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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2024, RV/1100296/2020

Besteuerung der Anteile einer Casino-Angestellten am Tronc (Trinkgeldkasse)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die in Österreich wohnhafte Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) war 2019 bei der Firma F1 AG-Adr, beschäftigt und erzielte im Jahr 2019 aus dieser Tätigkeit in Liechtenstein (Grenzgängertätigkeit) ganzjährig nichtselbständige Einkünfte. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer (Abgabenerklärung elektronisch eingelangt beim Finanzamt am ) erließ das Finanzamt nach einem durchgeführten Vorhalteverfahren (Ergänzungsersuchen vom betreffend Krankenversicherungsbestätigung) den Einkommensteuerbescheid 2019 (Ausfertigungsdatum ).

2. Die Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom Beschwerde (elektronisch eingelangt beim Finanzamt am ). Als Begründung hat die Bf. angegeben: "Hiermit erbitte ich die Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2019 dahingehend, dass die volle Sonderzahlung in Höhe von EUR z,- steuerlich begünstigt berücksichtigt wird. Zudem wurden die Krankenversicherungsbeiträge nicht berücksichtigt. …"

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die "Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschalbetrag" erhöht (Krankenversicherungsbeiträge) und insoweit den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 vom abgeändert. Dem Beschwerdepunkt betreffend begünstigte Besteuerung der Sonderzahlung wurde vom Finanzamt nicht Folge gegeben. Begründend hat das Finanzamt dazu angeführt: "Da die Lohnzahlungen "Tronc" (Trinkgelder) zusammen mit dem Monatslohn/ laufend zum Monatslohn ausbezahlt wurden, sind diese demzufolge mit laufendem Tarif zu besteuern.
Eine begünstigte Besteuerung gemäß § 67 EStG 1988 kommt nur im Falle einer zusätzlichen Zahlung (insbesondere bei einmaligen Bezügen, wie z.B. 13. und 14. Monatslohn) neben dem laufenden Arbeitslohn in Betracht."

4. In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag (eingelangt beim Finanzamt am ) wurde von der Bf. eingewendet, es sei zu berücksichtigen, dass die "Trinkgelder" nicht der Besteuerung zu unterziehen seien.

5. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). Im Vorlagebericht hat das Finanzamt unter Sacherhalt ausgeführt:
"Sachverhalt:
Frau ***Bf1*** erhält regelmäßige Zahlungen aus dem Tronc (Trinkgeldkasse). Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest (Art. 32 Geldspielgesetz (GSG) vom , Liechtensteinisches Landesgesetzblatt vom ).

Der 13. Monatslohn wurde bereits bei der Veranlagung in Höhe von z CHF mit dem begünstigten Steuersatz von 6 % besteuert (soweit der Freibetrag von 620 Euro überschritten wurde), da diese Zahlung aus dem Beiblatt zum Lohnausweis bescheinigt ist und in der Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber (siehe Arbeitsvertrag, Punkt 4.) die Auszahlung eines 13. Gehaltes vereinbart wurde.

Bei den übrigen beantragten Sonderzahlungen handelt es sich um Zahlungen aus der Trinkgeldkasse (Tronc), welche monatlich ausbezahlt werden. Diese Bezüge sind Teil des Bruttolohnes (siehe Arbeitsvertrag, Punkt 4., Stichwort "Tronc").

Im Vorlageantrag macht Frau ***Bf1*** die Steuerfreistellung der Trinkgelder geltend.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

1. Die in Vorarlberg wohnhafte Bf. erzielte im Jahr 2019 aus ihrer Tätigkeit bei ihrer Arbeitgeberin in Liechtenstein, der Firma ***F1 AG-Adr***, ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Über das Dienstverhältnis zwischen der Bf. und der Arbeitgeberin in Liechtenstein wurde ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen (beidseitig unterfertigt im November 2018), in dem unter Pkt. 4 das Gehalt geregelt wird. Danach erhält die Bf. ein monatlich beziffertes Grundgehalt brutto, welches 13 mal ausgerichtet wird. Das jährliche Grundgehalt setzt sich aus den 13 monatlich bezifferten Grundgehältern brutto zusammen. Hinsichtlich der Auszahlung ist geregelt, dass die Auszahlung am Ende eines jeden Monats erfolgt. Das 13. monatliche Grundgehalt wird je zur Hälfte Ende Juni und Ende November ausbezahlt. Zudem ist vereinbart, dass die Bf. zusätzlich Anspruch auf einen Anteil am Tronc hat, welcher sich nach dem jeweils geltenden Tronc-Reglement richtet. Laut Vereinbarung gilt der Anteil am Tronc als Teil des Bruttolohnes.

Nach dem vorliegenden "Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in Liechtenstein (Grenzgänger)" bezog die Bf. einen Jahresbruttolohn, der sich zusammensetzt aus: Grundlohn (brutto), Zuwendungen, die nicht monatlich laufend gewährt werden (13. Monatslohn) und Sonstige Leistungen und Vergütungen (Tronc), jeweils betragsmäßig angegeben.

Das Finanzamt hat im Einkommensteuerbescheid 2019 vom den im "Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer in Liechtenstein (Grenzgänger)" ausgewiesenen 13. Monatslohn abzüglich der darauf entfallenden Soziallversicherungsbeiträge der begünstigten Besteuerung für sonstige Bezüge unterzogen. Im Übrigen wurden die Lohnbezüger inklusiv der Anteile am Tronc als laufenden Bezüge der Tarifbesteuerung (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) unterzogen.

2. Die Feststellungen ergeben sich auf Grundlage der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage und der ergänzenden Einsichtnahme in die elektronische Datenbank der Finanzverwaltung. Die Feststellungen zum vereinbarten Gehalt ergeben sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom November 2018, wo auch die Gehaltszusammensetzung und die Auszahlungsmodalitäten näher geregelt sind. Die Feststellungen zum an die Bf. ausbezahlten Gehalt ergeben sich aus dem von der Dienstgeberin ausgestellten Lohnausweis (Beiblatt). Im Übrigen ist dieser Sachverhalt unstrittig.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3. Strittig zwischen der Bf. und dem Finanzamt ist einzig, ob die Auszahlung aus dem Tronc als steuerfreie oder steuerpflichtige Einnahmen zu beurteilen sind.

Während die Bf. in der Beschwerde unter Einbeziehung der Gelder aus dem Tronc eine begünstigte Besteuerung von sonstigen Bezügen begehrt, brachte sie nach der abweisend ergangenen Beschwerdevorentscheidung im Vorlageantrag vor, es sei zu berücksichtigen, dass die "Trinkgelder" nicht der Besteuerung zu unterziehen seien.

4. § 3 Abs. 1 Z 16a. EStG 1988 lautet:

"§ 3. (1) Von der Einkommensteuer sind befreit:

16a. Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."

Das liechtensteinische Geldspielgesetz vom , Liechtensteinisches Landesgesetzblatt Nr. 235/2010, enthält in Abschnitt I Art. 32 folgende Regelung:

"1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschließlich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

5. Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 erfasst Trinkgelder, die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung vom Kunden zugewendet werden. Charakteristika des Trinkgeldes sind somit die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis. Das im Beschwerdefall angewendete Verteilungssystem, bei dem die im Tronc gesammelten Trinkgelder im Rahmen der monatlichen Lohnabrechnung nach einem von der Spielbank festgelegten Schlüssel an deren Arbeitnehmer ausbezahlt wurden, erfüllt diese Voraussetzungen nicht (vgl. , unter Hinweis auf Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, Rz 197 zu § 3, mit Hinweis auf , sowie ). Aus dem vorliegenden Arbeitsvertrag ergibt sich, dass die Bf. einen Rechtsanspruch gegenüber der F1 AG als Arbeitgeberin auf einen Anteil am Tronc hatte, der Teil ihres Bruttolohnes war und als solcher der Einkommensteuer unterlag.
Damit ist eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 nicht gegeben und die Steuerfreiheit nicht anzuwenden (vgl. zB , uHa , ; jeweils mwN).

Nach der gegebenen Sachlage zählte die Beschwerdeführerin zu dem von der F1 AG festgelegten Kreis der Angestellten, die einen Anteil am sogenannten Tronc erhielten. Die Annahme individueller Trinkgelder war ihr nach Art. 32 Abs. 2 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes untersagt. Damit stand einer Steuerbefreiung der ihr von der Arbeitgeberin ausbezahlten anteiligen Trinkgelder aus dem Tronc aber die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 entgegen und konnte der Beschwerde insoweit bereits aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein (vgl. wiederum ).

6. Soweit nach dem Vorbringen der Bf. in der Beschwerde eine begünstigte Besteuerung zu berücksichtigen sei, kann ihr auch in diesem Punkt nicht gefolgt werden.
Für sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber erhält, ist in § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 eine begünstigte Besteuerung vorgesehen.
Voraussetzung für das Vorliegen von sonstigen Bezügen ist, dass eine eindeutige Abgrenzung von den (vom selben Arbeitgeber ausbezahlten) laufenden Bezügen möglich ist, und somit eine aus äußeren Merkmalen ersichtliche Zahlung zusätzlich zum laufenden Bezug erfolgt. Solche Bezüge dürfen nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden, sondern müssen Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen abgelten. Die sonstigen Bezüge müssen sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden (vgl. Jakom/Ebner EStG, 2024, § 67 Rz 2, uHa mwN).

Somit stellen die Anteile der Bf. am Tronc steuerpflichtige laufende Bezüge dar, die dem Normaltarif (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) unterliegen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at