar auch die Hälfteschenkungen der beiden Elternteile nach der horizontalen Zusammenrechnung, aber die Alleinschenkung der Mutter nach dem ersten Stufentarif mit 0,5 % anstelle von 3,5 % wie im Erstbescheid bzw. der diesen bestätigenden Beschwerdevorentscheidung.

Im Ergebnis lautete die dritte Berechnung im gegenständlichen Fall, die die belangte Behörde im Vorlagebericht am vorgenommen hatte, wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anteile vom Vater: ½-Anteil laut Stufentarif
125.000 € mit 0,5 %
625 €
75.000 € mit 2 %
1.500 €
155.727,29 € mit 3,5 %
5.450,46 €
Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Hälfteanteils des Vaters
7.575,46 €
Anteile von der Mutter: ½-Anteil
125.000 € mit 0,5 %
625 €
75.000 € mit 2 %
1.500 €
155.727,29 € mit 3,5 %
5.450,46 €
Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Hälfteanteils des Vaters
7.575,46 €
Anteile von der Mutter im Alleineigentum
10,.407,09 € mit 0,5 %
512,04 €
Grunderwerbsteuer für den gesamten Schenkungsvertrag
15.662,95 €

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des elektronisch vorgelegten Finanzamtsaktes als erwiesen anzusehen.

Insgesamt gibt es drei unterschiedliche Berechnungen der belangten Behörde bzw. des Bf, die vom Bundesfinanzgericht zu würdigen waren:

- Erste Berechnung der belangten Behörde im Grunderwerbsteuerbescheid vom in Höhe von 18.735,16 €.

- Zweite Berechnung des Bf in seiner Beschwerde vom in Höhe von 13.860,27 €.

- Dritte Berechnung der belangten Behörde in ihrem Vorlagebericht vom in Höhe von 15.662,95 €.

Alle drei Berechnungen beider Parteien sind für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar dargestellt und begründen, wie sie zu Stande gekommen sind.

Obwohl sich die zweite und dritte Berechnung der beiden Parteien gleichermaßen auf die im Verfahrensgang genannte Information des BMF zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom (BMF Info, 010206/0058-VI/5/2016) Punkt 6.4 beziehen, kommen sie zu einem unterschiedlichen Ergebnis.

Die Berechnung des Parteienvertreters wurde gleichermaßen im Detail nachvollzogen wie die beiden Berechnungen der belangten Behörde und für alle die genannte Information des BMF, die für den gegenständlichen Fall einschlägig ist und worauf sich beide Parteien bezogen haben, herangezogen und die rechtliche Würdigung des Bundesfinanzgerichtes anhand dessen vorgenommen:

Dies erfolgte insbesondere dadurch, dass die Berechnung des Beispiels 3 (bzw. 2 auf das in Punkt 3 verwiesen wird) im Abschnitt 6.4 der genannten BMF Info mit den Berechnungen beider Parteien vom Bundesfinanzgericht verglichen wurde. Sowohl die Berechnungen der belangten Behörde als auch die Berechnung der Bf stimmten im Detail nicht mit den Vorgaben dieser BMF Info überein. Auf die Gründe, warum diese Übereinstimmung nicht gegeben ist, wird in der rechtlichen Beurteilung eingegangen (siehe dazu ausführlich in der rechtlichen Würdigung Punkt 3.1.2.4.).

Das Bundesfinanzgericht hat daher für die von der erkennenden Richterin durchgeführte Berechnung des gegenständlichen Falles die genannte BMF Info detailliert herangezogen, zumal wie die Parteien richtig ausgeführt haben, das dort genannte Beispiel 3 (das auf die Berechnung des Beispiels 2 verweist) des Abschnitts 6.4 für den gegenständlichen Fall einschlägig ist.

Die in der BMF Info durchgeführte Berechnung wurde vom Bundesfinanzgericht daher auf Grund der Sachverhaltsidentität 1:1 auf den gegenständlichen Fall übernommen und durch eine neue Berechnung in der rechtlichen Beurteilung angewendet (siehe unten rechtliche Würdigung Punkt 3.1.2.4.)

Auch die Berechnung des erst heuer erschienenen einschlägigen Buches Fuhrmann/Lang (Hrsg), Grunderwerbsteuer in Beispielen (2024) in Beispiel 55 - entspricht der Berechnung in der Info des BMF und der demzufolge vorgenommenen Berechnung des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Fall (siehe Berechnung des Bundesfinanzgerichtes in der rechtlichen Würdigung Punkt 3.1.2.4.).

Der Verfahrensgang vor der belangten Behörde sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch den Bescheid, die Bescheidbeschwerde, Beschwerdevorentscheidung und den Vorlageantrag und schließlich Vorlage sowie den Vorlagebericht und die diesbezügliche Berechnung der belangten Behörde inklusive vorgelegten Berechnungsblatt evident.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von den Parteien nicht widerlegten Ausführungen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtsgrundlagen

§ 7 Abs 1 und 2 GrEStG lautet idgF

Tarif

§ 7 (1)

1.

a) Ein Erwerb gilt als

- unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30%,

- teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30%, aber nicht mehr als 70%,

- entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70%

des Grundstückswertes beträgt.

b) Ein Erwerb gilt als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllung Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.

c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.

d) Liegt eine Gegenleistung vor und ist ihre Höhe nicht zu ermitteln, gilt der Erwerbsvorgang als teilentgeltlich, wobei die Gegenleistung in Höhe von 50% des Grundstückswertes angenommen wird.

2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken

- für die ersten 250 000 Euro 0,5%,

- für die nächsten 150 000 Euro 2%,

- darüber hinaus 3,5%

des Grundstückswertes.

Dies gilt auch bei teilentgeltlichen Erwerben, insoweit keine Gegenleistung zu erbringen ist; insoweit eine Gegenleistung zu erbringen ist, gilt Z 3.

Für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes sind von derselben Person an dieselbe Person anfallende Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre, soweit die Steuer nach dieser Litera berechnet wurde, zusammenzurechnen; dabei sind frühere Erwerbe mit ihrem früheren Wert anzusetzen. Für die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld abzustellen. Eine Zusammenrechnung hat auch dann zu erfolgen, wenn - durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge - eine wirtschaftliche Einheit oder Teile einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb der Fünfjahresfrist an dieselbe Person anfällt.

§ 279 BAO lautet idgF

(1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

3.1.2. Rechtliche Würdigung

Der gegenständliche Fall gestaltet sich durch drei unterschiedliche Berechnungen beider Verfahrensparteien als besonders komplex, zumal sich diese im Prinzip auf dieselben rechtlichen Bestimmungen und Vorgaben stützen.

Trotzdem kommen im Laufe des Verfahrens die Verfahrensparteien zu drei unterschiedlichen Ergebnissen.

Strittig ist, ob eine dieser Berechnungen bzw. falls ja welche für den gegenständlichen Sachverhalt richtig ist.

3.1.2.1. Horizontale und vertikale Zusammenrechnung treffen aufeinander

Im gegenständlichen Fall geht es zum einen um das Zusammentreffen eines Schenkungsvorganges von beiden Elternteilen je zur Hälfte an den Sohn sowie zum anderen um eine Schenkung aus dem Alleineigentum der Mutter an den Sohn, beide Schenkungsvorgänge erfolgten im selben notariellen Schenkungsvertrag.

Entgegen der grundsätzlichen Systematik des Grunderwerbsteuerrechtes, das jeden Erwerbsvorgang einzeln besteuert, sieht § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a letzter Absatz GrEStG zwei Zusammenrechnungstatbestände vor, wenn Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre, soweit die Steuer nach dieser Litera, also nach dem Stufentarif berechnet wurde.

Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, zu verhindern, dass durch die Zerlegung einer Schenkung in mehrere aufeinander folgende Zuwendungen die Steuerlast verringert werden kann (vgl. , zu § 11 ErbStG 1955).

Demzufolge sind bei Schenkungen innerhalb von fünf Jahren Zusammenrechnungen entweder objektbezogen von Erwerben einer wirtschaftlichen Einheit oder eines Teils einer solchen, als sogenannte "horizontale" Zusammenrechnung oder personenbezogen von Erwerben von derselben Personen an dieselbe Person, als sogenannte "vertikale" Zusammenrechnung gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG vorzunehmen (in diesem Sinn auch die Ausführungen in ).

Da es sich bei der Hälfteschenkung der Eltern um eine wirtschaftliche Einheit der Schenkungsgegenstände auf Grund deren Beschaffenheit als Grundstück bzw. Wohnungseigentum handelt, treffen im gegenständlichen Fall die objektbezogene "horizontale" Zusammenrechnung auf Grund der wirtschaftlichen Einheit und die "vertikale" Zusammenrechnung auf Grund der Personenidentität der Mutter als Geschenkgeberin bei beiden Schenkungsvorgängen an ein und denselben Geschenknehmer, den Bf (Sohn), zusammen.

Strittig ist im gegenständlichen Fall wie im Detail und in welcher Reihenfolge diese Zusammenrechnung vorzunehmen ist.

Unstrittig ist hingegen die Berechnung der einzelnen Grundstückswerte und die Tatsache, dass alle Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a letzter Absatz GrEStG erfüllt sind, denn an den Bf ist durch jeweils zwei Erwerbsvorgänge (Vater und Mutter) eine wirtschaftliche Einheit innerhalb der Fünfjahresfrist (im vorliegenden Fall zeitgleich im Zuge eines notariellen Schenkungsvertrages) angefallen und zusätzlich von der Geschenkgeberin (Mutter) nicht nur ihr jeweiliger Hälfteanteil, sondern auch Grundvermögen aus ihrem Alleingeigentum übergegangen.

Für genau solche Fälle, wenn objektbezogene und personenbezogene Zusammenrechnungen zusammenfallen, hat das Bundesministerium für Finanzen die oben genannte Information zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom , GZ. BMF-010206/0058-VI/5/2016 erlassen.

Darin wird das Zusammentreffen von horizontaler und vertikaler Zusammenrechnung im Abschnitt 6.4 an Beispielen veranschaulicht, von denen insbesondere das Beispiel 3, das auf die Berechnung in Beispiel 2 verweist, für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes einschlägig ist.

Die Information lautet auszugsweise wie folgt:

"…

6.4. Zusammentreffen von "horizontaler" und "vertikaler" Zusammenrechnung

Wie ist vorzugehen, wenn eine Zusammenrechnung auf horizontaler Ebene (= bezogen auf eine wirtschaftliche Einheit) auf eine Zusammenrechnung auf vertikaler Ebene (= zwischen denselben Personen) und vice versa trifft?

Beispiel 1:

2016: Übergabe eines Grundstückes von Vater und Mutter je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen und die Steuer mit 0,5% von 250.000 € und mit 2% von 50.000 € zu berechnen.

2017: Vater übergibt dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Welcher Betrag ist aus der Übergabe 2016 für die Zusammenrechnung anzusetzen?

Lösung:

Für die GrESt-Berechnung 2017 ist der vom Vater im Jahr 2016 übergebene Anteil von 150.000 € zu berücksichtigen, und zwar "steuerstufenmäßig" in jenem Ausmaß, in dem er bei den einzelnen Stufen wirksam wurde. Anders gesagt: Der anteilige Erwerb des Vaters wurde im Jahr 2016 mit 0,5% von 125.000 € und 2% von 25.000 € besteuert.

Für den Erwerb im Jahr 2017 ergibt sich sohin, dass die erste Stufe mit 125.000 € "verbraucht" ist. Somit sind 125.000 € von 200.000 € mit 0,5% und die verbleibenden 75.000 € mit 2% zu versteuern.

Beispiel 2:

2016: Der Vater übergibt dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Die Besteuerung hat mit 0,5% von 200.000 € zu erfolgen.

2017: Übergabe eines Grundstückes von Vater und Mutter je zur Hälfte an den Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €). Da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, ist eine Zusammenrechnung durchzuführen, aber wie?

Lösung:

Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist hinsichtlich des Anteils vom Vater eine "normale" vertikale Zusammenrechnung vorzunehmen. Für den Erwerb im Jahr 2017 ist die erste Stufe daher mit 200.000 € "verbraucht". Somit sind 50.000 € von 150.000 € mit 0,5% und die verbleibenden 100.000 € mit 2% zu versteuern.

Der Anteil der Mutter ist wie im Fall einer "normalen" horizontalen Zusammenrechnung zu versteuern: Ihr Anteil von 150.000 € ist aliquot mit 0,5% von 125.000 € und 2% von 25.000 € zu versteuern.

Beispiel 3:

Mit einem einzigen Rechtsvorgang übergeben Vater und Mutter ein Grundstück je zur Hälfte dem Sohn (gesamter Grundstückswert 300.000 €, anteilig jeweils 150.000 €) und der Vater dem Sohn eine Liegenschaft im Alleineigentum (Grundstückswert 200.000 €). Wie ist die Grunderwerbsteuer zu berechnen?

Lösung:

Da die Formulierung des § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung voranstellt, ist im Gleichzeitigkeitsfall wie in Beispiel 2 vorzugehen.

…"

Wie die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht richtig ausführt, ist das Beispiel 3, das auf die Berechnung in Beispiel 2 verweist, für den gegenständlichen Fall einschlägig und erfasst genau dieselben Vorgänge:

In einem Rechtsvorgang schenkt ein Elternteil an den Sohn Alleineigentum und seinen Hälfteanteil einer wirtschaftlichen Einheit, während der andere Elternteil ebenfalls seinen Hälfteanteil an dieser wirtschaftlichen Einheit dem Sohn schenkt, darüberhinaus aber kein Alleineigentum.

Auf Grund der Information des Bundesministeriums für Finanzen, ist in diesem Fall bei steuerlichen Zusammenrechnung genauso vorzugehen wie in Beispiel 2, das sich von Beispiel 3 nur dadurch unterscheidet, dass dieselben Schenkungsvorgänge nicht in einem Vertrag, sondern hintereinander erfolgt sind.

Grundsätzlich ist zu derartigen Informationen vorweg zu sagen, dass sie den rechtlichen Stellenwert von Erlässen/Richtlinien haben und der näheren Definierung der Gesetze durch das Ministerium dienen und generell befolgt werden, dass jedoch Aussagen in Richtlinien des BMF keine Verbindlichkeit für das Bundesfinanzgericht haben, da das erkennende Gericht nicht an Erlässe gebunden ist.

Im gegenständlichen Fall ist es aber im Gesamtzusammenhang als rechtsrichtig anzusehen und daher wird die Berechnung des Beispiels 3 dieser Information, das sachverhaltsident ist, auf den gegenständlichen Sachverhalt angewendet.

Die belangte Behörde und auch der Bf beziehen sich in ihren vorgelegten Berechnungen zwar ebenfalls darauf, errechneten die Grunderwerbsteuer trotzdem auf unterschiedliche Art und Weise, obwohl beide in ihren Ausführungen einräumen - die belangte Behörde explizit im Vorlagebericht und der Bf insbesondere im Vorlageantrag - dass gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG die vertikale Zusammenrechnung der horizontalen Zusammenrechnung vorzugehen habe.

3.1.2.2. Erste Berechnung der belangen Behörde im Grunderwerbsteuerbescheid und (nach der zweiten Berechnung des Bf in der Beschwerde und im Vorlageantrag) dritte Berechnung der belangten Behörde im Vorlagebericht:

Die belangte Behörde berechnete zunächst eine Abgabenschuld mittels horizontaler Zusammenrechnung hinsichtlich beider Geschenkgeber, die sich auf 18.735 € belief.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde des Bf, in der dessen Notar seine Berechnung im Sinne der vertikalen Zusammenrechnung für die Mutter vorlegte und auf eine niedrigere Abgabenschuld von 13.860,27 € kam, ab.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde damit begründet, dass die horizontale Zusammenrechnung eine gleich hohe Abgabenschuld für beide Geschenkgeber ergebe und zusätzlich die alleinige Schenkung der Mutter, da die beiden ersten Stufentarife durch die horizontale Zusammenrechnung "verbraucht" wären, mit 3,5 % zu versteuern wäre, wodurch sich die 18.735 € Steuerschuld ergeben würden.

Im Vorlageantrag übermittelte der Bf nochmals seine Berechnung mit dem Ergebnis der 13.860,27 € und fügte sowohl die Berechnung als auch Auszüge der Information zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom , GZ. BMF-010206/0058-VI/5/2016, bei.

Im Vorlagebericht änderte die belangte Behörde ihre Berechnung dahingehend, dass sie darauf Bezug nahm und die alleinige Schenkung der Mutter mit der ersten anstelle der dritten Tarifstufe, also mit 0,5 % berechnete und daher auf eine geringere Steuerschuld als im Bescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung kam und auch einräumte, dass der vertikalen Zusammenrechnung der Vorzug zu geben sei.

Trotzdem führte die belangte Behörde aber erneut ihre Berechnung nicht mit der vertikalen Zusammenrechnung, sondern der horizontalen Zusammenrechnung beider Hälfteschenkungen durch:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anteile vom Vater:
½-Anteil laut Stufentarif
125.000 € mit 0,5 %
625 €
75.000 mit 2 %
1.500 €
155.727,29 € mit 3,5 %
5.450,46 €
Hälfteanteil Vater 355.727,29 €
7.575,46 GrESt

Die Anteile von der Mutter wurden gleichermaßen berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anteile von der Mutter
½-Anteil laut Stufentarif
125.000 € mit 0,5 %
625 €
75.000 mit 2 %
1.500 €
155.727,29 € mit 3,5 %
5.450,46 €
Hälfteanteil Mutter 355.727,29 €
7.575,46 GrESt

Zusätzlich wäre die alleinige Schenkung der Mutter so zu berechnen, dass durch die Hälfteschenkung die erste Tarifstufe bei der Mutter bereits mit 125.000 von 250.000 € aufgebraucht sei. Für die Übertagung aus dem Alleineigentum der Mutter berechnete die belangte Behörde zusätzlich zur Steuerschuld, die sich aus der horizontalen Zusammenrechnung ergab, für den Grundstückswert von 102.407,09 € entgegen dem Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung mit 3,5 %, nun mit 0,5 %, also in Höhe von 512,04 € und addierte das zum Ergebnis der 7,575,46 € für die Hälfteschenkung, in Summe ergab die Grunderwerbsteuer für sämtliche Schenkungen der Mutter und des Vaters 15.662,95 €.

Diese Berechnung erscheint zwar auf den ersten Blick nicht unlogisch, allerdings übersieht die belangte Behörde dabei, dass dadurch entgegen dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Z 1 lit. A GREStG eben genau nicht der vertikalen Zusammenrechnung der Vorrang eingeräumt wurde, weil vielmehr die Steuerschuld für beide Geschenkgeber nach der horizontalen Zusammenrechnung gleich berechnet wurde und erst danach der Rest der Schenkung aus dem Alleineigentum der Mutter berechnet wurde. Dies entspricht nicht der Berechnung des Beispiels 3 (wie Beispiel 2 zu berechnen) der Information des BMF, in der im Unterschied zur Berechnung der belangten Behörde im gegenständlichen Fall mit der Alleinschenkung die Berechnung begonnen wird und erst danach die Hälfteschenkungen berechnet werden, wodurch dem im Gesetz normierten Vorrang der vertikalen Zusammenrechnung Rechnung getragen wird.

3.1.2.3. Berechnung des Bf:

Die Berechnung des Bf hingegen begann richtigerweise mit der vertikalen Zusammenrechnung, wie dies aus § 7 Abs. 2 Z 1 lit.a GrEStG und der genannten Information des BMF mit ihren Beispielen hervorgeht und berechnet die GrESt folgendermaßen:

vorrangig zu behandeln und mit dem Stufentarif zu versteuern:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Schenkungen der Mutter aus Alleineigentum und Hälfteigentum
Alleinschenkung: 102,407,09 €Hälfteschenkung: 61.935,08 €Hälfteschenkung: 293.792,21 €in Summe: € 458.134,29
€ 0,00 - € 250.000,00 mit 0,5%
1.250 €
€ 250.000,00 - € 400.000,00 mit 2 %
3.000 €
€ 400.000,00 - € 458.134,29 mit 3,5%
2.034,70 €
Gesamtsteuerschuld für alle Schenkungen der Mutter
6.284,70 €.

Die Steuerschuld des Vaters berechnete der Bf genauso wie die belangte Behörde nach der nachgeordneten horizontalen Zusammenrechnung.

In diesem Zusammenhang übersieht der Bf jedoch, dass die wirtschaftliche Einheit ja auch für die Hälfteschenkung der Mutter gleichermaßen wie für die Hälfteschenkung des Vaters besteht. Das wird in der Berechnung aber nicht berücksichtigt.

Auch wenn es zutreffend ist, dass gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 lit.a GrEStG der vertikalen Zusammenrechnung der Vorzug gegenüber der horizontalen zu geben ist, geht daraus jedoch nicht hervor, dass bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, wie im gegenständlichen Fall, diese überhaupt nicht zu berücksichtigen ist. Dies entspricht daher auch nicht der Berechnungsmethode im Beispiel 3 (wie Beispiel 2 zu berechnen) der genannten Information des BMF.

3.1.2.4. Berechnung des Bundesfinanzgerichts unter Berücksichtigung des Beispiels 2 und 3 des Abschnitts 6.4 der Information zur "Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung des StRefG 2015/2016 und des AbgÄG 2015" vom , GZ. BMF-010206/0058-VI/5/2016:

Wie schon in Punkt 3.1.2.1. ausgeführt und anhand des Beispiels 3 in der genannten BMF Information dargestellt, das derzufolge wie Beispiel 2 zu lösen ist, entspricht - auch nach Auffassung der belangten Behörde und des Bf - das Beispiel 3 genau dem gegenständlichen Sachverhalt und ist daher wie Beispiel 2 zu berechnen und zu lösen.

Demzufolge ist gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 lit.a GrEStG nach dem Stufentarif vorzugehen und der Grundstückswert von


Tabelle in neuem Fenster öffnen
0 € - 250.000 €
mit 0,5 %
250.000 € - 400.000 €
mit 2 %
ab 400.000 €
mit 3,5 %

zu besteuern.

a.Die Alleinschenkung der Mutter:

Diese ist im Wert von 102.407,09 €, somit mit 0,5 % zu besteuern, das ergibt 512,04 €.

b. Die Hälfteschenkung der wirtschaftlichen Einheit von der Mutter:

Diese ist auf Grund des Vorgehens der vertikalen Zusammenrechnung wie folgt zu berechnen:

Für die Alleinschenkung ist die erste Tarifstufe von 0,5 % mit 102.407,09 € bereits "verbraucht". Die restlichen 147.592,91 €, die noch als Differenz zu den 250.000 € der ersten Stufe verbleiben, sind ebenfalls mit 0,5 % zu versteuern, das ergibt: 737,96 €.

Die verbleibenden 105.727,29 € des Hälfteanteils der Mutter von insgesamt 355.727,29 €, sind daher in der zweiten Tarifstufe mit 2 % zu besteuern, das ergibt: 2.114,54 €.

Die Grunderwerbsteuer für die Schenkungen der Mutter beträgt daher insgesamt 3.364,54 €.

c. Die Hälfteschenkung des Vaters:

Diese ist in der horizontalen Zusammenrechnung zu berechnen:

125.000 € sind in der ersten Stufe mit 0,5 % zu berechnen, das ergibt: 625 €.

75.000 € sind in der zweiten Stufe mit 2 % zu berechnen, das ergibt: 1.500 €.

Die verbleibenden 155.727,29 €, die auf den Hälfteanteil des Vaters von 355.727,29 € verbleiben, sind mit der dritten Tarifstufe mit 3,5 % zu berechnen, das ergibt: 5.450.46 €. Die Grunderwerbsteuer für die Schenkungen des Vaters beträgt daher insgesamt 7.575,46 €.

Ergebnis der für den gegenständlichen Fall vom Bf insgesamt zu entrichtenden Grunderwerbsteuer:

Die gesamte Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung des Vorgehens der vertikalen Zusammenrechnung für die Schenkungen der Mutter und der horizontalen Zusammenrechnung für die Schenkungen des Vaters auf Grund der wirtschaftlichen Einheit im gegenständlichen Fall beträgt daher 10.950 €.

In der folgenden Tabelle wird der gegenständliche Fall mit dem in der Info des BMF gegenübergestellt und beide Berechnungen vergleichend dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beispiel 3 BMF(= zu berechnen wie Beispiel 2 in einem Rechtsvorgang)
Gegenständlicher Sachverhalt
1. Vater schenkt im Alleineigentum Grundvermögen (Grundstück) an den Sohn
1. Mutter schenkt im Alleineigentum Grundvermögen (Liegenschaft und Wohnungseigentum) an den Sohn
Grundstückswert 200.000 €
Grundstückswerte 102.407,09 €
Besteuerung: 0,5 % von 200.000 €
Besteuerung: 0,5 % von 102.407,09 €
2. Vater und Mutter schenken Grundstück je zur Hälfte an den Sohn
2. Mutter und Vater schenken Liegenschaft und Wohnungseigentum je zur Hälfte an den Sohn
wirtschaftliche Einheit Grundstückswert 300.00 €, anteilig jeweils 150.000 €
wirtschaftliche Einheit Grundstückswerte 711.454,39 €, anteilig jeweils 355.727,20 €
Besteuerung Vater (vertikale Zusammenrchnung):Für Alleinschenkung ist erste Stufe von 0,5 % mit 200.000 € "verbraucht", 50.000 € der Hälfteschenkung, die noch als Differenz zur ersten Stufe, die bis 250.000 € geht verbleiben, sind mit 0,5 % zu besteuern. Die restlichen 100.000 € seiner Hälfteschenkung von 150.000 € sind mit 2 %, also der zweiten Stufe zu besteuern.
Besteuerung Mutter (vertikale Zusammenrechnung):Für Alleinschenkung ist die erste Stufe mit 102.407,09 € "verbraucht", 147.592,91 € der Hälfteschenkung, die noch als Differenz zur ersten Stufe, die bis 250.000 € geht, verbleiben, sind mit 0,5 % zu besteuern.Die restlichen 208.134,29 € ihrer Hälfteschenkung von 355.727,20 € sind mit 2 %, also der zweiten Stufe zu besteuern.
Besteuerung Mutter (horizontale Zusammenrechnung):Der Anteil der Mutter von 150.000 € ist aliquot mit 0,5 % von 125.000 € (die Hälfte der max. 250.000 € der Stufe 1) und die restlichen 25.000 € ihres Anteils von 150.000 € sind mit 2 % der Stufe 2 zu versteuern.Wie die horizontale Zusammenrechnung vorzunehmen ist, zeigt Beispiel 1, demzufolge beide Hälfteanteile zusammenzurechnen sind, dies ergibt den Wert des gesamten Grundstücks 300.000 € und davon nach dem Stufentarif die Grunderwerbsteuer zu berechnen ist:0-250.000 € mit Stufe 1 (0,5 %)250.000 bis 400.000 € mit stufe 2 (2%) und Ab 400.000 € mit Stufe 3 (3,5 %).Die gesamte Grunderwerbsteuer wird dann halbiert und ergibt die Grunderwerbsteuer des Hälfteanteils für die Mutter, die kein Alleineigentum zusätzlich geschenkt hat.
Besteuerung Vater (horizontale Zusammenrechnung):Der Anteil der Mutter von 355.727,20 € ist aliquot mit 0,5 % von 125.000 € (die Hälfte der max. 250.000 € der Stufe 1) und die restlichen 230.727,20 € ihres Anteils von 355.727,20 € sind mit 2 % der Stufe 2 zu versteuern.Wie die horizontale Zusammenrechnung vorzunehmen ist, zeigt Beispiel 1, demzufolge beide Hälfteanteile zusammenzurechnen sind, dies ergibt den Wert des gesamten Grundstücks 300.000 € und davon nach dem Stufentarif die Grunderwerbsteuer zu berechnen ist:0-250.000 € mit Stufe 1 (0,5 %)250.000 bis 400.000 € mit stufe 2 (2%) und Ab 400.000 € mit Stufe 3 (3,5 %).Die gesamte Grunderwerbsteuer wird dann halbiert und ergibt die Grunderwerbsteuer des Hälfteanteils für den Vater, der kein Alleineigentum zusätzlich geschenkt hat.

Anhand dieser Gegenüberstellung sieht man den inhaltgleichen Sachverhalt der Schenkungen eines Elternteiles bzw. beider an den Sohn und die 1:1 gleiche Berechnung des Bundesfinanzgerichtes wie die des Bundesministeriums für Finanzen.

Diese Art der Berechnung entspricht auch den Berechnungen in Fuhrmann/Lang (Hrsg), Grunderwerbsteuer in Beispielen (2024) Manz Verlag, insbesondere Beispiel 55 auf Seite 131, mit Verweis auf Beispiel 53.

Darin übergeben die Eltern auch mit einem einzigen Rechtsvorgang je zur Hälfte ein im gemeinsamen Eigentum befindliches Grundstück, an das Kind und zusätzlich übergibt ein Elternteil ein Grundstück im Alleineigentum an das (selbe) Kind.

Dieses Beispiel entspricht dem Beispiel 3 in der Info des BMF und der dortigen Berechnung sowie dem gegenständlichen Fall und der gegenständlichen Berechnung des Bundesfinanzgerichtes und trägt (in Übereinstimmung mit der Berechnung in der Info des BMF und der gegenständlichen Berechnung des Bundesfinanzgerichtes) beiden Prämissen Rechnung:

Zum einen wird dem in der gesetzlichen Bestimmung § 7 Abs. 2 Z 1 lit. a GREStG normierten Vorrang der vertikalen Zusammenrechnung Rechnung getragen sowie zum anderen auch dem Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit für die Hälfteschenkung der Mutter gleichermaßen wie für die Hälfteschenkung des Vaters.

3.1.2.5. Conclusio:

Weder die Berechnung der belangten Behörde im Grunderwerbsteuerbescheid und der Beschwerdevorentscheidung noch im Vorlagebericht hat entgegen dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Z 1 lit. a GREStG der vertikalen Zusammenrechnung den Vorrang eingeräumt, indem die Steuerschuld für beide Geschenkgeber nach der horizontalen Zusammenrechnung gleich berechnet und erst danach der Rest der Schenkung aus dem Alleineigentum der Mutter berechnet wurde.

Dies entspricht nicht der Berechnung des Beispiels 3 (das auf die Berechnung in Beispiel 2 verweist) der Information des BMF, in der im Unterschied zur Berechnung der belangten Behörde im gegenständlichen Fall mit der Alleinschenkung die Berechnung begonnen wird und erst danach die Hälfteschenkungen berechnet werden, wodurch dem im Grunderwerbsteuergesetz normierten Vorrang der vertikalen Zusammenrechnung Rechnung getragen wird.

Die Berechnung des Bf ist ebenfalls nicht richtig, weil sie nicht berücksichtigt, dass die wirtschaftliche Einheit auch für die Hälfteschenkung der Mutter gleichermaßen wie für die Hälfteschenkung des Vaters besteht, auch wenn es zutreffend ist, dass gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 lit.a GrEStG der vertikalen Zusammenrechnung der Vorzug gegenüber der horizontalen zu geben ist.

Daraus geht aber nicht hervor, dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit überhaupt nicht zu berücksichtigen ist. Dies entspricht ebenfalls nicht der Berechnungsmethode im Beispiel 3 (wie Beispiel 2 zu berechnen) der genannten Information des BMF.

Das Bundesfinanzgericht hat daher in seiner Berechnung - gleichsam wie die Info des BMF und Fuhrmann/Lang (Hrsg), Grunderwerbsteuer in Beispielen (2024) in Beispiel 55 - entsprechend dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Z 1 lit. A GREStG der vertikalen Zusammenrechnung den Vorrang eingeräumt UND die bestehende wirtschaftliche Einheit für die Hälfteschenkung der Mutter gleichermaßen wie für die Hälfteschenkung des Vaters berücksichtigt.

Da das Bundesfinanzgericht nicht an die Berechnungen der Bf oder der belangten Behörde gebunden ist und gemäß § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden hat, ist es berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der belangten Behörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Änderungsbefugnis der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist nicht begrenzt durch die Beschwerdepunkte (zB ) oder die Beschwerdevorentscheidung (zB ) etc. (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7 zu § 279 Rz 17 mwN).

Daher war aus den genannten Gründen eine weitere, im gegenständlichen Fall vierte, Berechnung der Grunderwerbsteuer vom Bundesfinanzgericht vorzunehmen.

Durch diese Berechnung und deren Ergebnis entsprechenden Abänderung des gegenständlichen Grunderwerbsteuerbescheides wird weder dem Beschwerdebegehren der Bf entsprochen, noch der Berechnung der belangten Behörde, was im Ergebnis einer teilweisen Stattgabe der Beschwerde entspricht.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103915.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at