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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.10.2024, RV/5100443/2018

Keine außergewöhnliche Belastung mangels Nachweis der Zwangsläufigkeit der Behandlung in einer Privatklinik

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BfStNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Am reichte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 elektronisch ein und machte darin u.a. zusätzliche Kosten aus eigener Behinderung in Höhe von € 6.242,64 als außergewöhnliche Belastung geltend.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde der Bf. diesbezüglich um Übermittlung einer amtlichen Bescheinigung des Sozialministeriumservice, von Arzt-, Spitals- und ärztlich verschriebenen Medikamentenrechnungen - getrennt nach Kosten mit und ohne Zusammenhang mit der Behinderung - sowie von Bestätigungen über Ersätze durch Krankenkassen und Versicherungen oder das Sozialministeriumservice ersucht.

Daraufhin legte der Bf. am einen Bescheid des Sozialministeriumservice vom über einen Grad der Behinderung von 30% aufgrund von Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades sowie einseitiger Funktionseinschränkungen der Schulter und des Kniegelenks geringen Grades, einen Behindertenpass ab , einen Bescheid des Sozialministeriumservice vom , mit welchem ein Grad der Behinderung von 50% ab festgestellt wurde, eine Rechnung über einen Selbstbehalt für einen Rehabilitationsaufenthalt, eine Physiotherapierechnung, Arztrechnungen, Bestätigungen über die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung, eine Rezeptgebührenbestätigung sowie eine Rechnung und einen Kostenvoranschlag der Klinik Diakonissen Linz GmbH vor.

Im Rahmen des am erlassenen und in die Databox zugestellten Einkommensteuerbescheids 2016 wurden u.a. Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 1.152,94 anerkannt. Die Abweichung zu den beantragten Kosten wurden im Wesentlichen mit dem Abzug einer Haushaltsersparnis bei den Aufwendungen für einen Rehabilitationsaufenthalt, der Nichtabzugsfähigkeit bei "Selbstmedikation" und mangelnden Nachweisen für triftige medizinische Gründe für die Inanspruchnahme einer privaten Krankenanstalt begründet.

Am brachte der Bf. dagegen fristgerecht Beschwerde via FinanzOnline ein und führte als Begründung den zweiten Absatz eines Schreibens von ***Dr.*** (Facharzt an der Klinik Diakonissen Linz) vom , welches am in der Einlaufstelle des Finanzamts Linz einlangte, an. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:

"Am wurde der ***x***-Jährige Patient ***Bf*** erstmals in meiner Ordination vorstellig. Laut Erstbefund verletzte sich der Rechtshänder im September 2015 bei Arbeiten an einer Kartonagenpresse im Bereich der rechten Schulter. Damals wurden im AKH Linz mittels Kernspintomographie Sehnenverletzungen der Rotatorenmanschette diagnostiziert und konservativ, sprich nicht operativ, behandelt. Der Patient war dann auch in der Folge auf Reha im RZ Aspach. Nachdem der Patient trotz intensiver Behandlungen und Bemühungen keine Besserung in der Schmerzsituation und Funktionalität seiner rechten Schulter sah, wurde er auf Anraten eines behandelnden Arztes während der Reha zu mir empfohlen und der Patient hat sich vertrauensvoll an mich gewandt.

Nachdem zahlreiche konservative Behandlungsformen über Monate zu keiner Besserung des Beschwerdebildes führten, wurde bei mir die Indikation zur Arthroskopie der rechten Schulter gestellt, welche dann auch am durchgeführt wurde. Meines Erachtens hätte schon im Herbst 2015 eine operative Versorgung der ausgedehnten Rotatorenmanschettenruptur in Erwägung gezogen werden müssen. Nachdem dem Patienten aber eine operative Behandlung nicht angeboten wurde und er aufgrund des hohen Leidensdruckes und der deutlichen Funktionseinschränkung keine Verbesserung in der Funktionalität sah, wurde vom Patienten verständlicherweise eine privatmedizinische Begutachtung und Behandlung in Anspruch genommen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Nach ständiger Judikatur des VwGH (vgl. etwa oder ) könnten Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 sein, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen würden, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt würden. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung würden noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen darstellen, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen würden.

Die triftigen medizinischen Gründe müssten vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. auch Jakom EStG2, § 34, Rz 90), und seien durch ein ärztliches Gutachten (ausgestellt vor Behandlungsbeginn - über die Notwendigkeit der Operation in der Klinik Diakonissen Linz mangels Alternative zur Beseitigung seines Leidenszustandes) nachzuweisen.

Wenn triftige medizinische Gründe den Aufenthalt in einem bestimmten Spital geboten erscheinen ließen, müssten nicht auch unbedingt die Kosten der Sonderklasse als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Die Vorteile der Sonderklasse wie die Behandlung durch den Arzt des Vertrauens, Aufenthalt in einem Einzelzimmer, Besuchszeiten etc., würden noch nicht die Annahme des Vorliegens eines triftigen medizinischen Grundes rechtfertigen.

Die vorgelegte ärztliche Bestätigung vom , ausgestellt 17 Monate nach der erfolgten Operation, zeige keine sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile auf, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Mangels triftiger medizinischer Gründe sei das Element der Zwangsläufigkeit zu verneinen. Um Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung abziehen zu können, müssten sie allerdings zwangsläufig erwachsen sein (vgl. § 34 Absatz 1 und 3 EStG 1988).

Am beantragte der Bf. fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend Folgendes aus:

"Die vom Finanzamt geforderten triftigen medizinischen Gründen zur Anerkennung der Zwangsläufigkeit der Belastungen werden durch die Bestätigung des behandelnden Arztes ***Dr.*** zum Ausdruck gebracht, der schildert, dass eine derartige medizinische Behandlung bereits im Vorjahr der Operation in Erwägung gezogen werden [hätte] müssen. Aufgrund des Leidensdruckes und der mangelnden Beschwerdeverbesserung durch zahlreiche andere Therapieansätze - unter anderem führte auch der Rehaaufenthalt zu keiner Schmerzlinderung - war diese Operation für mich die einzige Chance meine Beschwerden zu verbessern. Aus diesem Grund liegt entgegen der Auffassung des Finanzamtes ein triftiger medizinischer Grund zur Anerkennung der Operationskosten vor.

Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem meinem Beschwerdevorbringen Rechnung getragen wird."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung. Als Beweismittel wurden insbesondere eine Rechnung der Klinik Diakonissen Linz vom , ein Kostenvoranschlag der Klinik Diakonissen Linz vom , der Arztbrief von ***Dr.*** vom sowie Honorarnoten von ***Dr.*** vorgelegt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. verletzte sich im September 2015 im Bereich der rechten Schulter. Damals wurden im AKH Linz Sehnenverletzungen der Rotatorenmanschette diagnostiziert und konservativ, sprich nicht operativ, behandelt (s. Schreiben von ***Dr.*** vom ).

Von bis war der Bf. auf Reha (s. Rechnung des Gesundheitszentrums ***A*** vom ), wo ihm - mangels Besserung der Schmerzen und Funktionalität der rechten Schulter - von einem behandelnden Arzt ***Dr.*** empfohlen wurde. Der Bf. suchte daraufhin ***Dr.*** (Facharzt für Schulterchirurgie an der Klinik Diakonissen Linz) auf, der am eine Arthroskopie der rechten Schulter beim Bf. durchführte (s. Schreiben von ***Dr.*** vom ).

Für die arthroskopische Rekonstruktion und den Aufenthalt in der Klinik Diakonissen Linz von bis wurden dem Bf. € 4.728,42 (davon Hausanteil: € 2.565,05 und Arzthonorare: € 2.163,37) in Rechnung gestellt (s. Rechnung Klinik Diakonissen Linz vom ). Dabei handelt es sich um die Aufzahlung auf die II. Klasse (s. Kostenvoranschlag Diakonissen vom ). Die übrigen Kosten wurden von der Klinik mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, bei der der Bf. versichert war (s. Bestätigungen über die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung), direkt abgerechnet (s. Kostenvoranschlag Diakonissen vom ).

Arthroskopien wurden 2016 auch in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt. Nach dem erfolglosen Rehabilitationsaufenthalt unternahm der Bf. jedoch keinen Versuch eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus durchführen zu lassen.

Mit ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen wäre bei Durchführung der Operation in einem öffentlichen Krankenhaus nicht zu rechnen gewesen.

Vom Sozialministeriumservice wurde beim Bf. ab ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt (s. Bescheid des Sozialministeriumservice vom ). Dieser Feststellung lagen Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, einer Schulter sowie eines Kniegelenks zugrunde (s. Bescheid des Sozialministeriumservice vom ).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Unterlagen und aufgrund folgender Überlegungen:

Der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, hat im Allgemeinen selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen oder zumindest glaubhaft zu machen sind (vgl. ).

Im Schreiben vom äußerte ***Dr.***, dass seines Erachtens schon im Herbst 2015 eine operative Versorgung der Rotatorenmanschettenruptur in Erwägung gezogen werden hätte müssen und vom Bf. verständlicherweise eine privatmedizinische Begutachtung und Behandlung in Anspruch genommen worden sei, nachdem ihm eine operative Behandlung nicht angeboten worden sei und er aufgrund des hohen Leidensdruckes und der deutlichen Funktionseinschränkung keine Verbesserung gesehen habe.

Nur weil eine Operation in Erwägung zu ziehen gewesen wäre, bedeutet das nicht, dass sie bereits damals erforderlich gewesen wäre, sondern dass man darüber nachdenken hätte sollen. Ebenso kann daraus, dass ein behandelnder Arzt zunächst nichtoperative Therapien verordnet hat, nicht darauf geschlossen werden, dass, wenn diese Therapien nicht den erhofften Erfolg bringen, er nicht dann eine Operation angeboten hätte. Vom Bf. wurde aber nicht einmal behauptet, dass er nach dem erfolglosen Rehabilitationsaufenthalt überhaupt versucht hätte, sich in einem öffentlichen Krankenhaus operieren zu lassen, sondern konsultierte er bereits in der Woche nach dem Rehabilitationsaufenthalt ***Dr.***.

Bei der durchgeführten Operation handelt es sich um eine Arthroskopie. Solche Operationen werden als Standardoperationen in zahlreichen öffentlichen Krankenhäusern, z.B. auch in den in unmittelbarer Nähe zur Privatklinik gelegenen im öffentlichen Kepler Universitätsklinikum (s. z.B. dessen Website vom (https://web.archive.org/web/ 20160321160036/http:// www.Kepleruniklinikum.at:80/versorgung/kliniken/unfallchirurgie-und-sporttraumatologie/ was-wir-tun/): "In den eigens geschaffenen Spezialambulanzen erfolgen schwerpunktmäßig die vertiefte Diagnostik und Behandlung der Patientinnen und Patienten entsprechend der neuesten Standards und der aktuellsten, wissenschaftlich gesicherten Methoden. In diesem Zusammenhang ist vor allem das weite Spektrum minimal invasiver endoskopischer Eingriffe im Gelenksbereich nach neuesten Methoden […] zu erwähnen."), in der allgemeinen Gebührenklasse durchgeführt und von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Operation in der allgemeinen Gebührenklasse eines allgemeinen Krankenhauses möglich gewesen wäre und auch zu keinen ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist im vorliegenden Fall nur die Anerkennung der Kosten in Zusammenhang mit einer Arthroskopie der rechten Schulter in der Klinik Diakonissen Linz in Höhe von € 4.728,42 als außergewöhnliche Belastung (zusätzliche Kosten aus eigener Behinderung).

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 112/2012) sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2 leg cit).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3 leg cit).

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden, in Abs. 4 leg cit näher geregelten Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 leg cit).

Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (Abs. 6 leg cit).

Gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 91/1998) sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 34 Abs. 3 EStG 1988 macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst. Dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (vgl. etwa , mwN).

Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wird. Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (vgl. etwa , mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (vgl. ; ; , jeweils mwN).

Im Rahmen der Krankenbehandlung ist das Recht auf freie Arztwahl grundsätzlich anzuerkennen. Liegen triftige medizinische Gründe vor, sind auch höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten, als zwangsläufig zu beurteilen (; , Ro 2020/15/0010).

Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. z.B. ).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass Aufwendungen für die Operation dem Grunde nach zwangsläufig erwachsen sind. Strittig ist jedoch, ob Zwangsläufigkeit der Kosten in Zusammenhang mit der Arthroskopie in Höhe von € 4.728,42 auch der Höhe nach gegeben war oder ob diese ohne feststehende oder sich konkret abzeichnende ernsthafte gesundheitliche Nachteile hätte vermieden werden können.

Laut Kostenvoranschlag handelt es sich bei dem nicht anerkannten Betrag in Höhe von € 4.728,42 "um die Aufzahlung auf die II. Klasse." Die darüber hinausgehenden Kosten wurden mit dem Sozialversicherungsträger direkt verrechnet.

In Frage steht nicht die medizinische Notwendigkeit der Operation an sich, sondern die Notwendigkeit diese in einem Privatkrankenhaus durchführen zu lassen. Hätte diese Operation auch in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt werden können, liegt für die aufgrund der Durchführung in der Klinik Diakonissen Linz höheren Kosten keine Zwangsläufigkeit - und damit keine Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastung - vor.

Ein Nachweis über die generelle Notwendigkeit der Operation reicht nicht aus, es wäre eine unmissverständliche Bestätigung eines Arztes erforderlich, aus der hervorgeht, warum die Behandlung ausschließlich in einer Privatklinik möglich wäre.

Wie bereits ausgeführt wurde, handelte es sich um eine Operation, die auch in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt und von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt wird, und wurde vom Bf. weder behauptet noch nachgewiesen, dass die Arthroskopie nach den erfolglosen Rehamaßnahmen nicht auch in einem öffentlichen Krankenhaus in der allgemeinen Gebührenklasse durchgeführt worden wäre. Mit ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen wäre bei Durchführung der Operation in einem öffentlichen Krankenhaus natürlich nicht zu rechnen gewesen.

Es liegen daher keine triftigen medizinischen Gründe für die höheren als die von der Sozialversicherung finanzierten Aufwendungen vor, sodass deren Zwangsläufigkeit zu verneinen ist, und diese daher nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden können.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (o.a.) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab, weil die Frage, ob triftige Gründe für die Anerkennung von Krankheitskosten vorliegen, oder ob die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung glaubhaft gemacht wurden, eine Frage der Beweiswürdigung - und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - ist.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100443.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at