Nachsicht, Zahlungserleichterung, Forderungspfändung nach erfolglosen Rechtsmitteln gegen Abgabenfestsetzungen im Schätzungsweg
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzendenden ***Ri***, die Richterin ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Ri3*** und ***Ri4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
1) über die per FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem das Nachsichtsansuchen vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuern für die Jahre 2015 bis 2023 abgewiesen wurde,
2) über die per FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem das am eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen abgewiesen wurde, und
3) über die am beim Finanzamt eingelangten Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** über die Pfändung von Geldforderungen gemäß § 65 AbgEO, die Zusammenrechnung der beschränkt pfändbaren Geldforderungen gemäß § 292 EO iVm § 53 AbgEO, sowie die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens
nach der am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Zu 1) Der angefochtene Bescheid vom wird dahin abgeändert, dass das Nachsichtsansuchen hinsichtlich der Einkommen- und Umsatzsteuern für die Jahre 2015 bis 2020 abgewiesen, und hinsichtlich der Einkommen- und Umsatzsteuern für die Jahre 2021 bis 2023 als unzulässig zurückgewiesen wird.
Zu 2) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Zu 3) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Nach Durchführung einer Außenprüfung ergingen im April 2021 (zum Teil unter Wiederaufnahme des Verfahrens) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2019, Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2020 und Anspruchszinsenbescheide 2015 bis 2018, woraus sich Abgabennachforderungen in Höhe von rund 105.000 € ergaben. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen erfolgte mangels Vorlage von Unterlagen im Schätzungsweg. Festgestellt wurden eine Katzen- und Hundezucht sowie eine gewerbliche Zimmervermietung an Monteure von verschiedenen in- und ausländischen Leasingfirmen in erheblichem Umfang in eigens dafür errichteten Gebäuden bzw. Gebäudeteilen.
Einer Beschwerde gegen diese Bescheide gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5100909/2021, teilweise statt, wodurch sich die Nachforderungen auf rund 68.000 € reduzierten.
Eine gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2023/15/0005, zurück.
Ein Beschwerdeverfahren betreffend die beantragte Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen, oben genannten Abgabenfestsetzungsverfahren war beim Bundesfinanzgericht zur GZ. RV/5100013/2024 anhängig. Die auch in diesem Verfahren beantragte mündliche Verhandlung fand ebenfalls am statt; die Entscheidung wurde der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten.
Die Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 2020 erfolgte am . Die Einhebung der daraus resultierenden Nachforderung von 16.470,00 € ist aufgrund eines anhängigen Beschwerdeverfahrens derzeit gemäß § 212a BAO ausgesetzt.
Veranlagungen des Beschwerdeführers zu den Einkommen- und Umsatzsteuern für die Jahre 2021 bis 2023 erfolgten bislang nicht.
1) Nachsichtsverfahren
Mit dem am über FinanzOnline eingebrachten Nachsichtsansuchen beantragte der Beschwerdeführer "für die Einkommensteuer 2015 bis 2023" und die "Umsatzsteuer 2015 bis 2023" die Gewährung einer Nachsicht. In dieser und den nachfolgend am , und über FinanzOnline eingebrachten ergänzenden Eingaben bestritt der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Steuerschätzungen für die Jahre 2015 bis 2020, verwies auf die in den Jahren 2021 bis 2023 aus seiner Tätigkeit erzielten Verluste, sowie auf Schulden "über 1.000.000 Euro". Ferner schilderte er seinen persönlichen Werdegang (Unterbringung in einer Anstalt für schwererziehbare Kinder, daraus resultierende psychische Schäden, dafür erhaltene Entschädigungen durch das Land OÖ, abgeschlossene Lehre als Elektriker). Neben der Hunde- und Katzenzucht habe er mit der Zimmervermietung begonnen, um nach einer erfolgreich absoliverten Entzugstherapie wieder Fuß zu fassen.
Das Finanzamt wies mit Bescheid vom diesen Antrag betreffend Nachsicht von "Einkommen- und Umsatzsteuer 2015 - 2023" ab. In der unschwer erkennbar (offenbar ungewollt) unvollständigen Begründung wurden lediglich die allgemeinen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Nachsicht angeführt, ohne auf das Vorbringen im Nachsichtsantrag konkret einzugehen. Dieser Bescheid wurde elektronisch am in die Databox des an FinanzOnline teilnehmenden Beschwerdeführers zugestellt.
Im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides waren die Einkommen- und Umsatzsteuern für die Jahre 2015 bis 2020 wie folgt fällig gewesen:
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Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeit | Betrag |
Umsatzsteuer | 2015 | 7.937,12 | |
Umsatzsteuer | 2016 | 7.937,12 | |
Umsatzsteuer | 2017 | 3.163,77 | |
Umsatzsteuer | 2018 | 4.805,44 | |
Umsatzsteuer | 2019 | 5.665,60 | |
Umsatzsteuer | 2020 | 4.720,10 | |
Einkommensteuer | 2015 | 10.433,00 | |
Einkommensteuer | 2016 | 2.842,00 | |
Einkommensteuer | 2017 | 1.213,00 | |
Einkommensteuer | 2018 | 11.620,00 | |
Einkommensteuer | 2019 | 8.563,00 | |
Einkommensteuer | 2020 | 16.470,00 | |
85.370,15 |
Hinsichtlich der Folgejahre war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des Abweisungsbescheides weder zur Einkommen-, noch zur Umsatzsteuer veranlagt worden.
Gegen den Abweisungsbescheid vom richtet sich die noch am selben Tag über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde. Sollte das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung die begehrte Nachsicht bewilligen, sei der Beschwerdeführer damit einverstanden, andernfalls möge eine sofortige Vorlage der Beschwerde an das Finanzgericht erfolgen. In einer weiteren Eingabe vom schilderte der Beschwerdeführer seine wirtschaftlichen Verhältnisse und legte Kontoauszüge der ***V***-Bank sowie eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vor, wonach die für die Jahre 2015 bis 2019 aufgrund "der geänderten Einkommensteuerbescheide vom " (gemeint ist offenkundig das BFG-Erkenntnis vom ) vorgeschriebenen Beiträge in Höhe von nunmehr 28.175,64 € zur Gänze entrichtet worden seien.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab, und ergänzte dabei die im Erstbescheid unvollständig gebliebene Begründung. Eine Unbilligkeit der Einhebung liege nicht vor, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht sei, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte. Eine Abgabennachsicht sei auch dann nicht zu gewähren, wenn sie sich zu Gunsten der übrigen Gläubiger auswirken würde. Aus den vorgelegten Bankkonten ergäbe sich, dass allein die Kreditverbindlichkeiten (rund 618.000 €) um ein Vielfaches höher als die Abgabenschuldigkeiten wären. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass gerade durch die Einhebung der Abgaben eine Existenzgefährdung verursacht oder entscheidend mitverursacht würde.
Dagegen richtet sich der über FinanzOnline eingebrachte Vorlageantrag vom , in dem eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch einen "3 Richter Senat" beantragt wurde. In dieser und den nachfolgend eingebrachten 22 ergänzenden Eingaben wurde auf das Wesentliche zusammengefasst neuerlich die Richtigkeit der bisher erfolgten Abgabenfestsetzungen (Schätzung) bestritten. Die Betriebsprüfung sei nur ein Vorwand gewesen, weil die Gemeinde seine Vermietungstätigkeit beendet wollte. Ein Finanzstrafverfahren gegen ihn sei eingestellt worden. Die laufenden Abgaben wie Lohnabgaben und Beiträge an die Krankenkasse habe er immer bezahlt. Der Versuch einer Schuldenregulierung mit dem Finanzamt sei gescheitert angesichts der Forderung nach monatlichen Raten von 5.000 €. Ein vom Finanzamt angedrohter Konkursantrag sei nie gestellt worden. Aufgrund seiner Erkrankung (Krankenstand 2015 bis 2023) sei Mitte 2023 eine Invaliditätspension zuerkannt worden. Es habe Probleme mit dem Steuerberater gegeben, der einen fehlerhaften AWS-Förderantrag eingebracht habe (anstelle der zustehenden Förderung von 80.000 € habe er nur 1.500 € erhalten). Die Nachsicht hätte sehr wohl einen Sanierungseffekt, da damit die zur Zimmervermietung genutzten Gebäude erhalten blieben, und ohne diese eine Einkünfteerzielung nicht möglich sei. Die Fertigstellung des zweiten Gebäudes wäre mit den "einbehaltenen Steuern" möglich, es fehle noch der Parkplatz, ein eigener Brunnen und die Errichtung einer PV-Anlage. Die Zimmernachfrage sei derzeit geringer. Auf einem Wiener Abgabenkonto sei der Rückstand (in Höhe von allerdings nur 42,90 €) gelöscht worden. Die finanziellen Probleme seien erst durch die Abgabennachforderungen und die durchgeführten Forderungspfändungen entstanden. Aus der Katzenzucht würden nur Verluste erwirtschaftet. Neben dem zur Zimmervermietung bereits seit längerem genutzten Gebäude (***Adr2***) sei das neue Gebäude (***Adr3***) errichtet worden, das zwar seit 2023 in Betrieb, aber eben noch nicht ganz fertiggestellt sei. Die Guthaben aus den eingereichten laufenden Umsatzsteuervoranmeldungen würden zur Fertigstellung dieses Gebäudes benötigt, aber vom Finanzamt zum Rückstandsabbau verwendet. Im Jahr 2022 habe er (durch Buchhaltungsunterlagen belegt) Umsätze von ca. 140.000 € erzielt, 2023 rund 230.000 €. Bei der Bank bestünden durch Hypotheken besicherte Verbindlichkeiten von insgesamt rund 770.000 € (rund 500.000 € auf einem Baukonto, rund 270.000 € auf Darlehenskonten). Alle anderen Gläubiger habe er immer bezahlt. Die Schwierigkeiten seien erst durch die Forderungen des Finanzamtes, die durchgeführte Forderungspfändung und den Einbehalt der Vorsteuerguthaben entstanden. Daher könne die Kanalanschlussgebühr nicht bezahlt und der Parkplatz nicht asphaltiert werden. Es liege eine sachliche Unbilligkeit aufgrund der fehlerhaften Schätzungen des Finanzamtes und des Bundesfinanzgerichtes vor.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.
In der Folge langte eine Fülle von Ergänzungsschreiben des Beschwerdeführers zum Teil per Post, zum Teil per E-Mail beim Bundesfinanzgericht ein. Darin wurde neuerlich die Richtigkeit der Schätzung bestritten und im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt. Am Baukonto bestünde ein Rückstand von rund 500.000 €. Die Laufzeit dieses Girokontos ende mit , und es solle in ein Darlehenskonto umgewandelt werden. Er habe immer alles Geld, auch seine Invaliditätspension und das erhaltene Opferschutzgeld samt Rente in den Bau der Gebäude gesteckt. Vom Vorwurf der gefährlichen Drohung gegenüber Finanzbediensteten sei er freigesprochen worden (begründet wurde der Freispruch damit, dass die subjektive Tatseite im Zweifel nicht erweislich war). Seine psychische und körperliche Erkrankung sei nicht als Nachsichtsgrund berücksichtigt worden. Seine Verschuldung sei nicht so groß, dass er nicht sanierungsfähig wäre.
Einem Vorschlag, die am gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt ausgesprochenen Forderungspfändungen (siehe dazu unten 3) auf Null und damit ruhend zu stellen, wenn im Gegenzug freiwillig monatliche Raten an das Finanzamt geleistet werden, trat der Beschwerdeführer nicht näher. Durch diese Maßnahme sollte eine Umschuldung des Baukontos in ein langfristig rückzahlbares Darlehenskonto unterstützt werden. In der Eingabe vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er mit den erzielten Umsätzen aus der Zimmervermietung (laut UVA-Prüfung 01-05/2024 monatlich rund 16.000 €) nur die laufenden Ausgaben finanzieren könne. Er habe den Steuerberater und sämtliches (geringfügig beschäftigt gewesenes) Personal einsparen müssen, damit er über die Runden komme. In dieser Woche habe er nur 17 Leute in den vermieteten Zimmern und damit nur monatliche Einkünfte von 8.160 €. Damit könne er derzeit die laufenden Kosten nicht begleichen. Die Nachfrage nach den Monteurzimmern sei komplett eingebrochen. Verschiedene Aufwendungen habe er von seinem privaten Konto, auf welches das Opferschutzgeld überwiesen werde, bezahlen müssen. Im Verfahren gegen seinen Steuerberater am LG ***X*** sei ihm Verfahrenshilfe zugesprochen worden, weil er am Existenzminimum lebe. Der Beschluss des LG ***X*** wurde auszugsweise vorgelegt. Das Gericht stellte darin im Wesentlichen fest, dass die Ausgaben die Einnahmen aus der Zimmervermietung übersteigen. Das Baukonto werde derzeit mit 11 % verzinst, er habe bei sieben Banken wegen einer Umschuldung (erfolglos) vorgesprochen. Er müsse das Gebäude ***Adr3*** fertigstellen, sonst dürfe er es nicht weiter zur Zimmervermietung verwenden (Brunnen, Blitzschutz, Garage, Fassade, Technikraum, Waschküche usw.).
In weiteren Eingaben wies der Beschwerdeführer noch darauf hin, dass er auch seit 2022 offene und eingemahnte Geldstrafen der BH ***Y*** in Höhe von 2.205 € und 1.611 € nicht bezahlen könne und daher der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe drohe. Beim Steuerberater seien ca. 8.000 € offen. Vorgelegt wurde auch eine Bestätigung der finanzierenden Bank, dass ein (nicht näher erläuterter) Abschlagszahlungsvorschlag des Beschwerdeführers völlig inakzeptabel sei und daher keinesfalls angenommen werde. Das Baukonto mit einem offenen Saldo von rund 500.000 € wurde fällig gestellt und die Begleichung dieses Betrages am zum zweiten Mal eingemahnt. Er hafte auch für einen Schaden in Höhe von 4.805,44 €, den eine näher bezeichnete Person mit dem Bagger des Beschwerdeführers an einem Strommast der Energie AG verursacht habe.
Am teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Hausbank alle Kredite fällig gestellt habe. Der gesamte Schaden sei nur durch das Finanzamt entstanden. Er ersuchen um rasche Entscheidung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.
Die Fälligstellung der Kredite wurde durch weitere Eingaben vom nachgewiesen. Die ***V***-Bank wolle ihn nicht mehr weiter finanzieren, zum einen wegen der noch ausständigen Finanzamtsforderungen, zum anderen wegen Unklarheiten betreffend die nächsten Jahre. Die Vermietung der Zimmer an Monteure laufe schlecht, da die Leasingfirmen immer mehr Wohnungen kaufen und dann selbst an die Monteure vermieten würden. Eine näher bezeichnete Leasingfirma habe eine eigene Vermietungsgesellschaft gegründet, weshalb von dieser fast keine Leute mehr an den Beschwerdeführer vermittelt würden. Eine weitere Leasingfirma habe sogar ein Hotel gekauft. Erst wenn die dortigen Zimmer voll ausgelastet wären, würden Monteure an den Beschwerdeführer vermittelt. Gleiches gelte für zwei weitere namentlich angeführte Leasingfirmen. Eine Firma, die früher 15 bis 20 Leute an ihn vermittelt habe, hätte heuer nur drei Leute für ein bis zwei Wochen geschickt. Vor fünf Jahren hätte es noch unendliche viele Anrufe gegeben, jetzt fast nichts mehr. Auch hätten die Leasingfirmen jetzt 30 bis 40 % weniger Personal. Fotos der für die Zimmervermietung verwendeten Gebäude und der darin eingerichteten Zimmer wurden angeschlossen. Schließlich verwies der Beschwerdeführer nochmals auf den Zivilprozess gegen seinen steuerlichen Vertreter wegen einer fehlerhaften AWS-Förderung und legte einen vorbereitenden Schriftsatz vor.
In der Eingabe vom wurden Einnahmen-Ausgabenrechnungen für die Jahr 2018 bis 2020 vorgelegt, aus denen die Unrichtigkeit der Schätzungen erkennbar wäre. Der Beschwerdeführer werde hinsichtlich der oben erwähnten Geldstrafen der BH ***Y*** die Ersatzfreiheitsstrafen (zwei Wochen) antreten.
In einer Eingabe vom vermeinte der Beschwerdeführer, dass durch die Fälligstellung der Kredite das Finanzamt kein Geld durch die Pfändungen mehr erhalten werde. Er sei nicht in der Lage, den Rückstand beim Finanzamt, der auch nicht weniger werde, zu begleichen. Damit wäre § 236 BAO voll erfüllt.
Am berichtete der Beschwerdeführer von seinen Bemühungen um eine Umschuldung der fällig gestellten Kredite. Die ***R-Bank*** verlange einen Jahresabschluss 2023, den er aber nicht liefern könne, da der Steuerberater nichts mehr für ihn machen.
Am teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine bisherige Hausbank "trotz Fälligstellung der Kredite" weiter Kreditraten "abbuche". Die Fälligkstellung der Kredite sei nur wegen der Pfändungen des Finanzamtes erfolgt. Ferner listete der Beschwerdeführer Investitionen auf, die zur Fertigstellung des Gebäudes ***Adr3*** erforderlich waren bzw. wären. Derzeit werde dieses Gebäude provisorisch mit Wasser aus dem Gebäude ***Adr2*** versorgt, was eigentlich nicht zulässig sei. Hätte das Finanzamt die Nachsicht gewährt und nicht Geld einbehalten (gemeint sind offenkundig Guthaben aus Vorsteuerüberschüssen in eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen), wäre das Gebäude ***Adr3*** bereits fertig gestellt. Die ***O-Bank*** möchte drei Monatsmieten als Rücklagen zur Absicherung (50.000 € bis 60.000 €) und verlange 7.500 € Bearbeitungsgebühr. Die ***V*** wolle ihn auf keinen Fall nochmals finanzieren.
Am übermittelte der Beschwerdeführer Fotos vom Baufortschritt. Er habe auch bei der ***R-Bank*** ***1*** wegen einer Umschuldung angefragt, erhalte von dort aber erst eine Antwort. Die ***V*** habe eine Refinanzierung ausgeschlossen und sei kurz davor, alles durch das Gericht versteigern zu lassen. Trotzdem habe er die Fertigstellung des Gebäudes weitergeführt und alle Rechnungen bezahlt. Die Nachsicht sei die einzige Chance, seinen Betrieb aufrecht zu halten.
Am legte der Beschwerdeführer einen vorbereitenden Schriftsatz im Zivilverfahren gegen seinen ehemaligen Steuerberater vor. Die Fassade des Gebäudes ***Adr3*** sei bereits fertig gestellt. Die Nachfrage nach Zimmern habe sich wieder stark erhöht, alle Rechnungen seien bezahlt. Es gäbe wieder Gespräche mit der ***V*** und der ***R-Bank*** ***1***.
Am wurde eine Bestätigung der ***R-Bank*** ***1*** vorgelegt, wonach sich diese bereit erkläre, vorbehaltlich der vereinbarten Konditionen und der Bereitstellung der vereinbarten Sicherheiten die offenen Kreditlinien bei der ***V*** bis zu einem Betrag von 780.000 € abzudecken.
In Eingaben vom bemängelte der Beschwerdeführer, dass im Rahmen der Schätzung durch das Finanzamt von einer zu hohen Auslastung der von ihm vermieteten Zimmer ausgegangen worden sei, da Urlaub und Krankenstand der Monteure nicht ausreichend berücksichtigt worden wären. Die Erlöse aus der Katzenzucht wären im Rahmen der Schätzung viel zu hoch angesetzt worden, da es sich um keine reinrassigen Tiere gehandelt habe; das Bundesfinanzgericht hätte im Abgabenfestsetzungsverfahren dazu ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Zur oben erwähnten Haftung für einen mit seinem Bagger verursachten Schaden teilte der Beschwerdeführer mit, dass dieser eine Bauartgeschwindigkeit von unter 10 km/h habe und daher eine Haftung seiner Ansicht nach ausscheide.
Schließlich verwies der Beschwerdeführer in einer Eingabe vom auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten der ***Dr*** vom , das nicht berücksichtigt worden sei. Das Finanzamt habe sich immer darauf berufen, dass das Bezirksgericht ***Y*** die Bestellung eines Erwachsenenvertreters nicht für notwendig erachtet habe. In diesem Gutachten, das von der gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Landesgericht ***X*** als Arbeits- und Sozialgericht erstellt worden war, wurde zwar eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (emotional-instabil, ängstlich-vermeidend) diagnostiziert, aber gleichzeitig festgestellt, dass die intellektuelle und kognitive Leistungsfähigkeit im Normbereich sei und die Gedächtnisleistungen, das Lang- und Kurzzeitgedächtnis betreffend, nur mäßig vermindert wären. Das Wahrnehmungs- und Auffassungsvermögen sei ungestört, die Einsichts- und Kritikfähigkeit gegeben. Die Konzentrationsfähigkeit sei nicht gravierend herabgesetzt.
2) Zahlungserleichterung
Zeitgleich mit dem Nachsichtsansuchen brachte der Beschwerdeführer am auch ein Zahlungserleichterungsansuchen ein, in dem er um Stundung des Rückstandes bis ersuchte. Darin wurde wiederum vorgebracht, dass die für die Jahre 2015 bis 2020 geschätzten Einkünfte nicht erwirtschaftet worden wären. In den Folgejahren seien nur Verluste angefallen (2021 ca. 30.000 €, 2022 ca. 30.000 €, 2023 ca. 70.000 €). Eigentlich sei es gar nicht möglich, Gewinne zu erzielen, diese habe nur das Finanzamt geschätzt, obwohl alles fremdfinanziert sei. Er habe beim Finanzgericht eine Wiederaufnahme 2015 bis 2020 "vorgelegt".
Das Finanzamt wies dieses Zahlungserleichterungsansuchen mit Bescheid vom wegen einer aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers im Ansuchen bereits bestehenden Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben ab.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 30.3.3024 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er durch die Pensionspfändung des Finanzamtes in eine finanzielle Notlage geraten sei. Ferner verwies er auf das beim Bundesfinanzgericht anhängige Verfahren betreffend Wiederaufnahme und das offene Nachsichtsverfahren. Der Stundungsantrag sei gestellt worden, "damit 1 Jahr Ruhe ist und alles in Ruhe bei Gericht geklärt werden kann". Heute habe er keine Barmittel und in einem Jahr sowieso auch nicht, weil er seine Invaliditätspension, das Opferschutzgeld, und die Unfallrente zur Gänze in den Betrieb der Vermietung stecke (monatlich rund 3.000 €). Durch die Pfändung sei der Betrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten. Es gäbe keine anderen Gläubiger. Das Finanzamt dürfe nicht seine Existenz gefährden.
Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass in der Beschwerde eine bestehende Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben dargestellt werde.
Im Vorlageantrag vom wurde ebenso wie im oben zitierten Vorlageantrag vom eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch einen "3 Richter Senat" beantragt. Durch eine Stundung hätte das Finanzamt ein Jahr Ruhe und das Gericht könnte die offenen Verfahren in Ruhe erledigen. Ferner verwies der Beschwerdeführer auf die seiner Ansicht nach unzutreffenden Schätzungen.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.
3) Forderungspfändung samt Kosten des Vollstreckungsverfahrens
Nach Abschluss des eingangs zitierten Beschwerde- und Revisionsverfahrens pfändete das Finanzamt mit Bescheid vom wegen vollstreckbarer Abgaben in Höhe von 41.533,08 € zuzüglich Gebühren und Barauslagen die dem Beschwerdeführer gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt in ***2*** und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in ***3*** zustehenden Forderungen, überwies die Forderungen der Republik zur Einziehung, erlies an den Beschwerdeführer entsprechende Verfügungsverbote und verfügte mit weiterem Bescheid vom eine Zusammenrechnung der gepfändeten Forderungen. Ferner wurden mit Bescheiden vom die Pfändungsgebühr mit 415,33 € (1 % von 41.533,08 €) und die Auslagenersätze mit zwei mal 6,80 €, insgesamt somit 13,60 € festgesetzt.
Gegen die Pfändung und Zusammenrechnung richtet sich die Beschwerde vom . Darin wurde eingewendet, dass in den gepfändeten Forderungen auch ein unpfändbares Opferschutzgeld iHv 367,50 € enthalten sei. Das Existenzminimum möge daher um diesen Betrag erhöht werden.
In der Beschwerde vom gegen die Festsetzung der Kosten des Vollstreckungsverfahren wurde auf (nicht näher bezeichnete) Anträge gemäß § 212a BAO, sowie das beantragte Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2020 verwiesen. Die Pfändung wäre auch nicht notwendig gewesen, da der Beschwerdeführer alle laufenden Abgaben entrichtet habe. Ein vom Finanzamt angedrohter Konkursantrag sei nie eingebracht worden. Er sei nicht in der Lage, die Schulden zu begleichen. Eine Abschlagszahlung habe das Finanzamt abgelehnt. Er sei um eine Schuldenregulierung bemüht gewesen, daher wären die Kosten keinesfalls gerechtfertigt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde den Beschwerden teilweise stattgegeben und die Forderungspfändung unter Reduzierung der Gebühren und Kosten auf vollstreckbare Abgabenforderung von 31.100,08 € eingeschränkt. Begründet wurde dies damit, dass ein Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 2015 mit Bescheid vom abgewiesen worden sei, da eine dem Antrag zugrundeliegende Beschwerde nicht eingebracht worden sei. Eine gegen diesen Abweisungsbescheid eingebrachte Beschwerde hätte einbringungshemmende Wirkung gehabt, weshalb der Betrag von 10.433 € (Einkommensteuernachforderung 2015 laut BFG-Erkenntnis) im Zuge der Forderungspfändung zu Unrecht als vollstreckbare Abgabenforderung gewertet worden sei. Ein weiterer Aussetzungsantrag betreffend den Gesamtrückstand sei rechtskräftig zurückgewiesen worden. Das Opferschutzgeld in Höhe von monatlich 367,50 € sei laut Erhebungen des Finanzamtes von der Drittschuldnerin pfändungsfrei belassen worden und daher von der Forderungspfändung nicht umfasst.
In den Vorlageanträgen vom wurde die Entscheidung durch einen "3 Richter Senat" und Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Beschwerdeführer verwies darin auf seinen Wiederaufnahmeantrag betreffend die Verfahren 2015 bis 2020 sowie das Nachsichtsverfahren, die seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Schätzungen des Finanzamtes, die ungerechtfertigte Einbehaltung von Vorsteuerüberschüssen zur teilweisen Rückstandsabdeckung, und die Nichterledigung der von ihm eingereichten Erklärungen betreffend Einkommensteuer 2021 und 2022.
Am legte das Finanzamt diese Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
4) Mündliche Verhandlung am
In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Beschwerdeführer die Übernahme seiner Schulden bei der ***V*** durch die ***R-Bank***. Die Schuldtilgung läuft über 20 Jahre, der Beschwerdeführer muss monatlich 4.800 € (Kapital und Zinsen) an die ***R-Bank*** zurückzahlen. Die grundbücherlichen Sicherheiten der ***V*** gehen auf die ***R-Bank*** über. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen wurde festgestellt, dass die monatlichen Einnahmen aus der Zimmervermietung zwischen 16.000 € (lt. Umsatzsteuersonderprüfung) und 20.000 € liegen (Angaben des Beschwerdeführers beim LG ***X*** im Zusammenhang mit der Bewilligung einer Verfahrenshilfe; voraussichtliche Umsätze 2024 laut Eingabe des Beschwerdeführers vom rund 230.000 € - somit monatlich rund 19.000 €) bei urlaubsbedingt geringeren Einnahmen in den Sommermonaten. Zu den monatlichen Ausgaben wurden Stromkosten von rund 500 €, Kosten für Heizung und Warmwasser rund 1.000 €, Versicherung 500 €, Gemeindeabgaben 500 €, Auto 800 € und laufende Instandhaltung 1.000 € angegeben (Eingabe vom ). Diese Angaben wurden in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dazu kommen noch Kreditrückzahlungen bei der Hypo-Landesbank von 275 € und 676 € bei der Bausparkasse. Die monatlichen Gesamtausgaben betragen daher rund 4.300 € zuzüglich künftige Kreditrückzahlungen bei der ***R-Bank*** von 4.800 € und die beiden soeben angeführten Kredite von 951 €, woraus sich durchschnittliche monatliche Ausgaben von gesamt rund 10.050 € ergeben.
Die Baukosten des Gebäudes ***Adr3*** hat der Beschwerdeführer mit rund 1,200.000 € angegeben (Eingabe vom ). Fremdfinanziert wurde davon nur ein Teil von rund 500.000 € (Baukonto bei der ***V***), die restlichen 700.000 € hat der Beschwerdeführer nach seinen Angaben aus seinen laufenden Einnahmen der letzten zwei, drei Jahre finanziert. Daher habe er jetzt kein Geld, weil er alles Geld in diesen Neubau gesteckt habe. Er habe auch bei den Personalkosten gespart. Diese hätten früher rund 50.000 € pro Jahr betragen (lt. früheren Angaben vor allem für Reinigungskräfte), diese habe er jetzt auch nicht mehr. Auch die Steuerberaterkosten habe er eingespart, darum könne er keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben, aber das Finanzamt komme sowieso und schaue sich das an (Umsatzsteuerprüfung).
Zum Zahlungserleichterungsansuchen bringt der Beschwerdeführer noch vor, dass er dieses gestellt habe, um in Ruhe die Verfahren beim Bundesfinanzgericht (Wiederaufnahme, Nachsicht) abwickeln zu können. Das Finanzamt habe die Pfändungen durchgeführt und die ***V*** habe dann die Kredite fällig gestellt, obwohl er die laufenden Kredite bezahlt habe.
Zu diesen Forderungspfändungen wurde in der Verhandlung festgestellt, dass ein vollstreckbarer Rückstandsausweis des Finanzamtes vorlag, der Grundlage für dieses Exekutionsverfahren war.
Ferner legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der ***R-Bank*** vor, in dem ihm die IBAN´s seiner künftigen Konten mitgeteilt wurden. Weiters einen Auszug aus einer "Richterschulung" vor, in dem sinngemäß zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Ermessen im Sinne des § 236 BAO bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen zu Gunsten des Nachsichtswerbers zu üben sei. Vorgelegt wurde auch eine Eingabe an das Finanzamt vom , in dem um vordringliche Vorlage der Beschwerde gegen die Nachsichtabweisung ersucht wurde, und auf die Durchführung der Pfändung ungeachtet eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung hingewiesen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der ***O-Bank*** AG vom betreffend ein unverbindliches, nicht näher dargestelltes und unverbindliches Finanzierungsangebot (Einmalkredit zur Umschuldung). Ferner wurden Kontoauszüge der ***V*** vorgelegt, denenzufolge diese Bank Beträge vom Girokonto des Beschwerdeführers auf die fällig gestellten Darlehenskonten umgebucht hat. Schließlich wurde ein Angebot für die Erstellung eines Stiegengeländers um einen Preis von 667,68 € vorgelegt (siehe auch Eingabe vom ).
Abschließend schilderte der Beschwerdeführer noch ausführlich seinen schwierigen persönlichen und beruflichen Werdegang, verwies auf die erfolgreich absolvierte Entzugstherapie und vertrat die Ansicht, dass ihm aufgrund des aktenkundigen psychologischen Gutachtens (der ***Dr*** vom ) der "sachliche Nachsichtsgrund" zustehe. Weder die Tierzucht noch die Zimmervermietung habe er jemals mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben, beide Tätigkeiten wären Liebhaberei und es seien keine Gewinne zu erwarten. Er wolle die Vermietung aber nicht aufgeben, da dies eine Beschäftigung für ihn sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1. Nachsicht
Der Beschwerdeführer betreibt neben einer Katzen- und Hundezucht in zwei Gebäuden (***BF-Adr*** 2 und 27) eine gewerbliche Zimmervermietung an Monteure, die über Personalleasingfirmen bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt sind. Dabei ist das zuletzt errichtete Gebäude (***Adr3***) noch nicht zur Gänze fertiggestellt, wird aber bereits zur Vermietung genutzt.
Aus einer abgabenbehördlichen Prüfung ergaben sich die oben unter Punkt I.1. dargestellten, rechtskräftig festgestellten Nachforderungen an Einkommensteuern 2015 bis 2019 und Umsatzsteuer 2015 bis 2020. Dazu kommen die Nachforderungen aus der Veranlagung zur Einkommensteuer 2020, deren Einhebung derzeit gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist. In Summe betragen diese Abgabenforderungen wie oben dargestellt 85.370,15 €.
Ein Teil dieser Abgaben wurde durch Vorsteuerüberschüsse aus nachfolgend eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen und Eingängen aus den Forderungspfändungen (monatlich rund 700 €) abgedeckt.
Der Neubau des Gebäudes ***Adr3*** wurde teilweise fremdfinanziert. Dazu wurde bei der ***V*** Bank ein Baukonto mit einer Laufzeit bis eingerichtet. Die Hausbank des Beschwerdeführers hat am dieses Konto fällig gestellt. Per wurde ein offener Betrag von 513.511,39 € ausgewiesen. Die Bank hat ferner am einen Firmen-Ratenkredit mit einem offenen Saldo von 144.909,10 € und einen Privat-Ratenkredit mit einem offenen Betrag von 120.690,31 € fällig gestellt. Insgesamt betrugen die fälligen Bankverbindlichkeiten des Beschwerdeführers damit rund 779.000 €. Die Bankschulden wurden von der ***R-Bank*** ***1*** übernommen. Besichert sind diese Bankschulden durch entsprechende Hypotheken auf den Liegenschaften des Beschwerdeführers.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers wurden in der mündlichen Verhandlung festgestellt (siehe oben Punkt I. 4). Zusammengefasst betragen die monatlichen Einnahmen aus der Zimmervermietung zwischen 16.000 € und 20.000 € bei urlaubsbedingt geringeren Einnahmen in den Sommermonaten. Dem stehen monatlichen Ausgaben (inklusive Darlehensrückzahlung samt Zinsen) von gesamt rund 10.050 € gegenüber. Die Liegenschaften des Beschwerdeführers (***BF-Adr*** 2, 27 und 29) dienen als Besicherung der Bankschulden.
Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist das oben zitierte Gutachten der ***Dr*** aktenkundig. Ferner wurde vom Bezirksgericht ***Y*** wiederholt geprüft, ob der Beschwerdeführer einen Erwachsenenvertreter benötigt. Das Gericht hat diese Frage verneint und mit Beschlüssen vom und die Verfahren gemäß § 122 AußStrG eingestellt.
1.2. Zahlungserleichterung
Im Zahlungserleichterungsverfahren verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf das im Nachsichtsverfahren erstattete Vorbringen. Die begehrte Stundung bis sollte dazu dienen, damit die offenen Rechtsmittelverfahren "in Ruhe bei Gericht geklärt" werden können. Die in der Beschwerdevorentscheidung festgestellte Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben bestritt der Beschwerdeführer im Vorlageantrag nicht.
1.3. Forderungspfändung samt Exekutionskosten
Hinsichtlich der Einkommensteuern 2015 bis 2019 und Umsatzsteuern 2015 bis 2020 waren im Zeitpunkt der Forderungspfändung keine Beschwerden anhängig, die Grundlage für eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO sein hätten können. Der in den Pfändungsbescheiden vom ausgewiesene Forderungsbetrag von 41.533,08 € war fällig und vollstreckbar und bereits in dem mit einer Vollstreckbarkeitsklausel versehenen Rückstandsausweis vom enthalten.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, den zitierten Unterlagen, sowie den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt 1 (Nachsicht)
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Diese Bestimmung findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 Abs. 2 BAO sinngemäß Anwendung.
In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 BAO, BGBl II 435/2005 idF BGBl II 236/2019 wird normiert:
§ 1 Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.
§ 2 Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
§ 3 Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
Die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht setzt einen hierauf gerichteten Antrag voraus, wobei den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft. Er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (). Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt beim Nachsichtsweber (). Erst in der dieser folgenden Verfahrensstufe und aus diesem Blickwinkel gesehen, also eher kontrollierende, wirkt der Amtswegigkeitsgrundsatz (Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023), [im Folgenden: Stoll], § 236 Rz 15).
Gemäß § 236 Abs 1 und 2 BAO können fällige, aber auch bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Nach dieser Gesetzesbestimmung hat die Abgabenbehörde im Falle eines Ansuchens um Nachsicht iSd ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, wonach die "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" wäre. Bejaht die Abgabenbehörde das Vorliegen einer Unbilligkeit im Sinne des Gesetzes, so hat sie im Bereich des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden (). Verneint sie die Unbilligkeit der Einhebung, bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum (Stoll, § 236 Rz 24 mit Judikaturnachweisen).
Noch nicht entrichtete Abgaben können nur nachgesehen werden, wenn sie fällig sind. Abschreibungen iSd § 236 BAO setzen eine vorherige Lastschrift (Buchung eines die Abgabe festsetzenden Bescheides oder des Ergebnisses der Selbstberechnung) voraus (Ritz, BAO7, § 236 Tz 6 mwN).
Solche Festsetzungen waren im gegenständlichen Fall im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Abweisungsbescheides vom nur hinsichtlich der Einkommen- und Umsatzsteuern 2015 bis 2020 erfolgt, sodass nur insoweit fällige Abgabenschuldigkeiten iSd § 236 BAO vorlagen. Betreffend die Veranlagungsjahre 2021 bis 2023 waren und sind noch keine Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide ergangen. Insoweit fehlte es damit schon am Vorliegen fälliger und damit nachsichtsfähiger Abgabenschuldigkeiten, weshalb das Nachsichtsansuchen in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen war (Stoll, § 236 Rz 23).
Die Abänderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist durch die "Sache" im Sinne des § 279 BAO begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (Ritz, BAO7, § 270 Tz 10 mit Judikaturnachweisen). Der zulässige Inhalt des erstinstanzlichen Spruches beschränkt sich auf einen meritorischen Abspruch über eine Nachsicht der Einkommen- und Umsatzsteuern 2015 bis 2020. Eine Ausdehnung dieser Sache auf nachfolgend erst fällig werdende Abgaben im Zuge der gegenständlichen Entscheidung ginge über diese Sache hinaus und würde damit das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzten. Dem Beschwerdeführer steht es frei, hinsichtlich später fällig werdender Abgaben einen weiteren Antrag auf Nachsicht einzubringen.
Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (z.B. ); im Fall einer Beschwerde sind daher die im Zeitpunkt der Erledigung dieser Beschwerde vorliegenden Vermögens- und Einkommensverhältnisse maßgebend, da das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung in der Sache iSd § 279 Abs. 1 BAO von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen hat (Ritz, BAO7, § 279 Tz 31 mit Judikaturnachweisen).
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach Lage des Falles kann (wie auch in der oben zitierten Verordnung normiert) eine persönliche oder sachliche sein. Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich dabei aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen. Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet (z.B. ). Die Existenzgefährdung müsste gerade durch die Einhebung der Abgaben verursacht oder entscheidend (auch) mitverursacht sein (Stoll, § 236 Rz 33; z.B. ).
Wenn persönliche Unbilligkeit eine Existenzgefährdung bedeutet, dann setzt dies eine wirtschaftliche Existenz voraus, deren Bestand gefährdet, deren erhaltende Wirkung bei Einhebung der Abgaben nicht gewährleistet oder vom Untergang bedroht wäre. Unbilligkeit in diesem Sinne liegt diesfalls aber nur vor, wenn der Bestand der fraglichen Existenzgrundlage oder Erwerbsquelle durch die Abgabeneinhebung gefährdet ist und durch die Nachsicht als gesichert gelten kann, anderenfalls kann nicht von einer Unbilligkeit gesprochen werden, da die Unbilligkeit gerade in der drohenden abgabeneinhebungsbedingten, aber mit abgabenrechtlichen Mitteln abwendbaren Gefährdung des (Weiter-)Bestandes der wirtschaftlichen Lebensexistenz oder der Erwerbsquelle gelegen ist. Überschuldung oder Liquiditätskrisen, "finanzielle Engpässe" bzw. wirtschaftliche Bedrängnisse allein werden den strengen (Unbilligkeits-) Anforderungen der Rechtsprechung nicht gerecht (Stoll, § 236 Rz 34).
Ein solcher Fall eines bloß finanziellen Engpasses liegt aber gegenständlich angesichts der oben festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers vor. Das Fehlen liquider Mittel wurde damit begründet, dass die Einnahmen der letzten Jahre in Höhe von rund 700.000 € in den Neubau des Gebäudes ***Adr3*** investiert wurden, und auch alle übrigen finanziellen Mittel immer zur Gänze in diesen Neubau geflossen sind und weiter fließen, weshalb für die Abgabenentrichtung keine Mittel zur Verfügung stünden. Dieser Umstand rechtfertigt die Annahme einer persönlichen Unbilligkeit aber nicht, der Beschwerdeführer wird vielmehr künftig einen Teil seiner frei verfügbaren Einnahmen auch zur Entrichtung der noch offenen nachsichtsgegenständlichen Abgabenschulden verwenden müssen. Von diesen haften derzeit ohnehin nur mehr die Einkommensteuer 2020 mit einem Betrag von 16.470 €, dessen Einhebung derzeit gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist, und die übrigen nachsichtsgegenständlichen Abgaben mit einem fälligen und vollstreckbaren Betrag von 21.597,46 € aus, der Rest wurde bereits durch Eingänge aus den Forderungspfändungen und Gutschriften aus Umsatzsteuervoranmeldungen abgedeckt. Inklusive der nicht nachsichtsgegenständlichen Abgaben haftet derzeit am Abgabenkonto ein vollstreckbarer Rückstand von 36.988,35 € aus (dies entspricht rund zwei Monatseinnahmen aus der Zimmervermietung).
Für das Vorliegen eines bloßen finanziellen Engpasses spricht angesichts der festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse auch die Relation der Bankverbindlichkeiten zu den Abgabenschulden. Betragen die Verbindlichkeiten beim Abgabengläubiger beispielsweise nur 15 % der Bankschulden, so sind diese so gering, dass eine Nachsicht regelmäßig zu keiner wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Lage führen würde. In solchen Fällen verneint der Verwaltungsgerichtshof deswegen den Sanierungseffekt einer allfälligen Nachsicht (vgl. ; ). Die nachsichtsgegenständlichen Abgaben von 85.370,15 € betragen im gegenständlichen Fall nur rund 11 % der von der ***R-Bank*** übernommenen Bankschulden des Beschwerdeführers bei der ***V*** von rund 780.000 €.
Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Forderungspfändungen rechtfertigen die Annahme einer persönlichen Unbilligkeit nicht. Nachteile und Vermögenseinbußen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind, machen die Einhebung noch nicht unbillig. Die Tatsache der zwangsweisen Hereinbringung einer Abgabenschuld vermag für sich allein noch keine persönliche Unbilligkeit zu begründen (z.B. ), andernfalls Exekutionsmaßnahmen nie zulässig wären, wenn sie stets eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO begründen würden. Es ist für das Bundesfinanzgericht nicht ersichtlich, welche außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen mit der gegenständlichen Pensionspfändung verbunden wären, die über jenes Ausmaß hinausgehen, die mit einer solchen Maßnahme regelmäßig verbunden sind. Dazu kommt, dass aus dieser Pfändung monatlich nur rund 700 € auf das Abgabenkonto eingehen. Dieser dem Beschwerdeführer damit monatlich fehlende Betrag steht in keinem Verhältnis zu den festgestellten monatlichen Einnahmen aus der Zimmervermietung zwischen 16.000 € und 20.000 €.
Die Pfändungsmaßnahme des Finanzamtes mag mitursächlich für die Fälligstellung der Kredite durch die ***V*** gewesen sein, die aber entscheidend durch das Ansinnen des Beschwerdeführers vom begründet war, die hypothekarisch voll besicherte Bank durch Anbot einer Abschlagszahlung zu einem Forderungsverzicht zu bewegen, was diese verständlicherweise in dem am vorgelegten Mail als völlig inakzeptabel abgelehnt hat. Die schriftliche Fälligstellung der Kredite erfolgte am und war offensichtlich die Reaktion auf dieses "Anbot" des Beschwerdeführers.
Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (z.B. mwN).
Die Nachsicht dient aber nicht dazu, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen und unterlassene Rechtsbehelfe (vor allem Bescheidbeschwerden) nachzuholen (vgl. ). Einwendungen, die sich gegen die Ordungsmäßigkeit der Durchführung des Verfahrens zur Festsetzung der Abgaben und gegen die Richtigkeit dieser Festsetzung wenden, sind in dem betreffenden Verfahren vorzubringen. Wenn der Abgabenpflichtige dies versäumt hat, ist keine Möglichkeit gegeben, das Versäumnis in einem Verfahren nach § 236 BAO nachzuholen (so schon zur im wesentlichen gleichlautenden Norm des damaligen § 14 Abs. 2 AbgEG; siehe zu dieser Vorgängerbestimmung Stoll, § 236 Rz 2). Eine Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO setzt die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung voraus; eine solche kann daher nicht damit begründet werden, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Vielmehr muss die behauptete Unbilligkeit in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen. Im Nachsichtsverfahren können daher nicht Einwände nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht Zweck eines Nachsichtsverfahrens gemäß § 236 BAO, Abgabenbescheide nachträglich auf deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen ().
Das weitwendige und mehrfach wiederholte Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Schätzungen im Abgabenfestsetzungverfahren unzutreffend gewesen wären, kann daher im Nachsichtsverfahren nicht berücksichtigt werden. Daran ändern auch die am vorgelegten Einnahmen-Ausgabenrechnungen nichts. Im Ergebnis würde eine solche Berücksichtigung auf eine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom hinauslaufen (Stoll, § 236 Rz 31 mit Judikaturnachweisen). Ebensowenig können im Nachsichtsverfahren Umstände berücksichtigt werden, die ihrer Natur nach Wiederaufnahmegründe darstellen, weil es nicht Sinn des Nachsichtsverfahrens sein kann, Wirkungen von Verfahrenshandlungen, die versäumt wurden, auf diesem Wege herbeizuführen (Stoll, § 236 Rz 31).
Es liegt daher gegenständlich kein ungewöhnliches Entstehen einer Abgabenschuld und kein außergewöhnlicher Geschehensablauf im oben dargestellten Sinn vor, die eine sachliche Unbilligkeit begründen könnten.
Eine Erkrankung und der Bezug einer Invaliditätspension allein begründen ebenfalls noch keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung. Das Bundesfinanzgericht hat beispielsweise im Erkenntnis , ausgesprochen, dass das persönliche Schicksal des Nachsichtswerbers (erhöhter Medikamentenbedarf aufgrund einer Erkrankung) nur angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage einen Zusammenhang mit der Einbringung der Abgaben und der daraus entstehenden Belastungen haben kann, was gegenständlich aber nicht der Fall ist. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar dargetan, dass er krankheitsbedingt seine Katzen- und Hundezucht sowie die Zimmervermietung nicht (mehr) ausüben könnte, oder überdurchschnittlich hohe Ausgaben für Medikamente vorlägen.
In der mündlichen Verhandlung vertrat der Beschwerdeführer dazu die Ansicht, dass aufgrund des aktenkundigen Gutachtens der ***Dr*** eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung vorläge. In diesem Gutachten wurde zwar eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (emotional-instabil, ängstlich-vermeidend) diagnostiziert, aber gleichzeitig festgestellt, dass die intellektuelle und kognitive Leistungsfähigkeit im Normbereich sei und die Gedächtnisleistungen, das Lang- und Kurzzeitgedächtnis betreffend, nur mäßig vermindert wären. Das Wahrnehmungs- und Auffassungsvermögen sei ungestört, die Einsichts- und Kritikfähigkeit gegeben. Die Konzentrationsfähigkeit sei nicht gravierend herabgesetzt. Aus diesen Feststellungen kann weder eine persönliche, noch eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben abgeleitet werden. Die festgestellten Einschränkungen haben den Beschwerdeführer bisher tatsächlich auch nicht an der Ausübung seiner Katzen- und Hundezucht sowie der Zimmervermietung gehindert. Kein anderes Ergebnis ergibt sich auch aus den Verfahren vor dem Bezirksgericht ***Y***, in denen geprüft worden war, ob der Beschwerdeführer einen Erwachsenenvertreter benötigt. Das Gericht hat diese Frage in den Beschlüssen vom und verneint.
Unter Berücksichtigung aller Umstände liegt im gegenständlichen Fall weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Da somit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 236 BAO nicht erfüllt sind, bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum (Stoll, § 236 Rz 61).
Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass selbst bei Bejahung einer Unbilligkeit der Einhebung das Ermessen im Sinne des § 236 BAO nicht zwingend zu Gunsten des Nachsichtswerbers zu üben gewesen wäre, wie dies in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage eines Auszuges aus einer "Richterschulung" behauptet wurde. So ist Billigkeit im Sinne des § 20 BAO und damit Nachsichtswürdigkeit beispielsweise nicht gegeben, wenn der Abgabepflichtige seine Erklärungspflichten verletzt hat, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen ist, damit Anlässe zu Schätzungen bestanden haben und durch Vernachlässigung der abgabenrechtlichen Pflichten die Abgabenschulden ständig zugenommen haben, wenn der Abgabepflichtige für die sukzessive Abdeckung seiner Abgabenverpflichtungen nicht in zumutbarer Weise Sorge getragen hat, wenn überhaupt ein entsprechender Zahlungswille fehlt, oder wenn sich die Nachsicht nur zugunsten anderer Gläubiger auswirken würde (Stoll, § 236 Rz 66 mit Judikaturnachweisen).
3.2. Zu Spruchpunkt 2 (Zahlungserleichterung)
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO idF BGBl I 110/2023 (AbgÄG 2023) kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine Gefährdung der Einbringlichkeit ist nicht anzunehmen, wenn der Abgabepflichtige glaubhaft macht, dass er durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die vom Zahlungserleichterungsansuchen umfassten Abgabenschuldigkeiten innerhalb einer angemessenen Frist entrichten zu können. Die Bewilligung der Entrichtung in Raten kann nur für die Gesamtsumme der in der Gebarungsverrechnung (§ 213) enthaltenen Abgaben oder bei Gesamtschuldverhältnissen für alle Abgaben des Gesamtschuldverhältnisses erfolgen. Bei Ratenbewilligungen sind der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzte Abgabenschuldigkeiten einzubeziehen, wenn deren Zahlungstermine in die Laufzeit der Ratenbewilligung fallen.
In den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG 2023 (2086 der Beilagen XXVII. GP) wird zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit ausgeführt:
Die Voraussetzungen zur Erlangung einer Zahlungserleichterung in § 212 Abs. 1 BAO wurden in der Stammfassung der BAO aus § 8 Abgabeneinhebungsgesetz - Abg. E. G., BGBl. Nr. 103/1949, unverändert übernommen (ErlRV 228 BlgNR 9. GP 65), wobei neben dem Vorliegen erheblicher Härte in Bezug auf die sofortige oder sofortige volle Entrichtung vorgesehen ist, dass die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Aus der Wortfolge "durch den Aufschub nicht gefährdet" ergibt sich, dass ein zentrales Element bei der Prüfung dieser Voraussetzung die Frage ist, ob der Abgabepflichtige durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die Abgabenschuldigkeit zur Gänze zu begleichen. In diesem Sinn judizierte auch der VwGH ( 87/16/0156, RS4), indem er die Gefährdung als "das Vorstadium eines Abgabenausfalls, in dem eine Tendenz erkennbar ist, daß die Abgabe nicht bezahlt werden wird" auslegte. In ebendieser Entscheidung erachtete er eine "bloße theoretische Möglichkeit eines Abgabenausfalles" als nicht ausreichend, "es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die das konkrete Risiko eines Abgabenausfalls ins Auge rücken". Im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelte sich die Judikaturlinie allerdings dahingehend, dass auch eine sich nicht bloß auf den Zahlungsaufschub beziehende Gefährdung der Einbringlichkeit als Ausschlussgrund für die Gewährung einer Zahlungserleichterung zu sehen ist (so 90/14/0033; 94/14/0036; 2001/15/0056; 2003/15/0112). Angesichts des Umstandes, dass der auf die Wirkung des Zahlungsaufschubes bezogene Wortlaut der Bestimmung den Aspekt der Beseitigung vorübergehend vorliegender Liquiditätsengpässe mitumfasst, soll dies durch die Neuformulierung stärker klargestellt werden. Eine Gefährdung der Einbringlichkeit soll durch die vorgeschlagene Regelung nicht anzunehmen sein, wenn der Abgabepflichtige glaubhaft macht, dass er durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die von der Stundung oder Ratenzahlung umfassten Abgabenschuldigkeiten während eines angemessenen Zeitraums entrichten zu können. Die Angemessenheit des Zeitraumes, sohin der durch die Behörde zugebilligten Frist, orientiert sich an der Überbrückung des vorübergehenden Liquiditätsengpasses und findet ihre Grenze somit in der Gefährdung der Einbringlichkeit. Daraus ergibt sich auch, dass die Dauer einer Zahlungserleichterung nicht alleine an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt der Antragstellung zu bemessen ist. Eine Zahlungserleichterung kann demnach gewährt werden, wenn das Vorbringen des Abgabepflichtigen den Schluss zu tragen vermag, dass er durch die Gewährung der beantragten Zahlungserleichterung zu einer fristgerechten Zahlungsweise zurückfinden wird können und sie somit auch geeignet ist, eine drohende finanzielle Notlage abzuwenden. Ein angemessener Zeitraum wird in der Regel die folgenden 12 Monate umfassen. Durch einen 12-Monatszeitraum sollen Unsicherheiten der Prognose minimiert und dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Zahlungserleichterung der Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe dient. Abhängig von den Umständen des Einzelfalles kann ein angemessener Zeitraum auch über die 12 Monate hinausgehen. Weiters soll - zumal § 212 BAO eine begünstigende Norm bildet - in Abs. 1 die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen entsprechend der Judikatur verdeutlicht werden. Demnach hat der Abgabepflichtige "die Voraussetzungen für die Zahlungserleichterungen, zu denen auch die Nichtgefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gehört, aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen" ( 90/14/0100 mit Verweis auf weitere Vorjudikatur; ebenso 2001/15/0056; 2003/15/0112; 2008/13/0224). Dadurch wird auch die ständige Rechtsprechung des VwGH im Zusammenhang mit Begünstigungsbescheiden im Gesetzeswortlaut verdeutlicht. Demnach hat der "eine Begünstigung in Anspruch Nehmende […] einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann" ( 2001/15/0056), andernfalls der Abgabenbehörde im Falle der Abweisung des Antrages und Annahme des Vorliegens der Gefährdung der Einbringlichkeit nicht entgegengetreten werden kann; dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Offenlegungsverpflichtung nach § 119 Abs. 1 BAO und des damit verbundenen Zurücktretens der amtswegigen Ermittlungspflicht (vgl. ebenso 2001/15/0056; 2003/15/0112). Nichtsdestotrotz hindert eine derartige Abweisung nicht die neuerliche Antragstellung mit entsprechender Begründung und Glaubhaftmachung. Die Abgabenbehörde hat unbeschadet der vorgesehenen Änderungen unverändert die Möglichkeit, die im Rahmen der Glaubhaftmachung gemachten Angaben des Abgabepflichtigen zu überprüfen, insbesondere auch durch eine Liquiditätsprüfung gemäß § 147 Abs. 2 BAO. Ebenso unverändert bleibt die Möglichkeit der Abgabenbehörde bestehen, im Spruch des Zahlungserleichterungsbescheides Bedingungen - etwa die zeitgerechte Entrichtung von nicht in die Zahlungserleichterung einbezogenen Abgaben - aufzunehmen.
Wie der Gesetzgeber in diesen erläuternden Bemerkungen klargestellt hat, soll eine Gefährdung der Einbringlichkeit nicht anzunehmen sein, wenn der Abgabepflichtige glaubhaft macht, dass er durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die von der Stundung oder Ratenzahlung umfassten Abgabenschuldigkeiten während eines angemessenen Zeitraums entrichten zu können. Eine solche Glaubhaftmachung, die dem Beschwerdeführer aufgrund der ihn treffenden qualifizierten Darlegungs- und Nachweispflicht oblegen wäre, wurde im gegenständlichen Fall auch nicht ansatzweise erbracht. Der Beschwerdeführer selbst führte in der Beschwerde vom aus, dass er "heute keine Barmittel habe und in einem Jahr sowieso auch nicht", weil er seine liquiden Mittel zur Gänze in den Betrieb der Vermietung stecke. Die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens durch das Finanzamt erfolgte daher zu Recht. Im Übrigen wurden die in der Beschwerde erwähnten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht durch die gegenständliche Entscheidung und das Erkenntnis im Verfahren betreffend Wiederaufnahme der Verfahren abgeschlossen.
3.3. Zu Spruchpunkt 3 (Pfändung und Kosten des Vollstreckungsverfahrens)
a) Forderungspfändung
§ 65 AbgEO normiert:
(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.
Gemäß § 53 AbgEO ist unter anderem die Bestimmung des § 292 EO sinngemäß anzuwenden, welche lautet:
(1) Hat der Verpflichtete gegen einen Drittschuldner mehrere beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat sie der Drittschuldner zusammenzurechnen.
(2) Hat der Verpflichtete gegen verschiedene Drittschuldner beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat das Gericht auf Antrag die Zusammenrechnung anzuordnen.
(3) Bei der Zusammenrechnung mehrerer beschränkt pfändbarer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner sind die unpfändbaren Grundbeträge in erster Linie für die Forderung zu gewähren, die die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Verpflichteten bildet. Das Gericht hat den Drittschuldner zu bezeichnen, der die unpfändbaren Grundbeträge zu gewähren hat.
(3a) Übersteigt keine der beschränkt pfändbaren Geldforderungen die unpfändbaren Grundbeträge, so hat das Gericht die unpfändbaren Grundbeträge aufzuteilen und die Höhe des von den Drittschuldnern zu gewährenden Teils festzulegen. Ist ein Unterschreiten des zu gewährenden Teils der unpfändbaren Grundbeträge zu erwarten, so hat das Gericht dem Drittschuldner aufzutragen, ein solches Unterschreiten bekanntzugeben. Das Gericht hat sodann die unpfändbaren Grundbeträge von Amts wegen neu aufzuteilen. Beantragt der Verpflichtete bei seiner Einvernahme eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages wegen zu erwartender Steuermehrbelastungen, so ist darüber zugleich mit dem Zusammenrechnungsbeschluss zu entscheiden.
(4) Bei der Zusammenrechnung von beschränkt pfändbaren Geldforderungen mit Ansprüchen auf Sachleistungen vermindert sich der unpfändbare Freibetrag der Gesamtforderung um den Wert der dem Verpflichteten verbleibenden Sachleistungen. Dem Verpflichteten hat jedoch von den Geldforderungen mindestens der halbe allgemeine Grundbetrag nach § 291a Abs. 1 oder § 291b Abs. 2 in Verbindung mit § 291a Abs. 1 zu verbleiben.
(5) Das Exekutionsgericht hat den Wert der Sachleistungen bei einer Zusammenrechnung
1. nach Abs. 1 auf Antrag,
2. nach Abs. 2 von Amts wegen zugleich mit der Anordnung der Zusammenrechnung
nach freier Überzeugung im Sinn des § 273 ZPO festzulegen, wobei der gesetzliche Naturalunterhalt so zu bewerten ist, als ob der Unterhalt in Geld zu leisten wäre.
Sache des Beschwerdeverfahrens ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Forderungspfändungen, wobei nur das Vorliegen eines mit einer Vollstreckbarkeitsklausel versehenen Rückstandsausweises zu prüfen ist (Liebeg, AbgEO2, § 65 Tz 28 mwN). Ein solcher Rückstandsausweis lag gegenständlich vor. Damit waren die vorgenommenen Forderungspfändungen zulässig.
Sache des Drittschuldners ist es, die Bezüge des Abgabepflichtigen in eine unpfändbare und eine pfändbare Masse aufzuteilen. Allfällige Fehler des Drittschuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Freibetrages oder bei Auszahlung unpfändbarer Bezüge an den Überweisungsgläubiger (Finanzamt) können nicht gegenüber Letzterem, sondern nur im Rechtsweg durch Klage des Abgabepflichtigen gegen den Drittschuldner - und nicht mit Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid - geltend gemacht werden (Liebeg, AbgEO2, § 65 Tz 35 mwN). Abgesehen davon hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung unwidersprochen festgestellt, dass das Opferschutzgeld in Höhe von monatlich 367,50 € von der Drittschuldnerin ohnehin pfändungsfrei belassen wurde und daher von der Forderungspfändung nicht umfasst ist.
Verfehlt war die teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes im Hinblick auf eine angenommen vollstreckungshemmende Wirkung eines Aussetzungsantrages vom betreffend Einkommensteuer 2015. Zu diesem Zeitpunkt war nicht nur das diese Abgabe betreffende Beschwerdeverfahren rechtskräftig durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom abgeschlossen, sondern auch der eine Revision gegen dieses Erkenntnis zurückweisende Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom ergangen. Der Aussetzungsantrag wurde mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass eine dem Antrag zugrundeliegende Beschwerde nicht eingebracht worden sei. In einem solchen Fall ist ein Aussetzungsantrag aber nicht abzuweisen, sondern gemäß § 212a Abs. 2b Z 1 BAO zurückzuweisen.
Die Bestimmung des § 212a Abs. 2b wurde durch das Abgabenänderungsgesetz 2022 (BGBl I 108/2022) in die BAO eingefügt und ist am in Kraft getreten (§ 323 Abs. 73 BAO). In den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1534 der Beilagen XXVII. GP) wird dazu ausgeführt:
In Abs. 2b sollen Gründe für die Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung statuiert werden, zumal sich in der Praxis gezeigt hat, dass derartige Anträge häufig auch dann eingebracht werden, wenn eine Beschwerde entweder gar nicht eingebracht wurde oder der zugrunde liegende Bescheid keine Nachforderung ausweist; auch kommt es zu Anträgen nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts, sodass eine Aussetzung der Einhebung in den genannten Fällen von vornherein nicht möglich ist. Ebenso wie bei Zurückweisungen aufgrund Abs. 3 lösen auch solche nach Abs. 2b keine Nachfrist im Sinne des Abs. 7 zweiter Satz aus (vgl. dazu auch RAE 2014, Rz 535).
Aussetzungsanträge, die zurückzuweisen sind, haben keine die Säumnisfolgen verhindernde und die Vollstreckung hemmende Wirkung, die Aussetzungsanträgen ansonsten gemäß § 230 Abs. 6 BAO zukommt (Stoll, BAO, 2272; vgl. auch Stoll, § 212a Rz 35). Kommt schon dem unzulässigen Aussetzungsantrag keine vollstreckungshemmende Wirkung zu, kann auch einer Beschwerde gegen einen diesen Antrag erledigenden Bescheid nicht gemäß § 212a Abs. 4 BAO vollstreckungshemmende Wirkung zukommen.
b) Kosten des Vollstreckungsverfahrens
§ 26 AbgEO normiert:
Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:
a) Die Pfändungsgebühr anläßlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
b) Die Versteigerungsgebühr anläßlich einer Versteigerung (eines Verkaufes) im Ausmaß von 1½% vom einzubringenden Abgabenbetrag.
Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt 10 Euro.
(2) Die im Abs. 1 genannten Gebühren sind auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.
(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 161/2005)
(5) Gebühren und Auslagenersätze werden mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).
(6) Im Falle einer Einstellung nach § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 2 oder § 16 Abs. 1 Z 2, 3, 4 oder 7 sind Gebührenfestsetzungen gemäß Abs. 1 und 3 aufzuheben.
Aufgrund der durchgeführten beiden Forderungspfändungen wurden eine Pfändungsgebühr von 1 % des einzubringenden Abgabenbetrages und ein Barauslagenersatz von zweimal 6,80 € festgesetzt.
Die Pfändungsgebühr ist eine reine Amtshandlungsgebühr, die wegen der der Abgabenbehörde bei der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben wird. Zur Zulässigkeit der Forderungspfändungen wird auf die obigen Ausführungen unter lit. a) verwiesen. Aufgrund dieser Zulässigkeit und der Tatsache, dass die Forderungspfändungen nicht von vornherein objektiv zur Rückstandsminimierung ungeeignet waren, sondern zu entsprechenden Überweisungen der Drittschuldnerin an den Abgabengläubiger führte, erfolgte auch die Festsetzung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu Recht (vgl. dazu Liebeg, AbgEO2, § 26, Tz 6 mwN). Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch richten, sind - wie im Übrigen im gesamten Vollstreckungsverfahren - unbeachtlich (Liebeg, AbgEO2, § 26 Tz 5 mit Judikaturnachweisen). Die nach Ansicht des Beschwerdeführers ungerechtfertigte Einbehaltung von Vorsteuerüberschüssen führte gerade zu einem geringeren vollstreckbaren Rückstand und damit auch zu geringeren Exekutionskosten. Der Hinweis auf die noch nicht durchgeführten Veranlagungen zu den Einkommensteuern 2021 und 2022 steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Kostenvorschreibung. Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer andere als die von der Forderungspfändung umfasste Abgaben in der Vergangenheit entrichtet hatte (gemeint sind damit offenkundig im Verhältnis zum vollstreckbaren Rückstand geringe laufende Umsatzsteuervorauszahlungen und Lohnabgaben), für die verfahrensgegenständlichen Abgaben gilt dies aber gerade nicht. Für diese konnte der Beschwerdeführer auch keinen Abstattungsplan vorlegen, der eine Entrichtung der Abgaben in einem überschaubaren Zeitraum sichergestellt hätte. In der Beschwerde vom bestätigte der Beschwerdeführer selbst, dass er nicht in der Lage sei, diese Schulden zu begleichen. Abgesehen davon liegt es im Wesen des abgabenbehördlichen Exekutionsverfahrens, dass vollstreckbar gewordene Abgabenrückstände, die vom Abgabenschuldner nicht entrichtet werden, durch Einbringungsmaßnahmen einbringlich gemacht werden. Es kann im gegenständlichen Fall keine Rede davon sein, dass die Pfändungen "nicht notwendig gewesen wären", wenn der Abgabenschuldner selbst bestätigt, nicht in der Lage zu sein, die Abgabenschulden zu entrichten. Das - erfolglose - Bemühen um eine Schuldenregulierung macht die Festsetzung von Exekutionskosten nicht rechtswidrig.
Die in der Beschwerde und im Vorlageantrag vorgebrachten Einwände zeigen somit keine Rechtswidrigkeit der Kostenvorschreibung auf, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.4. Revisionsbegründung
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100293.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at