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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.10.2024, RV/5100673/2020

Rückforderung eines Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für die gemeinsame Tochter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***4***, ***5***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , nunmehr FAÖ DS ***1*** , betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2013 für das Kind ***3*** , geb. ***6***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Kind ***3*** wegen Überschreitung des Familieneinkommens für das Jahr 2013 in Höhe von € 35.000 gem. § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG zurückgefordert.

Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Beschwerdev. wurde vom Bf. wie folgt begründet:

"Die maßgebliche Einkommensgrenze in der Höhe von € 35.000,00 für die Rückzahlung des Zuschusses wurde im Jahr 2013 nicht überschritten. Im Jahr 2013 hatten meine Frau, ***2***, und ich Topfsonderausgaben für Wohnraumschaffung in der Höhe von insgesamt € 7.248,00 (Errichtung eines Eigenheimes, die Nachweise für die Darlehens- und Kreditrückzahlungen sind beigelegt). Da das Einkommen meiner Frau unter der jährlichen Steuerfreigrenze lag und sich die Topfsonderausgaben steuerlich bei ihr also nicht auswirkten, wurde der gesamte Betrag bei der Arbeitnehmerveranlagung für 2013 bei mir geltend gemacht (die Datenkörbe unserer Anträge sind beigelegt). Mit dem Erhöhungsbetrag fürTopfsonderausgaben ab drei Kindern hatte ich jedoch einen Höchstbetrag von nur € 4.380,00 (Topfsonderausgabenviertel: € 1.095,00). Der Restbetrag von € 2.868,00 (Topfsonderausgabenviertel € 717,00) reduziert das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG meiner Frau, ***2***, ausreichend, um mit dem Gesamteinkommen die Einkommensgrenze für beide Elternteile von € 35.000,00 nicht zu überschreiten: Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 im Jahr 2013 für ***Bf1***: 28.311,65 € - 372,00 € - 132,00 € - 1.095,00 € - 50,00 € - 150,00 € - 660,00 € 25.852,65 € KZ 245 Pendlerpauschale Werbungskostenpauschale Topfsonderausgabenviertel Spenden Kinderbetreuungskosten Kinderfreibeträge für 3 Kinder Einkommen gem.§ 2 Abs. 2; Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 im Jahr 2013 für ***2***: 9.838,07 €- 372,00 €- 132,00 €-717,00 € 8.617,07 €, Gesamteinkommen für das Jahr 2013: € 34.469,72, KZ 245 Pendlerpauschale Werbungskostenpauschale Topfsonderausgabenviertel Einkommen gern. § 2 Abs. 2;Ich ersuche das Finanzamt daher um Berücksichtigung des wie oben berechneten Gesamteinkommens in der Höhe von € 34.469,72 sowie um die Erstellung eines neuen Bescheides, mit dem der Rückzahlungsbetrag entsprechend auf € 0,00 gesetzt wird. Ich beantrage die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO in Höhe des strittigen Betrages von €1.756,34. Ich danke im Voraus für Ihre Mühe und verbleibe mfG, die Bfin."

Mit Vorhalt v. wurden die Nachweise für Darlehensrückzahlungen und Kreditrückzahlungen sowie die Verträge betreffend Darlehen, Finanzierung, Rückzahlungen der Darlehenssumme und die Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für 2013 angefordert.

Am wurden die angeforderten Unterlagen vom Bf. beim Finanzamt persönlich abgegeben.

Die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2013 jeweils v. weisen ein Einkommen beim Kindesvater u. Bf. von 25.852,65 € und bei der Kindesmutter und Gattin des Bfs. von € 9.274,07 aus. Das Gesamteinkommen betrug iSd § 19 KBGG € 35.126,72.

Die Einkommensteuerbescheide jeweils v. sind in Rechtskraft erwachsen. Beim Bf. wurde eine Negativsteuer v.€ 376,03 berechnet. Eine Beschwerde gegen diese Bescheide wurde weder vom Bf. noch von der Gattin des Bfs. erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung v. wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ausgeführt:

"Werden die in § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG genannten Einkommensgrenzen überschritten (bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von mehr als 35.000 €), so haben gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG die Eltern des Kindes eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten, wenn an einen der beiden Elternteile ein solcher Zuschuss ausbezahlt wurde. Die Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 5 % des Einkommens entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird (§ 21 KBGG). Nach § 19 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) Abs. 1 beträgt die Abgabe jährlich in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von mehr als 35.000 Euro ... 5% mehr als 40.000 Euro ... 7% mehr als 45.000 Euro ... 9% des Einkommens. Nach § 19 KBGG Abs. 2 gilt als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 lit a, c und d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Bundesministerium " Das Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 beträgt laut Einkommensteuerbescheid 2013 für Herrn ***Bf1*** 25.852,65 Euro und für Frau ***2*** 9.274,07 Euro. Das Gesamteinkommen für das Jahr 2013 beträgt 35.126,72 Euro. Da somit die Grenzen nach § 19 Abs. 1 KBGG überschritten wurden, waren 5% des Jahreseinkommens 2013 zur Rückzahlung vorzuschreiben."

Dagegen wurde durch den mittlerweile bevollmächtigten Rechtsanwalt (Vollmacht v. incl. Zustellvollmacht, die auch bis zum Tag dieser Entscheidung nicht widerrufen wurde) fristgerecht der Vorlageantrag am erhoben.

"…Es wird nunmehr beantragt, die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Hinsichtlich der Begründung des Begehrens wird auf die Beschwerde vom , verwiesen und diese wie folgt ergänzt: Gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG besteht eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 5 % des Einkommens, wenn die Einkommensgrenzen (mehr als EUR 35.000,00) überschritten werden. Im gegenständlichen Fall besteht die Forderung des Finanzamtes auf Rückzahlung nicht zu Recht, da die Einkommensgrenze nicht überschritten wurde. Bei ***2*** wurden ursprünglich bei der Arbeitnehmerveranlagung keine Sonderausgaben angegeben. Bei der Arbeitnehmerveranlagung von Herrn ***Bf1*** wurden Sonderausgaben in Höhe von EUR 7.248,00 veranschlagt. Aufgrund der betraglichen Deckelung wurden bei dem Jahresausgleich EUR 4.380,00 berücksichtigt. Die verbleibenden EUR 2.868,00 sind bei ***2*** zu berücksichtigen und verringert sich dadurch das Einkommen um EUR 657,00. Bei ***2*** wurde ein Einkommen in Höhe von EUR 9.274,07 erfasst. Jedoch ergibt sich bei Berücksichtigung der anteiligen Sonderausgaben ein Betrag in Höhe von EUR 8.617,07. Bei Herrn ***Bf1*** ist ein Einkommen von EUR 25.852,65 erfasst. Dies ergibt in Summe ein Gesamteinkommen von EUR 34.469,71. Die Einkommensgrenze ist somit nicht überschritten und besteht kein Rechtsgrund zur Rückzahlung von EUR 1.756,34. Das Finanzamt hätte die Erfassung des Gesamteinkommens aufgrund der Abgabe einer korrigierten Veranlagung (Eingangsstempel Finanzamt ) richtigstellen müssen. Dies ist allerdings zu Unrecht nicht erfolgt. Es besteht kein Rechtsgrund zur Rückzahlung, da die Einkommensgrenze nicht überschritten wurde. Es wird daher der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zudem wird beantragt, die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von € 1.756,34 gemäß § 212a BAO zu gewähren".

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Sachverhaltsmäßig steht im vorliegenden Fall unbestritten fest, dass der Bf. mit der Kindesmutter im maßgeblichen Zeitraum verheiratet war und auch noch immer ist. Er ist Vater der am ***6*** geborenen Tochter ***3***. Mit der Kindesmutter lebt sie in einem gemeinsamen Haushalt (vgl. ZMR-Abfrage). Für die gemeinsame Tochter wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld von insgesamt € 5.138,88 bis zum ausbezahlt.

Das Einkommen des Bfs. betrug im Jahr 2013 (Rückzahlungszeitraum) € 25.852,65.Das Einkommen der Kindesmutter betrug im Jahre 2013 € 9.274,07. Das Gesamteinkommen betrug daher € 35.126, 72. Die Einkommensgrenze wurde somit geringfügig überschritten (€ 35.000).

Am wurde das zuständige ehemalige Finanzamt über die Vorgangsweise der Rückzahlung informiert, welches einen Erklärungsversand betreffend Rückforderung des streitgegenständlichen Zuschusses an den Bf. (mit Frist bis ) auslöste. Der Rsb-Rückschein wurde vom Bf. am übernommen (Verlängerung der Verjährungsfrist um 1 Jahr).

Es wurde lt. Spruch des Rückforderungsbescheides v. ein Rückzahlungsbetrag von € 1.756,34 ermittelt. Es wurde vom Bf. ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212 a BAO gestellt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage (Datenübermittlung durch den Sozialversicherungsträger, den Datenbanken der Finanzverwaltung (Grund-u. Veranlagungsdaten) sowie dem elektronischen Akt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die gegenständlich anzuwendenden Gesetzesbestimmungen waren für Geburten ab 2008 anwendbar (§ 49 Abs. 23 KBGG in der für den Beschwerdezeitraum maßgeblichen Fassung).

Eine Rückzahlung nach § 18 Abs. 1 Z 2 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG) 2001 in der Fassung des BGBl. 117/2013 ist von den Eltern des Kindes zu leisten, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt worden ist.

§ 9 Abs. 1 Z 2 KBGG bezieht sich auf verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12.

§ 13 KBGG findet dann Anwendung, wenn die genannten Personen mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären.

Die Aufhebung des § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G184/10 u.a. erfolgte unter anderem deshalb, weil in diesen Fällen zwar eine Verpflichtung des zuständigen Krankenversicherungsträgers bestand, den anderen Elternteil von der Zuschussgewährung zu verständigen, an die Verletzung der Verständigungspflicht jedoch keine Rechtsfolgen geknüpft waren.

Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG wurde jedoch nicht aufgehoben und ist daher auf die vor dessen Außerkrafttreten verwirklichten Sachverhalte weiterhin anzuwenden.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG hat der Elternteil des Kindes eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss ausbezahlt wurde. Die Rückzahlung ist nach § 18 Abs. 3 KBGG eine Abgabe im Sinne des § 1 BAO. Die Höhe der Abgabe beträgt bei einem jährlichen Gesamteinkommen von mehr als 35.000 € Euro 5% des Einkommens (§ 19 Abs. 1 Z 2 KBGG) und ist im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG beträgt die Abgabe jährlich in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von

mehr als 35.000 € 5% des Einkommens…

(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen.

Die Erhöhung beträgt

1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,

2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte

Der Abgabenanspruch entsteht nach § 21 KBGG (mit Hinweis auf Abschnitt § 49/17) mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 Abs. 1 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Das Finanzamt errechnete nach den Meldungen der Sozialversicherung (interne Meldung) Rückzahlungsverpflichtungen für den Bf. für das Jahr 2013.

Dem 4. Abschnitt des KBGG (alter Rechtslage) ist nicht zu entnehmen, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nur dann entsteht, wenn der Rückzahlungsverpflichtete vorab über die Auszahlung informiert worden ist. Vielmehr entsteht der Abgabenanspruch - ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssten - mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem von diesem die Einkommensgrenze gemäß § 19 Abs. 1 KBGG (je nach Rechtsgrundlage: eigenes oder Gesamteinkommen) erreicht wird.

§ 21 KBGG lautete in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung:

Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

§ 22 KBGG lautete in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung:

Die Erhebung der Abgabe obliegt in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes ….zuständigen Finanzamt.

§ 26 KBGG lautete in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung:

(1) Für die Geltendmachung des Anspruches ist ein bundeseinheitliches Antragsformular zu verwenden. Der Krankenversicherungsträger hat dem Antragsteller oder seinem Vertreter auf deren Verlangen das Einlangen des Antrages zu bestätigen.

(2) Wird der Bezug einer Leistung nach diesem Bundesgesetz unterbrochen oder ruht der Anspruch und ist das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes ungewiss, so ist der Fortbezug der Leistung durch Wiedermeldung geltend zu machen. § 4 Abs. 2 gilt auch für die Wiedermeldung.

§ 27 KBGG lautete in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung:

(1) Besteht Anspruch auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz, so ist dem Antragsteller eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, voraussichtliches Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Die Mitteilung hat eine Aufschlüsselung der Leistungen zu enthalten.

(2) Der Mitteilung gemäß Abs. 1 ist eine vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu erstellende Information, aus der insbesondere Rechte und Pflichten der Bezugsberechtigten hervorgehen, anzuschließen.

(3) Ein Bescheid ist auszustellen,

1. wenn ein Anspruch auf eine Leistung gar nicht oder nur teilweise anerkannt wird oder

2. bei Rückforderung einer Leistung gemäß § 31 oder

3. bei Widerruf oder rückwirkender Berichtigung einer Leistung gemäß § 30 Abs. 2, wenn die Bescheiderstellung ausdrücklich verlangt wird.

Rückforderung

§ 31 KBGG (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Leistungsbezieher zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder, wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

(2) Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 8) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrages der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

(3) Wenn eine dritte Person eine ihr obliegende Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen oder falsche Angaben gemacht und hiedurch einen unberechtigten Bezug verursacht hat, kann sie zum Ersatz verpflichtet werden.

(4) Rückforderungen, die gemäß den Abs. 1 bis 3 vorgeschrieben wurden, können auf die zu erbringenden Leistungen bis zur Hälfte derselben aufgerechnet werden; sie vermindern den Leistungsanspruch entsprechend. Der Krankenversicherungsträger kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,

1. die Erstattung des zu Unrecht gezahlten Betrages in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,

2. die Rückforderung stunden,

3. auf die Rückforderung verzichten.

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.

(5) Anlässlich der Vorschreibung von Rückforderungen sind Ratenzahlungen zu gewähren, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners die Hereinbringung der Forderung in einem Betrag nicht möglich ist. Die Höhe der Raten ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners festzusetzen.

(6) Werden Ratenzahlungen bewilligt oder Rückforderungen gestundet, so dürfen keine Zinsen ausbedungen werden.

(7) "Die Ausstellung von Bescheiden über Rückforderungen von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ist nur binnen 7 Jahren, gerechnet ab Ablauf des Kalenderjahres, in welchem diese Leistungen zu Unrecht bezogen wurden, zulässig. Ein Bescheid über eine Rückforderung tritt nach Ablauf von 3 Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft außer Kraft, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollzogen wurde; § 68 Abs. 2 ASVG zweiter und dritter Satz gelten sinngemäß.", ist gemäß § 49 Abs. 14 auf Geburten nach dem anzuwenden):

§ 2 Abs. 2 EStG 1988 lautet (i. d. F. für 2013):

(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104, 105 und 106a.

§ 2 Abs. 3 EStG 1988 lautet (i. d. F. für 2013):

(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:

1. …

2…

3. ….

4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),

5. …

6. …

7. …

Erwägungen

Beschwerde und Vorlageantrag sehen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids dahin, dass bei Ansatz eines Einkommens von € 25.852,65 (Kindesvater/Bf.) und € 8.617,07 (Gattin ) , einem Gesamteinkommen somit v. 34.469,72 €, statt eines Gesamteinkommens von 35.126,72 € ( € 25.852,65 (Kindesvater/Bf.) und 9.274,07 (Gattin) € , nicht eine Abgabe gemäß § 19 Abs. 1 KBGG von 1.756,34 € anfallen würde, sondern gar keine Abgabe vorschreiben wäre, weil das Gesamteinkommen unter 35.000,00 € im Jahr 2013 gelegen sei.

Der Bf. will durch den Abzug von Sonderausgaben bei der Kindesmutter im Nachhinein eine Reduktion ihres und damit des Gesamteinkommens erreichen, um unter die € 35.000 Einkommensgrenze zu fallen. Indirekt bestreitet er damit eine Bindung an die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide nach alter damaliger Rechtslage.

Das Gericht hält dem Bf. die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum KBGG entgegen, wonach hinsichtlich der Höhe der Einkünfte in einem Verfahren betreffend Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld (durch die Gebietskrankenkassen bzw. nunmehr die Österreichische Gesundheitskasse) eine Bindung an den Spruch des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids besteht (vgl. ; ) besteht.

Gemäß § 19 Abs. 2 KBGG gilt als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte in einem näher dargestellten Umfang zu erhöhen.

§ 19 Abs. 2 KBGG in der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Fassung enthält keine mit § 8 KBGG i. d. g. F. vergleichbaren Regelungen in Bezug auf weitere Adaptierungen des Einkommens gemäß Einkommensteuerbescheid.

Der Gesetzgeber geht grundsätzlich von den steuerpflichtigen Einkünften gemäß dem EStG 1988 aus und knüpft damit an jenen Einkommensbegriff an, der für Zwecke der Erhebung der Einkommenssteuer als maßgeblich angesehen wird (vgl. zu § 8 KBGG ).

Er kann sich nicht nach Rechtskraft des jeweiligen Einkommensteuerbescheides - nach der damaligen Rechtslage - eine einmal getroffene Wahl für die Höhe der nach dem EStG 1988 beantragten und so auch festgestellten Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensermittlung ändern.

§ 19 Abs. 2 KBGG stellt auf das nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zu ermittelnde Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ab und adaptiert dieses um bestimmte, hier nicht zutreffende Zuschläge.

Es ist auch keine vom Gesetzeswortlaut abweichende teleologische Interpretation zu Gunsten des "Grundgedankens des Zuschusses", einkommensschwache Familien zu unterstützen, geboten.

Im Jahre 2013 wurde die Einkommensgrenze des § 19 KBGG (€ 35.000) überschritten. Damit war der Bf. nach § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG zur Rückzahlung des an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld grundsätzlich verpflichtet und entstand der Abgabenanspruch mit Ablauf dieses Jahres.

Das Gericht räumt ein, dass hier ein "Härtefall" vorliegt, der aber nur im Wege eines Nachsichtsantrages bei der Abgabenbehörde zu sanieren wäre.

Da § 18 Abs. 3 KBGG die "Rückzahlung" als Abgabe im Sinne des § 1 BAO normiert, gelten für diese auch die Verjährungsfristen der Bundesabgabenordnung.

§ 207 Abs. 1 BAO bestimmt, dass das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung unterliegt. Abs. 2 dieser Bestimmung legt fest, dass die Verjährungsfrist fünf Jahre beträgt.

Nach § 208 Abs. 1 BAO beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Das Recht, die Abgabe für das Jahr 2007 gemäß Abschnitt 4 (= Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) festzusetzen, verjährt frühestens Ende 2018.

Demnach wäre eine Festsetzung der Abgabe des Jahres 2013 auch noch im Jahr 2018 möglich.

Im gegenständlichen Fall wurde die Abgabe des Jahres 2013 aber nicht im Jahr 2018, sondern am festgesetzt.

Dazu ist festzuhalten, dass § 21 KBGG (s. § auch 49 Abs. 17 u.18 u.§ 49/23) das Wort "frühestens" enthält und somit die Verjährung frühestens Ende 2018 eintritt. Daraus ist zu schließen, dass eine Abgabenfestsetzung betreffend die Abgabe 2013 auch noch nach Ablauf des Jahres 2018 möglich ist. Darüber, wann ein solcher Fall vorliegt, gibt das KBGG aber keine Auskunft, weshalb diesbezüglich auf die allgemeinen Verlängerungsmöglichkeiten der BAO zurückzugreifen ist (subsidiäre Anwendung von Verjährungsvorschriften).

Nach § 209 Abs. 1 erster Satz BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen werden. Eine Abgabenfestsetzung im Jahr 2019 für die Rückforderung ausbezahlter Zuschüsse im Jahr 2013 setzt voraus, dass es zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist gekommen ist.

Das Bundesfinanzgericht entscheidet aufgrund der ihm vorgelegten elektronischen Aktenteile (vgl. § 265 ff BAO).

Da nach der Aktenlage betreffend des Rückzahlungsanspruches für das Jahr 2013 eine nach außen hin erkennbare Amtshandlung (im Jahre 2018) zur Geltendmachung des Abgabenanspruches dokumentiert ist, wurde die Verjährungsfrist um 1 Jahr verlängert.

Da das Gesamteinkommen nach § 19 Abs. 2 KBGG 35.126,72 € im Jahr 2013 betragen hat, war die Abgabe mit 5% des Gesamteinkommens mit € 1.765,34 festzusetzen.

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid ist daher nicht mit Rechtswidrigkeit (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet; die Beschwerde war gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Absehen von der mündlichen Verhandlung

Auch wenn § 274 Abs. 1 Z 1 BAO im Fall eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Vorlageantrag der anwaltlichen Vertretung diesbezüglich einen Rechtsanspruch vorsieht, wird im gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen davon abgesehen:

Art. 6 Abs. 1 EMRK garantiert das Recht auf ein faires Verfahren als Grundrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom , Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hiezu etwa ). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte (vgl. ). Es ist vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK maßgeblich, welcher Natur die Fragen sind, die für die Beurteilung der gegen den angefochtenen Bescheid relevierten Bedenken zu beantworten sind. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dabei im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren regelmäßig unterbleiben, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt (vgl. ua). Nach der Rechtsprechung des EGMR und - ihm folgend - des VfGH kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg 18.994/2010, VfSlg 19.632/2012, ). Das Gericht kann unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR , Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR , Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29).

Da die Sach- und auch die Rechtslage betreffend Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld eindeutig war und keine diesbezüglichen Zweifel (reine Berechnungsfrage) mehr vorlagen, konnte auch von der Durchführung der mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Auch Verwaltungsgerichte haben das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten. Da der Streitwert relativ gering ist, die vom Beschwerdeführer zu tragenden Kosten der Verhandlung (§ 313 BAO) diesen jedenfalls übersteigen werden und die Sachlage als auch die Rechtslage geklärt sind, wurde von der Durchführung der mündlichen Verhandlung abgesehen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des ; p) entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 31 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
Schlagworte
Rückforderung eines Zuschusses zum KBGG
keine Verjährung
Auswahlermessen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100673.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at