Zurechnung von Investitionszuschüssen, Mieterinvestitionen, Anzahlungsbesteuerung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***Vorsitzender1***, den Richter ***Richter1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Laienrichterin1*** und ***Laienrichter2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Baldinger und Partner Unternehmens- und Steuerberatung GmbH, Ferrogasse 35, 1180 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Umsatzsteuer 2012, Umsatzsteuer 2014, Umsatzsteuer 2015, Umsatzsteuer 2016, Umsatzsteuer 2017 und Umsatzsteuer 2018 und vom betreffend Umsatzsteuer 2019 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Schriftführerin1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art ein in ihrem Eigentum stehendes Gebäude (Pflegeheim) vermietet und in den gegenständlichen Jahren beim ehem. Finanzamt Wien 1/23, nunmehr Finanzamt Österreich (belangte Behörde), zu Steuernummer ***BF1StNr1*** veranlagt war.
Von der belangten Behörde wurde betreffend Umsatzsteuer eine Außenprüfung für 2012 - 2018 und eine Nachschau für 2019 durchgeführt. Hierzu erging am ein Außenprüfungsbericht.
Am wurden die Abgabenverfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 2012, 2014, 2015, 2016 und 2017 nach § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen und hinsichtlich dieser Jahre neue Erstbescheide erlassen. Am selben Tag wurde zudem die Umsatzsteuer des Jahres 2018 bescheidmäßig veranlagt, sowie ein Festsetzungsbescheid betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 09/2019 erlassen.
Nach Beschwerdefristverlängerung wurde am fristgerecht gegen die genannten Abgabenbescheide Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie die Entscheidung durch einen Senat beantragt. Hinsichtlich der Wiederaufnahmsbescheide wurde kein Rechtsmittel eingebracht.
Am langte die Umsatzsteuererklärung der BF für das Jahr 2019 bei der belangten Behörde ein.
Am erließ die belangte Behörde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung zu den Umsatzsteuerbescheiden 2012 und 2014 - 2018, sowie zum Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für 09/2019.
Ebenfalls mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer 2019 entsprechend der bisherigen Umsatzsteuerfestsetzung für 09/2019 fest und wich insoweit von der diesbezüglichen Abgabenerklärung der BF ab.
Mit Schreiben vom beantragte die BF die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
Am wurde eine mündliche Verhandlung abgehalten.
Zusammengefasst ergibt sich aus den Prüfungsfeststellungen, den Bescheiden und Beschwerdevorentscheidungen folgender Rechtsstandpunkt der belangten Behörde:
Die BF vermiete Räumlichkeiten an die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** (***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***), deren 100 %ige Anteilseignerin sie sei.
Am vermieteten Gebäude seien Umbauarbeiten durchgeführt worden. Hierfür habe die BF einerseits Investitionszuschüsse der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** und andererseits Förderungen aus öffentlicher Hand erhalten, die die von der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** zu entrichtende Pacht vermindern würden und somit als Mietvorauszahlungen steuerbar und steuerpflichtig seien.
Demgegenüber vertritt die BF den Standpunkt, die Zuschüsse aus öffentlicher Hand seien als echte Investitionszuschüsse an die BF anzusehen, und damit keinesfalls umsatzsteuerbar. Eingeräumt werde, dass die von der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** geleisteten Investitionszuschüsse zu versteuern wären, allerdings lediglich in Höhe eines Verwohnungsbeitrages von 2 % jährlich, da im Falle der Auflösung des Mietvertrages der nicht verbrauchte Teil jedenfalls an ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** zurück zu leisten sei, da ansonsten eine verbotene Einlagenrückgewähr die Folge wäre.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die BF ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die auch unternehmerisch tätig wird. Sie ist zu 100 % an der gemeinnützigen ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** (***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***) beteiligt, die das ***Pflegeheim1*** in der ***Adresse-Pflegeheim1*** betreibt. Die BF ist die Eigentümerin der Immobilie, in der das Pflegeheim betrieben wird und vermietet das Gebäude an die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***, wobei der Mietvertrag am geschlossen wurde.
Der Mietvertrag zwischen der BF und ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** ist auf unbefristete Zeit geschlossen, wobei eine 12-monatige Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Jahres vereinbart ist. Neben dem Mietzins und den Betriebskosten trägt die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** auch sämtliche Kosten des laufenden Betriebes. Vereinbarungsgemäß gehen sämtliche Investitionen in das Mietobjekt sofort in das Eigentum der BF über. Die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** ist dazu verpflichtet, sämtliche Maßnahmen zu setzen, die zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Pflegeheimes notwendig sind. Ersatzansprüche bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses wurden nicht vereinbart bzw. lt. Punkt 7. Abs 4 des Mietvertrages sogar explizit ausgeschlossen (OZ 12, AS 39 ff).
Das Flächenverhältnis der vermieteten Immobilie teilt sich zwischen Pflegebereich und Wohnbereich im Verhältnis 30,78 % zu 69,22 % auf.
Umbau Trakt B:
Auf Ersuchen der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** im Jahr 2012 gab die BF in den Jahren 2014 - 2015 Umbauarbeiten an der vermieteten Immobilie, Trakt B, in Auftrag. Hinsichtlich der Kostentragung wurde folgendes vereinbart:
Einerseits leistete die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** an die BF vorab eine Zahlung aus eigenen Mitteln iHv € 550.000. Ein Teil von € 55.281,70 wurde am bezahlt und die restlichen € 494.718,30 durch einen Verrechnungskontenausgleich zum beglichen.
Hinsichtlich der verbleibenden Kosten wurde vereinbart, dass diese ab 2013 bis inkl. 2038 vollständig über eine, von der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** zu entrichtende, erhöhte Miete beglichen würden. Zur teilweisen Abdeckung dieser Kosten gewährte das Land NÖ der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** als Förderberechtigter eine Förderung iHv € 462.000,00. Diese Förderung wurde vom Land NÖ ab 2014 in insgesamt sieben Teilzahlungen direkt an die BF überwiesen, womit dieser in den verfahrensgegenständlichen Jahren 2014 - 2019 jeweils € 66.000,00 aus diesem Titel zuflossen.
Umbau Trakt D:
Auf weiteres Ersuchen der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** im Jahr 2016 wurden von der BF zudem Umbaumaßnahmen in Auftrag gegeben, die den Trakt D des vermieteten Gebäudes betrafen. Die hierfür anfallenden Kosten wurden zunächst mit € 4 Mio. geschätzt.
Zur Durchführung dieser Maßnahmen wurde vereinbart, dass die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** einerseits einen Baukostenzuschuss iHv € 1.362.500,00 leiste. Hiervon wurde ein Betrag von € 360.000 am und ein Betrag von € 100.000 am bezahlt.
Hinsichtlich der verbliebenen Baukosten wurde wiederum vereinbart, dass diese bis inkl. 2040 über eine erhöhte Miete von jährlich € 62.000,00 beglichen würden. Im Rahmen der Berechnung gingen die BF und die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** davon aus, dass vonseiten der öffentlichen Hand 32 % der Baukosten gefördert würden. Es wurde jedoch vereinbart, dass eine etwaige vom Land NÖ gewährte Förderung zur Anpassung bzw. Neuberechnung der Mieterhöhung führen würde (OZ12, AS 36f).
Tatsächlich gewährte die NÖ Landesregierung der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** als Förderungsberechtigter für Zwecke dieser Umbauarbeiten eine Förderung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses iHv € 1.638.000,00, der ab 2019 über 7 Jahre in Teilbeträgen zu je € 234.000 ausbezahlt werden sollte. Die hier relevante erste Teilzahlung von € 234.000 wurde wiederum im Jahr 2019 direkt auf das Konto der BF überwiesen.
Sämtliche Förderansuchen wurden von der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** in eigenem Namen verfasst (OZ 12, AS 26 und 29).
Auch die Schreiben der Förderstellen, mit denen die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** über die Förderungsgewährung informiert wird, sind lediglich an die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** gerichtet. Die BF ist darin überhaupt nicht erwähnt (OZ 12, AS 27f und 30f).
Vonseiten der BF wurden zwar die erhöhten laufenden Mietzahlungen der Umsatzsteuer unterworfen, die restlichen Zahlungen, also die Baukostenbeiträge der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** und die Zahlungen der Förderstellen, jedoch nicht.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen, insbesondere dem Außenprüfungsbericht samt Beilagen und ist grundsätzlich unstrittig (vgl. auch Verhandlungsprotokoll vom ). Ausdrücklich strittig ist lediglich die Sachverhaltsfrage, wer Förderungsnehmer der gegenständlichen Förderungen ist.
Der Umstand, dass hinsichtlich der vom Land Niederösterreich gewährten Zuschüsse die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** als Förderberechtigte anzusehen ist, ergibt sich aufgrund folgender Überlegungen:
Typischerweise wird ein wirtschaftlich denkender Vermieter Investitionen in ein Mietobjekt nur tätigen, wenn er die Kosten vom Mieter ersetzt bekommt, oder der Mieter die Investitionen selbst trägt. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass die Mieterin, ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***, die ihr anfallenden Kosten aufgrund vorgeschriebener Pflegesätze nicht ohne weiteres auf ihre "Kunden" weiterverrechnen konnte. Eine Deckungslücke, die von der Förderung gefüllt werden musste, war somit auf der Ebene der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***, nicht jedoch auf der Ebene der BF gegeben, weshalb davon auszugehen ist, dass die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** die Förderberechtigte war. Zudem wäre es aus Sicht des Fördergebers widersinnig, nicht den Betreiber des Pflegeheims als Vertragspartner, sondern einen Dritten zu fördern, mit dem keine direkte Vereinbarung besteht.
Diese Annahme wird einerseits dadurch unterstrichen, dass in den Schreiben, mit denen um die Förderungen angesucht wurde, als Absender ausschließlich die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** angeführt ist und auch die Unterzeichnung lediglich durch deren Geschäftsführer erfolgt ist. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** im Namen der BF um Gewährung der Förderung ersuche. Es erscheint als lebensfremd, dass - wie von der BF behauptet - die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** die Förderanträge im Auftrag für die BF gestellt hat, zudem dazu keine schriftliche Vereinbarung (Vollmacht oä.) vorgelegt werden konnte.
Im Förderantrag vom (OZ 12, AS 26) wird explizit formuliert, dass die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** die gesamten Baukosten trägt, indem sie die nach dem von ihr geleisteten Investitionszuschuss verbleibenden, restlichen Baukosten über eine erhöhte Miete rückführt. Auch aus dem Umstand, dass in den Schreiben über die Gewährung der Förderungen die BF nicht einmal genannt ist, ist zu schließen, dass Förderberechtigte die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** war.
Vonseiten der BF wird argumentiert, § 48 Abs 2 NÖ SHG erfasse lediglich die Förderung von Errichtungsbeiträgen und es könne dem Förderungsgeber nicht die Förderung von Mietvorauszahlungen unterstellt werden. Die genannte Vorschrift trifft jedoch keine Einschränkung bezüglich der Art der Förderung. Es wird lediglich klargestellt, dass die Förderung auch einen angemessenen Beitrag zur Errichtung, Aus- oder Umgestaltung von teilstationären und stationären Einrichtungen umfassen könne. Auch ist nach dieser Bestimmung die Förderung von Trägerorganisationen nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich vorgesehen. Selbst bei Einschränkung auf Investitionsförderungen kann nicht darauf geschlossen werden, dass nur Investitionen des Vermieters und nicht des Mieters förderfähig wären.
Die Überweisung der Förderbeträge direkt an die BF ist in Hinblick auf die obigen Ausführungen lediglich als abgekürzter Zahlungsweg anzusehen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Zum Anfechtungsgegenstand der Umsatzsteuer 2019:
Mit der Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides scheidet ein Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum, der vom Jahresbescheid eingeschlossen ist, ipso iure aus dem Rechtsbestand aus. (vgl. zB )
Nach § 253 der Bundesabgabenordnung (BAO) gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt.
Die Bestimmung des § 253 BAO ist insbesondere auf das Verhältnis von Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden nach § 21 Abs 3 UStG 1994 zu Umsatzsteuerveranlagungsbescheiden nach § 21 Abs 4 UStG 1994 anzuwenden. Die gegen die Festsetzungsbescheide gerichteten Beschwerden gelten sohin ab Erlassung der Veranlagungsbescheide als gegen diese Veranlagungsbescheide gerichtet. (vgl. mwN)
Im gegenständlichen Fall ist somit durch die Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides für 2019 der ursprünglich angefochtene Festsetzungsbescheid für 09/2019 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und ist die dagegen erhobene Beschwerde als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2019 gerichtet anzusehen.
Zur Förderung des Landes Niederösterreich:
Nach § 1 Abs 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) unterliegen Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Zahlungen, die ein Unternehmer unter dem Titel Zuschuss, Subvention und dergleichen erhält, sind daraufhin zu untersuchen, ob ihnen eine Leistung an den Zuschussgeber zugrunde liegt (Zuschuss als Leistungsentgelt) oder ob sie (zusätzliche) Gegenleistung für eine Leistung des Zuschussempfängers an einen Dritten sind. In diesen Fällen ist der Zuschuss steuerbar. Andernfalls handelt es sich um einen nicht steuerbaren "echten" Zuschuss ( mwN).
Ob der Zuschuss an den Berechtigten selbst oder zwecks Abkürzung des Zahlungsweges an einen Dritten ausbezahlt wird ist ohne Bedeutung. Nicht umsatzsteuerbar kann der echte Zuschuss nur beim Zuschussberechtigten sein (vgl. Wieland in Berger/Bürgler/Kannduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.02 § 1 RZ 131 mit Verweis auf ).
Zuschussberechtigte der Förderung war nicht die BF, sondern die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***, weshalb der Zuschuss nur auf Ebene der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** als nicht umsatzsteuerbar angesehen werden könnte. In Bezug auf die BF können die gegenständlichen Zuschüsse, die auf abgekürztem Zahlungswege direkt an sie geflossen sind, jedoch keinesfalls als nicht steuerbar angesehen werden. Es erübrigt sich daher auch die weitere Befassung mit der Frage, ob es sich hierbei um einen echten oder unechten Zuschuss handelt.
Zu den Beiträgen der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** zu den Umbaumaßnahmen:
Der Umsatz wird nach § 4 Abs 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme); dazu gehören insbesondere auch Gebühren für Rechtsgeschäfte und andere mit der Errichtung von Verträgen über Lieferungen oder sonstige Leistungen verbundene Kosten, die der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung dem Unternehmer zu ersetzen hat.
Dafür, dass die BF der Durchführung von Umbaumaßnahmen an dem Mietobjekt zustimmt bzw. diese in Auftrag gibt und ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** die gegenständliche Immobilie weiter im Rahmen des Mietverhältnisses nutzen durfte, verpflichtete sich die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** dazu, der BF einerseits einen Beitrag zu den Kosten der Umbauarbeiten und andererseits künftig eine erhöhte Miete zu leisten. Die in diesem Zusammenhang geleisteten Zahlungen stellen somit das Entgelt iSd § 4 Abs 1 UStG 1994 dar.
Nach § 10 Abs 1 UStG 1994 beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 20% der Bemessungsgrundlage (§§ 4 und 5).
Die Steuer ermäßigt sich nach § 10 Abs 2 Z 3 lit a UStG 1994 auf 10 % für die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke.
Da das Grundstück einerseits für Wohnzwecke und andererseits für nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegende Zwecke vermietet wird, ist eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen (vgl. Berger/Wakounig in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3.03 § 10 RZ 108).
Die Umsätze unterliegen somit zu 30,78 % dem Normalsteuersatz (Pflegebereich) und zu 69,22 % dem 10 %igen Steuersatz (Wohnzwecke).
Nach § 19 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung); dieser Zeitpunkt verschiebt sich - ausgenommen in den Fällen des § 19 Abs. 1 zweiter Satz - um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist.
Abweichend bestimmt § 19 Abs 2 Z 1 lit a zweiter AbsatzUStG 1994 für den Fall, dass das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vereinnahmt wird, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, dass insoweit die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes entsteht, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist.
§ 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a zweiter Absatz UStG 1994 betrifft Zahlungen, die bereits als Entgelt für zu erbringende Leistungen anzusehen sind. Die Leistung muss hinreichend konkretisiert sein. Zahlungen, bei denen im Zeitpunkt der Vereinnahmung unklar ist, ob sie überhaupt für eine Leistung oder für welche Leistung sie bestimmt sind, sind nicht zu versteuern ().
Damit der Steueranspruch in einem solchen Fall entstehen kann, ist erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d. h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (, BUPA Hospitals Ltd und Goldsborough Developments Ltd).
Dies gilt auch für Tauschgeschäfte oder tauschähnliche Umsätze, bei denen die Gegenleistung nicht in einer Geldzahlung, sondern einer Sachleistung besteht (vgl. , Orfey Balgaria EOOD).
Im gegenständlichen Fall bestand kein Zweifel daran, dass die geleisteten Anzahlungen mit den künftigen erhöhten Pachtzahlungen der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** gegengerechnet werden. Die Verknüpfung mit der Erbringung der künftigen Mietleistungen war jedenfalls gegeben, die Leistung war klar bestimmt. Da die maßgeblichen Elemente des Steuertatbestandes somit bereits bekannt waren, waren die Zahlungen der ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1***, sowie die für die ***Pflegeheim-Betreibergesellschaft1*** geleisteten direkten Zahlungen der öffentlichen Hand nach § 19 Abs 2 Z 1 lit a zweiter Absatz UStG 1994 im Zeitpunkt der Vereinnahmung zu versteuern.
Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MWStSystRL) sieht in Art. 64 vor, dass die Mitgliedstaaten in dort genannten Fällen vorsehen können, dass kontinuierliche Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die sich über einen bestimmten Zeitraum erstrecken, mindestens jährlich als bewirkt gelten.
Der Steueranspruch entsteht jedoch nach Art 65 MWStSystRL im Falle von Anzahlungen, die vor Erbringung der Dienstleistung geleistet werden, dennoch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.
Eine Verteilung von Anzahlungen ist sowohl dem Umsatzsteuergesetz, als auch der MWStSystRL somit fremd und würde auch im gegenständlichen Fall zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnis führen, da die BF ja auch die Vorsteuern für die durchgeführten Umbauarbeiten auch sofort in voller Höhe geltend machen konnte und ihr die in diesem Zusammenhang zu versteuernden Einnahmen ja tatsächlich bereits zugeflossen sind.
Auch die hL geht davon aus, dass Anzahlungen nicht zu verteilen sind (vgl. Ruppe/Achatz Umsatzsteuergesetz6 §17 RZ 41f, § 19 RZ 112), zumal auch ertragsteuerlich Mietzinsvorauszahlungen grundsätzlich im Jahr des Zufließens zur Gänze zu versteuern sind, sofern eine solche Vorauszahlung nicht als Darlehen zu qualifizieren wäre, was neben einer vom Fortbestand des Mietvertrages losgelösten Rückzahlungsverpflichtung mit vereinbarter Laufzeit auch noch Rückzahlungsmodalitäten und eine Verzinsung des Darlehens voraussetzen würde (vgl. ).
Ob die Investitionszuschüsse als rückzahlbar vereinbart wurden, oder nicht, ändert somit auch nichts an der rechtlichen Beurteilung, zudem der beiderseitige Wille eindeutig auf die dauerhafte Zusammenarbeit angelegt war. Sollte es nachträglich, aus welchen Gründen auch immer, zu einer Kündigung und, entgegen des eindeutigen Wortlautes des geschlossenen Mietvertrages, einer Rückrechnung der investierten Beträge kommen, könnte dies allenfalls im Wege einer Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 berücksichtigt werden.
Die diesbezüglich in RZ 2607 der UStR geäußerte Meinung, die im Übrigen keine Deckung in Gesetz oder Rechtsprechung findet, ist für das Bundesfinanzgericht nicht bindend.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es existiert zwar zu der Frage, ob die hinsichtlich Mietvorauszahlungen eintretende Umsatzsteuerschuld zu verteilen ist, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung, allerdings liegt hierbei aufgrund der diesbezüglich eindeutigen Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104372.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at