Neuer Kollektivvertrag Hotellerie und Gastronomie ab - die wesentlichen Änderungen im Überblick
Von TPA Group am
Der neue Kollektivvertrag für die Hotellerie und die Gastronomie wurde nunmehr veröffentlicht. Dabei tritt der einheitliche Kollektivvertrag für alle Arbeitnehmergruppen (Arbeiter:innen, Angestellte, Lehrlinge, Praktikant:innen), an die Stelle der bisher getrennten Arbeiter- und Angestellten-Kollektivverträge.
Der neue Kollektivvertrag gilt grundsätzlich ab , allerdings treten einige Bestimmungen erst mit in Kraft, um den Betrieben Zeit zur Vorbereitung und Anpassung zu geben.
Um Ihnen einen besseren Überblick zu bieten, was sich in welchen Bereichen ändert, fassen wir hier die wesentlichen Neuerungen im Kollektivvertrag für Sie zusammen. Beachten Sie bitte, dass auch die beste Zusammenfassung nicht sämtliche Details enthalten kann. Bei Zweifelsfällen oder Spezialfragen ist daher unbedingt eine Abklärung anhand des Kollektivvertragstextes zu empfehlen.
Neuerungen im Kollektivvertrag Hotellerie und Gastronomie ab
Probezeit
Der erste Monat des Dienstverhältnisses gilt künftig bei Angestellten und bei Arbeiter:innen automatisch als Probemonat, außer
es handelt sich um einen Wiedereintritt innerhalb von 12 Monaten beim selben Arbeitgeber und im selben Betrieb mit einem im wesentlich gleichen Aufgabenbereich oder
es wird ausdrücklich ein Verzicht auf den Probemonat vereinbart und im Dienstzettel oder Dienstvertrag festgehalten.
Diese Neuerung ist grundsätzlich für Eintritte ab zu beachten. Bei Arbeiter:innen mit unbefristetem Dienstverhältnis gilt sie aber auch schon für Eintritte ab , weil sich diesfalls die 14-tägige Probezeit nach altem Recht auf einen Monat verlängert.
Kündigungsfristen und Kündigungstermine
Laut dem neuen Kollektivvertrag sind für Kündigungsaussprüche ab auch bei Arbeiter:innen die gesetzlichen Kündigungsfristen anzuwenden. Der langjährige Auslegungsstreit, ob das Hotel- und Gastgewerbe unter das „Saisonprivileg“ fällt und die 14-tägige Kündigungsfrist für Arbeiter:innen anwendbar bleibt, ist somit per beendet. Es gelten folgende Kündigungsfristen:
Kündigungsfristen für Arbeitgeber
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Dienstjahr
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Kündigungsfrist
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01. - 02. | 6 Wochen |
03. - 05. | 2 Monate |
06. - 15. | 3 Monate |
16. - 25. | 4 Monate |
ab 26. | 5 Monate |
Kündigungsfristen für Arbeitnehmer
Die Kündigungsfrist für die Arbeitnehmerkündigung betrögt unabhängig vom Dienstjahr 1 Monat.
Als möglicher Kündigungstermin (= letzter Tag des Dienstverhältnisses) gilt der 15. und der Letzte des Kalendermonats.
TPA-Hinweis
Eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ist weiterhin auch ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen weiterhin möglich. Die einvernehmliche Auflösung kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Aus Beweisgründen sollte die einvernehmliche Auflösung jedenfalls schriftlich erfolgen - mit Unterschrift von Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in.
Befristete Dienstverträge
Diese können im Einvernehmen zwischen Betrieb und Arbeitnehmer:in einmalig um bis zu vier Wochen bis zu einem Zeitraum von maximal neun Monaten verlängert werden, wenn ein sachlicher Grund, wie z.B. eine saisonbedingte Verlängerung, gegeben ist.
Durchrechnung der Normalarbeitszeit
Die kollektivvertragliche Regelung zur durchrechenbaren Normalarbeitszeit kann ab für alle Voll- und Teilzeitbeschäftigten angewendet werden. Hierfür ist eine schriftliche Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmer:innen bzw. in Betrieben mit Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Wird die Vereinbarung nicht schriftlich vereinbart, kann keine Durchrechnung vorgenommen werden! Die Unterscheidung zwischen Saison- und Nichtsaisonbetrieben entfällt; damit ist auch bei Saisonarbeitskräften die Durchrechnung zukünftig zu vereinbaren. Der Durchrechnungszeitraum kann im Normalfall bis zu sechs Monate, im Falle von befristeten Dienstverträgen mit maximal neunmonatiger Laufzeit bis zu neun Monate dauern. Für die „Schwankungsbreite“ nach oben hin gilt Folgendes:
Die tägliche Normalarbeitszeit kann auf bis zu neun Stunden ausgedehnt werden.
Die wöchentliche Normalarbeitszeit kann bei Vollzeitbeschäftigten bis zu 48 Stunden und bei Teilzeitbeschäftigten bis zu acht Stunden über die vertragliche Sollarbeitszeit hinaus betragen (also z.B. bei einer 20-Stunden-Teilzeitkraft bis zu 28 Stunden).
Alle Arbeitsleistungen außerhalb der Durchrechenbarkeit bzw. Plusstunden am Ende der Durchrechnungsperiode sind als Überstunden zu behandeln, und zwar auch bei Teilzeitbeschäftigten! Der Arbeitnehmer:in ist nach Ende jeden Kalendermonats binnen zwei Wochen eine Aufstellung der Zeitguthaben/-schulden zur Verfügung zu stellen (schriftlich oder elektronisch).
Ein zum Stichtag laufender Durchrechnungszeitraum ist noch nach der bisherigen KV-Regelung zu behandeln.
Praxishinweis
Die kollektivvertraglich geregelte Arbeitszeitdurchrechnung ist somit hinkünftig auch bei Teilzeitkräften möglich (vor allem zur Vermeidung der Teilzeitmehrarbeitszuschläge von 25 %). Sie bietet einerseits eine gegenüber dem Arbeitszeitgesetz deutlich längere Durchrechnungsdauer, hat aber andererseits aus betrieblicher Sicht den Nachteil, dass Überschreitungen der Durchrechnungsgrenzen bzw. Plusstunden am Ende der Durchrechnungsperiode) nicht bloße Mehrarbeitszuschläge (25 %) darstellen, sondern es sich laut dezidierter Anordnung im Kollektivvertrag um Überstundenzuschläge (50 %) handelt.
Arbeitszeiterhöhung bei Teilzeitkräften
Teilzeitbeschäftigte, deren vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit am Ende des Durchrechnungszeitraumes bzw. am Ende eines sechsmonatigen Beobachtungszeitraumes durchschnittlich um mindestens 20 % überschritten wurde, können binnen 14 Tagen nach Erhalt der Stundenabrechnung schriftlich eine Erhöhung ihrer Normalarbeitszeit im Ausmaß der Überschreitung beantragen.
Höchstarbeitszeit
Der Zeitraum, innerhalb dessen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit (einschließlich Überstunden) 48 Stunden nicht überschreiten darf (bei sonst drohenden Verwaltungsstrafen), wird im Hotel- und Gastgewerbe von 17 auf 26 Wochen ausgedehnt. Achtung: Die Berechnung erfolgt rollierend.
Umkleidezeit
Es erfolgt eine Klarstellung, dass Umkleidezeiten im Hotel- und Gastgewerbe als Arbeitszeit gelten, sofern sie im Betrieb anfallen und es sich um den Wechsel dienstnotwendiger Kleidung handelt. Die Arbeitnehmer:innen sind aber verpflichtet, darauf zu achten, dass die Umkleidezeit pro Dienst nicht mehr als insgesamt zehn Minuten beträgt.
Zusammenhängende Freizeit (Zwei-Tage-Block)
Der neue Kollektivvertrag sieht vor, dass Arbeitnehmer:innen 12-mal pro Kalenderjahr Anspruch auf eine zusammenhängende Zwei-Tage-Freizeit in Verbindung mit dem Sonntag haben (also entweder Samstag plus Sonntag oder Sonntag plus Montag).
In Betrieben mit einem Schließtag oder bei Arbeitnehmer:innen mit einem vertraglich fix festgelegten freien Kalendertag pro Woche ist die Zwei-Tage-Freizeit in Verbindung mit dem Schließtag bzw. mit dem vertraglich fix festgelegten freien Tag zu gewähren. In Betrieben mit mindestens zwei Schließtagen pro Woche entfällt die Verpflichtung zur zusammenhängenden Freizeit.
Übergangsregelung: Für das restliche Jahr 2024 (also ab ) besteht die Pflicht zur Gewährung von Zwei-Tage-Freizeiten nur noch zweimal.
Jugendlichenbeschäftigung
Weiters sieht der Kollektivvertrag einige Sonderregelungen für die Beschäftigung von Jugendlichen vor (Details dazu siehe im KV-Text). Hervorzuheben ist u.a., dass Jugendliche in den ersten acht Wochen eines Lehrverhältnisses nicht am Sonntag beschäftigt werden dürfen; diese Regelung über die freien Sonntage gilt aber nicht im Falle der Anrechnung von Lehrzeiten, bei Wechsel des Lehrverhältnisses oder in Betrieben mit mindestens zwei zusammenhängenden Schließtagen pro Kalenderwoche.
Lehrabschlussbonus
Lehrlingen, die die Lehrabschlussprüfung mit gutem oder mit ausgezeichnetem Erfolg ablegen, gebührt eine einmalige Prämie von EUR 200,00 (für guten Erfolg) bzw. EUR 250,00 (für ausgezeichneten Erfolg).
Gehalts-/Lohnfälligkeit
Lohn-/Gehaltsabrechnung und Lohn-/Gehaltsauszahlung haben spätestens mit dem Monatsletzten des Kalendermonats zu erfolgen.
Nachtarbeitszuschlag
Ein Nachtarbeitszuschlag gebührt für Arbeitsleistungen zwischen 0:00 und 6:00 Uhr, wobei dieser gestaffelt ist: Der volle Nachtarbeitszuschlag beträgt EUR 27,00; von diesem Betrag gebührt je ein Drittel pro begonnenem Zweistundenfenster innerhalb der Zeit zwischen 0:00 und 6:00 Uhr.
Für Arbeitsleistungen, die frühestens um 5:00 Uhr beginnen, gebührt der Nachtarbeitszuschlag in Höhe eines Sechstels. Für Arbeitsleistungen, die frühestens um 5:30 Uhr beginnen, gebührt kein Nachtarbeitszuschlag.
Anmerkung
Die bisherigen kollektivvertraglichen Einschränkungen (Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag nur in Beherbergungsbetrieben oder in überwiegenden Nachtbetrieben) entfallen.
Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld)
Ab neu eintretende Arbeiter erwerben einen Sonderzahlungsanspruch bereits nach Ende des Probemonats (also nicht erst nach zwei Monaten); wenn kein Probemonat Anwendung findet (z.B. wegen Wiedereintritts beim selben Arbeitgeber binnen 12 Monaten mit einem im wesentlichen gleichen Aufgabenbereich), dann gilt auch für den Sonderzahlungsanspruch keine Wartefrist. Für Angestellte gibt es (unverändert wie bisher) ohnehin keine Wartefrist.
Der Kollektivvertrag regelt die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen ab neu. Damit wirkt sich die Neuregelung erstmals auf das Weihnachtsgeld 2024 aus, während für das Urlaubsgeld 2024 (also den ersten Teil der Jahresremuneration) noch die alte KV-Regelung maßgeblich bleibt. Laut der Neuregelung ist als Bemessungsgrundlage das/der im Fälligkeitsmonat zustehende Ist-Gehalt bzw. Ist-Lohn für die Normalarbeitszeit heranzuziehen (inklusive allfälliger Nachtarbeits- und Fremdsprachenzulagen). Zukünftig werden daher in allen Bundesländern auch Überzahlungen berücksichtigt. Überstundenentgelte gehören nicht zur Sonderzahlungsbemessungsbasis (außer bei einem All-in).
Jubiläumsgeld
Jubiläumsgelder können einvernehmlich in eine bezahlte Jubiläumsfreistellung umgewandelt werden.
Neuerungen im Kollektivvertrag Hotellerie und Gastronomie ab
Vordienstzeitenanrechnung
Facheinschlägige Vordienstzeiten, die nach Lehrabschluss (oder einem anderen gleichwertigen Ausbildungs-/Schulabschluss) zurückgelegt wurden, sind wie folgt anzurechnen:
Zeiten beim selben Arbeitgeber sind im vollen Ausmaß anzurechnen.
Zeiten bei anderen Arbeitgebern im Hotel- und Gastgewerbe sind bis zu drei Jahren anzurechnen, allerdings nur insoweit, als gemeinsam mit den Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber nicht ohnehin bereits drei Jahre erreicht sind.
Einstufung in die Lohngruppen 3 und 4
Hilfskräfte sind bei mindestens zehnjähriger Branchenerfahrung in die neugestaltete Lohngruppe 4 einzustufen. Personen mit erfolgreichem Lehrabschluss gehören hingegen sofort in die Lohngruppe 3.
Dienstzeitzulage
(Lohn- und Gehaltserhöhung infolge längerer Betriebszugehörigkeit)
Es kommt zu einer Vereinheitlichung der Dienstzeitstaffel für ganz Österreich (nach einer Dienstzeit von 5, 10, 15 und 20 Jahren), allerdings mit einer umfassenden (für einzelne Bundesländer unterschiedlichen) Übergangsregelung.
Fundstelle(n):
PAAAF-39072