Lockdown-Umsatz-Ersatz kein Umsatz iSd § 125 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hofmann - Wirtschaftstreuhand - Steuerberater KG - Steuerbüro Specht, Kirchweg 11, 6600 Reutte, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert.
II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2021 mit € 22.619,00 festgesetzt.
2. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Die Beschwerde richte sich gegen die Nichtanerkennung der pauschalierten Betriebsausgaben iHv € 110.274,88 gemäß der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013.
2.1. Das Finanzamt habe die Inanspruchnahme der Pauschalierung versagt, da gemäß § 1 Abs 2 Z 2 der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 die Umsätze des Vorjahres im Sinne des § 125 BAO mehr als € 400.000,00 betrugen. Dabei habe das Finanzamt die Lockdown Umsatzersätzen für die Monate 11/2020 und 12/2020 (in Summe € 57.766,04) zu den bescheidmäßig erlassenen Vorjahres-Umsätze hinzugerechnet, sodass der Vorjahresumsatz des Jahres 2020 im Sinne des § 125 BAO laut Finanzamt € 405.074,38 betragen habe. Somit werde die Umsatzgrenze von € 400.000,- genau um € 5.074,38 überschritten. Diese Überschreitung der Grenze der Umsätze im Jahr 2020 habe laut Finanzamt zur Folge, dass die Pauschalierung im Jahr 2021 nicht angewendet werden dürfe.
2.2. Richtig sei, dass gemäß § 1 Abs 2 Z 2 der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 für die Inanspruchnahme der Pauschalierung die Umsätze im Sinne des § 125 BAO nicht mehr als 400 000 Euro betragen dürfen. Jedoch verweise § 125 BAO in seiner Definition zum Umsatz auf § 1 UStG. § 1 UStG wiederum unterwerfe nur Umsätze der Umsatzsteuer, die für Lieferungen und Leistungen gegen Entgelt im Inland erbracht werden, was im Falle eines Zufließens eines Lockdown Umsatzersatzes nicht der Fall sei, da keine Gegenleistung erbracht werde. Der Lockdown-Umsatz-Ersatz sei kein Umsatz gemäß § 1 Abs 1 UStG und somit auch kein Umsatz im Sinne des § 125 BAO. Den Beweis dafür liefere sogar das Gesetz selber. § 124b Z 348 EStG besage nämlich, dass Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze bei der Anwendung der Kleinuntemehmerpauschalierung gemäß § 17 Abs. 3a EStG im Rahmen der Veranlagung 2020 wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln sind. Die Betonung liege hier in der Textierung "wie Umsätze iSd UStG 1994". Damit stelle das EStG klar, dass der Umsatzersatz eben gemäß § 124b Z 348 EStG kein Umsatz gemäß § 1 Abs 1 UStG sei, sondern eben nur "wie ein Umsatz" zu behandeln sei. Diese Regelung gemäß § 124 Z 348 EStG gelte allerdings nur für die Kleinuntemehmerpauschalierung (§17 Abs 3a EStG), nicht jedoch für die Gasstätten-Pauschalierung (§17 Abs 4 und 5 EStG). Es werde somit bestätigt, dass der Lockdown Umsatzersatz kein Umsatz gemäß § 1 Abs 1 UStG und folglich auch nicht ein Umsatz gemäß § 125 BAO sei, auch wenn die Einkommensteuerrichtlinien Rz 313g dies anders auslegen würden.
2.3. Falls der Lockdown Umsatzersatz entgegen dieser Ansicht doch als Umsatz im Sinne der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 zu bewerten wäre, sei weiteres zu bedenken, dass von den € 57.766,04 der Lockdown Umsatzersätze in Summe € 22.044,92 erst im Jahr 2021 ausbezahlt wurden. Da die Bescherdeführerin als Einnahmen-Ausgaben-Rechnerin die Umsätze auch nach der umsatzsteuerlichen Istbesteuerung gemäß § 17 Abs. 2 UStG versteuere, könne der im Jahr 2021 ausbezahlte Umsatzersatz in Höhe von € 22.044,92 nicht dem Umsatz 2020 zugerechnet werden. Auch wenn der Lockdown Umsatzersatz ein Umsatz im Sinne der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 wäre, würde die Vorjahresgrenze von € 400.000,- nicht überschritten, da der Vorjahresumsatz 2020 in Summe lediglich € 383.029,46 ergeben würde (€ 405,074,38 minus € 22.044,92).
3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 dürften für die Inanspruchnahme der Pauschalierung die Umsätze im Sinne des § 125 BAO nicht mehr als 400.000 Euro betragen. Lit a leg cit lege fest, dass im Fall eines zwölf Kalendermonate umfassenden vorangegangenen Wirtschaftsjahres die Umsätze maßgebend seien, die der Steuerpflichtige in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr erzielt habe. Da im Jahr 2020 It. Transparenzdatenbank Lockdown Umsatzersätze iHv EUR 57.766,04 ausbezahlt worden seien, würden sich die für die Pauschalierung relevanten Umsätze iSd § 125 BAO im Jahr 2020 auf EUR 405.074,38 erhöhen. Für die Beurteilung der relevanten Umsätze im Jahr 2021 seien jene, die der Steuerpflichtige in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr erzielt habe, heranzuziehen, sohin die Umsätze aus 2020. Die Überschreitung der Grenze der Umsätze im Jahr 2020 führe dazu, dass die Pauschalierung im Jahr 2021 nicht angewendet werden könne. Der Lockdown-Umsatzersatz sei ertragssteuerpflichtig. Auch wenn bei einem Einnahmen-Ausgaben-Rechner ein Teil des Umsatzersatzes erst im Jahr 2021 ausbezahlt worden sei, müsse der Zuschuss in 2020 berücksichtigt werden. Die Zuwendung bzw. der Zuschuss nach § 19 Abs. 1 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 sei dem Jahr zuzuordnen, für das der Anspruch bestehe.
4. Die steuerliche Vertretung hat mit Schreiben vom die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Ergänzend zur Beschwerdeschrift wird vorgebracht, dass die belangte Behörde in der Begrünung zur Beschwerdevorentscheidung nicht auf die in der Beschwerde vorgebrachten Punkte eingegangen sei. Es sei lediglich argumentiert worden, dass der Lockdown-Umsatzersatz gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 in dem Jahr ertragssteuerpflichtig sei, für das der Anspruch bestehe und eben nicht zwangsläufig in dem Jahr ertragssteuerpflichtig sei, in welchem der Lockdown-Umsatzersatz ausbezahlt worden sei. Ob der Lockdown-Umsatzersatz aber überhaupt ein Umsatz gemäß § 1 UStG und somit ein Umsatz gemäß § 125 BAO sei, sei nicht beantwortet worden. Zudem sei die Frage, in welchem Jahr der Lockdown-Umsatzersatz gemäß § 17 Abs. 2 UStG als Umsatz gelte und somit als Grundlage für § 1 Abs. 2 Z 2 der Gastgewerbepauschalierungsverordnung diene, mit der Begründung der Beschwerdevorentscheidung ebenfalls nicht beantwortet worden.
5. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6. Die steuerliche Vertretung hat mit Schreiben vom den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
II. Rechtliche Beurteilung
1. Gestützt auf § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 normiert § 1 der Gastgewerbepauschalierungs-verordnung 2013 (BGBl. II 488/2012) in der Fassung BGBl. II 355/2020:
"(1) Bei der Ermittlung des Gewinnes bei Betrieben, für die eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 111 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. I Nr. 194) erforderlich ist und während des gesamten Wirtschaftsjahres vorliegt, können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Betriebsausgaben pauschal berücksichtigt werden.
(2) Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Pauschalierung ist:
1. Es besteht keine Buchführungspflicht und es werden auch nicht freiwillig Bücher geführt, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen.
2. Die Umsätze im Sinne des § 125 BAO betragen nicht mehr als 400 000 Euro. Dabei gilt Folgendes:
[…]
3. Aus der Steuererklärung geht hervor, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht."
2. § 124b Z 348 EStG 1988 normiert:
"Steuerfrei sind ab dem :
[…]
c) Zuschüsse auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Z 7 ABBAG-Gesetz, BGBl. I Nr. 51/2014 idF BGBl. I Nr. 44/2020.
[…]
Von der Steuerfreiheit ausgenommen sind ab der Veranlagung 2020 Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze nach lit. b und c sowie der NPO-Lockdown-Zuschuss gemäß § 7a der 2. NPO-FondsRLV, BGBl. II Nr. 99/2021, und ab der Veranlagung 2021 Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze nach lit. a und d. Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze sind bei Anwendung der Kleinunternehmerpauschalierung gemäß § 17 Abs. 3a im Rahmen der Veranlagung 2020 wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln, sofern der dem Jahr 2020 zuzuordnende Umsatzersatz höher ist als die Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994."
3. § 125 Abs. 2 BAO normiert:
"Umsätze im Sinne des Abs. 1 sind solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen. Keine Umsätze sind jedoch nicht unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienende Umsätze
1. die unter § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 und § 10 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 fallen oder - wären sie im Inland ausgeführt worden - fallen würden,
2. aus Geschäftsveräußerungen im Sinn des § 4 Abs. 7 UStG 1994,
3. die bei der Erzielung von Entschädigungen im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 ausgeführt werden und
4. aus besonderen Waldnutzungen im Sinn der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften."
1. Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Lockdown-Umsatz-Ersatz ein für die Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 relevanter Umsatz iSd § 125 BAO darstellt.
2. Das Bundesfinanzgericht hat mit der Entscheidung , erkannt, dass ein Umsatz-Ersatz in Form des COVID-19-Ausfallbonus zwar der Einkommensteuer unterliegt, bei der Berechnung der Umsatzgrenze für die Gastgewebepauschalierung aber nicht zu berücksichtigen ist. Da § 125 BAO zur Definition von Umsätzen auf das UStG 1994 verweist, sind für die Pauschalierungsgrenze nur steuerbare Umsätze im Sinne dieses Gesetzes maßgeblich. Diese Rechtsansicht ist auf andere Zahlungen zum Ersatz von Umsätzen ebenfalls anwendbar (Hell, BFGjournal 2024, 223 ff), nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts somit auch auf den im Beschwerdefall maßgeblichen Lockdown-Umsatz-Ersatz.
3. Nachdem die Beschwerdeführerin im Jahr 2020 die Umsatzgrenze von € 400.000,00 ohne Berücksichtigung des Lockdown-Umsatz-Ersatzes unstrittig nicht überschritten hat, war spruchgemäß zu entscheiden, der angefochtene Bescheid war gemäß´§ 279 Abs. 1 BAO abzuändern.
III. Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgabe
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer 2021 betragen:
IV. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in dem unter Punkt II. zitierten Erkenntnis , vertretene Rechtsansicht wird nunmehr auch von der Finanzverwaltung geteilt [ZFS (Hrsg.) Newsletter 07/2024, 14]. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt aufgrund der eindeutigen Rechtslage nicht vor. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013, BGBl. II Nr. 488/2012 § 124b Z 348 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 2 Z 7 ABBAG-Gesetz, Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes, BGBl. I Nr. 51/2014 § 125 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013, BGBl. II Nr. 488/2012 § 125 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100298.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at