Beschwerdezinsen nach stattgebendem Erkenntnis des BFG iZm beantragten Vorsteuern
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache vormals ***0***, nunmehr ***BF1***, vertreten durch CONSILIA Schwarzach Wirtschaftstreuhand-Gesellschaft m.b.H., Höhenweg 4, 5620 Schwarzach/Pongau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Beschwerdezinsen 2005 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Beschwerdezinsen werden für den Zeitraum bis mit € 1.441,65 festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit am bei der Abgabenbehörde eingelangtem elektronischen Anbringen beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter "unter Bezugnahme auf das Urteil vom über die USt 2005 (Beschwerde vom ) werde die Gewährung von Beschwerdezinsen für den Gutschriftsbetrag von EUR 15.950,-- beantragt."
Im Abweisungsbescheid vom wurde nach Zitierung des § 205a BAO dargelegt, dass im Verfahren betreffend die USt 2005 ein nicht anerkannter Gutschriftsbetrag, der eine Erhöhung der Gesamtgutschrift bewirkt hätte strittig gewesen sei. Es sei nicht eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gewesen.
Es sei hier keine Abgabenforderung entrichtet worden, die dann aufgrund eines Beschwerdeverfahrens sich nicht als nicht rechtmäßig erwiesen habe, sondern vielmehr eine Gutschrift, die aus Vorsteuern resultiere, nicht gewährt worden.
§ 205a BAO sei auf diesen Fall nicht anwendbar. Nachdem diese Gesetzesstelle als Normzweck den Ausgleich des vor Einführung dieses Paragraphen einseitigen Zinsenrisikos des § 212a BAO habe, könne bei einer nicht erfolgten Gutschrift und Erhöhung der Gesamtgutschrift eine Verzinsung nicht erfolgen.
In der am eingebrachten Beschwerde vom wurde vorgebracht:
"1. Entwicklung und Fristenlauf
Am wurde nach mehrjähriger Verfahrensdauer und Entscheid des VwGH in einem gleichgelagerten Fall der Umsatzsteuerbescheid 2005 neu veranlagt. Es kommt somit zu einer Gutschrift von € 15.470,-.
Bereits am 11. Oktober wurde von unserer Kanzlei der Antrag auf Gutschrift der Beschwerdezinsen für die U 2005 eingebracht. Dieser wurde vom der Abgabenbehörde mittels oben angeführtem Bescheid vom abgewiesen und am der Bf. zugestellt.
Innerhalb der offenen Beschwerdefrist wird nunmehr das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom eingebracht.
2. Entrichtung der Abgabenschuld
Mit Niederschrift vom wurde die Aussenprüfung für die Umsatzsteuer 5/2005 bis 8/2005 von der Abgabenbehörde abgeschlossen. In dieser Niederschrift bzw. Aussenprüfung wurden die Baukosten der Privatwohnung mit € 79.750,- festgestellt. Daraus resultierte der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 6/2005. Die Umsatzsteuerzahllast bzw. Gutschrift wurde in weiterer Folge richtig am Abgabenkonto verbucht.
Die Umsatzsteuerzahllast wurde somit (sogar amtswegig) ermittelt und am Abgabenkonto verbucht. Damit gilt sie als entrichtet bzw. das entstandene Guthaben konnte vom Abgabenpflichtigen verwendet werden.
3. Beschwerdebegründung
Im vorliegenden Bescheid führt die Abgabenbehörde wie folgt aus: Nachdem im Verfahren betreffend der Umsatzsteuer 2005 ein nicht anerkannter Gutschriftsbetrag strittig war, der eine Erhöhung der Gesamtgutschrift an Umsatzsteuer 2005 bewirkt hätte, war nicht eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, die vom Ausgang der Beschwerde abhängt, Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.
Laut der belangten Behörde wurde hier keine Abgabennachforderung entrichtet, die dann aufgrund eines Beschwerdeverfahrens sich als nicht rechtmäßig erwiesen hat, sondern vielmehr eine Gutschrift resultierend aus Vorsteuern nicht gewährt.
Die Argumentation der Abgabenbehörde erscheint nicht schlüssig. Durch die Kürzung der Vorsteuern kam es - zufällig - zu einer Reduktion des Überschusses der USt-Zahllast. Genauso - zufällig - hätte es zu einer Erhöhung der USt Zahllast kommen können, wenn bereits davor eine Zahllast bestanden hätte. Wäre diese Zahllast in weiterer Folge entrichtet worden, wäre der Betrag plötzlich den Beschwerdezinsen zugänglich?
Ohne weiter recherchiert zu haben war der § 212a BAO (Aussetzungszinsen) im Jahr 2005 bereits im Rechtsbestand. Nunmehr wäre es für unseren Klienten auch möglich gewesen, einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung des strittigen Vorsteuerbetrages zu stellen. Ungeachtet dessen, ob diesem Antrag stattgegeben worden wäre, wäre die Entscheidung über den Sachverhalt wohl ebenfalls erst im Jahr 2016 erfolgt und der Betrag bis jetzt ausgesetzt gewesen. Nunmehr würde die Behörde zurecht die Aussetzungszinsen vorschreiben, wenn der Fall vom VwGH letztlich anders entschieden worden wäre.
Die Abgabenbehörde verweist im Bescheid auf die Erläuterungen zum AbgÄG 2011. Gerade darin wird der enge Konex des § 212a BAO mit dem § 205a BAO betont. So heißt es: die Zinsen betreffen Nachforderungen im Sinne des § 212a BAO "die entrichtet werden, soweit sich nachträglich als Folge der Berufung ergibt, dass die Nachforderung nicht rechtmäßig war.
Der Umsatzsteuerbescheid 2005 wurde im Oktober 2016 von der Behörde entsprechend dem Urteil des BFG neu erlassen. Das Guthaben wurde am auf dem Finanzamtskonto der Bf. verbucht. Wäre die Abgabe nicht entrichtet gewesen, wäre es wohl auch zu keiner Gutschrift durch die Behörde gekommen.
4. Beschwerdeantrag
Es geht sowohl aus dem Gesetzestext als auch aus den Erläuternden Bemerkungen hervor, dass die Abgabe entrichtet war. Des Weiteren wurde nunmehr von den Gerichten zugunsten unseres Klienten entschieden und von der Abgabenbehörde der strittige Betrag am Finanzamtskonto gutgebucht.
Es wird daher der Antrag gestellt, die Beschwerdezinsen für den Gutschriftsbetrag der U 2005 iHv € 15.950,- abzgl. des Eigenverbrauches des Jahrs 2005 iHv € 480,- somit für einen Gesamtbetrag von € 15.470,- zu gewähren und auf dem Finanzamtskonto der Bf. gutzubuchen."
Im Ergänzungsschriftsatz vom wurde gem. § 262 (2) a BAO auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Aus dem oben angeführten Verfahrensgang und dem Akteninhalt ergibt sich für das BFG auch der weitgehend unstrittige Sachverhalt.
Festgehalten wird aber, dass entgegen dem Antrag auf Gewährung von Beschwerdezinsen vom nicht von einem Gutschriftsbetrag von 15.950,- € auszugehen ist, sondern laut dem Erkenntnis des , der sich ergebende Gutschriftsbetrag von 15.470,- die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zustehenden Beschwerdezinsen darstellt. Von diesem Betrag geht schließlich auch die Bf. in der Beschwerde selbst aus.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 205a BAO in der im Streitzeitraum geltenden Fassung lautet:
"(1) Soweit eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, herabgesetzt wird, sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Zinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen (Beschwerdezinsen).
(2) Der Antrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung der Bescheidbeschwerde, von deren Erledigung die Abgabenhöhe unmittelbar oder mittelbar abhängt;
b) die Bezeichnung des Bescheides bzw. Erkenntnisses, mit dem die entrichtete Abgabenschuldigkeit herabgesetzt wurde;
c) die für die Höhe der Bemessungsgrundlage der Zinsen maßgebenden Angaben.
(3) Zinsen sind nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweicht oder ein Bescheid angefochten wird, dem kein Anbringen zugrunde liegt.
(4) Die Zinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Zinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen."
Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin für eine Abgabengutschrift, deren Höhe unmittelbar von der Erledigung ihrer Beschwerde gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2005 abhängig war und die ihr erst mit dieser Erledigung gutgeschrieben wurde, Beschwerdezinsen zustehen.
Im Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0035, zeigte der VwGH nach Ergehen des auf, dass die BAO zwar keine allgemeinen Verzinsung von Abgabenschulden kennt, sehr wohl aber mehrere Zinsentatbestände enthält, die dem VwGH - solange der nationale Gesetzgeber keine entsprechende Regelung getroffen hat - in Verfahren beantragter Zinsen von Umsatzsteueransprüchen einen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen angewandte Rechtsanalogie zur Auflösung des derzeit bestehenden Normenkonfliktes zwischen nationalem Recht und (nicht unmittelbar anwendbarem) Unionsrecht erlaubt.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus diesen Judikaten, dass der Bf. die beantragten Beschwerdezinsen zuzuerkennen sind.
Ausgehend vom Gutschriftsbetrag von 15.470,- € errechnen sich die Zinsen für den Zeitraum bis (stattgebendes Erkenntnis des BFG) wie folgt:
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Anfang | Ende | Anzahl Tage | Zinssatz/Jahr | Zinssatz/Tag | Beschwerdezinsen |
493 | 2,38 | 0,0065022732 | 495,94 € | ||
1043 | 1,88 | 0,005150685 | 831,07 € | ||
196 | 1,38 | 0,003780822 | 114,64 € | ||
1.441,65 € |
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen im hier zu entscheidenden Fall nicht vor, sodass auszusprechen war, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2101827.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at