Keine Zwangsläufigkeit von Kosten für eine Operation mit stationären Aufenthalt in der Spitalssonderklasse wegen Fehlens eines medizinisch triftigen Grundes; Beweismittel gemäß §166 BAO aufgrund der Dokumentations-, Informations- und Aufbewahrungspflicht von Ärzten gemäß § 51 Ärztegesetz 1988
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe in der Fassung der
Beschwerdevorentscheidung vom sind dem als Beilage angeschlossenen
Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses
Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Angestellte bei einem multinationalen Unternehmen. Die bezugsauszahlende Stelle ist die Fa. A-GmbH.
Mit dem Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurde die Abgabengutschrift in Höhe von 139,00 € damit begründet, dass die Bf. trotz abgabenbehördlicher Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung an das Finanzamt übermittelt hätte, folglich dessen das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO auf Basis der dem Finanzamt vorgelegenen Informationen (Lohnzettel des Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben, etc.) berechtigt gewesen wäre.
Mit der Beschwerde vom wurde die Richtigkeit des Abgabenbescheides 2021 vom mit der Begründung bestritten, dass u.a. Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt worden wären. Das folgende Schaubild zeigt die geltend gemachten Werbungskosten - Gesamthöhe von 3.069,45 € - in Form der Aufgliederung in der Beilage 1 der Beschwerde:
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Über die Werbungskosten hinaus wurde mit der Beschwerde die Anerkennung der Kosten für Apotheke (63,00 €) und Arztkosten inkl. Spitalskosten (34.005,29 €) in der Gesamthöhe von 34.068,29 € als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 beantragt.
Mit dem beim Finanzamt am eingebrachten Nachtrag zur Beschwerde gegen den Abgabenbescheid 2021 vom wurde um zusätzliche Berücksichtigung des kleinen Pendlerpauschales in Höhe von 696,00 € samt Pendlereuro in Höhe von 42,00 € ersucht.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid 2021 vom aufgrund der Beschwerde vom geändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2021 mit - 6.508,00 € festgesetzt.
Der Beschwerdevorentscheidung vom ging das Ergänzungsersuchen der Amtsvertretung betreff die Beschwerde voraus, mit dem die Bf. über die Bitte um Vorlage der Belege Ihrer, im Wege der Beschwerde, beantragten Werbungskosten (digitale Arbeitsmittel, Gewerkschaftsbeiträge, Fachliteratur, Bildungskosten, sonstige Werbungskosten) und außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) hinaus um Vorlage einer GENAUEN AUFSTELLUNG der beantragten außergewöhnlichen Belastungen (Arztkosten inkl. Spitalskosten) gebeten wurde.
In Hinblick auf die bei Ausgaben für Privatkliniken / -spitäler geltenden Bestimmungen des § 34 EStG 1988 und der Tatsache, dass höhere Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, auf Grund der Bestimmungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen würden, erging die an die Bf. adressierte Bitte um Vorlage eines Nachweises für den Aufenthalt in dem Privatspital aus triftigen medizinischen Gründen.
Zum Nachweis wurde verklarend vorgebracht, dass in diesem klar zum Ausdruck kommen müsse, welche medizinische Behandlung ausschließlich in Niederösterreich möglich gewesen sei bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile durch die Nichtinanspruchnahme des Spitals gedroht hätten.
Die Fragen, ob die Bf. für die von der Bf. beantragten Krankheitskosten Ersätze bzw. Zuschüsse (z.B. Österreichische Gesundheitskasse (=ÖGK) erhalten hätte und gegebenenfalls in welcher Höhe die Ersätze gewesen wäre, wurden gestellt.
Mit der auf den Vorhalt vom folgenden Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom wurden Ausführungen zu den Ergänzungspunkten "Werbungskosten" und "Außergewöhnliche Belastungen" und dazu die angeforderten Unterlagen bzw. Belege übermittelt. In der Aufstellung betreffend Außergewöhnliche Belastungen mit Hinweis auf die im Anhang dazugehörigen Belegen wurden die Kosten für das Spital Niederösterreich - 15.787,50 € - mit dem Text "Lipödem - OP wg. starken Schmerzen und Schwellungen; Schnellen OP Termin erhalten, Abteilung Chirurgie" erklärt.
Mit dem nachfolgenden Schaubild wird die Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte für das Jahr 2021 - 42.456,63 € - in der Beschwerdevorentscheidung vom dargestellt:
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Das nachfolgende Schaubild zeigt die Einkommensteuer vor und nach Abzug der Absetzbeträge:
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Mit der Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. zu den Werbungskosten vorgehalten, dass § 19 Abs. 2 EStG 1988 zufolge Ausgaben für das Kalenderjahr, in dem sie geleistet worden seien, abzusetzen seien. Angesichts der Leistung der Ausgaben für Fachliteratur 102,80 € aufgrund der Rechnung vom im Jahr 2022 hätten diese Kosten nicht im Kalenderjahr 2021 berücksichtigt werden können.
Hinsichtlich den Familienbonus Plus wurde die Gewährung nur des halben Absetzbetrags (Familienbonus Plus 250,08 €) gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 nach Zitat des
§ 33 Abs. 3a Z 3 lit b und c EStG 1988 mit dem Antrag des Unterhaltszahlers auf Gewährung der Hälfte des zustehenden Betrages (Familienbonus Plus für die Tochter T1) bei der Einkommensteuerveranlagung 2021 begründet.
Die Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel hätten aufgrund der Kürzung der Kosten der Bf. um ein vom Arbeitgeber bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigtes Homeoffice-Pauschale und Werbungskosten für das Homeoffice - Pauschale nur in Höhe von 830,42 € berücksichtigt werden können.
Nach Ausführungen zur Rechtslage betreff § 34 EStG 1988 samt normbezüglicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs wurde den Kosten für das Spital Niederösterreich
- 15.787,50 € - die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 mit der Begründung versagt, dass diesen Kosten der Charakter der Zwangsläufigkeit fehle. Im über das Ergänzungsersuchen der Amtsvertretung hinauf beim Finanzamt eingebrachten Schreiben der Bf. vom wären keine triftigen medizinischen Gründe für das Vorliegen des Kriteriums der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG 1988 - Sehr lange Wartezeit, zeitpunktbezüglich starke Schmerzen /krankheitsbedingte Einschränkung der Bf. - dargelegt worden. Es wären keine bereits feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile aufgezeigt worden, welche ohne der mit höheren Kosten verbundenen Operation (Spital Niederösterreich) eintreten würden. Hinsichtlich den Krankheitskosten für das Jahr 2021 sei somit der sich nach Abzug der Ausgaben für das Spital Niederösterreich 15.787,50 € von den beantragten Krankheitskosten 32.438,29 € ergebende Differenzkostenbetrag - 16.650,79 € - als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 anzuerkennen.
Mit dem Vorlageantrag vom wurde der Begründung über den Verweis auf die Beschwerde vom und das Schreiben der Bf. vom hinaus der Bitte, die OP-Kosten bei der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen, ein Arztbrief vom wider das Fehlen eines triftigen medizinischen Grundes und damit als Beweis für die Zwangsläufigkeit der Kosten hinzugefügt.
Seitens Dr. ABC wurde mit dessen Schreiben vom bestätigt, dass "eine besonders hartnäckige Form eines generalisierten Lipödems" bei der Bf. "besteht.
Bei der Patientinwurden bereits acht Fettabsaugung an allen betroffenen Arealen durchgeführt. Die schmerzhafteste Region sind die Arme, welche am unter Vollnarkose mit der Fettabsaugung operiert werden. Da es sich um eine dringliche Operation handelt, wird der OP-Termin von" der Bf. "von geplant im April 2021 auf Februar 2021 vorgezogen. Danach sollte es zu einer wesentlichen Schmerzreduktion kommen sowie unterstützender Weise durch regelmäßige manuelle Lymphdrainage (mindestens 2x wöchentlich) zu einer deutlichen Verbesserung kommen. Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, werden sowohl konservative Behandlungen in Form Lymphdrainagen, als auch neuerlichen operativen Interventionen in Form von Fettabsaugung, vermutlich lebenslang notwendig sein."
Zum Charakter der OP-Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 brachte die Bf. in Bezug auf den Brief von Dr. ABC, Niederösterreich, vom (OP-Termin inkl. Spitalsaufenthalt im Februar 21) vor, dass es sich hier um eine dringende Operation handle und diese daher vorgezogen werden müsse. Starke Schmerzen und körperliche Einschränkungen und, wie auch im Arztbrief erwähnt, triftige Gründe einer Zwangsläufigkeit wären vorhanden gewesen.
Mit dem Vorlagebericht der Amtsvertretung vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt. Mit der abgabenbehördlichen Stellungnahme zum Vorlageantrag als Bestandteil des Vorlageberichts wurde die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde mit der Begründung, dass dem Antwortschreiben vom keine triftigen medizinischen Gründe für das Vorliegen der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 Abs. 1 EStG dargelegt worden wären, beantragt.
Mit Vorhalt des wurden Auszüge aus der Homepage des Dr. ABC und der über die Website https: // www. medpertise. de/op-ratgeber/operation/ notoperation abgerufene Artikel von Volker Kittlas zum Begriff "Notoperationen" an die Bf. übermittelt. Die Bf. wurde nach Ausführungen zur Rechtslage betreff amtswegige Ermittlungspflicht (§ 115 Abs.1 BAO) bei auch für von Amts wegen zu beachtende Begünstigungsbestimmungen, wie etwa zu § 34 EStG 1988, darüber informiert, dass jeder Steuerpflichtige mit Wiener Wohnsitz gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 34 EStG 1988 dann, wenn er Kosten für eine vorgezogene Operation mit Spitalsaufenthalt in der Sonderklasse eines von der Gesundheitsagentur des Landes Niederösterreich (LGA) geführten Krankenhauses als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 geltend mache, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände, auf die die Begünstigung gestützt werden könne, darzulegen habe. Dabei seien die Gründe im Einzelnen anzuführen (; ); es obliege ihm, einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen (). Aufgrund des § 51 ÄrzteG 1998 in der Fassung des BGBl. I Nr. 105/ 2019 seien die behandelnden Ärzte gegenüber Patienten dabei verpflichtet, alle Auskünfte zu erteilen, Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen, um Patienten abgabenrechtlich relevante Fragen des Finanzamts vollständig beantworten zu können und die Richtigkeit der Angaben durch Vorlage von Beweismittel im Sinn des § 166 BAO nachweisen zu können.
Nach Zitat des § 51 ÄrzteG 1998 wurde der Bf. unter Bezugnahme auf das Patientenschreiben des Dr. ABC vom im Schreiben des vorgehalten, dass dieser Brief aufgrund der Textdeutung der Bf., demnach "es sich hier um eine dringende Operation handelt und diese daher vorgezogen werden muss", als Begründung für den Bestand eines triftigen medizinischen Grundes in Hinblick auf das Kriterium der Zwangsläufigkeit der Kosten für die Operation samt stationären Aufenthalt in einem Zimmer der Sonderklasse in Spital, Niederösterreich im Sinn des § 34 EStG 1988 ins Treffen geführt worden wäre. Dem Vorbringen im Vorlageantrag zufolge wären "starke Schmerzen und körperliche Einschränkungen vorhanden und hier, wie auch im Arztbrief erwähnt, triftige Gründe einer Zwangsläufigkeit vorhanden".
Zwecks Verklarung des Charakters der auf Februar 2021 vorgezogenen Operation (kurz OP) wurde seitens des BFG in dessen Schreiben vom zum Begriff "Operation" im weiteren Sinn - nach Wiedergabe des Arztbriefs vom und dem Zitat des § 55 ÄrzteG 1998 BGBl. I Nr. 169/1998, demnach ein Arzt Ärztliche Zeugnisse nur nach gewissenhafter ärztlicher Untersuchung und nach genauer Erhebung der im Zeugnis zu bestätigenden Tatsachen nach seinem besten Wissen und Gewissen ausstellen dürfe, - festgehalten, dass
eine Operation ein instrumenteller chirurgischer Eingriff am oder im Körper eines Patienten im Allgemeinen unter Anästhesie, meist zum Zwecke der Therapie oder Diagnostik sei. Schwerpunktmäßig befasse sich mit solchen Eingriffen zwar die Chirurgie mit ihren Teilgebieten (z. B. Unfallchirurgie), jedoch würden auch andere medizinische Fachgebiete Operationen als Heilmethode einsetzen und zu den sogenannten operativen Fächern (u.a. Gynäkologie und Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Urologie, Zahn- und Augenheilkunde) zählen.
Von den der Art nach Dringlichkeit zu unterscheidenden Operationen seien Notoperationen Eingriffe, die binnen einer Frist von zwei Stunden durchgeführt werden müssen. Im Gegensatz zu Notoperationen seien dringliche Operationen erhaltende Eingriffe, die so bald wie möglich durchgeführt werden sollten, bei denen aber ein kurzzeitiger Aufschub (Stunden) möglich sei. Frühelektive Operationen seien geplante, unverzichtbare Eingriffe, die bedingt dringlich, aber auch aufschiebbar seien (Tage). Elektive Operationen seien nicht dringliche und aufschiebbare Wahleingriffe, deren Zeitpunkt vom Patienten bestimmt werden könne. Beim Kriterium "Dringlichkeit einer OP" werde somit nach medizinischer Indikation unterschieden, also ob ein Patient beispielsweise einen signifikant höheren Schaden habe, wenn die Dringlichkeit geringer eingeschätzt werde.
Zum Begriff "Notoperation" wurde der Bf. auf der Grundlage des über die Website https: // www. medpertise.de/op-ratgeber/operation/ notoperation / abrufbaren Artikels von Volker Kittlas, Lektor, Arzt, Medizinredakteur mit Titel "Notoperation Was ist eine Notoperation?" vorgehalten, dass eine Operation solcher Art ein Eingriff sei, "der nicht aufgeschoben werden kann. Er ist dringend notwendig, da sonst das Leben des Patienten unmittelbar gefährdet ist. Notfalloperationen müssen definitionsgemäß binnen einer Frist von zwei Stunden durchgeführt werden."
Hinsichtlich den Typen an operativen Eingriffen, die innerhalb eines gewissen Zeitfensters erfolgen sollten, sei dem Artikel u.a. zu entnehmen, dass
*) Sofortoperationen unverzüglich vorgenommen werden müssten, da der Patient sonst
versterbe (z.B. geplatzte Aussackung der großen Bauchschlagader (Aortenaneurysma)). Es
müsse also sofort ein Operationssaal für diesen Patienten freigemacht werden, alle
anstehenden verschiebbaren Operationen müssten für die Sofortoperation, wenn
notwendig, verschoben werden.
*) Notfalloperationen (im engeren Sinne) seien ebenfalls Operationen, die so schnell wie
möglich begonnen werden müssten, doch könne hier erst einmal kurzfristig ein kritischer
Zustand des Patienten (z. B. des Kreislaufs) stabilisiert werden.
*) Dringliche Operationen sollten innerhalb eines Zeitfensters von wenigen Stunden bis
24Stunden erfolgen, was von der Situation abhänge (z.B. akute Blinddarmentzündung
(Appendizitis)). Als dringliche Operationen könnten Eingriffe gelten, die wegen nicht
lebensbedrohlichen Krankheiten/Verletzungen durchgeführt werden, bei denen es aber bei
zu langem Warten zu schweren Folgeschäden kommen könne.
*) Frühelektive Operationen seien solche, die innerhalb von 48 Stunden vorgenommen
werden sollten (z.B. akute Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis)).
*) Elektive ("wählbare") Operationen könnten definitionsgemäß mehr als 72 Stunden
aufgeschoben werden - meist könne der Zeitpunkt gar so gelegt werden, wie es dem Arzt/
Operateur/Krankenhaus sowie auch dem Patienten entgegenkomme (z.B.: Eingriffe wie z.B.
nicht lebenswichtige Gelenkoperationen). Die meisten durchgeführten Operationen würden
als elektiv gelten.
Zur Österreichischen Gesellschaft für Chirurg wurde im Schreiben des vorgebracht, dass der Verfasser des Schreibens vom - Dr. ABC, Spital, Niederösterreich, Mitglied der der wissenschaftlichen Vereinigung der FachärztInnen für Chirurgie sei. Die Aufgabe dieser Vereinigung bestehe darin, durch vorgegebene Maßnahmen Ausbildung und Fortbildung praktisch und wissenschaftlich zu fördern, zu überwachen und die Mitglieder in ihren beruflichen Interessen zu vertreten. An Mitgliedern dieser Gesellschaft wurden die nachfolgenden Ärzte mit Arbeitsstellen in den nachfolgend genannten Wiener Spitälern genannt:
• A-Spital, Wien: DR. MED. M.A:., DR.MED. M.B., PRIM.UNIV.-DOZ. DR.MED. M.C., UNIV.DOZ.DR.MED. M.D., DR. MED. M.E.,
• B-Spital, Wien: ASS.-PROF. OA DR.MED. M.F., M.A., DR.MED. M.G., DR.MED. M.H.,
• C-Spital, Wien: DR.MED. M.I., FEBOPRAS, DR. MED. M.J., ASSOC.-PROF. PRIV.-DOZ. DR. MED. M.K.),
• D-Spital, Wien: DR.MED. M.L., DR. MED. M.M., PRIM. PROF. (DMC) DR. MED. M.N.,
• E-Spital, Wien: AO.UNIV.PROF.DR.MED. M.O., ASSOC. PROF. PRIV. DOZ. DR.MED. M.P, MBA, DR.MED. M.Q:,
• F-Spital, Wien: DR.MED. M.R..
Mit Schreiben des wurde der Bf. zur Homepage des Chirurgen der Bf. - Wahlfacharzt Dr. Dr. ABC mit Ordination - der folgende (über die Startseite abrufbare) Text vorgehalten:
"Patienten mit Lipödem leiden an schweren, schmerzhaften Beinen, berichten über Druck- und Berührungsschmerzen als auch über häufige Hämatome - ohne echtes Trauma. Auch durch Diät: die ungleichen Proportionen bleiben. Durch eine Fettabsaugung in Allgemeinnarkose im Rahmen eines stationären Aufenthaltes lassen sich die klassischen Symptome des Lipödems meist bessern. Besonders die Behandlung des Lipödems erfordert genaueste Planung und Vorbereitung auf den Eingriff. Durch ständige Fort- und Weiterbildung und auch zeitintensive Vorbereitung auf den Eingriff, optimiere ich das Ergebnis. Gerne berate ich Sie in meiner Ordination in Wien umfassend zu den Situation und Ihren Wünschen. Zudem teile ich Ihnen mit, ob Ihre Krankenkasse für die Kosten einer Operation ev. aufkommt. Die Ordinationsbesuche, sowie Leistungen, die in der Ordination erbracht werden, werden mit Ihnen direkt verrechnet. Bei vorliegender Kostenbewilligung Ihrer Krankenkasse und Ihrer Zusatzversicherung kann ich den Eingriff planen. Ab einem Stadium II kann mit einer Kostenbewilligung gerechnet werden, in einigen Fällen ist jedoch auch bei einem Stadium I schon eine Krankenkassekostenbewilligung möglich. Es ist falsch, dass die Krankenkassen erst ab einem Stadium III eine Kostenbewilligung erteilen. Chirurg Dr. ABC ist zu vertrauen."
Mit Verweis auf die Website https: // www. Lipoedem wurden der Bf. folgende Auszüge aus dem veröffentlichten Text vorgehalten:
"Ein Lipödem erfordert Vorbereitung seitens des Arztes. Eine krankhafte Störung der Fettverteilung steckt hinter dem Begriff Lipödem. Die Erkrankung geht mit Schmerzen und psychosozialem Leid einher. Diese Patienten haben Diäten durchgemacht, bei denen die betroffenen Zonen unverändert blieben."
…
"Das Lipödem beeinträchtigt nahezu alle Lebensbereiche. Wenn Sie sich wieder wohler in Ihrer Haut fühlen möchten, kann ich Ihnen eine fachgerechte Behandlung Ihres Lipödems anbieten. Konservative Behandlungen bieten oft nur geringfügige Linderung der Beschwerden.
Durch eine Absaugung des Gewebes - können Patientinnen eine gebesserte Schmerzsituation erreichen.
Bei Vorliegen der entsprechenden Kriterien für eine operative Behandlung unterstützen wir Sie, eine Bewilligung von der Krankenkasse zu erhalten. Eine Kostenbewilligung ist nicht nur vom Stadium abhängig."
Zur Behandlung der Bf. durch einen Facharzt wurden der Bf. folgende Auszüge aus dem Text auf der Website https: // www. Lipoedem des Dr. ABC folgender Text vorgehalten:
"Eine Fettabsaugung ist eine chirurgische Behandlung! Die Nichtbehandlung würde eine Mischform aus Lipödem und Lymphödem ergeben. Als Ursache für ein Lipödem werden genetische und hormonelle Ursachen angenommen. Lipödeme können mit der Menopause beginnen, dadurch ist ein hormoneller Zusammenhang sehr wahrscheinlich. Es können jedoch auch äußere Faktoren, die sich auf die Hormone auswirken, eine Rolle spielen. Wenn Sie betroffen sind, setzen Sie sich mit mir in Verbindung. Die am häufigsten betroffenen Zonen sind:
- Oberschenkel, jedoch auch Unterschenkel
- Gesäß, Hüfte und Unterbauch
- Oberarme (Unterarme sehr selten).
Bei einem Lipödem ist häufig Orangenhaut sichtbar. Die Patientinnen haben Schmerzen."
…
"Die häufigsten Symptome kurzgefasst:
- Beinschmerzen bei längerem Stehen
- Neigung zu Besenreisern
- Blutergüsse
- geschwollene Beine
- Druckschmerz
- Orangenhaut
- je nach Stadium Haut oder Lappen
- schlechte Durchblutung.
Ihre Vorteile im Überblick:
- Operation durch Chirurg
- Voruntersuchung.
- Diagnose Lipödem Möglichkeit der Kostenübernahme durch die
Krankenkasse.
Bei einer Lipödem-Behandlung in Wien werde ich eine Fettabsaugung durchführen mit dem Ziel, die Symptome zu lindern und nahezu Schmerzfreiheit zu erzielen. Ich werde Sie über die Behandlungsmöglichkeiten, den Ablauf der Operation sowie die postoperative Versorgung ohne jeden Zeitdruck beraten.
Im Fall einer Operationsindikation werde ich Ihnen einen Arztbrief verfassen, den Sie bei der Krankenkasse zwecks Kostenbewilligung einreichen können."
Mit dem Schreiben des wurde der Bf. betreff Arztpreise der folgende Text auf der Website https: // www. lipödem vorgehalten:
"Als Wahlarzt erstelle ich einen Therapieplan und informiere Sie ob eine Möglichkeit zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse vorliegt. Bei vielen Diagnosen ist eine Behandlung in einem öffentlichen Spital möglich, ohne dass eine Bewilligung bei der Krankenkasse eingeholt werden muss. Bei manchen Diagnosen muss vor der Behandlung eine Kostenbewilligung der Krankenkasse beantragt und eingeholt werden. Wenn Sie auch eine Bewilligung Ihrer Sonderklasse Versicherung haben, kann ich gerne Ihre Operation persönlich planen und durchführen. Andernfalls kann ich einen Kostenplan für die Aufzahlung- Sonderklasse für Sie erstellen.
Bei rein ästhetischen Operationen besteht keine Möglichkeit auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse. In diesem Fall erhalten Sie auf Wunsch einen Kostenvoranschlag.
Für Leistungen erhalten Sie eine Honorarnote."
Betreff "Krankheiten" und "Spitäler in Niederösterreich und Wien" wurde im Schreiben des festgestellt, dass eine Erkrankung generell eine Störung der normalen physischen oder psychischen Funktionen sei, die einen Grad erreiche, der das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit eines Lebewesens subjektiv oder objektiv wahrnehmbar negativ beeinflusse. Die Grenze zwischen Krankheit und Befindlichkeitsstörung sei fließend.
Chronische Krankheiten hätten im Gegensatz zu akuten Erkrankungen oft keinen klar bestimmbaren Ausgangspunkt. In Hinblick auf die Bedeutung des Begriffs "chronisch" "sich langsam entwickelnd, schleichend, von langer Dauer" sei eine Erkrankung als chronisch zu bezeichnen, wenn sie im Gegensatz zu einer akuten Erkrankung nicht nur lange andauere, sondern auch schwer oder gar nicht geheilt werden könne (z.B. Diabetes mellitus, Aids). Chronische Krankheiten würden über einen langen Zeitraum bestehen und sich oft nicht kausal, sondern nur symptomatisch therapieren lassen.
Im Gegensatz zu episodischen Krankheitsverläufen, die zeitweise auftreten und vorübergehen, bestehe eine chronische Krankheit dauerhaft fort. Jedoch könnten auch chronische Erkrankungen wie die multiple Sklerose akute Krankheitsschübe aufweisen, in denen sich die Erkrankung verschlechtere. Einen fest definierten Zeitraum, ab dem Erkrankungen als chronisch bezeichnet würden, gebe es nicht.
Zum Thema "Spitäler in NÖ und Wien" würden der Homepage der Gesundheitsagentur des Landes NÖ (LGA) - https:// www. landesgesundheitsagentur. at/unsere-standorte - zufolge jährlich über drei Millionen Patientinnen und Patienten in den Landes- und Universitätskliniken versorgt. Die NÖ LGA sei das gemeinsame Dach für 27 Landes- und Universitätskliniken sowie 50 Pflege-, Betreuungs- und Förderzentren in Niederösterreich mit dem Zweck, Gesundheit und Pflege in Niederösterreich zu planen und zu steuern.
Der für Patienten mit Wohnsitz Wien zuständige Wiener Gesundheitsverbund habe acht Kliniken - Universitätsklinikum AKH Wien Allgemeines Krankenhaus (AKH), 1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20; Klinik Donaustadt SMZ Ost-Donauspital, 1220 Wien, Langobardenstr. 122; Klinik Favoriten Sozialmedizinisches Zentrum Süd - Kaiser-Franz-Josef-Spital mit Gottfried von Preyer'schem Kinderspital, 1100 Wien, Kundratstraße 3; Klinik Floridsdorf Krankenhaus Nord - 1210 Wien, Brünner Str. 68; Klinik Hietzing Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel - 1130 Wien, Wolkersbergenstraße 1; Klinik Landstraße Krankenanstalt Rudolfstiftung - 1030 Wien, Juchgasse 25; Klinik Ottakring Wilhelminenspital - 1160 Wien, Montleartstraße 37; Direktionsgebäude der Klinik Penzing Klinik Penzing Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe-Otto Wagner-Spital-1140 Wien, Sanatoriumstraße 2; - und ein Therapiezentrum in Ybbs an der Donau - das Therapiezentrum Ybbs - Psychiatrisches Krankenhaus - 3370 Ybbs an der Donau, Persenbeugerstraße 1-3. Laut Website https: // gesundheitsverbund.at/ kliniken/ werde Spitzenmedizin in den 8 Kliniken der Stadt Wien für alle Wiener unabhängig von Einkommen, Herkunft oder Alter geboten. Jährlich würden rund 228.000 Patienten stationär aufgenommen. Rd. 4,7 Millionen Ambulanzbesuche würden gezählt.
Zur Krankheit der Bf. wurde im Schreiben des festgestellt, dass der dem Vorlageantrag beigefügte Ärztebrief für eine mit Schmerzen verbundene Krankheit einer in Wien wohnhaften Patientin mit dem Charakter einer chronischen Erkrankung spreche. Die Schmerzhaftigkeit der Erkrankung habe das Interesse der Bf. an der Buchung eines persönlichen Termins für einen Besuch in einer dem Wohnsitz möglichst nahe gelegenen Ordination eines Facharztes für Chirurgie zwecks Inanspruchnahme der Beratungs- & Behandlungsleistungen naheliegend erscheinen lassen.
Jede - somit auch die von der Bf. mit ihrem Arzt für April 2021 geplante - Operation setze die Durchführung einer Anamnese, eine Physikalische Untersuchung, eine Aufklärung eines Patienten welchen Geschlechts auch immer über die mögliche Therapie und die Erstellung eines Therapieplans voraus. Die Angaben auf der Website des Facharztes Dr. ABC zu den Voraussetzungen für die Durchführung der Operation der Bf. in einem Operationsaal eines Spitals hätten die Vermutung begründet, dass die Möglichkeiten der Finanzierung der Operationskosten auf der Grundlage der Diagnose Gegenstand von Besprechungen von
Dr. ABC als Vertrauensarzt mit der Patientin gewesen wären. In diesem Zusammenhang hätten sich Fragen ergeben.
Dem Schreiben des mit dem um Beantwortung der Fragen unter Mitwirkung der Ärzte der Bf. samt Vorlage der im letztgenannten Schreiben angesprochenen Unterlagen ersucht wurde, folgte die Stellungnahme der Bf. vom . Vor der Beantwortung der einzelnen Fragen brachte die Bf. in ihrem Schreiben vom u.a. vor, dass es ihr nach einer Operation, wirklich großen Schmerzen, ein paar Wochen bandagieren der Arme und einer unsagbaren körperlichen Einschränkung deutlich besser gegangen wäre. Die Bf. könne nur hoffen, dass diese Krankheit, die sich durch ein ganzes Leben "auf leisen Sohlen" schleiche und dann, wenn man vier Kindern das Leben schenke, plötzlich ausbreche, niemals jemand bekomme, und wünsche diese Schmerzen und Einschränkungen im Leben, ohne Verständnis der Mitmenschen, niemanden. Es sei nicht lustig, 5 Stunden in einer Vollnarkose zu liegen, nicht zu wissen, ob man wieder aufwache und das sicher nicht wegen irgendwelchen Fettabsaugungen. Die Bf. habe versucht, der Pharmaindustrie zu entgehen, und weniger Schmerzmittel zu schlucken. Sie habe sowieso schon Magenschmerzen gehabt und habe wieder andere Tabletten schlucken müssen, um die Schmerzmittel zu vertragen.
Der besseren Verständlichkeit halber werden die Fragen des BFG im Schreiben vom samt den fragebezüglichen Antworten der Bf. im Schreiben vom zusammengefasst
dargestellt:
Punkt 1): "Wurde ein Antrag der Patientin auf Übernahme der Kosten für die Operation, die fürden April 2021 geplant war und vorzeitig im Februar 2021 durchgeführt wurde, samtstationären Spitalsaufenthalt in der Sonderklasse durch die ÖsterreichischeGesundheitskasse (ÖGK) gestellt? Wurde ein Antrag beim Wr. Gesundheitsverbundund/oder bei der Gesundheitsagentur des Landes Niederösterreich (LGA)eingebracht?
Gegebenenfalls wird um Vorlage der in Rede stehenden Anträge samt detailliertenAusführungen zum Verwaltungsverfahren beim Wiener Gesundheitsverbund und/oder bei der LGA Niederösterreich und/oder bei der ÖGK ersucht. Die denAusführungen zugrundeliegenden Schriftstücke, insbesondere die Endentscheidung über das Antragsverfahren (Abweisung/Bewilligung) sind dem Antwortschreiben derBf. beizulegen."
Antwortschreiben der Bf. vom : Die Bf. habe einst - 2015 - einen Antrag auf Kostenübernahme der ersten OP gemacht. Aufgrund der Ablehnung des Antrags habe die Bf. nie wieder einen Antrag gestellt.
Punkt 2): "Für den Fall, dass keine Bewilligung beim für die Bf. mit WohnsitzWien zuständigen Wiener Gesundheitsverbund eingeholt wurde, weil z.B. eineBehandlung in einem der Kliniken der Stadt Wien möglich und für April 2021vorgesehen war, stellt sich die Frage nach der Reservierung des OP-Saales für dieOperation der Beschwerdeführerin im April 2021. Um Angabe des Namens undAdresse des Spitals samt Vorlage der Reservierungsbestätigung für den OP-Saalbetreff den OP-Termin im April 2021 wird ersucht."
Antwortschreiben der Bf. vom : Die Bf. habe keine Reservierungsbestätigung. Die Termine wären nur telefonisch bestätigt worden.
Punkt 3): "War die Beschwerdeführerin aufgrund der Diagnose vor der Behandlung und Operation zur Beantragung einer Bewilligung der Kosten für den stationärenAufenthalt der Patientin in der Sonderklasse bei der Wiener Gesundheitsverbund und /oder der LGA Niederösterreich verpflichtet?"
Antwortschreiben der Bf. vom : "NEIN".
Punkt 4): "Mit welcher Begründung wurde der Beschwerdeführerin von der ÖsterreichischenGesundheitskasse die Anerkennung nicht einmal eines Teilkostenersatzes betreff die Operation samt stationären Spitalsaufenthalt versagt? Um Vorlage des diesbezüglichen Schriftverkehrs mit dem WienerGesundheitsverbund, der Gesundheitsagentur des Landes Niederösterreich und derÖsterreichischen Gesundheitskasse wird ersucht".
Antwortschreiben der Bf. vom : "Habe ich nie beantragt".
Punkt 5): "Bezüglich der Finanzierung der in Rede stehenden Kosten war auf der Homepage - des Arztes über die Startseite der folgende Textauszug zu entnehmen: "Bei vorliegender Kostenbewilligung Ihrer Krankenkasse und IhrerZusatzversicherung kann ich den Eingriff planen. Abeinem Stadium II kann mit einer Kostenbewilligung gerechnet werden, in einigenFällen ist jedoch auch bei einem Stadium I schon eine Krankenkassekostenbewilligung möglich. Es ist falsch, dass die Krankenkassen erst abeinem Stadium III eine Kostenbewilligung erteilen".
Hinsichtlich der Organisierung des Zimmers der Sonderklasse im von der Gesundheitsagentur des Landes Niederösterreich geführten Spitals und der Finanzierung der diesbezüglichen Kosten ergaben sichnoch folgende Fragen:
a) Wurde die Operation im Februar 2021 aufgrund einer Kostenbewilligung der
Österreichischen Gesundheitskasse und einer Sonderklasse-Versicherung vomFacharzt
tatsächlich persönlich geplant und durchgeführt?
b) Wurde ein Kostenplan für die Aufzahlung- Sonderklasse vom Wahlfacharzt für diePatientin
erstellt?
Um nähere Ausführungen samt Vorlage sämtlicher Beweismittel, die geeignet sind,den Nachweis für eine dem Textauszug entsprechende Handlungsweise desFacharztes - persönliche Planung und Durchführung der OP aufgrund einerKostenbewilligung der Gesundheitskasse Österreich (GKÖ) und einer Sonderklasse- Versicherung, vom Facharzt erstellter Kostenplan für die Aufzahlung-Sonderklasse - zu erbringen, wird ersucht."
Antwortschreiben der Bf. vom : Die Bf. habe keinen Antrag an die ÖGK gestellt, da sie Selbstzahler gewesen sei. Der Bf. sei ein Zimmer in der Sonderklasse zugestanden, alle Rechnungen seien bereits beim BFG.
Punkt 6): "Das Spital ist ein Krankenhaus in Niederösterreich. Die KlinischeAbteilung für Plastische u. Rekonstruktive Chirurgie der Krankenhausanstalt fürChirurgie Wien ist eine international vernetzte und aktiv forschende Abteilung, diefür den jeweiligen Patienten und mit dem jeweiligen Patienten einen Behandlungsplan nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entwirft.
Dr. ABC ist ein niedergelassener Arzt, der nicht in einem Vertragsverhältnis zur Krankenkasse derBeschwerdeführerin (Wiener Gesundheitsverbund) steht.
Die Bezeichnung Wahlfacharzt leitet sich vom Recht der Versicherten ab, sich ihrenArzt frei wählen zu können. Da eine Zuweisung durch einen anderen Arzt nichtnotwendig ist, stellt sich die Frage nach den Gründen, die der Beschwerdeführerinals wahlberechtigte Patientin wichtig waren, einen Facharzt mit Behandlung in Formeiner Operation samt stationären Spitalsaufenthalt im Zimmer der Sonderklasse ineinem Spital in Niederösterreich - Dr. ABC - gegenübereinen in Wien privatordinierenden Wahlfacharzt mit Arbeitsstelle in einer Abteilungfür "Plastische, Ästhetische u. Rekonstruktive Chirurgie" in einem Wiener Spitalvorzuziehen. Da ein Alleinstellungsmerkmal eine einzigartige Besonderheit ist,die einen Facharzt von anderen Ärzten unterscheidet, wird um nähere Ausführungenbetreffend die Beweggründe der Beschwerdeführerin, sich für Dr. ABC alsbehandelnden Arzt gegenüber anderen Ärzten zu entscheiden und ihm als Arzt zuvertrauen, ersucht."
Antwortschreiben der Bf. vom : Dr. ABC habe im den Sozialen Netzwerken sehr gute Bewertungen gehabt. Es wäre auch die Sympathie bei solch schweren und langen OP (ca. 5 Stunden) vorhanden gewesen.
Mit Schreiben des wurde der Bf. in Zusammenhang mit den thematisierten Schmerzen vorgehalten, dass sich die Operation aufgrund der Aktenlage als nicht notfallmäßiger Eingriff darstelle, dessen Durchführung indiziert gewesen sei. Der Termin habe jedoch im Voraus für April 2021 gewählt werden können, ohne die Gesundheit der Patientin oder das erwartete Ergebnis des Eingriffs zu beeinträchtigen. Die ärztliche Bestätigung betreff die Vorziehung des Termins für die dringliche Operation von der Bf. von geplant im April 2021 auf Februar 2021 sei somit geeignet gewesen, die Operation als dringende Operation nachzuweisen, ohne den Nachweis dafür, dass die Operation vorgezogen werden musste, zu erbringen.
Bezüglich Schmerzen sei der akute Schmerz gemäß Dr. Stephan Pflugbeil, Facharzt für Innere Medizin & Rheumatologie, http: // www. rheuma-perchtoldsdorf. at/leistungen/s8-chronische-schmerzen/ durch Medikamente in der Regel gut behandelbar. Bei chronischen Schmerzen (Schmerzen ab einer Schmerzdauer von etwa drei Monaten) werde der Schmerz oft zur eigentlichen Krankheit ("Schmerzkrankheit").
Das Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation in der Schmerztherapie unterscheide bei der Verschreibung von Schmerzmedikamenten (Analgetika) zwischen drei Stufen der Therapie. Laut Website https: // www. betanet. de/stufenschema-der-who. html richte sich die Verschreibung nach der Intensität, der Qualität und der Lokalisation der Schmerzen.
Zur "Stufe 1: Nicht-opioide Schmerzmittel" würden Schmerzmittel, die zur Linderung leichter bis mäßiger Schmerzen angewendet werden, gehören, z.B. nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), z.B. Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac, Aniline, z.B. Paracetamol, oder Pyrazolone, z.B. Metamizol. Zur "Stufe 2: Schwach wirksame Opioide" würden - bei Nichtausreichen der Wirkung der Schmerzmittel der Stufe 1 - schwach wirksame Opioide, die zusätzlich zum Einsatz kommen können. Zur Stufe der schwach wirksamen Opioide würden z.B. Tramadol, Dihydrocodein und Tilidin/Naloxon gehören. Eine Kombination von Medikamenten der Stufen 1 und 2 sei möglich.
Im Falle der Nichterzielbarkeit einer ausreichenden Schmerzlinderung mit der Gabe eines Nicht-Opioids und eines schwach wirksamen Opioids könne in der "Stufe 3: Stark wirksame Opioide" das schwach wirksame Opioid gegen ein stark wirksames Opioid ausgetauscht werden. Zur Stufe der stark wirksamen Opioide würden z.B. Morphin, Fentanyl, Oxycodon, Buprenorphin oder Hydromorphon zählen. Eine Kombination von Medikamenten der Stufen 1 und 3 sei möglich.
Alle Opioide der Stufe 3 würden der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung in Deutschland unterliegen.
Zu Schmerzmittel Stufe 1 bis 3 wandte die Bf. in ihrer Stellungnahme vom ein, dass die Einnahme von Schmerzmittel auf Dauer mehr schädlich als diese Operation gewesen wäre. Bezüglich Schmerzmittel Stufe 2 habe die Bf. Tramadol nicht vertragen und wäre beinahe ohnmächtig geworden. Hinsichtlich Schmerzmittel Stufe 3 wäre es sicher für alles zu spät gewesen, wenn die Bf. Morphin nehmen müsste, um die Schmerzen einzudämmen. Dem Gesagten fügte die Bf. hinzu, dass es hier auch sehr deutlich werde, dass die "chronischen" Schmerzen wie der Schmerz von Lipödem-Patienten hier bezeichnet werde, nur ein "erfundener" Schmerz sei und uns alle darauf zu reduzieren, dass man nur Schmerzmittel nehmen müsse, um die Krankheit nicht mehr zu spüren, sei eine komplette Diskriminierung.
Zum Begriff "Schmerztherapie" wurde im Schreiben des festgehalten, dass deren Ziel die Schmerzlinderung sei, jedoch könne besonders bei chronischen Schmerzen nicht in jedem Fall Schmerzfreiheit erzielt werden.
Die Schmerztherapie müsse sich vor allem am Menschen mit Schmerzen und an den Entstehungs- und Chronifizierungsmechanismen von Schmerzen orientieren. Häufigere Abweichungen seien beispielsweise bei extrem starken Schmerzen, weil in einem solchen Fall auch sofort Opioide der Stufe 2 oder 3 verordnet werden können. Der frühe Einsatz von Opioiden der Stufe 3 richte sich nicht nur nach der Schmerzstärke, sondern u.a. nach dem Schmerzmechanismus, der Grunderkrankung und der Prognose.
Zum Teil seien Stufe-3-Opioide günstiger, weil sie weniger Nebenwirkungen als Stufe-2-Opioide hätten. Dann könne die Stufe 2 übersprungen werden und die Schmerztherapie steige bei Stufe 3 in sehr niedriger Dosierung ein.
Bei der Behandlung eines Schmerzpatienten könnten auf jeder Stufe zusätzlich Begleitmedikamente eingesetzt werden, z.B. Antidepressiva, Neuroleptika, Antikonvulsiva, Glucokortikoide, Antiemetika, Laxantien. Diese würden entweder den schmerzstillenden Effekt der Analgetika (besonders bei neuropathischen Schmerzen) unterstützen oder könnten auftretende Nebenwirkungen lindern, z.B. Verstopfung bei Opioideinnahme.
Vor dem Hintergrund der Schmerzen der Bf. als Patientin im vor der Operation im Februar 2021 gelegenen Zeitraum wurden folgende Fragen an die Bf. im Schreiben des Pkt 1 und 2, gestellt:
Pkt 1.: "Hat die Beschwerdeführerin schon in einem vor dem Streitjahr gelegenen Zeitraum mit einer Schmerztherapie begonnen? Vor Beginn der Schmerztherapie sollte eine Einschätzung der Schmerzintensität erfolgen, weil die Behandlung sich nach dem subjektiven Schmerzempfinden des Patienten richtet. Um Bekanntgabe des Namens und Anschrift des Therapeuten sowie um Vorlage sämtlicher ärztlicher Aufzeichnungen zum Beginn der Schmerztherapie mit diesbezüglich verklarenden Ausführungen wird ersucht. Auf § 51 ÄrzteG 1998 betreff die ärztliche Dokumentations- und Auskunftspflichten wird verwiesen".
Pkt 2): "Die Schmerztherapie beginnt mit einer Initialtherapie, um schnellstmöglich eine Schmerzlinderung bzw. Schmerzfreiheit zu erzielen. Im Anschluss sorgt die Erhaltungstherapie dafür, diesen Zustand weitestgehend zu bewahren. Die regelmäßigen Verlaufskontrollen zeigen dem Arzt den Zeitpunkt hinsichtlich der Notwendigkeit von Dosisanpassungen oder des Medikamentenwechsels an. Um Bekanntgabe, ob der Beschwerdeführerin Schmerzmedikamente im Zeitraum vor der Operation im Streitjahr verschrieben worden sind, und gegebenenfalls welche Schmerzmedikamente der Beschwerdeführerin verschrieben worden sind, wird ersucht. Den Namensangaben betreff die ärztlich verschriebenen Schmerzmedikamente sind nähere Ausführungen zur Verschreibung der Medikamente der Stufe nach beizufügen. Auf § 51 ÄrzteG 1998 betreff die ärztliche Dokumentations- und Auskunftspflichten wird verwiesen".
Mit dem Antwortschreiben der Bf. vom wurde zu den Punkten 1 und 2 vorgebracht, dass die Bf. seit Jahren Schmerzmittel genommen hätte, die ihr ihrer Meinung nach gut geholfen hätten und von verschiedenen Ärzten vorgeschrieben worden wären. Die Bf. habe eine richtige Schmerztherapie nie gemacht, denn sie habe gewusst, von wo die Schmerzen kommen würden und dass nach einer Operation die Schmerzen aufhören oder zumindest sich so eindämmen würden, dass eine Einnahme von Schmerzmittel reduziert bzw. eingedämmt werden könne. Dies sei auch bei der Bf. der Fall. Allein deshalb sei es die Operation wert gewesen, denn die Bf. nehme nur mehr ganz selten, dass nur im Sommer, wenn es sehr heiß sei, Schmerzmittel, da die Arme und Finger anschwellen würden und dies große Schmerzen verursache.
Über Bitte des betreff Vorlage alle Schriftstücke, auf deren Grundlage die Stellungnahme der Bf. verfasst worden wäre und die die Bf. der belangten Behörde bislang noch nicht vorgelegt hätte, hinauf wurden dem BFG mit dem Schreiben der Bf. vom der Bankbeleg betreff die Buchung der Transaktion -15.787,50 €- auf das Spitalskonto am und die diesbezüglichen Rechnungen des Spitals - die Rechnung über das ärztliche Honorar (8.783,50 €), die Gebührenrechnung (7.004,00 €) vom - vorgelegt.
Mit Schreiben der Bf. vom wurde um vollständige Anerkennung der beantragten außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 34 EStG 1988 mit der Begründung ersucht, dass jeder Bürger das Recht habe, zu versuchen, jede Art von Schmerzlinderung auf schnellsten Weg zu erlangen. Das österreichische Sozialsystem ermögliche es, schneller zur Schmerzlinderung zu kommen, in dem privatärztliche, nicht von der Krankenkasse gedeckte, Leistungen in Anspruch genommen würden. Die Zwangsläufigkeit ergebe sich aufgrund der "Unerträglichkeit der Schmerzen (massive Einschränkungen) mit psychischen Problemen als Folgewirkung", "Unverträglichkeit der empfohlenen Schmerzmedikation für die Bf." und "die Möglichkeit von langfristigen zusätzlichen Erkrankungen als Folge der Einnahme von starken Schmerzmitteln". Die Außergewöhnlichkeit sei unbestritten. Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit werde mit dem Selbstbehalt berücksichtigt. Die wesentlichen Kriterien einer außergewöhnlichen Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 wären daher gegeben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. ist Patientin des Wahlfacharztes Dr. ABC, für den sie sich aufgrund sehr guter Bewertungen im Lipödem Forum und der vorhandenen Sympathie entschieden hat. Die der Bf. für eine Operation mit stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines Spitals in Niederösterreich erwachsenen Kosten sind Folge der Ausübung des Rechts der Bf., "zu versuchen, jede Art von Schmerzlinderung auf schnellsten Weg zu erlangen. Das österreichische Sozialsystem ermöglicht es, schneller zu einer Schmerzlinderung zu kommen, in dem privatärztliche, nicht von der Krankenkasse gedeckte, Leistungen in Anspruch genommen werden".
Die Zwangsläufigkeit der Kosten für die Behandlung der Bf. als Sonderklassepatientin in einem Spital im Sinn des § 34 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich für die Bf. aufgrund folgender Tatsachen: "Die Schmerzen waren unerträglich (massive Einschränkungen), welche zu psychischen Problemen führten. Empfohlene Schmerzmedikation war für die Bf. nicht verträglich. Außerdem kann die Einnahme von starken Schmerzmitteln zu langfristigen zusätzlichen Erkrankungen führen.
Der chirurgische Eingriff ist für April 2021 geplant gewesen und ist auf Februar 2021 vorverlegt worden. Zu dieser Operation ist dem Vorlageantrag beigelegten Arztbrief vom folgender Text zu entnehmen:
Bei der Patientin Bf. "besteht eine besonders hartnäckige Form eines generalisierten
Lipödems. Bei der Patientin wurden bereits acht lymphgefäßschonende Liposuktionen an
allen betroffenen Arealen durchgeführt. Die schmerzhafteste Region sind die Arme, welche
am unter Vollnarkose mit der liymphgefäßschonende Liposuktion operiert
werden.
Da es sich um eine dringliche Operation handelt, wird der OP Terminvon Bf. von geplant im April 2021 auf Februar 2021 vorgezogen. Danach solltees zu einer
wesentlichen Schmerzreduktion kommen sowie unterstützender Weise durchregelmäßige
manuelle Lymphdrainage (mindestens 2x wöchentlich) zu einer deutlichenVerbesserung
kommen.
Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, werden sowohl konservative
Behandlungen in Form Lymphdrainagen, als auch neuerlichen operativen Interventionen in
Form von Fettabsaugung, vermutlich lebenslang notwendig sein."
Mit dem Vorlageantrag hat die Bf. den Arztbrief vom (OP-Termin inkl. Aufenthalt im Krankenhaus im Februar 21) mit Verweis von Dr. ABC, "dass es sich hier um eine dringende Operation handelt und diese daher vorgezogen werden muss" übermittelt und betont, dass starke Schmerzen und körperliche Einschränkungen vorhanden waren und hier, wie auch im Arztbrief erwähnt, triftige Gründe einer Zwangsläufigkeit vorhanden waren." Der vom Bankkonto der Bf. auf das Bankkonto des Krankenhauses Niederösterreich am überwiesene Betrag von 15.787,50 € ist die Summe der beiden Rechnungen vom (Gebührenrechnung Nr. XXXX1, Rechnung über das ärztliche Honorar Nr. XXXX2).
Laut Schreiben der Bf. vom 3.10.024 hat die Bf. versucht, der Pharmaindustrie zu entgehen, weniger Schmerzmittel zu schlucken, wo "ich sowieso schon Magenschmerzen hatte und wieder andere Tabletten schlucken musste damit ich die Schmerzmittel vertrage".
2. Beweiswürdigung
Beweis zu den Angaben der Bf. zur Operation samt stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines niederösterreichischen Spitals und zur Vorreihung von April 2021 auf Februar 2021 wurde durch Einsichtnahme in die Erklärung der Bf. zu den Spitalskosten in der Aufgliederung der außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1988 für das Jahr 2021, den Brief von Dr. ABC am Spital Niederösterreich vom und das Schreiben der Bf. vom genommen.
Rechtslage
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs können solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (vgl. etwa ; , 2012/15/0136; , 2007/13/0051). Allerdings ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (vgl. ; , 2010/15/0191) und nicht in wirtschaftlicher oder gar in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilen; der Steuerpflichtige darf sich dem Aufwand aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen können (). Bloße Befürchtungen, Standesrücksicht oder Wünsche der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen.
Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. ; , 2001/15/0116). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Keine außergewöhnlichen Belastungen sind daher Aufwendungen, die (1) freiwillig geleistet werden (z.B. ); (2) auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden (); (3) sonst die unmittelbare Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken, d.h. freiwillig (), entschlossen hat (), (4) sich als Folge eines vom Steuerpflichtigen bzw. einem Nahestehenden übernommenen Unternehmerwagnisses darstellen ().
Als außergewöhnliche Belastungen kommen Krankheitskosten, wie z.B. Kosten für Arzt und Krankenhaus, in Betracht. Durch Krankheit verursachte Ausgaben erwachsen aus tatsächlichen Gründen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, jedoch nur dann gegeben, wenn sie austriftigen medizinischen Gründen (z.B. erwartete medizinische Komplikationen oder bei einer im Einzelfall gebotenen Behandlung in einem besonders spezialisierten Krankenhaus ()) erwachsen (; ; ).
Aufzahlungen für die Sonderklasse bei Krankenhausaufenthalten sind ausnahmsweise nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen. Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (, ). Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten ( zur "NanoKnife-Methode").
Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für die Aufwendungen dar (vgl. z.B. ; ; ). Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden ().
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Im gegenständlichen Beschwerdefall war der Antrag auf Anerkennung der durch die Rechnungen vom (Gebührenrechnung Nr. XXXX1, Rechnung über das ärztliche Honorar Nr. XXXX2) samt Zahlungsbestätigung betreff die Banküberweisung der Summe der in Rechnung gestellten Beträge an die Krankenhausanstalt Niederösterreich - 15.787,50 € - abzuweisen, weil der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 34 EStG 1988 zufolge § 34 EStG 1988 einen Rechtsanspruch einräumt (; ), der das Vorliegen sämtlicher Merkmale des § 34 EStG 1988 kumulativ voraussetzt ().
§ 34 Abs. 3 EStG 1988 lässt keinen Zweifel an der Abhängigkeit des Anspruchs zur Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst: "Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann."
Aus dem Wortlaut ("... nicht entziehen kann") ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen ebensowenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. Die Zwangsläufigkeit eines Aufwands ist dabei stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (vgl. z.B. , VwSlg 8863/F; ).
Die Belastung in Form von Kosten einer Patientin mit Wohnsitz in Wien für eine ärztliche Behandlung in Form eines operativen Eingriffs mit stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines niederösterreichischen Spitals und nicht in der allgemeinen Klasse eines Klinikums z.B. in Wien erwächst nur zwangsläufig, wenn das Eingehen der ärztlichen Behandlung zwangsläufig war. Davon konnte im Beschwerdefall aufgrund der Aktenlage keine Rede sein, weil die Grundlage für die Entscheidung der Bf. bei der Arztwahl Bewertungen in Foren und Sympathien der Bf. waren und die Planung der in Rede stehenden Kosten für die Operation durch den von der Bf. ausgewählten Chirurgen samt Spitalsbehandlung für den April 2021 unter Ausschluss der Österreichischen Gesundheitskassa erfolgt war.
Die Versicherung, die den Versicherten und deren mitversicherten Angehörigen umfassenden Schutz im Krankheitsfall bietet, ist gemäß https: // www. sozialministerium. at/Themen/ Soziales/ Sozialversicherung/ Krankenversicherung.html die gesetzliche Krankenversicherung. Für eine fachgerechte Beratung steht stets der zuständige Krankenversicherungsträger zur Verfügung. Die Behandlung hat entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausreichend und zweckmäßig zu sein, das Maß des Notwendigen darf nicht überschritten werden. Unabhängig von der Beitragshöhe hinsichtlich der Krankenversicherung umfasst der gesetzliche Anspruch auf Leistungen den Anspruch auf Sachleistungen a) bei Vertragsärzten, b) in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger oder c) in Vertragseinrichtungen (Spitälern) für die im konkreten Fall medizinisch erforderlichen Leistungen.
Alle Versicherten und Anspruchsberechtigten haben denselben Anspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen u.a. aus Vorsorge- und Gesundenuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, der Behandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel [Medikamente], Heilbehelfe), der Anstaltspflege beziehungsweise erforderlichenfalls auch aus der medizinischen Hauskrankenpflege. Darf das Maß des Notwendigen bei einer Behandlung nicht überschritten werden, so war ein Erhalt eines Kostenersatzes für eine stationäre Behandlung wegen eines Lipödems in der Sonderklasse eines Spitals im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig von Zeit und Ort der Spitalsbehandlung auszuschließen.
Das Vorbringen der Bf. hinsichtlich ihres Rechts zu versuchen, jede Art von Schmerzlinderung auf schnellsten Weg zu erlangen, und der Möglichkeit, durch das österreichische Sozialsystem schneller zu einer Schmerzlinderung zu kommen, in dem die Bf. nicht von der Krankenkasse gedeckte privatärztliche Leistungen
- a) eines Wahlfacharztes, der ohne Kassenvertrag nicht an die Tarife der
Krankenversicherungsträger gebunden war und sohin die Höhe seiner Honorare für die
erbrachten Leistungen frei bestimmen konnte,
b) eines Spitals in der Sonderklasse -
in Anspruch genommen hatte, war der Beweis für den Willen der Bf., ihre rechtlichen Beziehungen zu Ärzten nach eigenem Willen frei zu gestalten und die auf die Bf. als Patientin entfallenden Gesamtkosten für eine Operation samt stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines Spitals als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 einkommensteuermindernd zu begehren.
Die Geltendmachung von Wahlfacharztkosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 in der Gesamthöhe war ungewöhnlich, weil ein Vergleich zwischen Ärzten mit und ohne Krankenkassavertrag zeigt, dass Versicherte der ÖGK bei einem Wahlarzt oder einer wahlärztlichen Einrichtung laut https: // www. gesundheitskasse.at/ cdscontent/ ?contentid =10007.870516& portal= oegkportal die Rechnung selbst zu bezahlen haben und diese dann bei der ÖGK entweder durch den Wahlarzt im Namen des Patienten einreichen oder selbst einen Antrag auf Kostenerstattung stellen können. Die ÖGK erstattet die Kosten eines Wahlarztes grundsätzlich in der Höhe von 80% jenes Betrages, den die ÖGK bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragspartners aufwenden hätte müssen, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten. Die Berechnung der Erstattung von Kosten für Leistungen der ärztlichen Hilfe, für Leistungen, die der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind, sowie für medizinische Hauskrankenpflege (§§ 131 Abs. 1 und 2, 151 Abs. 4 ASVG) erfolgt gemäß § 23 der Satzung der ÖGK. Auf die Erstattung dieser Kosten durch die ÖGK nur, wenn die Voraussetzungen des § 37 der Krankenordnung erfüllt sind, sei verwiesen.
Die Auswahlkriterien der Bf. betreff den Wahlfacharzt Dr. ABC - Bewertungen im Internetforum, Sympathie - ließen keinen Zweifel an der Überlagerung der Wahl durch die persönliche Sphäre betreffende emotionale Faktoren zu, weil Internetforen oftmals unkontrolliert mit Beiträgen bestückte virtuelle Plätze zum Austausch und zur Archivierung von Gedanken, Meinungen und Erfahrungen von Personen ohne formale medizinische Fachausbildung sind. Mit Hilfe eines Accounts (deutsch: Konto oder Nutzerkonto) als Zugangsberechtigung für Systeme oder Internetdienste, die nicht frei von allen und ohne Anmeldung genutzt werden dürfen, können Meinungsäußerungen betreff die Behandlungsqualität von Ärzten durch die automatisierte Steuerung von Accounts z.B. bei E-Mail-Konten, Foren oder Chats in sozialen Netzwerken praktisch unbegrenzt vervielfältigt werden.
"Sympathie" ist eine sich spontan ergebende gefühlsmäßige Zuneigung. Laut Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 239, http: // www. zeno.org/Meyers-1905/A/ Sympath%C4%Abe ist "Sympathie" die Fähigkeit, Freude und Leid andrer mitzufühlen, die von einigen Ethikern (Shaftesbury, Hume, A. Smith, Comte, Spencer) als die subjektive Grundlage aller Sittlichkeit betrachtet wird (vgl. Ethik). Dann auch, im Gegensatz zur Antipathie (s. d.), die scheinbar grundlose Zuneigung zu jemand, das unbestimmte Gefühl der inneren Verwandtschaft mit jemand.
Angesichts der Tatsache, dass die Zwangsläufigkeit der in Rede stehenden Behandlungskosten allein aufgrund von Sympathien für den Arzt und bloßen Bewertungen in einem Internetforum als Grundlage für die Entscheidung der Bf. bei der Wahl des Chirurgen für die Operation nicht zu begründen war, wäre es an der Bf. im Zuge des Arztauswahlverfahrens gelegen gewesen, für jene Beweise Vorsorge zu treffen, mit denen
a) die Überlegungen der Bf. zur Bevorzugung jenes Arztes auf dem Fachgebiet
"Chirurg", der die Bf. tatsächlich
operiert und behandelt hatte, gegenüber den diversen Fachärzten auf dem gleichen
Fachgebiet in Wiener Spitälern plausibel gemacht werden hätten können, b) das Alleinstellungsmerkmal des in Rede stehenden Spitals in Niederösterreich im
Vergleich zu den diversen Krankenhäuser in Wien als ein für die Behandlung der Bf.
besonders spezialisiertes Krankenhaus glaubhaft gemacht werden hätte können.
Anhand der von der Bf. thematisierten Verkürzung der Wartezeit auf die Operation war eine Zwangsläufigkeit der Kosten im Sinn des § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht zu begründen, weil der Begriff "sehr lange Wartezeit" für einen messbaren Zeitraum steht, während dem der Zustand der Krankheit der Bf. besteht oder andauert, und damit den Rückschluss darauf, dass bei einer längeren Wartezeit der Bf. auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit keinen nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen wäre, zugelassen hatte.
Den zeitpunktbezüglich starken Schmerzen der Bf. als triftiger medizinischer Grund war zu erwidern, dass "Schmerz" gemäß der offiziellen Definition der International Association für the Study of Pain (IASP) "eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung ist, die mit einer tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschädigung verbunden ist oder als eine solche beschrieben wird". Zu den verschiedenen Arten von Schmerzen - einige der wichtigsten Schmerzarten sind "akute Schmerzen", "chronische Schmerzen", "neuropathische Schmerzen", "nozizeptive Schmerzen", "entzündliche Schmerzen" - kommt die Tatsache hinzu, dass das Schmerzempfinden sehr individuell ist und die Folge von Schmerz krankheitsbedingte Einschränkungen sind. Vor diesem Hintergrund war die Behauptung von starken Schmerzen bei einer Abgabepflichtigen, die in Wien wohnhaft ist und eine Behandlung in der Sonderklasse eines Spitals in Niederösterreich in Anspruch nimmt, unzureichend, die Zwangsläufigkeit der Kosten im Sinn des § 34 Abs. 3 EStG 1988 zu begründen, weil jeder Mensch Schmerzen unterschiedlich empfindet und es daher keine einheitliche Behandlung gibt, die bei jedem wirkt.
Tatsache ist, dass laut "https:// www. schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/ schmerzdiagnostik/ messung-der-schmerzstaerke#:~:text=Schmerzen%20sind%20zwar%20ein %20individuelles,die%20genaue%20Schmerzst%C3%A4rke%20zu%20ermitteln" Schmerzen ein individuelles und von jedem Menschen anders empfundenes Sinnes- und Gefühlserlebnis sind und dennoch messbar sind. Gibt es kein sicheres Verfahren, um ohne Mithilfe der Bf. als Patientin die genaue Schmerzstärke zu ermitteln, so wäre es in Hinblick darauf, dass die Bf. keine Leistungen eines Schmerztherapeuten in Anspruch genommen hatte, an der Bf. gelegen gewesen, Arztberichte gemäß § 51 ÄrzteG 1998 mit näheren Informationen zur Intensität der Schmerzen der Bf. in Verbindung mit den von Ärzten verschriebenen Schmerzmittel für den vor der vorgezogenen Operation gelegenen Zeitraum nachzureichen.
Aufgrund des Schreibens des wusste die Bf., dass jeder Arzt, der die Abgabepflichtige behandelt hatte, gemäß § 51 ÄrzteG 1998 dazu verpflichtet war, ihr alle Auskünfte zu erteilen sowie Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen. Trotzdem hatte die Bf. sich bei der Beantwortung des Schreibens des mit der Abgabe der Stellungnahme vom begnügt, ohne dem Schreiben Beweismaterial über den Verlauf der Erkrankung und den Einsatz von Schmerzmedikamenten anzufügen.
Angesichts der Tatsache, dass der Wahlfacharzt eine Behandlung zur Durchführung einer Operation samt Behandlung bei einer unter einer chronischen Krankheit leidenden Patientin mit Wiener Wohnsitz übernommen hatte und der ursprüngliche Termin für den chirurgischen Eingriff mit stationären Aufenthalt in der Spitalssonderklasse erst für den April 2021 geplant war, war die Festlegung eines geeigneten Termins für die Operation der Bf. im April 2021 mit der Annahme des Bestands einer akuten Bedrohung der Gesundheit der Bf. nicht vereinbar. Durch die Vorverlegung des Termins der Operation von April 2021 auf Februar 2021 bedingt wurde der Charakter der für April 2021 geplanten Operation als ein zeitlich frei wählbarer elektiver Eingriff bei der unter einer chronischen Krankheit leidenden Bf. verklart. Zum Zeitpunkt der Planung der Operation für den April 2021 war somit von gesundheitlichen Verhältnissen bei der Bf., die eine Planung der Operation für den April 2021 zugelassen hatte, ohne dass mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen für die Bf. zu rechnen gewesen wäre, auszugehen. Sind Wartezeiten bei einem chirurgischen Eingriff wegen deren Abhängigkeit bei planbaren Operationen von der Zahl an akut notwendigen Operationen in einem Spital nicht immer zu verhindern, so sind Wartezeiten für sich allein nicht geeignet, die Angabe eines medizinischen triftigen Grundes für die Anerkennung der Kosten für die Vorziehung der Operation der Bf. samt stationären Aufenthalt der Patientin in der Sonderklasse eines Spitals in Niederösterreich als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 zu ersetzen.
Dem Vorbringen der Bf. bezüglich Zwangsläufigkeit der Zahlung für einen chirurgischen Eingriff mit stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines niederösterreichischen Spitals im Sinn des § 34 Abs. 3 EStG 1988 war aufgrund der Aktenlage zu entgegnen, dass die Bf. eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch genommen hatte, ohne selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen von Umständen, auf die die Begünstigung gestützt werden hätte können, darlegen zu können. Jenes niederösterreichische Spital mit zig-tausenden Patienten pro Jahr und rund tausenden ambulanten Kontakten, in dem die Bf. am operiert wurde, war z.B. mit dem Univ.-Klinikum der Stadt Wien nicht zu vergleichen, weil dieses Wiener Spital das größte Krankenhaus Österreichs und eines der größten Krankenhäuser Europas im Jahr 2021 war, in dem laut Website https: // www. meduniwien.ac.at/ web/ ueber-uns/facts-figures/ 61.016 stationäre und 515.687 ambulante Behandlungen, darunter 44.755 Operationen im Jahr 2021 zu verzeichnen waren.
Aufgrund der Aktenlage war weder das Spital Niederösterreich als ein besonders auf Lipödem spezialisiertes Krankenhaus in Niederösterreich, noch ein durch außergewöhnliche Leistungen hervorgetretenes Alleinstellungsmerkmal des Chirurgen der Bf., durch das sich der Wahlfacharzt wesentlich von den Berufskollegen in Wien unterscheiden hätte können, festzustellen.
Die Bezeichnung der Art der Operation bei der Bf. im Arztbrief vom Donnerstag, den , als dringlich und der Tag der Operation - Mittwoch, - ließ keinen Zweifel daran bestehen, dass die Bf. in einem niederösterreichischen Spital bis zum Mittwoch, den zuwarten musste, um als Sonderklassepatientin operiert zu werden. Der Zeitraum zwischen dem Tag der ärztlichen Bestätigung über die Einstufung der Operation der Art nach als dringlich in Schriftform und dem Tag der dringlichen Operation betrug somit dreizehn Tage, in denen nachteilige gesundheitliche Folgen für die Bf. aufgrund des Zuwartens auf die Operation nicht zu erwarten waren.
Tatsache ist, dass als Beweismittel im Abgabenverfahren gemäß § 166 BAO alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Nimmt die Bf. Leistungen eines Arztes in Anspruch, so ist solch ein Arzt gemäß § 51 ÄrzteG 1998 dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über den Zustand bei der Übernahme der Behandlung, über die Erkrankungsvorgeschichte, Verlauf, Diagnose, etc. zu führen und dem Patienten Auskunft zu geben. Die Dokumentation ist mindestens 10 Jahre aufzubewahren (absolute Verjährungsfrist bei Schadenersatz: 30 Jahre) und stellt ein Beweismittel im Sinn des § 166 BAO dar. Obwohl die Bf., der von Fachärzten bereits in der Vergangenheit schmerzhemmende Medikamente verschrieben worden waren, den in Rede stehenden chirurgischen Eingriff von Beginn dessen Planung für den April 2021 an als Behandlung mit stationären Aufenthalt in der Sonderklasse vorgesehen und die auf die Behandlung entfallenden Kosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht hatte, hatte sie es trotz bestehender Möglichkeit verabsäumt, Informations- und Beweismaterial bei den die Bf. behandelnden Ärzten in Form von Dokumentationsberichten gemäß § 51 ÄrzteG 1998 betreff z.B. die Phasen der Schmerzintensität mit Angabe der Daten zu den z.B. ärztlichen Verschreibungen betreff schmerzhemmende Medikamente für den vor dem Operationstermin gelegenen Zeitraum anzufordern und an das BFG im Rechtsmittelverfahren nachzureichen. Da ein Nachweis für den Bestand von triftigen medizinischen Gründen für die Ausgaben der auf den Februar 2021 vorgezogenen Operation samt stationären Aufenthalt der in Wien wohnhaften Bf. in der Sonderklasse eines niederösterreichischen Spitals im Rechtsmittelverfahren nicht erbracht wurde, war den in Rede stehenden Kosten für die Behandlung der Bf. als Sonderklassepatientin in einem niederösterreichischen Spital aufgrund der Aktenlage der abgabenrechtliche Charakter der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 Abs. 3 EStG 1988 abzusprechen.
Es war daher der Antrag auf Anerkennung der der Bf. in Zusammenhang mit der Operation samt stationären Aufenthalt in der Sonderklasse eines niederösterreichischen Spitals im Jahr 2021 erwachsenen Kosten - 15.787,50 € - als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem Erkenntnis wird nicht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen. Darüber hinaus war die in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 51 ÄrzteG 1998, Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Arten von Operationen Schmerzen |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102252.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at