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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2024, RV/1100001/2020

Vertreterpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, 2015, 2016 und 2017, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der in OrtÖ1 wohnhafte Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) ist bei der Firma A. GmbH in OrtÖ1 als Vertreter beschäftigt und erzielt aus dieser Tätigkeit nichtselbständige Einkünfte. In seinen Erklärungen zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2014, 2015, 2016 und 2017 (2014 elektronisch eingelangt beim Finanzamt am ; 2015, 2016 und 2017 elektronisch eingelangt beim Finanzamt am ) machte der Bf. Aufwendungen für Personenversicherungen, Spenden und Steuerberaterkosten als Sonderausgaben geltend.
In den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014, 2015, 2016 und 2017 (alle Bescheide mit Ausfertigungsdatum ) hat das Finanzamt die geltend gemachten Sonderausgaben erklärungsgemäß als abzugsfähig anerkannt.

2.1. In den fristgerecht eingebrachten Beschwerden vom jeweils gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015, 2016 und 2017 beantragte der Bf., die in den eingebrachten Abgabenerklärungen nicht angeführte Aufwendungen für eine Lebensversicherung und das Vertreterpauschale zu berücksichtigen.

2.2. Mit Schreiben des Finanzamtes vom erging an den Bf. ein Ergänzungsersuchen mit folgendem Inhalt: "Sie werden ersucht, alle (auch die im Erstbescheid anerkannten) Personenversicherungen mittels Bestätigungen für das Finanzamt nachzuweisen. Auch die Steuerberatungskosten sind mittels Rechnung und Zahlungsnachweis zu belegen.
Für die Berücksichtigung des Berufsgruppenpauschales Vertreter sind zwei Voraussetzungen nötig:
1. Die überwiegende Verkaufstätigkeit im Außendienst.
2. Es müssen Kosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit anfallen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden.
Sie werden daher ersucht, eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung einzureichen, aus der hervorgeht, dass Sie überwiegend im Außendienst zum Zweck der Anbahnung von Geschäften tätig sind. Ferner sind Werbungskosten nachzuweisen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden."

3. Mit (gesondert ausgefertigten) Beschwerdevorentscheidungen vom jeweils hat das Finanzamt die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2014, 2015, 2016 und 2017 vom zu Ungunsten des Bf. (Verböserung) geändert. Dazu hat das Finanzamt begründend ausgeführt, da der Bf. trotz Aufforderung die benötigten Unterlagen und Nachweise nicht eingereicht habe, sei die Beschwerde mit Verböserung zu erledigen gewesen.

4. Dagegen brachte der Bf. jeweils einen Vorlageantrag ein (elektronisch eingelangt beim Finanzamt jeweils am ). Beantragt wurde, das Werbungskostenpauschale für Vertreter und die beantragten Sonderausgaben anzuerkennen. Der Bf. arbeite überwiegend im Außendienst. Vertreter seien bis 2018 von der Regelung, dass Kostenersätze des Arbeitgebers die Pauschalbeträge kürzen, ausgenommen.

5. In der Folge erließ das Finanzamt ein weiteres Ergänzungsersuchen vom an den Bf., mit dem der Bf. wie bereits im ersten Ergänzungsersuchen vom aufgefordert wurde, bezügliche Belege und Nachweise zu den Sonderausgaben und zum Vertreterpauschale vorzulegen. In Beantwortung dieses zweiten Ergänzungsersuchens vom brachte der Bf. ein Schreiben der Dienstgeberin vom bei, mit dem bestätigt wird, dass der Bf. seit bei der Dienstgeberin als Vertreter beschäftigt und der Bf. zum überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst tätig sei. Belege bzw. Zahlungsnachweise zu den beantragten Sonderausgaben wurden vom Bf. nicht vorgelegt.

6. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht per Datum zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). In dem auch an den Bf. zugestellten Vorlagebericht hat das Finanzamt unter "Stellungnahme" angegeben: "Laut Angaben in den Jahreslohnzetteln 2014-2017 erhielt der Bf. folgende Spesenersätze gem. § 26 Z 4 EStG:
2014: EUR 248,70.-
2015: EUR 3.573,90.-
2016: EUR 3.603,60.-
2017: EUR 3.662,00.-

Da mangels Ausweis im Jahreslohnzettel sowie mangels Vorlage des Arbeitsvertrages nicht bekannt ist, ob der Bf. über ein Dienstfahrzeug (und ein Dienst-Mobiltelefon) verfügte, und daher nicht sichergestellt ist, dass in den Spesenersätzen nicht auch Kilometergelder ersetzt wurden, kann aus den Spesenersätzen nicht darauf geschlossen werden, dass der Bf. überwiegend im Außendienst tätig und dafür Tagesgelder erhalten hat.
=> Mit dem Hinweis, dass dem Vorlagebericht Vorhaltscharakter zukommt, wird der Bf. ersucht, dem Bundesfinanzgericht
a) den Arbeitsvertrag sowie
b) allenfalls vorhandener Nebenvereinbarungen über PKW und Diensttelefon sowie
c) für jedes Beschwerdejahr eine Auflistung der erfolgten Spesenersätze gem. § 26/4 EStG vorzulegen.
Sollte aus den Zeitaufzeichnungen die Innen- und Außendiensttätigkeit hervorgehen, wird ersucht,
d) diese Zeitaufzeichnungen vorzulegen.
Geht das Ausmaß der Außendiensttätigkeit daraus nicht hervor, wird
e) um eine Erklärung des Arbeitgebers ersucht, wie das bestätigte Ausmaß der Außendiensttätigkeit ermittelt wurde, sowie
f) ob die Tätigkeiten im Home-Office zu den Außendienstzeiten gerechnet wurden?
g) Die detaillierte Arbeitsplatz- und Aufgabenbeschreibung (der Innen- und Außendiensttätigkeiten) ist vorzulegen.
Sollten die oben angeführten Beweismittel nicht vorgelegt werden, wird beantragt, das BFG möge die Beschwerden hinsichtlich des Vertreterpauschales mangels nachweislich fast ausschließlicher - und überwiegend im Außendienst erfolgter - Vertretertätigkeit als unbegründet abzuweisen.
Sollten die geltend gemachten Sonderausgaben nicht nachgewiesen werden, wird auch in diesem Punkt die Abweisung der Beschwerden beantragt."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

1. Der Bf. erzielte in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 als Vertreter aus seinem Dienstverhältnis zur Firma A. GmbH in OrtÖ1, bei welcher er seit als Vertreter beschäftigt ist, nichtselbständige Einkünfte. Der Bf. war im Rahmen seiner Tätigkeit als Vertreter zum überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst tätig. Hinsichtlich der beantragten Sonderausgaben hat der Bf. weder dem Finanzamt noch dem Bundesfinanzgericht Belege oder Zahlungsnachweise vorgelegt.

2.1. Nach § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Nach § 167 Abs. 2 BAO hat im übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

2.2. Dass der Bf. keine Belege oder Zahlungsnachweise zu den beantragten Sonderausgaben vorgelegt hat, ergibt sich auf Grundlage der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage bzw. den Angaben des Finanzamtes. Gegenteiliges wurde auch vom Bf. nicht behauptet. Die Feststellung, dass der Bf. bei seiner Dienstgeberin als Vertreter beschäftigt und bei der Vertretertätigkeit auch zum überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst tätig ist, ergibt sich aus dem Schreiben der Dienstgeberin (Bescheinigung über die Tätigkeit des Bf. seitens der Dienstgeberin vom ). Der Bf. war bezogen auf die Streitjahre 2014, 2015, 2016 und 2017 ca. seit 30 Jahren bei der Dienstgeberin beschäftigt und ist somit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts davon auszugehen, dass die Dienstgeberin mit der konkreten Tätigkeit des Bf. bestens vertraut sein dürfte. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts erscheint die Bestätigung der Dienstgeberin glaubhaft und liegen auch keine gegenteiligen Anhaltspunkte vor. Die Bescheinigung der Dienstgeberin wird daher vom Bundesfinanzgericht als zutreffend erachtet bzw. dass sie der tatsächlichen Tätigkeit des Bf. entspricht.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

a) Sonderausgaben

3. Strittig ist, ob die geltend gemachten Sonderausgaben als abzugsfähig anzuerkennen sind.

In § 161 BAO ist die Prüfung der Abgabenerklärungen näher geregelt. § 161 BAO lautet:

"§ 161. (1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).

(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.

(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen."

Dazu ist nun festzustellen, dass der Bf. mit dem Ergänzungsersuchen vom ersucht wurde, "alle (auch die im Erstbescheid anerkannten) Personenversicherungen mittels Bestätigungen für das Finanzamt nachzuweisen." Zudem wurde der Bf. auch aufgefordert, die Steuerberatungskosten mittels Rechnung und Zahlungsnachweis zu belegen. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet. In einem weiteren Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde der Bf. wiederum aufgefordert, bezügliche Belege und Nachweise zu den Sonderausgaben vorzulegen. Belege bzw. Zahlungsnachweise zu den beantragten Sonderausgaben wurden vom Bf. nicht vorgelegt. Mit dem Vorlagebericht des Finanzamtes vom wurde dem Bf. mit dem Hinweis, dass dem Vorlagebericht Vorhaltscharakter zukomme, mitgeteilt, sollten "die geltend gemachten Sonderausgaben nicht nachgewiesen werden, wird auch in diesem Punkt die Abweisung der Beschwerden beantragt."

Sonderausgaben sind allerdings nur anzuerkennen, wenn die Bezahlung nachgewiesen ist (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 18 Rz 12 unter Hinweis auf ; siehe auch zB ).

Im vorliegenden Fall wurden trotz dreimaliger Aufforderung an den Bf. durch das Finanzamt vom Bf. keinerlei Nachweise über getätigte Zahlungen des Bf. hinsichtlich der beantragten Sonderausgaben vorgelegt. Damit ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug zugelassen hat.

b) Vertreterpauschale

4. Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001 idgF (im Folgenden nur Verordnung), lautet auszugsweise:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

9. Vertreter

5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Zur Bemessungsgrundlage bestimmt § 2 der Verordnung:

"§ 2. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge sind die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge und abzüglich der sonstigen Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind (Bruttobezüge gemäß Kennzahl 210 abzüglich der Bezüge gemäß Kennzahlen 215 und 220 des amtlichen Lohnzettelvordruckes L 16). Bei nicht ganzjähriger Tätigkeit sind die sich aus § 1 ergebenden Beträge anteilig zu berücksichtigen; hiebei gelten angefangene Monate als volle Monate. Die Berücksichtigung der Pauschbeträge erfolgt im Veranlagungsverfahren. Im Rahmen der Lohnverrechnung können die Pauschbeträge nur im Wege eines Freibetragsbescheides gemäß § 63 EStG 1988 berücksichtigt werden; ausgenommen davon ist jener nach § 1 Z 11 (Expatriates)."

Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung in der Fassung vor Änderung durch BGBl. II Nr. 68/2018 kürzen Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die jeweiligen Pauschbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

5. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V 60/2018-4, die Wortfolge ",ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)" in Abs. 1 als gesetzwidrig aufgehoben. Der Verordnungsgeber hat in Reaktion auf das VfGH-Erkenntnis mit BGBl. II Nr. 68/2018 § 4 Abs. 1 der Verordnung dahingehend geändert, als in § 4 Abs. 1 die Wortfolge samt Satzzeichen ",ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)" entfällt. Zum Inkrafttreten der Änderung wurde mit BGBl. II Nr. 68/2018 in § 6 Abs. 4 der Verordnung bestimmt, dass § 4 Abs. 1 der Verordnung in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 68/2018 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden ist.

Für die beschwerdegegenständlichen Jahr 2014, 2015, 2016 und 2017 ist somit § 4 Abs. 1 der Verordnung in der Fassung vor Änderung des § 4 Abs. 1 durch BGBl. II Nr. 68/2018 anzuwenden bzw. ist die durch BGBl. II Nr. 68/2018 in § 4 Abs. 1 der Verordnung entfallene Ausnahmeregelung für Vertreter zu beachten.

6. Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung auf die Erfahrungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung abzustellen ist. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales allerdings nicht entgegen (vgl. , uHa Vorjudikatur).

7. In den (verbösernden) Beschwerdevorentscheidungen für die Jahr 2014, 2015, 2016 und 2017 hat das Finanzamt begründend angegeben, da der Bf. trotz Aufforderung die benötigten Unterlagen und Nachweise nicht eingereicht habe, seien die Beschwerden mit Verböserung zu erledigen gewesen. In dem bezüglichen Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde zum beantragten Vertreterpauschale ausgeführt:
"Für die Berücksichtigung des Berufsgruppenpauschales Vertreter sind zwei Voraussetzungen nötig:
1. Die überwiegende Verkaufstätigkeit im Außendienst.
2. Es müssen Kosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit anfallen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden.
Sie werden daher ersucht, eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung einzureichen, aus der hervorgeht, dass Sie überwiegend im Außendienst zum Zweck der Anbahnung von Geschäften tätig sind. Ferner sind Werbungskosten nachzuweisen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt werden."

8. Dieser Rechtsansicht des Finanzamtes wird seitens des Bundesfinanzgerichts nicht zugestimmt und steht diese Auffassung auch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof hat im o.a. Erkenntnis vom , 2012/15/0125, ausgeführt:
"Mit der Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001 werden Durchschnittssätze für Werbungskosten für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt. Die Verordnung geht also davon aus, dass die Tätigkeiten von bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen mit einem bestimmten Ausmaß von Werbungskosten verbunden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0044). Es liegt im Wesen der Pauschalierung, zum Zweck der Vereinfachung der Steuererhebung nicht auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen, sodass die in der Verordnung vorgesehenen Durchschnittssätze für Werbungskosten auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Einzelfall dem vom Gesetzgeber angedachten idealtypischen Anwendungsfall nicht völlig entsprechen sollte.
Im Beschwerdefall hat der Mitbeteiligte den Anfall beruflich veranlasster Aufwendungen, die nicht vom Arbeitgeber ersetzt wurden, durch eine formlose Kostenaufstellung der belangten Behörde glaubhaft gemacht. Weiters ist unbestritten, dass dem Mitbeteiligten typischerweise mit einer Vertretertätigkeit verbundene Aufwendungen erwachsen sind (insbesondere Reisekosten), welche aber überwiegend von seinem Dienstgeber getragen wurden. Dass dieser Umstand der Zuerkennung der Vertreterpauschale nicht schadet, ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Bestimmung des § 4 der genannten Verordnung, demgemäß Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die Pauschbeträge für Vertreter nicht kürzen."

Diese Rechtsauffassung wurde auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts übernommen. Das Bundesfinanzgericht hat unter Hinweis auf dieses Erkenntnis des , ausgesprochen, dass ein Nachweis der Höhe von Aufwendungen bei Geltendmachung der Pauschale nicht notwendig ist ( uHa ).

9. Auf Grundlage der Feststellung des Bundesfinanzgerichts, dass der Bf. in den Streitjahren 2014, 2015, 2016 und 2017 eine Vertretertätigkeit im Sinne des § 1 Z 9 der Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001 ausübte und der in § 4 Abs. 1 der Verordnung enthaltenen Ausnahmeregelung für Vertreter, war dem Bf. das Vertreterpauschale für die Streitjahre 2014, 2015, 2016 und 2017 zuzuerkennen. In diesem Punkt waren die Beschwerden somit stattgebend zu erledigen und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2014, 2015, 2016 und 2017 in diesem Punkt abzuändern. Im Übrigen wird auf die angeschlossenen Berechnungsblätter hingewiesen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at