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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.10.2024, RV/7100506/2019

Einstellung des Verfahrens mangels Parteifähigkeit einer GmbH aufgrund im Firmenbuch erfolgter Löschung gemäß § 40 FBG

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Monika Fingernagel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2015, Umsatzsteuer 2015 und 2016 sowie Umsatzsteuerfestsetzung für 01-05/2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Bei der Beschwerdeführerin (Bf) fand im Jahr 2018 eine Außenprüfung hinsichtlich Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2014-2015 statt. Die Betriebsprüfung traf dabei ua die Feststellung, dass hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Lieferungen an ungarische Scheinfirmen die Steuerfreiheit zu versagen sei.

Das Finanzamtes Wien 4/5/10 erließ daraufhin am - nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2015 - die entsprechenden Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 sowie Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für den Zeitraum 01 bis 05/2017.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Daraufhin brachte die Bf mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein.

Sachverhalt:

Die Bf, eine GmbH mit Sitz in ***2***, wurde am ***1*** errichtet und ins Firmenbuch eingetragen.

Mit Beschluss des Handelsgerichts ***2*** vom ***3*** wurde über die Gesellschaft Konkurs eröffnet.

Mit Beschluss des Handelsgerichts ***2*** vom ***4*** wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.

Am ***5*** wurde die Gesellschaft amtswegig wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht.

Die Abgabennachforderung hinsichtlich Umsatzsteuer 2015-2017 beträgt € 768.429,47.
Auf dem Abgabenkonto der Bf haftet mit Datum vom ein fälliger und vollstreckbarer Rückstand idHv € 111.773,62 aus. Hinsichtlich des Betrages von € 768.429,47 ist die Abgabeneinhebung ausgesetzt.

Die festgesetzten Mehrbeträge aus den angefochtenen Bescheiden wurden nicht bezahlt. Es besteht auch kein Guthaben auf dem Abgabekonto, Gutschriften wurden gegen die Konkursforderungen aufgerechnet. Es demnach davon auszugehen, dass kein Aktivvermögen vorhanden ist bzw sich keines ergeben könnte.

Beweiswürdigung:

Der ausgesetzte Betrag auf dem Abgabenkonto und das Fehlen von Guthaben ergeben sich aus der Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes vom . Aus diesem Schreiben geht ebenso hervor, dass nach Ansicht des Finanzamtes kein Aktivvermögen vorhanden ist bzw sich ergeben könnte.

Die Konkurseröffnung sowie die amtswegeige Löschung sind aus dem Firmenbuch ersichtlich.

Rechtlich:

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat grundsätzlich nur deklarativen Charakter (zB ).

Die Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH besteht jedoch nur solange fort, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht. Dies ist dann der Fall, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind und diese Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen kann, etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern oder Vorsteuern (vgl zB ). Daher ändert sich an der Parteifähigkeit trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch nichts, wenn eine Abgabe bereits entrichtet wurde und in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren ein möglicher Rückforderungsanspruch und somit eine etwaige Forderung geltend gemacht wird (; ).

Die Abgabennachforderung hinsichtlich Umsatzsteuer 2015-2017 beträgt € 768.429,47. Auf dem Abgabenkonto haftet mit Datum vom ein fälliger und vollstreckbarer Rückstand idHv € 111.773,62 aus. Die in den angefochtenen Abgabenbescheiden festgesetzten Mehrbeträge an Steuern hat die Bf nicht bezahlt, sondern wurde die Summe von € 768.429,47 bis zur Erledigung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 212a BAO ausgesetzt und ist es immer noch. Daher kann sich - selbst bei einer Stattgabe der Beschwerde - auch nachträglich kein verwertbares Vermögen ergeben. Andererseits ist im Fall einer Abweisung der Beschwerde die dann rechtskräftige Abgabenforderung gegenüber der gelöschten Gesellschaft mangels Vermögen nicht einbringlich.

Im gegenständlichen Fall ist demnach kein Abwicklungsbedarf im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren gegeben und somit auch kein Fortbestand der Rechtssubjektivität nach der Löschung im Firmenbuch. Es liegt daher eine Vollbeendigung einer gelöschten GmbH vor und ist das Beschwerdeverfahren mangels Parteifähigkeit einzustellen und die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären (; ).

Hinsichtlich der Zustellung ist festzuhalten, dass mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch, nach der Rechtsprechung des OGH, aber konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden ist (vgl zB ). In so einem Fall können an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl zB ; ). Ebenso erloschen sind sämtliche Vollmachten (vgl Kletečka/Schauer, ABGB-ON, § 1024 Rz 1 mwN).
Die in § 80 Abs 3 BAO vorgesehene Vertretungsregelung umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist oder eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird (Ritz/Koran, BAO7 § 80 Rz 15).

Im gegenständlichen Fall besteht auch kein Anlass zur Bestellung eines Kurators nach § 82 Abs 2 BAO (; ).

Der gegenständliche Beschluss ergeht daher mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf nur an die Amtspartei (so auch ).

Gemäß § 274 Abs 3 Z 2 iVm Abs 5 BAO kann im Falle der Gegenstandsloserklärung von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

In analoger Anwendung von § 272 Abs 4 BAO obliegt im Senatsverfahren die Einstellung des Beschwerdeverfahrens dem Berichterstatter (vgl zB ).

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100506.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at