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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.09.2024, RV/3100546/2020

Alleinerzieherabsetzbetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Im Rahmen ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung vom gab die Beschwerdeführerin an ledig zu sein und begehrte den Alleinerzieherabsetzbetrag für drei Kinder.

2. Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung abgewiesen, das seit der Geburt der Tochter ***1*** am ***2***, also insgesamt für mehr als sechs Monate, eine aufrechte Gemeinschaft vorliegen wurde und keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte bezogen worden seien.

3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am Beschwerde und führte aus, dass sie im gegenständlichen Jahr mit ihren Kindern nachweislich allein in der Wohnung gelebt habe. Sie habe die Absicht gehabt mit dem Kindsvater zusammenzuziehen, dies wäre jedoch erst ab tatsächlich so gewesen, da sie erst dann eine größere Wohnung gefunden haben. Seine sowie auch ihre Wohnung sei zu klein für sie alle gewesen, deshalb habe sie sich nach einer größeren Wohnung umgesehen. Seine Arbeitsstelle sei näher an seiner Wohnung gelegen und er habe deshalb sein Auto nicht benützen müssen. Beiliegend übermittelte sie die Meldebestätigungen der gesamten Familie.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach Ausführungen über die vom Obersten Gerichtshof entwickelten Kriterien der Lebensgemeinschaft und, dass es keine allgemein gültige Definition der Lebensgemeinschaft gebe, gab die Behörde an, dass von einer aufrechten Lebensgemeinschaft trotz getrennter Haushalte spätestens mit der Geburt der Tochter ausgegangen worden sei.

5. Mit dem Schreiben vom wurde fristgerecht (aufgrund der Berücksichtigung des § 323c BAO) der Vorlageantrag gestellt. Die Beschwerdeführerin gab an, das ganze Jahr mit den Kindern alleine in Lienz gewohnt zu haben. Sie habe die ganze Woche mit den Kindern alleine in der Wohnung verbracht und hätte den Vater von ***1*** höchstens an den Wochenenden und da keine 24 Stunden am Stück gesehen. In den vorhandenen Wohnungen sei ein Zusammenziehen nicht möglich gewesen, da man fünf Personen in zwei Schlafzimmer quetschen hätte müssen. Sie hätten eine Zusage für ein Reihenhaus gehabt, bei dem allerdings aufgrund von Bauverzögerungen die Fertigstellung verschoben worden sei. Die jetzige Wohnung hätten sie durch Zufall Ende Oktober 2019 entdeckt. Sie seien dort im Jänner 2020 eingezogen. Der Wohnungswechsel sei im November 2018 erfolgt, weil dort die Miete immer teurer geworden sei und sie noch nichts von ihrer Schwangerschaft gewusst habe. Sie habe die Kosten der Wohnung und den Lebensunterhalt alleine ohne Unterstützung des leiblichen Vaters von ***1*** bestritten. Er habe lediglich den Unterhalt für ***1*** (bar) bezahlt. Diese Vereinbarung sei schriftlich erfolgt und an den Arbeitgeber des Vaters übermittelt worden, damit dieser den Familienbonus Plus in Anspruch nehmen könnte. Weil ihr Antrag abgelehnt worden sei und das Online Programm ihn sonst seine Arbeitnehmerveranlagung nicht zu Ende machen habe lassen, habe der leibliche Vater von ***1*** den Alleinverdienerabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag in seiner Veranlagung geltend gemacht.

6. Ein Vorhalt des Gerichtes wurde trotz telefonischer Nachfrage und Zusicherung, die Fragen zu beantworten und entsprechende Unterlagen zu übermitteln, durch die Beschwerdeführerin nicht beantwortet. Daraufhin erging aufgrund der räumlichen Distanz vom Gericht zur Beschwerdeführerin an das Finanzamt der Ermittlungsauftrag, die Beschwerdeführerin einzuvernehmen, die Fragen laut beigelegten Vorhalt beantworten zu lassen und die angeforderten Unterlagen abzuverlangen. Diese Einvernahme fand schlussendlich am statt. Unterlagen wurden trotz Aufforderung keine beigebracht und auch nicht übermittelt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hatte im gegenständlichen Jahr drei Kinder, nämlich ***3*** (geboren am ***4***), ***5*** (geboren am ***6***) sowie ***1*** (geboren am ***2***) und bekam für diese auch die Familienbeihilfe (siehe Auszug aus der Datenbank der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat vom ). Sie bezog vom 4. Jänner bis zum Arbeitslosengeld und vom 29. März bis zum Wochengeld (siehe Auszug aus der Datenbank der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat für das Jahr 2019 vom ). Im gegenständlichen Jahr wohnte sie mit den Kindern in der ***7*** in Lienz (siehe Meldebestätigungen vom und vom , Meldung von ***1*** ab ). Diese Wohnung hat zwei Schlafzimmer (Angabe der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag). In ihrer Arbeitnehmerveranlagung beantragte sie den Alleinerzieherabsetzbetrag für drei Kinder (siehe Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 vom ).

Der Vater von ***1***, ***8***, wohnte in der ***9*** in Nußdorf-Debant (siehe Meldebestätigung vom und vom ). Die Wohnung hat zwei Schlafzimmer (siehe Angabe der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag). Eine Unterhaltsvereinbarung sowie einen Nachweis der Unterhaltszahlungen für die gemeinsame Tochter gibt es nicht. Er beantragte in seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 am den Alleinverdienerabsetzbetrag (siehe Auszug aus der Datenbank der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat für das Jahr 2019 vom ).

Die Orte Lienz und Nußdorf-Debant sind aneinander unmittelbar angrenzende Gemeinden.

Unbestritten gab es zwischen der Beschwerdeführerin und dem Vater von ***1*** im gegenständlichen Jahr eine Geschlechtsbeziehung, seit der Geburt der gemeinsamen Tochter im Mai bestand auch eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Die Beschwerdeführerin und der Kindsvater hatten zumindest seit der Geburt der Tochter die Absicht zusammenzuziehen.

Ab der Geburt der Tochter im Mai haben die Beschwerdeführerin und der Vater von ***1*** in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gelebt.

Die Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und dem Vater von ***1*** ist auf Dauer angelegt und besteht nach wie vor, 2022 wurde eine weitere Tochter geboren (siehe Auszug aus der Datenbank der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat für das Jahr 2022 vom ).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammern angeführten unstrittigen Unterlagen und aufgrund folgender Überlegungen:

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Eine erhöhte Mitwirkungspflicht besteht weiters, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder wenn die Behauptungen des Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 115 BAO Rz 13 und die dort zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen).

Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Lebensumstände sind ungewöhnlich und unwahrscheinlich. Es wäre an ihr gelegen, einen Nachweis hiefür zu erbringen. Die Beschwerdeführerin hat im Gegenteil - außer den Meldebestätigungen - keinerlei Unterlagen trotz mehrmaliger Nachfrage und Zusicherung übermittelt und nur Behauptungen aufgestellt.

Von der Beschwerdeführerin wurde behauptet, dass es eine handschriftliche Unterhaltsvereinbarung mit dem Vater von ***1*** gebe und dass diese Zahlungen bar erfolgt wären. Trotz mehrmaliger Nachfrage und Zusicherung durch die Beschwerdeführerin die entsprechende Vereinbarung und Nachweise zu übermitteln, blieb es bei der reinen Behauptung. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sind bei getrenntlebenden Elternteilen die Unterhaltspflichten zwingend klar und eindeutig zu regeln und wird die Leistung des Unterhalts für ein Kind auch von den Behörden überprüft. Da keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt wurden, geht das Gericht davon aus, dass keine Vereinbarung vorlag und auch keine Zahlungen erfolgten.

Auch betreffend die Wohnungssuche, dem zugesagten Reihenhaus in der Gemeinde Debant und die jetzige Mietwohnung wurden keinerlei Unterlagen vorgelegt. Bei sämtlichen Angaben der Beschwerdeführerin blieb es bei Behauptungen. Auch hier geht das Gericht davon aus, dass zumindest ab Geburt des gemeinsamen Kindes die Absicht bestand zusammenzuziehen.

Sobald man von einer Schwangerschaft erfährt, spätestens mit der Geburt des Kindes wird die weitere Vorgangsweise und der gemeinsame Lebensweg mit dem Partner geplant und abgesprochen. Gerade bei einem so wichtigen Ereignis wie der Geburt eines gemeinsamen Kindes ist es nicht nachvollziehbar, dass die weitere Lebensplanung nur vage dargestellt werden kann und keinerlei genaue Angaben und Unterlagen zu dieser Lebensplanung vorgelegt werden können.

Auch die Angaben über die gemeinsam verbrachte Zeit blieben vage, widersprachen sich und wurden mehrmals verändert: alleine in der Wohnung gelebt (Beschwerde vom ), höchstens an den Wochenenden und da keine 24 Stunden am Stück (Vorlageantrag vom ), dann regelmäßig verlängerte Wochenenden in der Wohnung der Beschwerdeführerin, aber auch in der Wohnung des Vaters von ***1*** (Angaben in der Niederschrift vom ).

Laut Angaben der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom verlängerte der Vater von ***1*** die Wochenenden, sodass seine freien Tage gewöhnlich Donnerstag/Freitag bis Sonntag/Montag umfassten. Überwiegend wurden die Wochenenden gemeinsam mit der Tochter in beiden Wohnung verbracht. Es wurden aber auch Ausflüge gemacht und die Großeltern besucht. An den Wochenendtreffen nahm der Vater von ***1*** an den durch die Beschwerdeführerin gekochten gemeinsamen Mahlzeiten teil. Die Treffen in der Wohnung des Kindsvaters wurden mit Besuchen bei den Großeltern verbunden. Selten wurde dort genächtigt. Der Vater von ***1*** verbrachte auch Wochenenden mit seinen Freunden.

Die Nächtigungen des Lebensgefährten in seiner Wohnung fanden aus persönlichen und beruflichen Gründen statt.

Das Gericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig die verlängerten Wochenenden gemeinsam mit dem Vater von ***1*** verbracht hat, zusammengelebt hat, gemeinsam gegessen hat und auch Ausflüge und Besuche gemeinsam unternommen wurden. Außerdem hat die Beschwerdeführerin diese Angaben persönlich in der Einvernahme durch das Finanzamt getätigt. Das getrennte Leben während der Arbeitszeit des Kindsvaters beruht auf persönlichen Gründen. Weiters bestand auch laut Angabe der Beschwerdeführerin in der Beschwerde die Absicht, einen gemeinsamen Wohnsitz zu schaffen. Es konnte jedoch erst mit dem Folgejahr eine größere, örtlich passend gelegene Wohnung gefunden werden. Dass diese Absicht jedoch erst irgendwann im Herbst bestanden habe, wurde wiederum nur behauptet. Es wurde nicht einmal - trotz mehrmaliger Zusicherung - der Mietvertrag für diese gemeinsame Wohnung vorgelegt. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und ist als ungewöhnlich anzusehen, erst einige Monate nach der Geburt zusammenziehen zu wollen und auch, dass keine genaueren Zeitangaben und Unterlagen zur weiteren Planung gemacht werden konnten. Ebenso verhält es sich mit den getragenen Kosten. Es kann sein, dass ein jeder die Kosten für die Wohnung, die er bisher bezahlt hat, auch weiterhin trägt. Eine strikte Kostentrennung, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, ist jedoch nicht glaubwürdig. Zum einem wurde nicht nachgewiesen, dass Unterhalt bezahlt worden ist, obwohl die Beschwerdeführerin nicht über wesentliche Einkünfte verfügt hat und bei getrennter Lebensführung der Kindsvater zu Zahlungen verpflichtet ist, zum anderen hat die Beschwerdeführerin selbst angegeben, dass der Lebenspartner an den verlängerten Wochenenden im Haushalt mitgelebt hat und dementsprechend auch versorgt wurde. Somit ist auch eine wirtschaftliche Gemeinschaft gegeben.

Die Angabe der Beschwerdeführerin, dass aufgrund der Größe der damals bestehenden Wohnungen ein Zusammenwohnen nicht möglich gewesen sei, kann nicht gefolgt werden, da erfahrungsgemäß Babys bei den Eltern im Schlafzimmer nächtigen.

Mit Anfang Jänner 2020 bezogen alle zusammen die Wohnung in der ***10*** (siehe Meldebestätigungen und Angabe der Beschwerdeführerin). Diese Wohnung hat eine Größe von 140 m2 und besteht aus Küche, Wohnzimmer, zwei Badezimmer, zwei große und drei kleine Schlafzimmer, Abstellkammer und Speis (Angaben in der Niederschrift vom ).

Der Kindsvater beantragte noch vor Stellung des Vorlageantrages den Alleinverdienerabsetzbetrag in seiner Erklärung. Dieser Absetzbetrag muss dezidiert beantragt werden.

Das Gericht ist daher überzeugt, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in freier Beweiswürdigung die Beschwerdeführerin seit Geburt des gemeinsamen Kindes in einer Lebensgemeinschaft mit dem Vater des Kindes gelebt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs. 4 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält:

2. Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
…"

Eine (eheähnliche) Gemeinschaft in diesem Sinn liegt dann vor, wenn zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf Dauer angelegt ist.

Eine allgemein gültige gesetzliche Definition der Lebensgemeinschaft fehlt. Nach den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Kriterien wird unter einer Lebensgemeinschaft ein jederzeit lösbares familienrechtsähnliches Verhältnis verstanden, das der Ehe nachgebildet ist, aber von geringerer Festigkeit ist, und ein eheähnlicher Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Allgemein ist eine Lebensgemeinschaft durch aus einer seelischen Gemeinschaft resultierenden Zusammengehörigkeitsgefühl qualifiziert. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spielt neben der Eheähnlichkeit aber auch eine gewisse Dauer, auf die sie eingerichtet ist, und das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft eine Rolle, wobei anerkannt ist, dass im Sinn eines beweglichen Systems nicht stets alle drei Merkmale vorhanden sein müssen, sondern der Wegfall eines Kriteriums durch das Vorliegen der anderen oder die Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sein kann (). Es muss dabei nicht immer zugleich Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der Lebensgemeinschaft gegeben sein, weil jedes dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder auch ganz fehlen kann (vgl. ).

Eine eheähnliche Gemeinschaft ist im Gegensatz zu einer dauernden Trennung oder zu auch nur einem intimen Verhältnis zu sehen.

Wenn Ehegatten noch über keine gemeinsame Wohnung verfügen und diese erst schaffen, leben diese deshalb nicht dauernd getrennt (vgl. ), ebenso wenn die Eheleute wegen eines Umbaus vorübergehend bei ihren jeweiligen Eltern wohnen (vgl. UFS Innsbruck , RV/0094-I/09). Solange eine objektivierbare Absicht, einen gemeinsamen Wohnsitz zu schaffen, besteht, ist nicht von einem Dauernd-getrennten-Leben der Ehepartner auszugehen, auch wenn ein gemeinsamer Wohnsitz letztlich nicht zustande gekommen ist (vgl. ).

Unterschiedliche Hauptwohnsitze der (Ehe-)Partner müssen einem tatsächlichen Zusammenleben nicht entgegenstehen (UFS Wien , RV/3844-W/09), ebenso nicht, wenn zwei Einfamilienhäuser "aus platztechnischen Gründen" und zur Versorgung dort befindlicher Tiere und Pflanzen beibehalten werden ().

Dass sich ein gemeinsames Wohnen der Partner aus beruflichen Gründen auf Wochenenden und Feiertage beschränkt, steht einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen (UFS Wien , RV/0326-W/07; UFS Innsbruck , RV/0308-I/08; UFS Wien , RV/0434-W/12). Kein Dauerndes-Getrennt-Leben ist auch anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige während seiner Saisonarbeit alle zwei Wochen und außerhalb der Saison vier Tage in der Woche im Haushalt der Mutter seiner Kinder verbringt; der polizeilichen Meldung kommt bei Beurteilung des Vorliegens einer Wohngemeinschaft kein entscheidendes Gewicht zu ().

Gemeinsames Wohnen allein begründet auch zwischen Personen, die gemeinsame Kinder haben, noch keine Lebensgemeinschaft (). Eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ohne darüberhinausgehende persönliche Beziehungen genügt nicht (), wie andererseits getrenntes Wohnen eine Lebensgemeinschaft nicht unbedingt ausschließen muss (siehe Anm 51 ff zu § 33 sowie Doralt/Herzog14 § 33 Tz 30/2 und UFS Wien , RV/3712-W/10). Fallweises gemeinsames Übernachten ist noch kein gemeinsames Wohnen, andererseits ist gerade bei einer (rechtlich ungesicherten) Lebensgemeinschaft die Beibehaltung zweier Wohnungen nicht unüblich, sofern zumindest ein gemeinsamer Wohnsitz geschaffen wird (vgl. ).

Das Vorhandensein mehrerer Wohnsitze schließt eine Wirtschaftsgemeinschaft an einem Wohnsitz (an mehreren Wohnsitzen) nicht aus (vgl. UFS Wien , RV/3712-W/10). Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt sich allerdings nicht auf die rein materielle Seite, er ist sowohl von einer zwischenmenschlichen als auch von einer wirtschaftlichen Komponente geprägt (, Brenn, EvBl 2012/118).

Auf die subjektive Sicht der Partner kommt es nicht an, wenn objektiv von einer Lebensgemeinschaft auszugehen ist (vgl. UFS Wien , RV/3712-W/10, zum Zusammenleben von Mann und Frau mit jeweils einem Kind aus einer anderen Beziehung ["Patchwork-Familie"] sowie Wanke/Wenk, UFSjournal 2011, 103).

Die Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages stellt eine steuerliche Begünstigung dar, die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren ist. Das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt in diesem Zusammenhang bei der Abgabenpflichtigen. Ihr obliegt es im Sinne ihrer Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf Grund derer der Alleinerzieherabsetzbetrag gewährt werden kann.

Die Beschwerdeführerin hat mit dem Vater eine Geschlechtsbeziehung unterhalten. An den verlängerten Wochenenden bestand regelmäßig eine Wohngemeinschaft. Unter der Woche wurde nur aus persönlichen bzw. beruflichen Gründen getrennt gewohnt. Außerdem bestand die Absicht zusammenzuziehen. Das Zusammenziehen war aufgrund der aus persönlichen Gründen (Lage und Größe) schwierigen Wohnungssuche erst im Folgejahr möglich. Es bestand zumindest seit der Geburt der Tochter die objektivierbare Absicht, einen gemeinsamen Wohnsitz zu schaffen. Gleich zu Beginn des folgenden Jahres gründeten sie in einem gemeinsamen Wohnsitz. Im Rahmen des gemeinsamen Wohnens und Lebens nahmen die Partner auch gemeinsame Mahlzeiten ein. Vor allem im Hinblick darauf, dass unter Wirtschaftsgemeinschaft nicht nur die wirtschaftliche Komponente, sondern auch die zwischenmenschliche zu sehen ist, ist von einer Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen. Auch das äußere Erscheinungsbild des Zusammenlebens der Beschwerdeführerin und ihres Partners spricht für eine Lebensgemeinschaft.

Damit bestand nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im gegenständlichen Jahr für mehr als sechs Monate trotz der im gegenständlichen Jahr bestehenden zwei Wohnungen eine Lebensgemeinschaft.

Der Alleinerzieherabsetzbetrag konnte daher nicht berücksichtigt werden. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und folgt der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100546.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at