§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988: Fehlende Nachweisführung von Aufwendungen für geltend gemachte Aus- und Fortbildungsmaßnahmen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Einkommensteuer wie in der Beschwerdevorentscheidung wie folgt festgesetzt:
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2023 festgesetzt mit -522,00 Euro (Gutschrift).
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin [in Folge: Bf.] brachte elektronisch über FinanzOnline am ihre Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 ein. Darin beantragte die Bf. u.a. das Pendlerpauschale inkl. Pendlereuro sowie Aus- und Fortbildungskosten iHv. 2.200,00 Euro.
Die belangte Behörde erließ mit ein Ergänzungsersuchen, in welchem u.a. um Nachweis der Aus- und Fortbildungskosten und einer Kostenaufstellung ersucht wurde. Weiters wurden Fragen zur beruflichen Veranlassung der Bildungskosten übermittelt.
Mit Antwortschreiben vom gab die Bf. bekannt, dass sie eine Auflistung der Ausgaben zukommen lassen werde. Weiters stellte sie eine Frage. Sie mache eine Ausbildung in Ort2. Für die hin und Rückfahrt nehme sie den Zug. Die meisten Tickets habe sie am Schalter gekauft und keine Rechnungen. Für den Computer den sie unter "willhaben" gekauft habe, habe sie keine Rechnung. Somit würden Werbungskosten wegfallen. Sie habe in Ort1 beim Finanzamt nachgefragt wie sie das machen solle und bekam zur Antwort sie solle es rein geben. Wenn nach der Rechnung gefragt werde und Sie die Rechnung nicht hätte, solle sie einfach sagen die Rechnung sei nicht vorhanden.
Die belangte Behörde erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 am und setzte die Einkommensteuer iHv. 0,00 Euro fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten habe. Daher konnten nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigen werden. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen habe nicht berücksichtigen werden können, da die Aufwendungen niedriger als der für die Bf. gültige Selbstbehalt in Höhe von 3.528,36 Euro seien.
Gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 brachte die Bf. mit Eingabe vom Beschwerde über FinanzOnline ein, und begründete diese damit, dass sie Anspruch auf das Pendlerpauschale habe.
Mit Ergänzungsvorhalt vom forderte die belangte Behörde von der Bf. einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner an.
Die Bf. reichte über FinanzOnline im Antwortschreiben vom den Ausdruck des Pendlerrechners und zusätzlich vier Überweisungsbestätigungen aus dem Online-Banking nach.
Die belangte Behörde erließ am die Beschwerdevorentscheidung und berücksichtigte das beantragte Pendlerpauschale inkl. Pendlereuro. Die Einkommensteuer wurde iHv. -522,00 Euro (Gutschrift) neu festgesetzt.
Am brachte die Bf. über FinanzOnline den Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 1 BAO ein. Zur Begründung führte die Bf. aus, dass sie im Jahr 2023 einen Betrag von insgesamt 1.936,69 Euro für ihre Ausbildungen ausgegeben habe. Dem Vorlageantrag waren Fotos von insgesamt 13 Überweisungsbestätigungen aus dem Online-Banking der Bf. angefügt.
Die belangte Behörde erließ am ein weiteres Ergänzungsersuchen und forderte darin abermals den Nachweis der Aus- und Fortbildungskosten und einer Kostenaufstellung an. Ebenso wurden wiederholend die Fragen zu beruflicher Veranlassung der Bildungskosten gestellt.
Die Bf. führte dazu im, über FinanzOnline eingereichten, Antwortschreiben vom aus, dass sie seit 10 Jahren bei den ZZ als Dipl. Sozialbetreuerin und Pflegeassistentin arbeite. Sie betreue und begleite Menschen mit Behinderung, unterstütze bei Pflege, Freizeitgestaltung und Arbeitsintegration. Sie mache eine Ausbildung auf der yy Akademie. Die Kurse seien Samstag und Sonntag in der Zeit von 9 bis 18 Uhr gewesen. Absolviert habe sie Akupressur- und Diagnostik-Kurse. In Ort2 mache sie die Qigong Ausbildung. In Verbindung mit ihrer Arbeit lasse sich dies sehr gut in der Gesundheitsförderung integrieren. Sie liebe den Job und werde diesen nicht wechseln. Sie bilde sich auf eigene Kosten weiter.
Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantrage im Vorlagebericht die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht forderte die Bf. mit Schreiben vom auf, zu den geltend gemachten Ausbildungskosten iHv. gesamt 1.936,69 Euro die entsprechenden Rechnungen zu den 13 Überweisungsbestätigungen vorzulegen. Weiters wurde die Bf. aufgefordert zu drei dieser Zahlungen, die sie an sich selbst getätigt hat, Stellung zu nehmen.
Das Aufforderungsschreiben des Bundesfinanzgerichts, das am bei der Post hinterlegt wurde, wurde von der Bf. nicht beantwortet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. war im Beschwerdejahr als Dipl. Sozialbetreuerin bei den ZZ Steiermark nichtselbständig tätig [vgl. BFG Akt OZ 5: FinanzOnline Arbeitnehmerveranlagung Zusammenfassung; BFG-Akt OZ 19: L16 Lohnzettel Auskunft].
Sie beantragte Aus- und Fortbildungskosten iHv. 1.936,69 Euro. Die Kosten setzten sich wie folgt zusammen [BFG-Akt OZ 4: Vorlageantrag, Fotografien der Online-Banking Zahlungsanweisungen]:
Betrag Buchungsdatum Auftrag an Buchungstext
1) 26,00 Fa.1. Mitgliedsbeitrag
2) 116,00 Fa.2 N.N.
3) 150,00 Fa.2 Akupressur Grundkurs 2
4) 200,00 Fa.2 Fortbildung
5) 154,00 Fa.2 N.N.
6) 100,00 Fa.2 Akupressur 1
7) 300,00 Fa.2 Fortbildung
8) 231,00 Fa.2 N.N.
9) 200,00 Qigong Ausb. N.N.
10) 29,50 N.N. qqq 2310 K2
11) 107,.2023 N.N. qqq 2372 K2
12) 22,90 N.N. qqq 2372 K2
13) 300,00 Fa.2 N.N. Diagnostik
Das Aufforderungsschreiben des Bundesfinanzgerichts vom wurde nach Zustellversuch am am beim Postamt 8160 Weiz hinterlegt und wurde nicht an das Bundesfinanzgericht retourniert.
Nachweise zu den Aus- und Fortbildungskosten wie Ausbildungsverträge oder Stundenpläne wurden trotz Aufforderungen ebenso wenig vorgelegt wie Rechnungen zu den fotografierten Zahlungsanweisungen aus dem Online-Banking.
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im Akt einliegenden Unterlagen (insbes. Einkommensteuererklärung, Daten Steuerakt aus FinanzOnline, Datenbankauszug der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat, Anhänge zum Vorlageantrag). Die genannten Unterlagen stellen Beweismittel gem. § 166ff BAO dar und liegen diese der rechtlichen Würdigung des Bundesfinanzgerichts zugrunde.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Die Bf. beantragt die Berücksichtigung von Aus- und Fortbildungskosten für einen Akupressur- und Diagnostikkurs, sowie eine Qigong-Ausbildung in Höhe von insgesamt 1.936,69 Euro als Werbungskosten und legte Fotografien von Zahlungsanweisungen aus dem Online-Banking vor, welche diese Summe abbildeten.
A. Zur Hinterlegung des Aufforderungsschreibens vom :
Gemäß § 17 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) ist der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Hinterlegte Dokumente gelten nach Abs. 3 dieses Paragraphen mit dem ersten Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.
Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ().
Für die Wirksamkeit der Zustellung ist es ohne Belang, ob der Partei die Verständigung von der Hinterlegung tatsächlich zugekommen ist oder nicht, der Zustellvorgang ist mit der Hinterlegung abgeschlossen. Da die Abholung nicht mehr zur Zustellung zählt, ist die Frage, durch wen, wann bzw. ob die hinterlegte Sendung behoben wurde, für den Zustellvorgang nicht von Bedeutung (vgl. , RS 1).
Nach der Verständigung der Post wurde das Schreiben des Bundesfinanzgerichts am zur Abholung im Postamt 8160 bereitgestellt. Die Zustellung wurde daher mit diesem Tag wirksam.
B. Geltend gemachte Werbungskosten für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zählen Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, zu den Werbungskosten.
Ausbildungskosten sind Aufwendungen zur Erlangung von Kenntnissen, die eine erstmalige Berufsausübung oder eine Berufsausübung in einem anderen Beruf ermöglichen (vgl. ). Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden ().
Zufolge § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
Entsprechend judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung, dass Werbungskosten zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen sind, als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen sind (vgl. , mwN).
Zur Nachweisführung btr. der geltend gemachten Aus- und/oder Fortbildungskosten wurde die Bf. zweimalig durch die belangte Behörde (Vorhalt vom und vom ) und zusätzlich vom Bundesfinanzgericht (Schreiben vom ) aufgefordert.
Die Bf. legte allerdings keine Rechnungen, Ausbildungsverträge, Kursbestätigungen oder sonstige Nachweise, aus welchen Gegenstand und Umfang der Ausbildung und/oder Fortbildung ersichtlich wäre, vor, sondern fotografierte lediglich Zahlungsanweisungen aus ihrem Online-Banking und lud diese Bilder über FinanzOnline in die Finanzdatenbanken hoch. Auch der Aufforderung des Bundesfinanzgerichts Widersprüche aufzuklären (vorgenommenen Überweisungen an sich selbst) wurde nicht entsprochen.
Die Bf. hat damit ihrer Mitwirkungsverpflichtung (§ 138 BAO) nicht entsprochen und keinen Nachweis erbracht, dass es sich bei den geltend gemachten Beträgen um Aufwendungen für Aus- und/oder Fortbildungsmaßnahmen handelt. Eine Berücksichtigung der Kosten als Werbungskosten war somit zu versagen.
Hinweis: Da im gegenständlichen Verfahren ausschließlich die Frage der Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen strittig war und die Rechtsmeinung der belangten Behörde, wie sie in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt wurde, vom Bundesfinanzgericht als rechtsrichtig erkannt worden ist (Berücksichtigung der Pendlerpauschale und des Pendlereuros), war die Berechnung der Beschwerdevorentscheidung vom dem gegenständlichen Erkenntnis zu Grunde zu legen. Im nunmehrigen Erkenntnis wurde deshalb der Beschwerde "teilweise Folge" gegeben, weil sich die Einkommensteuer in der Beschwerdevorentscheidung vom gegenüber dem beschwerdegegenständlichen Erstbescheid vom zugunsten der Bf. geändert hat (Gutschrift iHv. -522,00 Euro).
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur - insbes. - gefolgt ist, war auszusprechen, dass die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 17 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100446.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at