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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2024, RV/3100336/2023

Kinderrabsetzbetrag, Alleinverdienerabsetzbetrag und Kinderfreibetrag: Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2018 elektronisch beim Finanzamt ein. Er beantragte unter anderem die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages unter Verweis auf den Familienbeihilfenbezug für drei Kinder, Kosten für Familienheimfahrten, den Kinderfreibetrag für drei nicht haushaltszugehörige Kinder und Kosten für die auswärtige Berufsausbildung für drei Kinder als außergewöhnliche Belastungen.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2018 und setzte die Einkommensteuer für ein Einkommen von EUR 74.963, 38 mit EUR -9.552,00 fest. Dabei berücksichtigte es weder den Alleinverdienerabsetzbetrag noch die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der drei Kinder. Berücksichtigt wurden drei Kinderfreibeträge für nicht haushaltszugehörige Kinder gemäß § 106a Abs. 2 EStG 1988 und die Kosten für Familienheimfahrten in Höhe des höchsten zulässigen Pendlerpauschales. Begründend verwies das Finanzamt unter anderem darauf, dass in Österreich keine Familienbeihilfe und damit kein Kinderabsetzbetrag bezogen werde.

In seiner Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Kinderabsetzbeträgen und Kinderfreibeträgen. Er brachte vor, seine drei Kinder hätten im Jahr 2018 in Deutschland bei seiner Ex-Frau gelebt. Ihm und seiner Ex-Frau hätten in Deutschland im Jahr 2018 Kindergeld bzw. ein Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer zugestanden. Der Anspruch auf Kindergeld in Deutschland müsse dem Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich aus europarechtlichen Gründen gleichgestellt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte aus: "… Der Kinderfreibetrag in der Höhe von je € 300,00 für 3 nicht haushaltszugehörige Kinder wurde bereits im Erstbescheid vom berücksichtigt. Der Kinderabsetzbetrag ist eine Leistung die ausnahmslos über den Bezug der Familienbeihilfe bezogen werden kann. …"

In seinem Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer wiederum die Berücksichtigung von "höheren Kinderabsetzbeträgen", des Alleinverdienerabsetzbetrages sowie dreier Kinderfreibeträge. Weder er noch seine damalige Ehefrau hätten im Jahr 2018 den Kinderfreibetrag geltend gemacht. Den Alleinverdienerabsetzbetrag beanspruche er, da er im Jahr 2018 mehr als sechs Monate verheiratet gewesen sei (die Scheidung sei 2019 vollzogen worden), seine Ehegattin habe weniger als EUR 6.000,- an Einkünften erzielt und er habe im Jahr 2018 mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft gelebt. Den Kinderabsetzbetrag von 58,40 * 12 * 3 = 2.102,40 EUR beanspruche er, da die Mutter seiner Kinder in Deutschland das Kindergeld als Barleistung bezogen habe und bei ihm "ein entsprechender Kinderfreibetrag im Rahmen der Veranlagung zur deutschen Einkommensteuer berücksichtigt" worden sei. Er sei aus europarechtlichen Gründen wie ein Steuerpflichtiger, der in Österreich Familienbeihilfe bezogen hat, zu behandeln.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung. Zum Kinderabsetzbetrag führte das Finanzamt aus, dass dieser als Erhöhung der Familienbeihilfe ausgestaltet sei. Da die deutschen Familienleistungen höher als die österreichischen seien, bestehe kein Anspruch auf Ausgleichszahlung im Familienbeihilfenverfahren. Da kein Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag bestehe, stehe kein Kinderfreibetrag nach § 106a Abs. 1 EStG 1988 zu. Der Kinderabsetzbetrag nach § 106a Abs. 2 EStG 1988 sei gewährt worden. Zum Alleinverdienerabsetzbetrag brachte es vor, dass die Ehegatten seit April 2016 getrennt gelebt hätten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war in den Jahren 2015 bis 2019 als Universitätsprofessor an der Universität ö_Ort nichtselbständig beschäftigt. Er ist Vater dreier Kinder, und zwar einer 2007 geborenen Tochter, eines 2009 geborenen Sohnes und einer 2012 geborenen Tochter.

Der Haupt- und Familienwohnsitz des Beschwerdeführers ist in d_Ort gelegen. In den Jahren 2015 bis 2019 hatte der Beschwerdeführer einen weiteren Wohnsitz an zwei Adressen in 6020 ö_Ort.

Der Beschwerdeführer lebte bis April 2016 in aufrechter Ehe mit seiner Gattin zusammen. Nach der Trennung von seiner Gattin im April 2016 wurde die Ehe im Februar 2019 geschieden. Im Jahr 2018 lebte der Beschwerdeführer am Familienwohnsitz in d_Ort im gemeinsamen Haushalt mit seiner neuen Lebensgefährtin und deren Kindern.

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2018 den gesetzlichen Unterhalt für seine drei Kinder geleistet. Seine drei Kinder lebten im Jahr 2018 überwiegend bei ihrer Mutter. Die nunmehr geschiedene Gattin des Beschwerdeführers und Mutter der Kinder bezog im Jahr 2018 das (deutsche) Kindergeld.

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2018 keine Familienbeihilfe für seine drei Kinder bezogen.

Diese Umstände ergeben sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers und den bei den Verwaltungsakten befindlichen Nachweisen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl I 118/2015 lautet: "Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Weitere Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, das sich in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält, nicht seinem Haushalt zugehört und für das weder ihm noch seinem jeweils von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, ein Unterhaltsabsetzbetrag zu. Dieser beträgt EUR 29,20 monatlich für das erste; EUR 43,80 monatlich für das zweite und EUR 58,40 monatlich für jedes weitere Kind.

§ 106 EStG 1988 lautet: "(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.
(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.
(4) …"

§ 106a EStG 1988 (aufgehoben durch BGBl I 62/2018) lautete: "(1) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 steht auf Antrag ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt
-
440 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;
-
300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe-) Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,
-
300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.
(2) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 ist bei Steuerpflichtigen, denen der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird, von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. In diesem Fall kann für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 300 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen beantragt werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.
(3) …"

§ 34 Abs. 9 und § 106a, jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I 72/2018 sind letztmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden (§ 124b Z 336 EStG 1988).

Der Beschwerdeführer begehrt zunächst die Zuerkennung des Kinderabsetzbetrages nach § 33 Abs. 3 EStG 1988. Der Kinderabsetzbetrag soll gemeinsam mit der Familienbeihilfe die Unterhaltspflichten gegenüber haushaltszugehörigen Kindern steuerlich berücksichtigten (vgl. § 2 Abs. 2 FLAG; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, 17.A., Rz 20 zu § 33). Die drei Kinder des Beschwerdeführers haben im Streitjahr nicht seinem Haushalt, sondern jenem ihrer Mutter, die auch Bezieherin des der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbaren deutschen Kindergeldes war, angehört. Da der Beschwerdeführer keine Familienbeihilfe und auch keine dieser vergleichbare ausländische Beihilfe bezogen hat, kommt die Berücksichtigung des Kinderabsetzbetrages nicht in Betracht (vgl. den gerade anders gelagerten Sachverhalt des Erk ).

Auch der Alleinverdienerabsetzbetrag steht dem Beschwerdeführer nicht zu: § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 nennt (mindestens) ein Kind im Sinn des § 106 Abs. 1 EStG 1988 als Anspruchsvoraussetzung. Da für keines der Kinder des Beschwerdeführers diesem oder seinem (Ehe-)Partner im Jahr 2018 für mehr als sechs Monate ein Kinderabsetzbetrag zugestanden hat, ist diese Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt: Der Beschwerdeführer war zwar im Jahr 2018 (noch) verheiratet, hat aber von seiner Ehegattin dauernd getrennt gelebt. Bezogen auf seine neue Lebensgefährtin, mit der er 2018 mehr als sechs Monate in Lebensgemeinschaft gelebt hat, hat der Beschwerdeführer nicht einmal vorgebracht, dass deren Einkünfte unter EUR 6.000,- gelegen hätten.

Schließlich steht dem Beschwerdeführer der Kinderfreibetrag nach § 106a Abs. 1 EStG 1988 nicht zu, da auch diese Bestimmung (mindestens) ein Kind im Sinn des § 106 Abs. 1 EStG 1988 als Anspruchsvoraussetzung nennt. Da für keines der Kinder des Beschwerdeführers diesem oder seinem (Ehe-)Partner im Jahr 2018 für mehr als sechs Monate ein Kinderabsetzbetrag zugestanden hat, ist diese Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt. Da der Beschwerdeführer den gesetzlichen Unterhalt für seine drei Kinder geleistet hat, steht ihm jeweils der Kinderfreibetrag nach § 106a Abs. 2 EStG 1988 zu. Dies hat das Finanzamt in der Veranlagung bereits berücksichtigt.

Für den Fall, dass nach den Rechtsvorschriften des für die Gewährung von Familienleistungen zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen hat, sieht Art. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rats vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. EU Nr. L 166 vom in der durch ABl. EU Nr. L 200 vom berichtigten Fassung (im Folgenden: VO Nr. 883/2004) vor, dass die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar sind. Daraus folgt, dass die Slowakische Republik als "zuständiger Mitgliedstaat" Zeiträume, in denen der Revisionswerber die österreichischen Differenzzahlungen bzw. den Kinderabsetzbetrag bezogen hat, gegebenenfalls zu berücksichtigen hätte. Dass hingegen in Österreich der Bezug von slowakischer Familienbeihilfe durch den Revisionswerber bzw. seine Ehefrau für die Frage des Anspruches auf den Alleinverdienerabsetzbetrag oder den Kinderfreibetrag einzurechnen seien, ergibt sich aus Art. 5 lit. a der VO Nr. 883/2004 nicht (). In diesem Sinn geht auch das Beschwerdevorbringen dahin, der Beschwerdeführer müsse in Anwendung europarechtlicher Bestimmungen wie ein österreichischer Familienbeihilfenbezieher behandelt werden, ins Leere.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

In diesem Erkenntnis war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die rechtliche Würdigung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. folgt sie der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 106 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 106a Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100336.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at