Privatfahrten mit dem dienstgebereigenen Fahrzeug und Abrechnung von Kilometergeldern
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Englert Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Hegelgasse 17 Tür 14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2018 bis 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Außenprüfung und angefochtene Bescheide:
Die beschwerdeführende Gesellschaft führt ein Gartencenter, das sich mit Gartengestaltung, Gartenplanung, etc. beschäftigt.
Im Zuge einer Gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB) der Jahre 2018 bis 2020 wurde u.a. - soweit im Rahmen des Beschwerdeverfahrens angefochten - festgestellt, dass - wie auch der Selbstanzeige der beschwerdeführenden Gesellschaft vom zu entnehmen - dem Dienstnehmer [Ges-Gf] für die Privatnutzung des KFZ VW Amorak für den Zeitraum 01/18 bis 11/19 ein Sachbezugswert in Höhe von 803,70 € pro Monat und für den Zeitraum 12/19 für die Privatnutzung des KFZ BMW X3 xDrive ein Sachbezugswert in Höhe von 960,00 € zu verrechnen sei. Die jeweilige Differenz zu den in der Lohnverrechnung für diese Zeiträume verrechneten Sachbezugswerten von 360,00 € pro Monat sei nachzuversteuern.
Desgleichen seien die der Dienstnehmerin ***2*** steuerfreie gewährten Kilometergelder nachzuversteuern, weil dafür keine geeigneten Aufzeichnungen hätten vorgelegt werden können.
In den angefochtenen Bescheiden wurde den Feststellungen der GPLB Rechnung getragen.
2. Beschwerde:
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde zunächst die Nachverrechnung des Sachbezugswertes für die Privatnutzung des Firmenfahrzeuges durch den Dienstnehmer [Ges-Gf] bekämpft.
Es sei unstrittig, dass dem Dienstnehmer [Ges-Gf] ein Firmen-PKW zur Verfügung gestellt worden sei, mit dem auch Privatfahrten unternommen worden seien. Auf Grund der geringen Entfernung zwischen Wohnung und Büroräumlichkeiten - die Büroräumlichkeiten der beschwerdeführenden Gesellschaft und die Wohnung des Dienstnehmers befänden sich in 1 km Entfernung voneinander - ergebe sich eine Kilometerleistung Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung von ca. 6.000 km pro Jahr.
Zusätzlich habe der Dienstnehmer [Ges-Gf] im Prüfungszeitraum über ein Privatfahrzeug (BMW 650 xDrive Gran Coupe) verfügt. Die Anmeldung sei bis zum aufrecht gewesen (siehe Anhang Abmeldebestätigung).
Aus den vorliegenden Servicerechnungen (siehe Anhang) ergebe sich, dass mit dem Firmen-PKW im Zeitraum bis gerade einmal 18.330 km gefahren worden seien. In Anbetracht der niedrigen jährlichen Gesamtkilometerleistung und des Umstandes, dass mit dem PKW betrieblich veranlasste Fahrten nicht nur im örtlichen Nahbereich durchgeführt worden seien, sondern Kunden in ganz Niederösterreich sowie den angrenzenden Bundesländern zu besuchen gewesen seien, würden die Angaben über die geringe private Kilometerleistung (Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung) durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig erscheinen.
Zusätzlich sei, um der Tatsache, dass Privatfahrten mit Firmen-PKWs nie ganz ausgeschlossen werden könnten, entgegenzuwirken, monatlich der halbe Sachbezugswert in der Lohnverrechnung angesetzt worden.
Selbst bei der Annahme, dass Herr [Ges-Gf] den Firmen-PKW - trotz des Vorhandenseins eines adäquaten privaten PKWs - für einige zusätzlich Privatfahrten benutzt habe, werde die höchstmögliche Privat-KM-Leistung von 6.000 km pro Jahr bei dieser geringen Gesamtkilometerleistung des Firmen-PKWs nicht erreicht.
Aufgrund der angeführten Tatsachen, sei davon auszugehen, dass von der Festsetzung des vollen Sachbezugswertes für den Zeitraum 2018 und 2019 Abstand genommen werden könne.
Es werde daher die Festsetzung des halben Sachbezugswertes für 01/2018 bis 11/2019 in Höhe von 401,85 € sowie für 12/2019 in Höhe von 480,00 € unter Anrechnung der bereits über die Lohnverrechnung versteuerten Sachbezugswerte beantragt.
Bezüglich der Nachverrechnung eines Anteils der steuerfrei gewährten Kilometergelder von Frau ***2***, die die mit ihrem Privatfahrzeug betrieblich gefahrenen Kilometer an die beschwerdeführende GmbH weiterverrechnet hat, wird eingewandt, Frau ***2*** habe dazu, integriert in ihren Arbeitszeitaufzeichnungen, eine Aufstellung über diese betrieblich gefahrenen Kilometer geführt (Verweis auf Anhang Auszug Aufzeichnungen 2019). Aus diesen Aufzeichnungen gingen das Datum, die Uhrzeit, die Tätigkeit inklusive Kundenbezeichnung, sowie die gefahrenen Kilometer hervor. Die von Frau ***2*** geführten Aufzeichnungen könnten als gleichwertiger Nachweis eines Fahrtenbuches herangezogen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sei davon auszugehen, dass von der Nachverrechnung eines steuerpflichtigen Anteils der gewährten Kilometergelder Abstand genommen werden könne.
Es werde daher die Herabsetzung der Festsetzung der Bemessungsgrundlage für 2018 um 5.834,03 €, für 2019 um 6.064,24 € und für 2020 um 484,72 € beantragt.
3. Beschwerdevorentscheidung:
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgehalten, den Einwendungen gegen die Nachverrechnung einer Sachbezugsdifferenz für die Privatnutzung eines firmeneigenen Fahrzeuges (Ansetzen des vollen Sachbezugs) beim Dienstnehmer [Ges-Gf] könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei dies im Rahmen einer vor Beginn der Prüfung erstatteten Selbstanzeige von der steuerlichen Vertretung in schriftlicher Form bekannt gegeben worden. In der Selbstanzeige sei mitgeteilt worden, dass kein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch vorliege und deshalb eine Nachverrechnung eines PKW- Sachbezuges beim Dienstnehmer [Ges-Gf] zu erfolgen habe (Punkt 3 der Selbstanzeige vom ). Ebenso seien in der Selbstanzeige die entsprechenden Bemessungsgrundlagen zur Nachverrechnung der Lohnabgaben bekannt gegeben worden. Im Zuge der GPLB seien lediglich die Bemessungsgrundlagen aus der Selbstanzeige betragsident zur Nachverrechnung der Lohnabgaben übernommen worden.
Es erscheine schon sehr befremdend, dass die steuerliche Vertretung nun eine Beschwerde gegen den in ihrer eigenen Selbstanzeige festgehaltenen Sachverhalt einbringe.
Es werde nunmehr der Ansatz eines halben Sachbezugswertes mit der Begründung begehrt, dass der Dienstnehmer auch über ein Privatfahrzeug verfügt habe und dass die Gesamtkilometerleistung des auch zur Privatnutzung überlassenen Firmen-PKW verhältnismäßig gering sei (ca. 1.180 km pro Monat). Auch werde der Umstand angeführt, dass die Entfernung von der Wohnung zur näher gelegenen Betriebsstätte nur einen Kilometer betrage.
Dem sei entgegenzuhalten, dass sich der Firmensitz mit einem angeschlossenen Gartencenter in ***Adr.Bf3***, befinde. Die einfache Entfernung vom Wohnort des Dienstnehmers zu dieser Betriebsstätte betrage laut Routenplaner 26 km. Laut gängiger Rechtsprechung sei die Fahrt vom Wohnort zu jeder Arbeitsstätte mit regelmäßigem Tätigwerden als Privatfahrt zu werten. Ein regelmäßiges Aufsuchen auch dieses Betriebsstandortes sei durchaus anzunehmen.
Mit dem Privatfahrzeug des Dienstnehmers BMW 650i Coupe seien im Zeitraum bis lediglich 3.473 km zurückgelegt worden.
Der in § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung geforderte Nachweis, dass die Privatfahrten im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 500 Kilometer monatlich betragen, könne mit einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch oder mit anderen Beweismitteln erbracht werden. Ein Fahrtenbuch, in dem einzelne Angaben fehlten, könne somit durch andere Aufzeichnungen (wie etwa Reiseberichte) ergänzt werden. Gelinge der - durch die sorgfältige Führung von Fahrtaufzeichnungen zu erbringende - Nachweis nicht, dass die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Jahr durchschnittlich nicht mehr als 500 Kilometer betragen hätten, bleibe es bei der Zurechnung des vollen Sachbezugswertes, eine Glaubhaftmachung genüge hier nicht.
Die belangte Behörde stelle fest, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch oder andere geeignete Aufzeichnungen, welche einwandfrei über das Ausmaß der privaten und betrieblichen Fahrten an der Gesamtkilometerleistung des Fahrzeuges Aufschluss geben würden, nicht hätten vorgelegt werden können. Da für die Anerkennung eines halben Sachbezuges ein exakter Nachweis zu verlangen sei, dass die Privatfahrten im Kalenderjahr 6.000 km nicht überstiegen haben, und eine Schätzung oder Glaubhaftmachung nicht ausreichend sei, sei der Ansatz des vollen Sachbezugswertes zu Recht erfolgt.
Betreffend die Kilometergeldabrechnung der Dienstnehmerin ***2*** könne von einwandfreien Nachweisen bzw. leichter Nachprüfbarkeit im Sinne der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung gegenständlich im Hinblick auf die vorgelegten Reisekostenabrechnungen sämtlicher Dienstnehmer nicht gesprochen werden. Die Aufzeichnungen ließen genaue Adressangaben (Straße, Hausnummer) und den Zweck der einzelnen Fahrten zur Gänze vermissen und enthielten zum Teil nur allgemeine Ortsangaben, sodass insoweit jeglicher örtliche Anhaltspunkt fehle.
Zudem fehlten Angaben darüber, von welchem Ort aus die Fahrtrouten gestartet worden seien (z.B. vom Wohnsitz oder von einem anderen Ort aus) und wo diese geendet hätten. In einzelnen Reisekostenabrechnung seien lediglich die Gesamtkilometer der Dienstreisen mehrerer Tage angegeben. Alleine diese den Aufzeichnungen anhaftenden Mängel würden dazu führen, dass ein Nachvollzug der tatsächlich zurückgelegten konkreten Fahrtstrecken nicht möglich sei. Hinzu komme, dass die Aufzeichnungen auch keine Angaben über das jeweils verwendete Kfz und die Anfangs- und Endkilometerstände von Dienstfahrten enthielten.
Die vorgelegten Reisekostenabrechnungen stellten somit keinen die Richtigkeit der Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung leicht prüfbaren Nachweis dar.
4. Vorlageantrag:
Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag gab der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft an, die belangte Behörde habe in ihrer Beweisführung nicht berücksichtigt, dass sich an der von ihr genannten Adresse nur das Verkaufslokal sowie ein Teilbereich der Gärtnerei befinde, die Büroräumlichkeiten sowie der Hauptteil des Gärtnereibetriebes befänden sich in ***Adr4***.
Herr [Ges-Gf] werde in seiner Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer naturgemäß hauptsächlich in den Büroräumen tätig. Somit liege seine Arbeitsstätte in ***Adr4*** an der Donau und die Angaben zu den Privatkilometern für die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung seien korrekt.
Es werde daher die Korrektur der Beschwerdevorentscheidung im Punkt voller Sachbezug für Herrn [Ges-Gf] für die Jahre 2018 und 2019 und die Festsetzung des Sachbezugswertes für 01/2018 bis 11/2019 in Höhe von 401,85 € pro Monat sowie für 12/2019 in Höhe von 480,00 € unter Anrechnung der bereits über die Lohnverrechnung 2018 und 2019 versteuerten Sachbezugswerte in Höhe von insgesamt 8.640,00 € beantragt.
Weiters werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und beantragt, diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
5. Beschwerdevorlage:
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht vom unter Hinweis auf die beigefügte Stellungnahme des Prüfdienstes Lohnabgaben und Beiträge (PLB) vom , die im Wesentlichen mit den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung übereinstimmt, die vollinhaltliche Abweisung des Beschwerdebegehrens.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft umfasst laut Firmenbuch den Betrieb einer Gärtnerei sowie den Handel mit Waren aller Art. An der Gesellschaft beteiligt sind Frau [Ges1] mit einer Stammeinlage von 26.250 € und Herr [Ges-Gf] mit einer Stammeinlage von 8.750 €. Beide Gesellschafter vertreten die Gesellschaft als Geschäftsführer selbständig, wobei Herr [Ges-Gf] bei der Gesellschaft als Dienstnehmer beschäftigt ist.
In den Jahren 2018 und 2019 wurde dem Gesellschafter-Geschäftsführer [Ges-Gf] die Privatnutzung des firmeneigenen Fahrzeuges Audi Q7 (Neuwert 68.680,00 €; C02-Wert 149g/km) in den Monaten Jänner 2018 bis November 2019 sowie im Dezember 2019 des firmeneigenen Fahrzeuges KFZ BMW X3 xDrive eingeräumt. Im Rahmen der PLB konnten keine nachvollziehbaren Aufzeichnungen vorgelegt werden, welche über das Ausmaß der privaten und betrieblichen Nutzung Aufschluss geben. Auch die im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Umstände lassen keinen Schluss auf die vom Geschäftsführer [Ges-Gf] tatsächlich unternommenen Privatfahrten zu.
An die im Unternehmen ebenfalls angestellte Frau ***2*** wurden für Fahrten mit ihrem eigenen Fahrzeug Kilometergelder ausbezahlt, obwohl darüber keine aussagekräftigen Aufzeichnungen vorliegen. So kann weder nachvollzogen werden, mit welchem Fahrzeug diese Fahrten unternommen wurden, noch können die Abfahrts- und Ankunftszeiten und die Adressen der besuchten Kunden aus den Aufzeichnungen ersehen werden.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Daten des Firmenbuches sowie den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und folgender Beweiswürdigung:
Von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft wird auch im Rahmen des gesamten Beschwerdeverfahrens nicht behauptet, dass aussagekräftige Aufzeichnungen über die beruflichen Fahrten des Geschäftsführers [Ges-Gf] vorliegen würden. Es wird lediglich behauptet, dass man aus der Nähe des Wohnortes des Geschäftsführers zum Büro der beschwerdeführenden Gesellschaft schließen müsse, dass die Privatfahrten 500 km pro Monat nicht überstiegen hätten. Diese Aussagen vermögen aber nicht das Fehlen von aussagekräftigen Aufzeichnungen zu ersetzen.
Es wurde nicht nur kein lückenloser Nachweis über die Privatfahrten des Geschäftsführers [Ges-Gf] erbracht, sondern wurden überhaupt keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, mit denen die Behauptung, es seien im Jahr nicht mehr als 6.000 km privat gefahren worden, gestützt werden könnte. Weder die Ausführungen betreffend die Nähe des Wohnsitzes des Geschäftsführers zum Büro der beschwerdeführenden Gesellschaft noch der Hinweis auf ein zur Verfügung stehendes Privatfahrzeug, das jedoch den ermittelten Kilometerständen zufolge kaum genutzt worden sein dürfte, können einen tauglichen Nachweis der tatsächlich getätigten Privatfahrten ersetzen. Die vorgelegten Unterlagen lassen eine Überprüfung des Verhältnisses der betrieblich zu der privat gefahrenen Kilometerzahl nicht zu. Es ist auch nicht erkennbar, warum die Nähe des Wohnortes des Geschäftsführers zum Büro der beschwerdeführenden Gesellschaft für die privat gefahrene Kilometerleistung in erster Linie ausschlaggebend sein soll, zumal zu den darüber hinaus getätigten Privatfahrten bzw. die betrieblich veranlassten Fahrten keine nachvollziehbaren Aussagen getroffen werden. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass die Privatfahrten 6.000 km im Jahr nicht überstiegen hätten, wird durch nichts belegt.
Auch die Ausführungen zu den betrieblichen Fahrten der Dienstnehmerin ***2*** können nicht darüber hinwegzutäuschen, dass sich aus den vorgelegten Aufzeichnungen nicht sämtliche Angaben ersehen lassen, die für die Gewährung eines steuerfreien Kilometergeldes erforderlich wären.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Privatfahrten mit dem dienstgebereigenen Fahrzeug:
Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen. Zu den geldwerten Vorteilen zählt nach § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 u.a. der Vorteil aus der Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung.
Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist nach § 4 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung (BGBl. II Nr. 416/2001 in den hier anwendbaren Fassungen BGBl. II Nr. 395/2015, BGBl. II Nr. 314/2019) ein Sachbezug in näher bestimmter Höhe anzusetzen.
Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des § 4 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist nach § 4 Abs. 2 dieser Verordnung ein Sachbezugswert im halben Betrag (halber Sachbezugswert gemäß § 4 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung) anzusetzen; unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.
Nach § 4 Abs. 3 Sachbezugswerteverordnung ist bei Vorliegen näher geregelter Voraussetzungen ein geringerer Sachbezugswert anzusetzen. Voraussetzung hiefür ist insbesondere, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden.
Der in § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung geforderte Nachweis erfordert eine konkrete Behauptung betreffend die Anzahl der für Fahrtstrecken im Sinne des § 4 Abs. 1 der Verordnung zurückgelegten Kilometer und die Beibringung geeigneter Beweismittel. Welche Sachverhaltsfeststellungen die Behörde auf Grund der gegebenen Beweislage trifft, unterliegt der Schlüssigkeitskontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. z.B. ). Eine Einschränkung auf bestimmte Beweismittel, etwa auf ein Fahrtenbuch, besteht dabei nicht (vgl. ; , 2007/15/0238). "Lückenlose" Nachweise sind zu § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung - anders als zu § 4 Abs. 3 der Verordnung - nicht erforderlich (vgl. ; , Ra 2022/13/0104).
Dass keine Unterlagen vorgelegt wurden, die einen Nachvollzug der vom Gesellschafter-Geschäftsführer getätigten Fahrten zuließen, wird auch in der Beschwerde nicht bestritten. Darüber hinaus wurden auch keine konkreten Aussagen dazu getroffen, wann und in welchem Ausmaß die Fahrzeuge betrieblich bzw. privat genutzt wurden. Es ist damit aber - auch im Hinblick auf eine die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Grenze des § 4 Abs. 2 der Sachbezugsverordnung treffende "erhöhte" Mitwirkungspflicht (vgl. ; sowie , 99/15/0193) - davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin den zum Ansatz des halben Sachbezugswertes geforderten Nachweis der nicht beruflich gefahrenen Kilometer im Sinne der oben zitierten rechtlichen Grundlagen nicht erbracht hat (vgl. ).
Der Sachbezugswert ist daher in voller Höhe in Ansatz zu bringen.
3.1.2. Fahrtkostenvergütungen (Kilometergelder):
Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.
Eine Dienstreise liegt gemäß § 26 Z 4 Teilstrich 1 EStG 1988 vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt.
Strittig ist, ob die im Streitzeitraum der Dienstnehmerin ***2*** gewährten Fahrtkostenvergütungen Teile des steuerpflichtigen Arbeitslohnes darstellen oder ob diese als nicht unter die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit fallende Leistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 zu behandeln sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom (vgl. ) unter Hinweis auf die übereinstimmende Auffassung von Lehre und Rechtsprechung näher ausgeführt hat, gilt für alle in § 26 EStG 1988 angeführten Arbeitgeberleistungen der Grundsatz, dass darüber einzeln abgerechnet werden muss. In diesem Sinn hat der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass jedenfalls der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise dem Grunde nach durch entsprechende Belege, Zeugenaussagen und dgl. (vgl. dazu ; sowie , 2001/15/0191) zu erbringen ist. Diese Nachweise müssen die Kontrolle sowohl des dienstlichen Zweckes der einzelnen Fahrt als auch der tatsächlich zurückgelegten konkreten Fahrtstrecken erlauben.
Zur Geltendmachung des Kilometergeldes ist grundsätzlich ein Fahrtenbuch zu führen (vgl. ). Der Nachweis kann auch in anderer Form durch taugliche und zeitnahe Aufzeichnungen im Rahmen der Reisekostenabrechnung geführt werden (vgl. ); insbesondere ist alles heranzuziehen, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet ist und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich erscheint (vgl. ).
Notwendig ist jedenfalls die Angabe der zurückgelegten Wegstrecke (Anfangs- und Endkilometerstand), des Datums, des An- und Abreisezeitpunkts, des PKWs, des Dienstreiseziels und des dienstlichen Zwecks der Reise (vgl. ; , 98/15/0068; , 2003/15/0073).
Pauschalersätze des Dienstgebers für nicht nachgewiesene Fahrten des Dienstnehmers sind den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen (vgl. ).
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass die vorgelegten Aufzeichnungen genaue Adressangaben (Straße, Hausnummer) des Dienstreiseziels und den Zweck der einzelnen Fahrten zur Gänze vermissen ließen und zum Teil nur allgemeine Ortsangaben enthielten, sodass insoweit jeglicher örtliche Anhaltspunkt fehle. Dem ist die Beschwerdeführerin nicht entgegentreten. Sie hat ihr Vorbringen vielmehr darauf beschränkt, dass sich diese Angaben aus den Arbeitszeitaufzeichnungen der Dienstnehmerin ersehen ließen. Dem widersprach die belangte Behörde, indem sie neuerlich darauf hinwies, dass den vorgelegten Aufzeichnungen weder eine konkrete Ortsangabe des Ziels der Dienstreise noch der Zweck der Dienstreise zu entnehmen und eine einfache Überprüfung daher nicht möglich sei.
Derartige mangelhafte Aufzeichnungen können aber nicht als ausreichend angesehen werden, weshalb die Reisekostenersätze steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. ). Eine Schätzung hinsichtlich des Kilometergeldersatzes kommt nicht in Betracht (vgl. ).
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die rechtliche Beurteilung von Privatfahrten mit dem dienstgebereigenen Fahrzeug und der Abrechnung von Dienstreisen mit dem eigenen Fahrzeug der Arbeitnehmerin im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erfolgt, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 § 4 Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 § 26 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103515.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at