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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2024, RV/1100053/2022

Höhe des gemeinen Wertes von geschenkten Liegenschaften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins & Dr. Öztürk KG, Bahnhofstraße 8, ***24*** ***8***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abgeändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schenkungsvertrag vom haben die Beschwerdeführerin, ***1*** ***2***, und ***3*** ***4*** je 1/6 Anteil an der EZ ***5***, KG ***6*** und je 1/3 Anteil an der EZ ***7***, KG ***8*** von ***9*** ***10*** erhalten. Die Beschwerdeführerin ist die Nichte von Frau ***10***.

Die Grunderwerbsteuer wurde durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins KG selbst berechnet. Im Zuge einer Außenprüfung bei der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins KG stellte die Prüferin des FAGVG fest, dass im gegenständlichen Fall die Grunderwerbsteuer nicht vom gemeinen Wert (Rechtslage BGBl I Nr 36/2014), sondern vom 3-fachen Einheitswert berechnet wurde.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer in Höhe von € 13.267,80 vorgeschrieben. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Bei Liegenschaftsübertragungen an Nichten ist nach geltender Rechtslage bei Verwirklichung des Erwerbsvorganges, der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Bisher wurde die Grunderwerbsteuer vom 3-fachen Einheitswert selbst berechnet. In der Stellungnahme zu den Prüfungsfeststellungen wurde ein Preis von 15,00 € pro m² für landwirtschaftliches Vermögen für die Liegenschaft in ***6***, und für die Liegenschaft in ***8*** ein Wert von 218,00 € pro m² gemäß Immobilienpreisspiegel 2015 für normale Wohnlage, vorgeschlagen.

Gemäß § 10 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Die Liegenschaft EZ ***5*** KG ***6*** ist als Bauerwartungsland Betriebsgebiet gewidmet. Daher kann nach Ansicht der Finanzbehörde nicht der m2- Preis für landwirtschaftliche Flächen herangezogen werden. Laut Auskunft der Gemeinde ***6*** werden bereits umgewidmete Liegenschaften Baufläche Betriebsgebiet in dieser Lage mit 210-230,00 € pro m² gehandelt. Dem Umstand Rechnung tragend, dass die Liegenschaft als Betriebsgebiet Erwartungsland gewidmet ist, wird der gemeine Wert mit 80,00 € pro m² geschätzt.

Als gemeiner Wert für die Liegenschaft in ***8*** wurde der Wert für unbebaute Liegenschaften aus dem Immobilienpreisspiegel 2015 mit 218,00 € pro m² vorgeschlagen.

Da der gemeine Wert einen dem tatsächlich erzielbaren Wert möglichst nahe kommen soll, kann eine Schätzung mit dem Wert aus dem Immobilienpreisspiegel der nur einen Durchschnittswert für Baugrundstücke des ganzen Bezirkes ***8*** angibt, niemals einen solchen Wert wiederspiegeln.

Aufgrund von zeitnahen tatsächlichen Verkäufen in näherer Umgebung (GSt. ***32*** um 304,00 € pro m2 und GSt. ***34*** + ***35*** um 360,00 € pro m²) und unter Berücksichtigung der wertmindernden Gründe Iaut Stellungnahme wird der gemeine Wert der Liegenschaft in ***8*** mit 280,00 € pro m² geschätzt.


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Preis pro m²
GW
Widmung
EZ ***7*** KG ***8*** 1/1
3.480
280,00
974.400,00
Wohngebiet
EZ ***5*** KG ***6*** 1/2
4.071
80,00
325.680,00
Erwartungsland Baufläche Betriebsgebiet
übertragen 1/2
162.840,00

Erwerberin ***Bf1***


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1/3 KG ***8***
324.800,00 €
1/3 von 1/2 KG ***6***
54.280,00 €
379.080,00 €
GrEst 3,5%
13.267,80 €
bisher It. SB
-902,96 €
Nachforderung It. FA gerundet
12.364,80 €

In der Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Das Finanzamt Feldkirch begründet seine Entscheidung damit, dass die steuerverfangene Liegenschaft EZ. ***5*** KG ***6*** - so das Finanzamt Feldkirch - als Bauerwartungsland/Betriebsgebiet gewidmet sei und daher nicht der Quadratmeterpreis für landwirtschaftliche Flächen herangezogen werden kann. Laut Auskunft der Gemeinde ***6*** würden bereits umgewidmete Liegenschaften Baufläche / Betriebsgebiet in dieser Lage mit 210,00 € bis 230,00 € pro m² gehandelt. Diesem Umstand Rechnung tragend, dass die Liegenschaft als Bauerwartungsland/Betriebsgebiet gewidmet sei, werde der gemeine Wert, so das Finanzamt Feldkirch, mit 80,00 € pro m² geschätzt. Als gemeiner Wert für die Liegenschaft in ***8*** sei unter Berücksichtigung der wertmindernden Gründe laut Stellungnahme der gemeine Wert der Liegenschaft in ***8*** mit 218,00 € pro m².

Beide Verkehrswertannahmen des Finanzamtes Feldkirch, sowohl für die Liegenschaft in ***6***, als auch für die Liegenschaft in ***8*** sind unzutreffend.

a) Gemäß der von der Beschwerdeführerin eingeholten Auskunft beim gerichtlichbeeideten Sachverständigen, Dl Robert Bischof, Sebastianstraße 13/1, 6850Dornbirn wird die gegenständliche Liegenschaft in ***6*** nach wie vor landwirtschaftlich genutzt und wird als Bauerwartungsfläche ausgewiesen. Entsprechenddem Bewertungsgrundsatz nach Bewertungsgesetz ist bei Annahme einer höheren als dem landwirtschaftlichen Preis von einer Spekulation und somit von einerideellen Wertzumessung an einer solchen Liegenschaft auszugehen. Dl RobertBischof würde eine solche Bauerwertungsfläche als landwirtschaftliche Liegenschaftsfläche bewerten und ist somit hiefür der landwirtschaftliche Preis in Höhe von max. 15,00 € prom² anzusetzen.

In diesem Zusammenhang sei weiters auszuführen - so der Sachverständige Dl Robert Bischof-dass sich auch nach den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes des Landes Vorarlberg gemäß § 2 Abs. 1 folgendes ergibt:

Ob ein Grundstück ein Land- oder Forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nicht nach der aus dem Grundsteuergrenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen.

Festzuhalten in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Geschenknehmerin dieser landwirtschaftlichen Liegenschaft in ***6*** die Nichte der Geschenkgeberin ist und die Geschenknehmerin nur deshalb für diese von der Grundverkehrsbehörde als landwirtschaftliche Liegenschaft definierte Liegenschaft eine Genehmigung zum Erwerb erhalten hat, weil diese die Nichte der Geschenkgeberin ist und weil sie zum Kreis der gesetzlichen Erben gehört. Ohne diese Familienstellung bzw. Erbrechtsstellung wäre für diese landwirtschaftliche Liegenschaft in ***6*** gar keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt worden. Es ist somit davon auszugehen, dass für diese landwirtschaftliche Liegenschaft in ***6*** lediglich der landwirtschaftliche Verkehrswert in Höhe von 15,00 € pro m² heranzuziehen ist.

b) Zu der Liegenschaft in ***8*** ist anzuführen:

In unmittelbarer Nähe in viel besserer Lage hat am ein Kaufgeschäft hinsichtlich der Liegenschaft GStNr. ***36*** (siehe beiliegende Urkunde Beilage ./1) stattgefunden. Bei diesem Kaufgeschäft lag der Kaufpreis bei 150,00 € pro m² (für 773 m² somit € 115.950,00 als Kaufpreis). Es ist somit für eine vergleichbare Liegenschaft in unmittelbarer Nähe aber viel besserer Lage ein viel geringerer Betrag als die vom Finanzamt Feldkirch angenommenen 280,00 € pro m² bezahlt worden. Es ist daher der von der Beschwerdeführerin angegebene Preis von 218,00 € pro m² sicherlich angemessen.

Dabei ist jedenfalls zu berücksichtigten, dass die Lage der im Jahr 2016 verkauften Liegenschaft GStNr. ***36***, GB ***8*** weitaus besser ist als die Lage dergegenständlichen Liegenschaft im unmittelbaren Nahebereich des Stadtteiles "***38***".

Des Weiteren ist auf die ebenfalls in der Beilage befindliche Preiszonenkarte derStadt ***8*** zu verweisen (Beilage ./2), aus der sich ein weitaus geringererPreis als der vom Finanzamt Feldkirch angenommene Wert von 280,00 € pro m² ergibt.

Es ist daher der von der Beschwerdeführerin angegebene Quadratmeterkaufpreisfür die Liegenschaft in ***8*** in Höhe von 218,00 € pro m² durchaus angemessen.

Dies ergibt somit folgende Berechnung:


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Liegenschaften KG ***8*** 3.480 m² à 218,00 €
ergibt 758.640,00 € dividiert durch 3 =

252.880,00 €
Liegenschaft in ***6*** 4.071 m2 à 15,00 €
ergibt 61.065,00 € dividiert durch 3 =

20.355,00 €
somit gesamt
273.235,00 €
hievon 3,5% ergibt somit
9.563,23 €


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Die Grunderwerbssteuer für den Schenkungsvertrag vom beträgt somit

9.563,23 €
Hievon bereits bezahlt
-902,96 €
ergibt somit restlich
8.660,27 €

Es wird somit gestellt der Antrag, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Grunderwerbssteuer für den Schenkungsvertrag vom für die Beschwerdeführerin mit 8.660,27 € festgesetzt wird."

Der Beschwerde war ein Kaufvertrag über Vergleichsgrundstücke beigelegt. Aus diesem Kaufvertrag geht im Wesentlichen hervor:

Die Käuferin ***21*** ***22*** war bereits Hälfteeigentümerin und Bewohnerin des Hauses.

Die Verkäuferin ***11*** ***12*** (***39***), wohnte in der ***13*** 37, in ***14*** ***15***, Deutschland und war Eigentümerin eines ¼-Anteiles an dem vertragsgegenständlichen Haus. Ihr ist ein Vorkaufsrecht an den Miteigentumsanteilen der übrigen Eigentümer zugestanden.

Der Verkäufer Mag. Dr. ***16*** ***17*** (***40***) wohnte in der ***18*** 1-3/17, in ***19*** ***20*** und war Eigentümer eines ¼-Anteiles an dem vertragsgegenständlichen Haus. Ihm ist ein Vorkaufsrecht an den Miteigentumsanteilen der übrigen Eigentümer zugestanden.

Auf dem Miteigentumsanteil des Mag. Dr. ***16*** ***17*** war im Grundbuch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens eingetragen.

Die Käuferin hat den Verkäufern das lebenslange und unentgeltliche Wohnrecht an der Wohnung im Erdgeschoss eingeräumt.

Der Käufer ***25*** ***22*** (***41***), wohnhaft in ***26*** 35, ***24*** ***8*** hat von den Verkäufern ***11*** ***12*** und Mag. Dr. ***16*** ***17*** insgesamt 773 m² Bauland zu einem Preis in Höhe von 115.950,00 €, das sind 150,00 € pro m² erworben.

Auf dem Miteigentumsanteil des Mag. Dr. ***16*** ***17*** war im Grundbuch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens eingetragen.

Frau ***11*** ***12*** und Herr Mag. Dr. ***16*** ***17*** sind Geschwister.

Auch auf den an Herrn ***25*** ***22*** verkauften Grundstücken ist Herrn ***25*** ***22***, Frau ***21*** ***22***, Frau ***27*** ***28***, Frau ***11*** ***12*** und Herrn Mag. Dr. ***16*** ***17*** ein Vorkaufsrecht zugestanden.

Aus der Beilage ./2 "Preiszonenkarte der Stadt ***8***" geht hervor, dass sich das GST-NR ***37*** in der Preiszone zwischen 220,00 € und 280,00 € und das unmittelbar daran grenzende GST-NR 2104 in der Preiszone zwischen 150,00 € und 210,00 € befindet. Aus der Karte war nicht ersichtlich für welchen Zeitraum sie die Preise angibt.

Der angefochtene Bescheid wurde vom Finanzamt mittels Beschwerdevorentscheidung verbösernd abgeändert. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Grundstückserwerbe, bei denen die Steuerschuld nach dem und vor dem entstanden ist, fallen unter das GrEStG in der Fassung des BGBL I Nr 36/2014.

Gemäß § 4 Abs 2 Z 3 a ist die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer als der gemeine Wert des Grundstückes ist.

Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs 2 BewG 1955, BGBL Nr 148/1955 idgF durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist.

Der gemeine Wert kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange zurückliegendem Ankauf, Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder durch Heranziehung eines Immobilienpreisspiegels glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden (vgl. in Fellner, aaO, Rz 21 zu § 4 GrEStG).

Mit Schenkungsvertrag vom hat die Beschwerdeführerin 1/3 Anteil an der EZ ***7*** in ***8***, sowie 1/6 Anteil an der EZ ***5*** von Frau ***10*** erhalten.

Die Grunderwerbsteuer für diesen Vertrag wurde durch die Rechtsanwaltskanzlei Lins KG auf Basis des 3-fachen Einheitswertes selbstberechnet.

EZ ***5*** GB ***6*** GSt Nr 1702,1703 und 1704 Gesamtausmaß 4.071 m2:

Laut Kaufvertrag vom hat die Beschwerdeführerin 1/6 Anteil an dieser Liegenschaft an die Gemeinde ***6*** verkauft. Der Kaufpreis betrug 67.900,00 €, was einem m2 von 100,00 € entspricht.

Dem Beschwerdebegehren auf Ansatz eines m2 Preises in Höhe von 15,00 € kann somit nicht entsprochen werden.

Im Zuge der Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung der Selbstberechnung wurde der Wert für diese Liegenschaft gemäß § 184 BAO mit 80,00 € pro m2 geschätzt (gemeiner Wert 1/6 Anteil 54.280,00 €) und die GrESt mit Bescheid gem. § 201 BAO vom festgesetzt. In Abänderung dieses Bescheides wird der gemeine Wert für diesen Liegenschaftsanteil nunmehr mit 67.850,00 € festgesetzt.

EZ ***7***. GB ***8***. GSt Nr .894. 2104 und ***37***. Gesamtausmaß 3.480 m2:

Der gemeine Wert für diese Liegenschaft wurde im Zuge der Überprüfung der Selbstberechnung auf Grundlage von zeitnahen Verkäufen in näherer Umgebung (GStNr ***34*** und ***35***, Kaufvertrag vom , m2 Preis 360,00 €, GStNr ***32***, Kaufvertrag vom , m2 Preis 304,00 €) und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Kanzlei Dr. Lins vom (Lage und Form der Liegenschaft) gemäß § 184 BAO mit 280,00 € pro m2 geschätzt.

In der Beschwerde wird beantragt, einen m²-Preis in Höhe von 218,00 € in Ansatz zu bringen. Trotz Aufforderung durch das Finanzamt wurden keine geeigneten Unterlagen (Schätzungsgutachten) zum Nachweis dieses gemeinen Wertes vorgelegt, sodass dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren nicht entsprochen werden kann."

Durch den Vorlageantrag vom gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Mit Schenkungsvertrag vom haben die Beschwerdeführerin, ***1*** ***2***, und ***3*** ***4*** je 1/6 Anteil an der EZ ***5***, KG ***6*** und je 1/3 Anteil an der EZ ***7***, KG ***8*** von ***9*** ***10*** erhalten. Die Beschwerdeführerin ist die Nichte von Frau ***10***. Das GST-NR ***37*** hat an der schmalsten Stelle eine Breite von ca 20 m.

Die Liegenschaft in ***6*** war als Bauerwartungsland gewidmet. Die Beschwerdeführerin hat ihren 1/6 Anteil dieser Liegenschaft mit Kaufvertrag vom um 100,00 € pro m² an die Marktgemeinde ***6*** verkauft.

Die Liegenschaft in ***8*** war als Bauwohngebiet gewidmet.

Das Finanzamt hat folgende Verkäufe herangezogen um dem gemeinen Wert zu ermitteln:

Mit Kaufvertrag vom wurde die Liegenschaft GST-NR ***32***, KG ***33*** ***8*** im Ausmaß von 625 m² um einen Kaufpreis in Höhe von 190.000,00 €, das sind 304,00 € pro m² verkauft. Diese Liegenschaft ist weniger als 100 Meter von der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft entfernt und ebenfalls als Bauwohngebiet gewidmet. Das Grundstück ist beinahe quadratisch und hat eine Seitenlänge von ca 25 m.

Mit Kaufvertrag vom wurde die Liegenschaften GST-NR ***34*** und ***35***, KG ***33*** ***8*** im Ausmaß von 1744 m² um den Kaufpreis in Höhe von 627.840,00 €, das sind 360,00 € pro m² verkauft. Diese Liegenschaften sind weniger als 300 Meter von der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft entfernt und ebenfalls als Bauwohngebiet gewidmet. GST-NR ***34*** hat eine Breite von ca 20 m.

Die Beschwerdeführerin hat folgenden Verkauf herangezogen um den gemeinen Wert zu ermitteln:

Mit Kaufvertrag vom wurde die Liegenschaft GST-NR ***36***, KG ***33*** ***8*** im Ausmaß von 773 m² um einen Kaufpreis in Höhe von 115.950,00 €, das sind 150,00 € pro m² verkauft. Diese Liegenschaft ist weniger als 100 Meter von der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft entfernt und ebenfalls als Bauwohngebiet gewidmet. Der Käufer dieser Liegenschaft hatte ein Vorkaufsrecht. Die Verkäufer waren Geschwister. Auf dem Liegenschaftsanteil des Verkäufers war die Einleitung eines Versteigerungsverfahrens angemerkt.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt steht außer Streit.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 4 GrEStG idF des Bundesgesetzes BGBl I 2014/36 lautet:

"§ 4 Art der Berechnung

(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen.

(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:

1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:

a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;

b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;

c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften.

2. Bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist die Steuer vom Einheitswert (§ 6) zu berechnen:

a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;

b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;

c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften;

d) bei Erwerb eines Grundstückes auf Grund einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes.

3. Die Steuer ist - abgesehen von Z 1 und 2 - vom gemeinen Wert zu berechnen:

a) wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes;

b) beim Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird.

4. Bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, ist die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen."

§ 7 GrEStG idF des Bundesgesetzes BGBl I 2014/36 lautet:

"§ 7 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:

1. Durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers 2 vH,

2. a) durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe 2 vH,

b) durch einen eingetragenen Partner von dem anderen eingetragenen Partner bei Aufteilung partnerschaftlichen Gebrauchsvermögens und partnerschaftlicher Ersparnisse anlässlich der Auflösung oder Nichtigerklärung der eingetragenen Partnerschaft 2 vH,

3. durch andere Personen 3,5 vH.

(2) Beim Erwerb durch eine privatrechtliche Stiftung oder durch eine damit vergleichbare Vermögensmasse erhöht sich in den Fällen des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 und 4 die Steuer gemäß Abs. 1 um 2,5% der jeweiligen Bemessungsgrundlage (Stiftungseingangssteueräquivalent). Dies gilt nur, wenn der Wert der Gegenleistung geringer ist als der halbe gemeine Wert des Grundstückes (§ 10 BewG)."

Als Nichte der Geschenkgeberin gehört die Beschwerdeführerin nicht zum gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG idF BGBl I 2014/36 begünstigen Personenkreis.

§ 4 Abs 2 Z 1 und Z 2 GrEStG sind daher nicht anwendbar. Gemäß § 4 Abs 2 Z 3 GrEStG ist die Grunderwerbsteuer daher vom gemeinen Wert zu berechnen.

§ 10 Bewertungsgesetz lautet:

"§ 10. (1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen."

Danach handelt es sich beim gemeinen Wert um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist (vgl. die Erk. vom , Zl. 91/13/0125 und vom , Zl. 90/15/0155), und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. das Erk. vom , Zl. 87/15/0064). Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (vgl. die Erk. vom , Zlen. 92/16/0120-0122, und vom , Zl. 91/16/0125). Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0044; ebenso Rössler-Troll aaO. Rz 3 zu § 9 Abs. 2 d. BewG = S 119 letzter Absatz und die dort zitierte Rechtsprechung des BFH). Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse werden bei der Ermittlung des gemeinen Wertes hingegen nicht berücksichtigt. Derartige ungewöhnliche oder subjektive Verhältnisse liegen aber unter anderem dann vor, wenn z.B. ein Liegenschaftseigentümer sich vertraglich gegenüber einem Vorkaufsberechtigten bindet (vgl. dazu das Erk. vom , Zl. 51/66 Slg. 3490/F), seine Liegenschaft hypothekarisch belastet oder wenn sie von einem letztwillig eingeräumten Wohnrecht betroffen ist.

Es ist allgemeinnotorisch, dass für als Bauerwartungsland gewidmete Liegenschaften deutlich höhere Preise zu erzielen sind, als für als Grünland gewidmete Liegenschaften. Aus dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde ***6*** ist ersichtlich, dass die beschwerdegegenständlichen Liegenschaften in ***6*** als Bauerwartungsland Betriebsgebiet I gewidmet waren. Die Gemeinde ***6*** hat der Beschwerdeführerin ihren Anteil an der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft um 100,00 € pro m² abgekauft. Der Verkauf erfolgte noch im selben Jahr, in dem die Beschwerdeführerin diesen Liegenschaftsanteil geschenkt erhalten hat. Da sich die Gemeinde und die Beschwerdeführerin fremd gegenüberstehen und keine persönlichen oder ungewöhnlichen Verhältnisse zu erkennen sind, beträgt der gemeine Wert der in ***6*** gelegenen Liegenschaften 100,00 € pro m². Insofern ist der angefochtene Bescheid verbösernd abzuändern.

Hinsichtlich der in ***8*** gelegenen Grundstücke ist bei der Ermittlung des gemeinen Wertes von den vom Finanzamt herangezogenen Vergleichsgrundstücken auszugehen, da diese Verkäufe zeitnah zum gegenständlichen Erwerb erfolgten und diese Grundstücke wie bereits in den Sachverhaltsfeststellungen auch sich in unmittelbarer Nähe der beschwerdegegenständlichen Liegenschaften befinden.

Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Vergleichsliegenschaft ist zwar auch zeitnah zum beschwerdegegenständlichen Erwerb verkauft worden und befindet sich auch in unmittelbarer Nähe der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft. Allerdings war auf dem Liegenschaftsanteil eines Verkäufers bereits die Einleitung eines Versteigerungsverfahrens angemerkt. Es handelt sich daher um einen Notverkauf, um die drohende Versteigerung abzuwenden. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die Verkäuferin aus Solidarität mit ihrem Bruder, dessen Liegenschaftsanteil von einer Zwangsversteigerung bedroht war, auch ihren Hälfteanteil verkauft hat. Der Käufer hatte ein Vorkaufsrecht. Im von der Beschwerdeführerin herangezogenen Vergleichskauf liegen daher persönliche und ungewöhnliche Umstände vor, nämlich, die Tatsache, dass es sich um einen Notverkauf gehandelt hat und die Tatsache, dass dem Käufer ein Vorkaufsrecht zugestanden ist. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Kaufpreis weniger als die Hälfte der Kaufpreise in unmittelbarer Nachbarschaft betragen hat.

Die als Beilage ./2 mit der Beschwerde vorgelegte Preiszonenkarte enthält keine Darstellung in welchem Zeitraum die Preise wie und von wem ermittelt wurden. Sie ist daher auf Grund der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Preisermittlung als Beweismittel ungeeignet. Zudem entspricht der vom Finanzamt angesetzte Wert der Obergrenze der Preiszonenkarte.

Auf Grund der Tatsache, dass die GST-NR ***37*** an der schmalsten Stelle ca gleich breit ist wie das Vergleichgsgrundstück ***34*** ist der Preis in Höhe von 280,00 € pro m² durchaus angemessen und keinesfalls zu hoch. Eine weitergehende Preisreduktion auf Grund der Form scheidet daher aus, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht dargetan hat, welche Wertminderungen konkret vorliegen, dass nur ein Wertansatz von ca zwei Dritteln der Vergleichsgrundstücke angemessen sein soll.

Die Grunderwerbsteuer errechnet sich daher folgendermaßen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Preis pro m²
Anteil
GW
EZ ***7*** KG ***8*** 1/1
3.480
280
1/3
324.800,00
EZ ***5*** KG ***6*** 1/2
4.071
100
1/6
67.850,00
Bemessungsgrundlage
392.650,00
GrESt (3,5%)
13.742,75

Die Beschwerde war daher im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig, da alle im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen bereits durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt sind.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100053.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at