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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2024, RV/1100261/2020

Dienstverhältnis eines selbständigen Handelsvertreters mit Ehegattin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch HERBURGER FREI & PARTNER Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH & Co KG, Schloßgraben 10, 6800 Feldkirch, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2017, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) und hat in seiner beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2017 (Erklärung beim Finanzamt elektronisch eingelangt am ) u.a. die an seine Ehegattin ausbezahlten Löhne als Betriebsausgaben behandelt.

Nach einem vom Finanzamt durchgeführten Vorhalteverfahren betreffend u.a. Personalaufwand (Ergänzungsersuchen vom ) erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2017 vom . In der dazu ergangenen gesonderten Bescheidbegründung vom hat das Finanzamt zur steuerlichen Nichtanerkennung des Dienstverhältnisses zwischen dem Bf. und seiner Ehegattin ausgeführt:

"Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:
Für Verträge zwischen nahen Angehörigen gilt, dass eindeutige Vereinbarungen vorliegen müssen, die eine klare Abgrenzung zwischen steuerlich beachtlicher Einkommenserzielung und unbeachtlicher Einkommensverwendung zulassen, wobei entsprechende Zweifel an der steuerlichen Tragfähigkeit zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen.
Verträge zwischen nahen Angehörigen erfahren nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Nach der zu Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Rechtsprechung ist es für die steuerliche Anerkennung erforderlich, dass die Leistungen über eine rechtlich bzw. sittlich gebotene familienhafte bzw. eheliche Beistandspflicht hinausgehen. Der dem Finanzamt vorliegende Dienstvertrag wurde erst im Jahr 2013 abgeschlossen, Ihre Ehegattin bezieht bereits seit 2011 Gehälter von der Firma V. Agentur ***Bf1***. Die im Dienstvertrag vereinbarten Tätigkeiten, nämlich Schaden/Vertragsabwicklungen, fallen grundsätzlich in das persönliche Tätigkeitsfeld eines Versicherungsvertreters und nicht in jenes von geringfügig Beschäftigten. Detaillierte Tätigkeitsbeschreibungen und Tätigkeitsaufzeichnungen fehlen gänzlich.
Auffallend ist zudem, dass das vereinbarte monatliche Bruttoentgelt für 12 Wochenstunden laut Dienstvertrag mit 436 Euro festgelegt wurde, die tatsächliche Entlohnung jedoch geringer ausfällt und seit dem Jahr 2013 nicht erhöht wurde.
Die Mitwirkung der Ehegattin im Betrieb fällt unter die eheliche Beistandspflicht und kann mangels Fremdüblichkeit steuerlich keine Anerkennung finden.
…"

2. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom erhob der Bf. durch seine steuerliche Vertreterin mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde. In der Beschwerde wurden folgende Beschwerdegründe vorgebracht:

"Das Dienstverhältnis von Frau A. ist aus folgenden Gründen anzuerkennen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen dann anzuerkennen, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

1. Hinreichende Außenwirkung:

Die Außenwirkung des Dienstverhältnisses ist jedenfalls gegeben. Es liegt ein schriftlicher Dienstvertrag vor. Dieser wurde dem Finanzamt im Zuge der Veranlagung sogar vorgelegt. Laut Bescheidbegründung soll dieser erst im Jahre 2013 schriftlich unterfertigt worden sein. Das ist nicht richtig. Laut dem Finanzamt übermittelten Unterlagen wurde dieser im Jahre 2012 unterfertigt. Ein Dienstvertrag kann zudem auch mündlich abgeschlossen werden. Die Schriftlichkeit dient nur der Außenwirkung.

Auch die Anmeldung zur Sozialversicherung und Abfuhr von Lohnabgaben unterstützen diese Außenwirkung. Außerdem wurden fremdüblich Sonderzahlungen geleistet.

2. Der Dienstvertrag muss einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben:

Der schriftliche Dienstvertrag, der dem Finanzamt vorliegt, enthält alle gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte und entspricht somit dem Grunde nach den Erfordernissen hinsichtlich eindeutigem, klarem und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt. Auch aus der Tätigkeitsbeschreibung von Frau A., sowie aus den dem Finanzamt ebenfalls vorliegenden genauen Stunden- und Arbeitsaufzeichnungen ist ersichtlich welche Tätigkeiten Frau A. erfüllt.

In der Bescheidbegründung kommt das Finanzamt aus nicht nachvollziehbaren Gründen zur Ansicht, dass die Hilfe in der Schadens- und Vertragsabwicklung in das persönliche Tätigkeitsfeld eines Versicherungsvertreters fallen. Es ist üblich, dass Versicherungsbüros ein Sekretariat haben, welches den Versicherungsvertreter bei diesen Tätigkeiten unterstützt. Gerade Herr ***Bf1*** betreut sehr viele Kunden (dies ist auch aus seinem hohen Umsatz ersichtlich) und ist somit auf eine Sekretärin angewiesen, da dieser Umsatz sonst alleine nur schwer zu bewältigen wäre.

Zudem wird in der Bescheidbegründung angeführt, dass detaillierte Tätigkeitsaufzeichnungen fehlen. Dem Finanzamt wurden mit dem Ersuchen um Ergänzung nachweislich am umfangreiche Stundenaufzeichnungen von Frau A. übermittelt. Wenn die Art der Tätigkeit in etwa immer dieselbe ist, also die Unterstützung in eben diesen beschriebenen Tätigkeiten (Schadensabwicklung, Vertragserrichtung und hier auch Ausbildungen vorliegen), so ist es ausreichend, wenn detaillierte Stundenaufzeichnungen vorhanden sind.

3. Das Dienstverhältnis muss auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden:

Frau A. hat durchschnittlich EUR 376 pro Monat verdient. Aus den Stundenaufzeichnungen und der Division durch die monatlichen Stunden (abzüglich Urlaub und Feiertage) ergibt sich somit ein Stundenentgelt von ca. EUR 9 netto. Dieses Entgelt ist für einfache Sekretariatsaufgaben jedenfalls fremdüblich und auch eine fremde dritte Person würde unter denselben Bedingungen ein solches Dienstverhältnis abschließen.

Ferner hat sich Frau A. jährlich im Spezialgebiet "Versicherung" weitergebildet. So betrugen die bestätigten Ausbildungsstunden für Frau A. im Jahre 2017 beispielsweise 48 Stunden (IDD-Stunden-Nachweis der V., siehe Anlage). Frau A. könnte somit auch bei jedem anderen Versicherungsvertreter diese Tätigkeiten übernehmen.

Die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Dienstverhältnisses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) liegen kumulativ vor. Deshalb ersuchen wir höflich um Teilberichtigung des Bescheides hinsichtlich der Anerkennung des Dienstverhältnisses von Frau A.."

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde abgewiesen (auf die diesbezügliche Begründung des Finanzamtes wird verwiesen).

4. Dagegen brachte der Bf. durch seine steuerliche Vertretung fristgerecht (verlängerte Rechtsmittelfrist zur Einreichung eines Vorlageantrags bis ) mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein. Im Vorlageantrag wurde auf die in der Beschwerde vorgetragenen Ausführungen verwiesen und zu den einzelnen Beschwerdeausführungen folgende Ergänzungen und neue Beweismittel angeführt:

"Dass keine konkreten Tätigkeitsbeschreibungen übermittelt wurden und Tätigkeitsaufzeichnungen gänzlich fehlen ist nicht richtig. Es liegen über die gesamten Zeiträume Stundenaufzeichnungen vor und es existiert auch eine Tätigkeitsbeschreibung (siehe Anlage 1 Stellungnahme von Herrn ***Bf1*** und Frau A. zum Tätigkeitsfeld in der Versicherungsagentur).

Dass Frau A. allein schon aufgrund Ihrer Anstellung mit € 376,- pro Monat (was ungefähr 12 Wochenstunden Arbeit entspricht) jedenfalls nachweislich Tätigkeiten ausübt, die einer Teilzeitsekretärin entsprechen, kann auch durch zahlreiche E-Mails (siehe Anlage 2 und 3) nachgewiesen werden, aus denen ersichtlich ist, dass Frau A. ihrer Tätigkeit als Sekretärin entsprechend der angeführten Stellungnahme im Außenverhältnis für Herrn ***Bf1*** tätig geworden ist. Diese Tätigkeit erfordert eine dementsprechende Ausbildung als Versicherungskauffrau und auch diese Schulungen können anhand der Anlagen 2 und 3 nachgewiesen werden. Im Detail hat Frau A. folgende Schulungen absolviert:

1. Buchhaltung kompakt (2009)
2. Workshop Weiterbildung Sach- und KFZ inkl. Haftpflicht im Ausmaß von 16 Stunden (2017) mit bestandenem Kurs
3. Seminar Sach Basics im Ausmaß von 25 Stunden (2017) mit bestandenem Kurs
4. Kurs Seminar positiv telefonieren im Ausmaß von 8 Stunden (2017) mit bestandenem Kurs
5. Kurs KFZ Basics im Ausmaß von 16 Stunden (2017) mit bestandenem Kurs
6. Kurs FLV Offensive im Ausmaß von 3,5 Stunden (2019) bestanden;
7. IDD Workshop im Ausmaß von 3 Stunden (2018) bestanden
(siehe dazu Anlage 3)

Wir haben auch die handschriftlichen Notizen von Frau A. sowie die Kursinhalte als Anlagen beigefügt, aus denen ersichtlich ist, dass die Ausbildungen von Frau A. umfassend und umfangreich waren und weit über eine eheliche Beistandspflicht hinausgehen.

Es ist zwar richtig, dass im Dienstvertrag ein höheres Gehalt (nämlich € 436,-) eingetragen wurde. Allerdings handelt es sich hier um ein Missverständnis, da die € 436,- ursprünglich für 12 Monatsgehälter gedacht waren. Herr ***Bf1*** war dies nicht bewusst, deshalb hat die Lohnverrechnung dieses Gehalt durch 14 dividiert (Sonderzahlungen), sodass dann gerundet der Betrag von € 376,- resultierte.

Auf die jährlichen Lohnerhöhungen wurde nicht bewusst verzichtet, sondern diese wurden aufgrund des Dauerauftrages schlicht weg vergessen. Allerdings sind diese bei einem geringfügigen Dienstverhältnis aufgrund der Geringfügigkeit als vernachlässigbar anzusehen."

Abschließend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Dienstverhältnisses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) kumulativ vorlägen und um stattgebende Erledigung ersucht.

5. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Bf. ist hauptberuflich als selbständiger Versicherungsvertreter tätig und bezieht seine Einkünfte (Provisionen) von der V.- Aktiengesellschaft (in der Folge auch kurz: V. AG). Die Höhe der vereinnahmten Provisionen betrug im Jahr 2017 rund 150.000,- Euro. Der Bf. verfügt in OrtÖ1-Adr, über Büroräumlichkeiten und tritt nach außen auch unter dem Namen "V. Agentur OrtÖ1" bzw. "V. Agentur ***Bf1***" auf.
Beginnend ab dem Jahr 2011 begründeten der Bf. und seine Ehegattin ein Dienstverhältnis. Über das Dienstverhältnis haben der Bf. und seine Ehegattin eine schriftliche Vereinbarung getroffen ("Angestellten-Dienstvertrag; beidseitig unterschrieben per Datum ). Laut vorliegendem Dienstvertrag beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 12 Wochenstunden und wurde ein Bruttogehalt von 436,00 Euro (fällig monatlich im Nachhinein) vereinbart. Als Tätigkeitsbereich der Ehegattin ist im Dienstvertrag "Schaden/Vertragsabwicklung" angeführt. Das Dienstverhältnis wurde der Sozialversicherung gemeldet. Die Bf. hat nach den vorgelegten "Zeiterfassungskarten für Mitarbeiter" regelmäßig an drei Tagen in der Woche jeweils 4 Stunden gearbeitet (Arbeitstage regelmäßig Montag, Mittwoch und Freitag). Beginn und Ende der Arbeitszeiten wurden nicht aufgezeichnet, vielmehr erfolgt eine Angabe von ganzen Stunden. Die Ehegattin hat im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in der Versicherungsbranche Kurse und Schulungen bzw. Fortbildungsveranstaltungen absolviert (siehe im Detail die Aufzählung im Vorlageantrag, angeführt unter Verfahrensgang Pkt. I.4.). Detaillierte (tagesbezogene) Tätigkeitsaufzeichnugen liegen nicht vor. Seitens des Bf. wurde dazu vorgebracht, wenn die Art der Tätigkeit in etwa immer dieselbe sei, also die Unterstützung in eben diesen beschriebenen Tätigkeiten (Schadensabwicklung, Vertragserrichtung und hier auch Ausbildungen vorliegen), so sei es ausreichend, wenn detaillierte Stundenaufzeichnungen vorhanden sind. Die Ehegattin hat u.a.im Jahr 2017 mit eigenem User und Berechtigungen im V.-System gearbeitet.

2. Beweiswürdigung

2. Die sachverhaltsmäßigen Feststellungen zu den beruflichen Verhältnisses des Bf. ergeben sich aus den vorliegenden Verfahrensakten. Dass der Bf. in OrtÖ1 über Büroräumlichkeiten verfügt und den o.a. Agenturbezeichnungen nach außen auftritt, wurde über Recherche des Bundesfinanzgerichts festgestellt (siehe https://www.V.xxx.). Die zwischen dem Bf. und seiner Ehegattin getroffenen Vereinbarungen zum Dienstverhältnis sind dem vorliegenden Angestellten-Dienstvertrag zu entnehmen. Die Feststellungen zu den Arbeitszeiten der Ehegattin ergeben sich aus den vorliegenden "Zeiterfassungskarten für Mitarbeiter". Die Feststellungen zu den von der Bf. absolvierten Schulungen und Kursveranstaltungen ergeben sich aus den Angaben des Bf. und den dazu vorgelegten Beweismitteln (Bestätigung der Kursveranstalter, Vortragsunterlagen mit handschriftlichen Anmerkungen der Ehegattin, Bestätigung der V. AG vom ). Die Feststellung, dass die Bf. mit eigenem User im V.-System gearbeitet hat, ergibt sich aus der Bestätigung der V. AG vom ).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3. Strittig ist, ob zwischen dem Bf. und seiner Ehegattin ein steuerrechtlich anzuerkennendes Dienstverhältnis besteht und damit, ob die Lohnzahlungen des Bf. an seine Ehegattin als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1988 abzugsfähig sind.

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt sind.

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Dies gilt vor allem deshalb, weil der in der Regel zwischen fremden Geschäftspartnern bestehende Interessengegensatz bei nahen Angehörigen auszuschließen ist und durch die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten steuerliche Folgen entsprechend beeinflusst werden könnten. Diese für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (vgl. zB , uHa Vorjudikatur).
Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Auch die Erfüllung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. zB ).

5. Klarstellend ist zunächst zur Feststellung des Finanzamtes, der gegenständliche Dienstvertrag sei im Jahr 2013 abgeschlossen worden, allerdings habe die Ehegattin bereits seit 2011 Gehälter vom Bf. bezogen, darauf hinzuweisen, dass dieser Vertrag vom Bf. und dessen Ehegattin unter dem Datum unterfertigt worden ist. Unabhängig davon ist seitens des Bundesfinanzgerichts aber auch insbesondere darauf hinzuweisen, dass für das gegenständliche Jahr 2017 eine aufrechte schriftliche Vereinbarung über das Dienstverhältnis bestand.

6. Seitens des Finanzamtes wird nicht in Abrede gestellt, dass die Ehegattin im Betrieb des Bf. gearbeitet hat, allerdings wird vom Finanzamt dazu die Ansicht vertreten, dass die Tätigkeit unter die eheliche Beistandspflicht falle und mangels Fremdüblichkeit steuerlich keine Anerkennung finden könne.

7. Weiters führt das Finanzamt aus, die im Dienstvertrag vereinbarten Tätigkeiten, nämlich Schaden/Vertragsabwicklungen, fielen grundsätzlich in das persönliche Tätigkeitsfeld eines Versicherungsvertreters und nicht in jenes von geringfügig Beschäftigten. Detaillierte Tätigkeitsbeschreibungen und Tätigkeitsaufzeichnungen fehlten gänzlich.

8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt betreffend den als Anerkennungskriterium erforderlichen klaren und eindeutigen Inhalt die Regel, dass bei unklaren Vertragsgestaltungen derjenige zur Aufklärung beizutragen hat, der sich auf die unklare Vereinbarung beruft (vgl. , uHa z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0205, vom , 98/14/0095, und - auch zu den Grenzen der amtswegigen Ermittlungspflichten - vom , 2007/13/0054, jeweils mwN).

9. Im Vorlageantrag wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass eine Tätigkeitsbeschreibung (Stellungnahme) existiere (unter Hinweis auf Anlage 1 zum eingebrachten Vorlageantrag vom ).
In dieser vom Bf. und seiner Ehegattin unterfertigten Stellungnahme werden die Tätigkeitsfelder der Ehegattin für die Jahre 2011 bis Juni 2019 aufgezeigt bzw. näher beschrieben. Danach umfasst das Tätigkeitsfeld der Ehegattin u.a.: Verwaltung von Polizzenkopien von Kunden (Einpflegen der Dokumente in die Bestandsverwaltung per scannen oder anfügen, wenn das Dokument gemailt wurde, Prüfung der Daten wie Prämie, Laufzeit usw. und ob richtig polizziert wurde), Termine mit Kunden vereinbaren, KFZ Anmeldungen, Buchhaltungsbelange des Bf., Erstellung von diversen Vorlagen für Briefverkehr, diverse Büroarbeiten, Prüfung von Kündigungen; ab August 2016 war die Bf. "eigener User" bei der V. ("Einbindung in die V. Welt" mit eigener Mailadresse und Zugriffberechtigungen. Angeführt in dieser Stellungnahme wurden weiters die von der Ehegattin absolvierten Schulungen wie u.a. Basic in gesetzliche Sozialversicherung, Unfall/Kranken/Lebensversicherung, gesetzliche Bestimmungen inkl. Aufbauschulung, Basic KFZ Versicherung inkl. gesetzliche Bestimmungen und Aufbauschulung, Basic Sach-Versicherung inkl. gesetzliche Bestimmungen (Versicherung Haushalt und Gebäude). Angeführt in der Stellungnahme wurde weiters, dass die Ehegattin an internen Schulungen in den Kundencentern der V. durch Mitarbeiter der V. teilgenommen hat ("Hier wurde das GFB erklärt, wichtige Richtlinien der V., div. Vorgänge wie Änderung SEPA Mandat, Kunde anlegen, div. Daten ändern usw.").

Zu den in der Stellungnahme enthaltenen Ausführungen wurden seitens des Bf. zur Veranschaulichung der von der Ehegattin erbrachten Leistungen auch konkrete Arbeitstätigkeiten der Ehegattin im Zusammenhang mit den im Versicherungsbetrieb des Bf. gegebenen Arbeitsabläufen aufgezeigt und hinsichtlich der angegebenen Schulungen die Vortragsunterlagen (zum Teil mit handschriftlich von der Bf. angebrachten Notizen) bzw. handschriftliche Mitschriften zur Nachweisführung übermittelt.

Von Seiten der V. AG wurde mit Schreiben vom bestätigt, dass die Ehegattin vom bis mit eigenem User Uaaa und Berechtigungen für AVC, GFB, Connect, Mail A.@V..at, im V.-System gearbeitet hat. Weiters wurde in diesem Schreiben vom bestätigt, dass die Ehegattin näher angeführte Schulungen absolvierte und unterstützend im KC OrtÖ2 und KC OrtÖ3 zur selbstständigen Durchführung der Arbeiten in den Bereichen Schadensbearbeitung - Sach/Unfall/Kranken/KFZ, Erstellung von Vertragsangeboten für KFZ, AFP-Telefonie, Pflege der Kundenkontaktdaten, Div. Bürotätigkeiten als Frontoffice-Kraft eingearbeitet wurde.

Ergänzend wurde in der Stellungnahme angeführt, 2019 wäre geplant gewesen, die Ehegattin auf 50 % aufzustocken und über die V. eine Frontoffice Zertifizierung zu machen. Allerdings hätten sich der Bf. und die Ehegattin entschieden, zu den Schwiegereltern des Bf. zu ziehen. Die Ehegattin hätte dann dort im elterlichen Betrieb gearbeitet und der Bf. hätte seinen Kundenstock nur noch betreut und wäre gependelt. Dieses Vorhaben sei 2019 durch tragische Umstände zerschlagen worden. Seine Ehegattin habe in der Folge eine andere Arbeitstätigkeit aufgenommen, und der Bf. habe sie Ende Mai abgemeldet.

10. Das Bundesfinanzgericht ist der Ansicht, dass der Bf. im Beschwerdeverfahren ein durchaus klares Bild über die ausgeübten Tätigkeiten der Ehegattin vermittelt hat und dies auch nachzuweisen vermochte. Im Übrigen sind für das Bundesfinanzgericht auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die Richtigkeit der vom Bf. vorgelegten Beweismittel, die auch von dritter Seite stammen, in Zweifel zu ziehen. Festzustellen ist, dass die von der Bf. ausgeübten Tätigkeitrn durchaus unter die im Dienstvertrag vereinbarten Tätigkeiten, nämlich Schaden/Vertragsabwicklungen, fallen. Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts ist das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Anerkennungskriterium, dass Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen "einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben", erfüllt. Das Anerkennungskriterium der Publizität ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zunächst durch den schriftlich abgeschlossenen Angestellten-Dienstvertrag und die Anmeldung zur Sozialversicherung und Abfuhr von Lohnabgaben indiziert und auch insoweit erfüllt, dass die Ehegattin im Rahmen ihrer Tätigkeit wohl auch für Dritte erkennbar unbestritten als Dienstnehmerin für den Bf. tätig war.

11. In der Beschwerde wurde vorgebracht, es sei üblich, dass Versicherungsbüros ein Sekretariat haben, welches den Versicherungsvertreter bei diesen Tätigkeiten unterstütze. Gerade der Bf. betreue sehr viele Kunden (dies sei auch aus seinem hohen Umsatz ersichtlich) und sei somit auf eine Sekretärin angewiesen, da dieser Umsatz sonst alleine nur schwer zu bewältigen wäre. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist dieses Vorbringen nachvollziehbar, wofür im vorliegenden Fall durchaus auch die Höhe der vom Bf. erzielten Provisionen spricht. Im Zusammenhang mit dem Fremdvergleich hat das Finanzamt angeführt, dass das vereinbarte monatliche Bruttoentgelt für 12 Wochenstunden laut Dienstvertrag mit 436 Euro festgelegt worden sei, die tatsächliche Entlohnung jedoch geringer ausgefallen wäre und seit dem Jahr 2013 nicht erhöht wurde. Dazu kann auf die Beschwerdeausführungen verwiesen werden, wo die Ursachen dieser Gegebenheiten vom Bf. plausibel und glaubhaft aufgeklärt wurden. Zudem ist auch festzustellen, dass das Entgelt nicht derart niedrig ist, dass es keinen Gegenleistungscharakter mehr hat (taschengeldähnlich) und steuerlich überhaupt nicht anzuerkennen ist (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 2 Tz 167/5, uHa , ). Damit ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch das Fremdvergleichskriterium gegeben.

12. Somit kann insgesamt gesehen das Dienstverhältnis als dem für "Verträge zwischen nahen Angehörigen" erforderlichen Kriterien entsprechend bezeichnet und somit unter diesem Aspekt aus steuerrechtlicher Sicht anerkannt werden.

13.1. Für den vorliegenden Fall wird vom Finanzamt die Ansicht vertreten, dass die Tätigkeit der Ehegattin unter die eheliche Beistandspflicht falle und mangels Fremdüblichkeit steuerlich keine Anerkennung finden könne.

13.2. Grundlage von Leistungen im Familienverband sind idR nicht Entgeltsvorstellungen, sondern andere Beweggründe (z.B. Erbringung eines Beitrages zur Befriedigung der Familienbedürfnisse). Bei einer derartigen Mitarbeit ohne besondere vertragliche Verpflichtung, welche die o.g. Kriterien nicht erfüllt, sind dadurch veranlasste Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht abzugsfähig (vgl. zB ).
Zwischen Ehegatten gilt als besonderes Abgrenzungskriterium die zivilrechtliche "eheliche Beistandspflicht" als besondere Form der familienhaften Mitarbeit. Nach § 90 ABGB hat ein Ehegatte im Erwerb des Anderen im Rahmen der Zumutbarkeit und Üblichkeit mitzuwirken, wofür er gemäß § 98 ABGB Anspruch auf angemessene Vergütung hat. Liegt bei einer derartigen Mitwirkung kein über diese Verpflichtungen hinausgehendes Vertragsverhältnis vor, sind geleistete Abgeltungsbeträge familienhaft bedingt und somit nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, sondern als Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen i.S.d. § 20 EStG 1988 anzusehen (vgl. zB ). Typische Beispiele einer familienhaften Mitarbeit sind zB (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 2 Tz 167/4) Rasenbetreuung, Laubrechen, Streicharbeiten, PKW-Reinigung, etc (); Telefondienst, Terminvereinbarungen, gelegentliche Chauffeurdienste und Bankerledigungen (, ); praktisch nur in der Freizeit sowie im Urlaub ausgeübte Tätigkeiten ().
Ob die Absicht von Parteien eines in Frage stehenden Rechtsgeschäftes darauf gerichtet war, dieses Rechtsgeschäft abzuschließen, ist für die abgabenrechtliche ebenso wie für die zivilrechtliche Beurteilung des Eintritts der mit dem Geschäftsabschluss verbundenen Rechtsfolgen eine Tatfrage, deren Lösung auf der Ebene der Beweiswürdigung gefunden werden muss, gleich ob die Parteien der behaupteten Vereinbarung zueinander im Angehörigenverhältnis stehen oder nicht (vgl. zB ). Die Versagung der Abzugsfähigkeit von geltend gemachten Betriebsausgaben allein mit der Begründung, die damit verbundenen Leistungen gingen über die eheliche Beistandspflicht nicht hinaus, ohne geprüft zu haben, ob ein anerkennungsfähiger Vertrag unter Angehörigen bestanden hat, belastet den die Nichtabzugsfähigkeit aussprechenden Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. zB , uHa [richtig: ], 2003/15/0093). Das Finanzamt hätte vielmehr das Vorliegen eines behaupteten Dienstverhältnisses an Hand der Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen (vgl. zB , uHa die ständige Rechtsprechung etwa ) prüfen müssen. Wie bereits ausgeführt, vertritt das Bundesfinanzgericht dazu die Auffassung, dass die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderten Anerkennungskriterien für das vorliegende Dienstverhältnis gegeben sind.

Somit sind die Aufwendungen für die Leistungen der Ehegattin als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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