Steuerliche Einordnung von Casino-Trinkgeldern aus dem Tronc
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
betreffend den Bescheid des ***FA*** vom hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
In ihrer Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Krankenversicherung in den sonstigen Werbungskosten nicht vollständig berücksichtigt worden wäre. Außerdem ersuche sie, die Trinkgelder als sonstige Bezüge zu besteuern.
Einem Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde, wonach sie zur Prüfung der sonstigen Bezüge gemäß ihrer Eingabe Kopien des Kumulativjournals oder der monatlichen Lohnabrechnungen für Jänner bis April 2020 vorlegen möge, kam die Beschwerdeführerin nicht nach.
Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in welcher ausgeführt wurde:
Der Betrag "sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschalbetrag" i.H.v. € 7.771,13 laut angefochtenem Bescheid beinhalte die genannte Krankenversicherung in voller Höhe. Der Betrag setze sich nämlich zusammen aus € 2.244,86 an privater Grenzgänger-Krankenversicherung und € 5.526,27 an vom Arbeitgeber einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen für laufend ausbezahlten Arbeitslohn.
Soweit die Besteuerung der Trinkgeldzahlungen als sonstige Bezüge beantragt worden wäre, sei auszuführen, es liege im Wesen eines sonstigen Bezuges, dass dieser zusätzlich zum laufenden Lohn ausbezahlt werde. Dies müsse aus äußeren Merkmalen ersichtlich sein.
Laut vorliegendem Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in ***6*** (Grenzgänger) seien die erhaltenen Trinkgeldzahlungen nicht den steuerlich begünstigten Zuwendungen, die nicht monatlich laufend gewährt würden, also nicht den Sonderzahlungen, zuzurechnen. Es handle sich offenbar um laufende Zahlungen. Da sie somit nicht den steuerlich begünstigten Sonderzahlungen, sondern den sonstigen Leistungen und Vergütungen zuzuordnen wären, seien die Trinkgelder zum laufenden Tarif zu besteuern.
Das Beschwerdebegehren sei also insgesamt abzuweisen gewesen.
Es langte ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein, in dem die Beschwerdeführerin ersuchte, die Trinkgelder im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes aus der steuerlichen Bemessungsgrundlage herauszunehmen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin arbeitet als ***3*** bei der ***1***) AG in ***2***.
Sie hat Anspruch auf Trinkgeld aus einer gemeinsamen Trinkgeldkasse (Tronc).
Die Auszahlung an die Mitarbeiterinnen erfolgt durch die Arbeitgeberin nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel.
Die der einzelnen Mitarbeiterin zufließende Trinkgeldhöhe wird nicht vom Kundenkreis bestimmt.
Der Arbeitsvertrag der Beschwerdeführerin verweist in Punkt 20. u. a. auf das Trinkgeldreglement als integrierenden Vertragsbestandteil.
Im Lohnausweis der Beschwerdeführerin sind die Trinkgelder unter "sonstige Leistungen und Vergütungen" angeführt.
Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf unstrittigem Akteninhalt mit Lohnausweis, Beiblatt zum Lohnausweis und Arbeitsvertrag sowie auf dem ***4*** Geldspielgesetz (GSG).
2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 16a EStG 1988 sind von der Einkommenssteuer befreit:
"Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."
Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a regelt das ***4*** Geldspielgesetz (GSG), LGBL. 2010 Nr. 235, die gewerbsmäßig oder öffentlich betriebenen Glücks- oder Geschicklichkeitsspiele um Geld oder andere geldwerte Vorteile, insbesondere die Zulassung und den Betrieb von Spielbanken sowie die Zulassung und Durchführung von Lotterien, Wetten, Geschicklichkeits-Geldspielen und Online- Geldspielen.
In Bezug auf Trinkgelder enthält der Art. 32 des ***4*** Geldspielgesetzes folgende Regelung:
"1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.
2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschließlich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant-oder Garderobenpersonal."
Nicht weiter strittig ist gegenständlich, dass die Krankenversicherung - wie laut Beschwerdevorentscheidung dargestellt - bereits im angefochtenen Bescheid zur Gänze berücksichtigt wurde. Ebenso ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin eine Einordnung ihrer Trinkgelder unter die sonstigen Bezüge gemäß § 67 EStG 1988 nicht weiter aufrecht erhält, ist sie doch einem diesbezüglichen Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde nicht nachgekommen und hat in ihrem Vorlageantrag den Ausführungen der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung (auf die verwiesen wird) betreffend die für eine Beurteilung als sonstige Bezüge erforderlichen Merkmale nichts entgegengesetzt.
Soweit sie ihre Verantwortung im Vorlageantrag dahingehend geändert hat, dass die Trinkgelder mit Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz gänzlich steuerfrei zu stellen seien, ist auszuführen:
Die Beschwerdeführerin gehört als ***3*** nicht jenem Personal an, das gemäß obenstehendem Art. 32 Abs. 2 des ***4*** GSG individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art annehmen darf. Vielmehr zählt sie zum Kreis der Angestellten, die gemäß Abs. 1 leg. cit. einen Anteil am sogenannten Tronc erhalten. Insofern steht einer Steuerbefreiung der ihr von Arbeitgeberseite ausbezahlten anteiligen Trinkgelder aus dem gemeinsamen Topf schon die Bestimmung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 16a, zweiter Satz, EStG 1988 entgegen.
Das Bundesfinanzgericht hat im Hinblick auf Angestellte der ***5*** AG bereits wiederholt das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 Z. 16a EStG 1988 , erster Satz, verneint, "zumal es sich aufgrund des angewendeten Verteilungssystems nicht mehr um Zuwendungen der Kunden an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer von diesen Personen erbrachten Dienstleistungen, sondern vielmehr um einen Rechtsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin auf einen Anteil aus dem Tronc, der Teil des Bruttolohnes ist" handelt (vgl. etwa sowie mwN).
Mit Erkenntnis VfGH, , G 19/08, hat der Verfassungsgerichtshof in einem Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 die Regelung sowohl hinsichtlich des ersten als auch des zweiten Satzes als verfassungskonform beurteilt. Begründend wurde ausgeführt, die Bestimmung betreffe Einkünfte, bei denen ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Normierung einer Steuerbefreiung bestehe. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 hielt das Höchstgericht fest, dass es bei dieser Ausnahme primär um eine steuerliche Regelung für die Fälle gehe, in denen zwar Trinkgelder zulässigerweise geleistet würden, dem Arbeitnehmer selbst aber die direkte Annahme verboten sei, so dass es zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder zu einer Einschaltung des Arbeitgebers kommen müsse. Das Trinkgeld erhalte im zweiten Fall stärker den Charakter eines Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn, den der Gesetzgeber zulässigerweise in die Steuerpflicht einbeziehen dürfe, auch wenn er im Übrigen Arbeitnehmertrinkgelder von der Besteuerung freistelle.
Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung erweist sich daher im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur als gerechtfertigt (vgl. ) und liegt eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht vor.
Es war wie im Spruch zu entscheiden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Streitfrage wurde aufgrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt. Sonstige Sachverhaltsfeststellungen waren über den Einzelfall hinaus nicht von Bedeutung.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Ehgartner/Knechtl in SWK 35/2024, 1386 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100296.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at