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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2024, RV/3100072/2024

Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) erzielte im Jahr 2022 nichtselbständige Einkünfte. In seiner Erklärung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022 (elektronisch eingelangt beim Finanzamt am ) machte der Bf. unter den Rubriken Pendlerpauschale, digitale Arbeitsmittel, andere Arbeitsmittel, Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten Werbungskosten geltend.

1.2. Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf. u.a. hinsichtlich der beantragten Werbungskosten Kopien der Belege und eine Kostenaufstellung mit einer genauen Aufteilung der Kosten, nach Themen sortiert, an das Finanzamt zu übermitteln. Jeder Kostenpunkt müsse Datum, Bezeichnung der Kostenart und den Betrag aufweisen. Weiters wurde um Sachverhaltsaufklärung über den beruflichen Aufgabenbereich des Bf. und um Information, wie die Ausgaben mit dem Beruf zusammenhingen, gebeten (Frist zur Beantwortung bis zum ).

1.3. Das Finanzamt erließ per Datum den Einkommensteuerbescheid 2022 (somit vor Ablauf der im Ergänzungsersuchen vom angegeben Frist zur Beantwortung bis zum ), mit dem vom Finanzamt das Pendlerpauschale in Höhe von 155,00 Euro und der Pauschbetrag für Werbungskosten (132,00 Euro) berücksichtigt wurde. Als Begründung wurde seitens des Finanzamtes angegeben: "Trotz Aufforderung haben wir nicht alle Unterlagen erhalten. Daher konnten wir nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigen."

2. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom erhob der Bf. mit FinanzOnline-Eingabe vom Beschwerde. Begründend führte der Bf. aus, wie "online geschrieben" habe er die gesamten Rechnungen direkt beim Finanzamt eingebracht. Es werde gebeten, den Eingang vom zu prüfen. Das Pendlerpauschale habe sich seit Mai 2022 erhöht und es werde ersucht, das Pendlerpauschale neu zu berechnen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt das "Pendlerpauschale laut Veranlagung" in Höhe von 696,00 Euro und "Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte" in Höhe von 859,46 Euro als Werbungskosten berücksichtigt. Als Begründung ist in der Beschwerdevorentscheidung angeführt: "Ihrer Beschwerde wurde teilweise stattgegeben. Den Aufwand für Ihre Arbeitsschuhe konnten wir nicht berücksichtigen, weil: Der Bekleidungsaufwand kann nur dann als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn es sich um typische Berufskleidung oder um bloße Arbeitsschutzkleidung handelt. Eine ausschließliche berufliche Verwendung ist nicht erforderlich, es genügt die überwiegend berufliche Verwendung (). Dafür kommen beispielsweise Uniformen, Arbeitsmäntel, Schutzhelme, weißer Mantel, Kostüme von Schauspielern in Betracht. Bekleidung, die üblicherweise auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit getragen wird, kann nicht zu Werbungskosten führen. Dies gilt auch dann, wenn die Bekleidung tatsächlich nur während der Arbeitszeit getragen wird () oder wenn die Verwendung derartiger Kleidungsstücke im Interesse des Arbeitgebers liegt oder von diesem angeordnet wird (). Aufwendungen für die Anschaffung oder die Instandhaltung bürgerlicher Kleidung sind auch dann keine Werbungskosten, wenn die Berufsausübung eine erhöhte laufende Kleiderabnutzung bedingt (; ).

Sie haben steuerfreie Leistungen wie z. B. Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder bestimmte Bezüge als Soldat oder Zivildiener bezogen. In diesem Fall sieht das Einkommensteuergesetz 2 Berechnungsvarianten vor (§ 3 Abs. 2 EStG 1988). Die für Sie günstigere Kontrollrechnung haben wir angewendet und ein Einkommen von 22.075,54 Euro zu Grunde gelegt.
Welche Berechnungsvarianten gibt es?
1. Die Umrechnungsvariante: Hier rechnen wir Ihre steuerpflichtigen Einkünfte auf einen Jahresbetrag um und berücksichtigen Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge. Dadurch ergibt sich ein Durchschnittssteuersatz, den wir auf Ihr Einkommen anwenden.
2. Die Kontrollrechnung: Hier werden die steuerfreien Bezüge direkt dem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet und besteuert."

Eine Begründung, wie sich die zuerkannten Werbungskosten im Detail zusammensetzen bzw. welche beantragten Werbungskosten nicht bzw. nicht in der beantragten Höhe anerkannt wurden, ist, abgesehen von den geltend gemachten Arbeitsschuhen, in der Beschwerdevorentscheidung nicht angeführt.

4. Dagegen brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein (eingegangen beim Finanzamt per FinanzOnline am ). Der Bf. brachte darin vor, in der Vorberechnung sei eine Gutschrift in Höhe von 1.600 Euro berechnet worden. Laut Beschwerdevorentscheidung sei nur die Arbeitskleidung (Arbeitsschuhe) nicht berücksichtigt worden. Auch wenn die Arbeitsschuhe nicht abzugsfähig seien, seien die geltend gemachten Werbungskosten nur um diese Kosten in Höhe von 79,90 Euro, und nicht um 1.000 Euro zu kürzen. Er habe die gesamten Werbungskosten "richtig eingegeben" und das Pendlerpauschale habe sich seit Mai 2022 erhöht, woraus sich eine festzusetzende Einkommensteuer 2022 von mehr als (minus) 1.600 Euro, und nicht nur von (minus) 600 Euro ergäbe. Obwohl er eindeutig geschrieben habe, dass er alle Rechnungen direkt in das Postfach des Finanzamtes eingeworfen habe, sei dies nicht beachtet worden. Es werde um Prüfung aller Rechnungen gebeten.

5. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1. Der in Österreich wohnhafte Bf. erzielte im Jahr 2022 als (Bus-)Fahrer aus drei Dienstverhältnissen nichtselbständige Einkünfte (Dienstverhältnis zur Firma ***F1*** GmbH, Bezugszeitraum laut Lohnausweis bis ; Dienstverhältnis zur Firma ***F2*** GmbH, Bezugszeitraum laut Lohnausweis bis ; Dienstverhältnis zur Firma ***F3*** AG, Bezugszeitraum laut Lohnausweis bis und bis ).

Weiters bezog der Bf. im Jahr 2022 für 66 Tage vom Arbeitsmarktservice Österreich Arbeitslosengeld (für 16 Tage vom - , für 33 Tage vom - und für 17 Tage vom - ).

In der beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2022 machte der Bf. Werbungskosten betreffend Pendlerpauschale, digitale Arbeitsmittel, andere Arbeitsmittel und Aus-/Fortbildungs-/Umschulungskosten geltend. Insgesamt wurden vom Bf. zu den in der Abgabenerklärung angeführten Werbungskosten Unterlagen bzw. Belege in Höhe von 1.334,49 Euro beigebracht. Belege zu den Handykosten liegen dem Bundesfinanzgericht in Höhe von 992,19 Euro vor (darin enthalten ein Betrag von 49,61 Euro, welcher erst im Jahr 2023 angefallen ist). Weiters liegen dem Bundesfinanzgericht Belege bzw. Abbuchungsbestätigungen betreffend Verlängerung des Führerscheins (16,40 Euro), Kosten für eine optische Brille (84,00 Euro), Kostenbeitrag für Uniform vom Arbeitgeber (132 Euro), Führerscheinwiederholungsuntersuchung (30,00 Euro) und Kosten für Arbeitsschuhe (79,90 Euro) vor. In der Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt Werbungskosten (abgesehen vom Pendlerpauschale) in Höhe von insgesamt 859,46 € als Werbungskosten berücksichtigt, die sich zusammensetzen aus: Kosten für digitale Arbeitsmittel (Handyvertrag) iHv ca. 60 % bzw. 597,06 Euro, Kosten für Verlängerung des Führerscheins in Höhe von 16,40 Euro, Kosten für eine optische Brille in Höhe von 84,00 Euro, Kostenbeitrag für Uniform vom Arbeitgeber in Höhe von 132 Euro und Kosten für Führerscheinwiederholungsuntersuchung in Höhe von 30,00 Euro. Nicht zuerkannt vom Finanzamt wurden die Koste für die "Arbeitsschuhe". Im Übrigen wurde das Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 Euro (und der Pendlereuro in Höhe von 42,00 Euro) vom Finanzamt berücksichtigt.

1.2. Die Fahrtstrecke von der Wohnung des Bf. in ***OrtÖ1-Adr1***, zur Firma ***F1*** GmbH, ***OrtÖ1-Adr2***, und zur Firma ***F2*** GmbH, ***OrtÖ2-Adr***, beträgt jeweils weniger als 20 km. Die Fahrtstrecke von der Wohnung des Bf. in ***OrtÖ1*** zur Firma ***F3*** in ***OrtÖ3-Adr***, beträgt 21 km und wurde diesbezüglich vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung das Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 Euro (Pendlereuro von 42,00 Euro) berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

2.1. Nach § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Nach § 167 Abs. 2 BAO hat im übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

2.2. Die Feststellungen zu den beruflichen Verhältnissen des Bf., zu den vom Bf. beantragten Werbungskosten und zu den vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zuerkannten Werbungskosten ergeben sich auf Grundlage der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage und der ergänzenden Einsichtnahme in die elektronische Datenbank der Finanzverwaltung. Wie sich die vom Finanzamt zuerkannten Werbungskosten zusammensetzen, ist in der Beschwerdevorentscheidung nicht angeführt. Über Anfrage des Bundesfinanzgerichts wurde die o.a. Aufschlüsselung der zuerkannten Werbungskosten von insgesamt 859,46 € vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt (mail des Finanzamtes vom ). Die Feststellungen zu den Fahrtstrecken des Bf. von der Wohnung zu den jeweiligen Arbeitsstätten der Dienstgeber ergeben sich aus den vom Bundesfinanzgericht vorgenommen Recherchen (Pendlerrechner, Routenplaner).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

3. Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

4. Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988). Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (; Quantschnigg, RdW 1992, 384). Der/die Steuerpflichtige muss die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen (bei nichtselbständigen Einkünften insbesondere im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nach § 41) aber über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl. Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 - Kommentar, Tz 98 zu § 16 EStG, uHa , und § 4 Abs 4 zu Betriebsausgaben).

5. Vom Finanzamt wurden 859,46 Euro als Werbungskosten anerkannt. Nicht zuerkannt vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung wurden 40 % der Aufwendungen hinsichtlich Handyvertrag, die Aufwendungen in Höhe von 79,90 Euro für Arbeitsschuhe und beantragte Werbungskosten, für welche keine Belege vorgelegt wurden.

6. Vom Finanzamt wurden die beantragten Handykosten in Höhe von 60 % bzw. 597,06 Euro als Werbungskosten zuerkannt, womit seitens des Finanzamtes eine berufliche Verwendung angenommen wird, was dem Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die Berufstätigkeit des Bf. auch nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Typischerweise ist aber auch davon auszugehen, dass diese Aufwendungen abgesehen von beruflichen auch für private Zwecke verausgabt bzw. verwendet werden. Dem Bundesfinanzgericht erscheint es dabei im Rahmen einer Schätzung durchaus sachgerecht, wenn 40 % der Kosten dem privaten Nutzungsanteil zugeordnet werden. Die vom Finanzamt diesbezüglich vorgenommen Aufteilung der Kosten im Schätzungswege ist seitens des Bundesfinanzgerichts nicht zu beanstanden. Weiters ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt die Kosten für die Arbeitsschuhe nicht als abzugsfähige Werbungskosten beurteilt hat. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1) und Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Z 2 lit. a). Abgesehen davon, dass der Bf. hinsichtlich der Arbeitsschuhe keine Rechnung vorlegte (laut Überweisungsbeleg erfolgte die Zahlung an ein Sportgeschäft), handelt es sich dabei um einen Aufwand, der dem Privatbereich des Bf. (Bekleidungsstücke) zuzuordnen ist. Es handelt sich dabei um solche bürgerliche Bekleidung, die - auch vor dem Hintergrund des Aufteilungs- und Abzugsverbotes nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 - selbst dann nicht zur steuerlich berücksichtigungsfähigen Arbeitskleidung wird, wenn sie bei der Berufsausübung getragen wird (vgl. zB , mwN). Dafür ist somit ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

7. Da der Bf. im Vorlageantrag Zweifel hegte, dass alle von ihm eingebrachten Belege berücksichtigt worden seien, wurde diesbezüglich vom Bundesfinanzgericht beim Finanzamt unter Anschluss aller (vom Umfang her durchaus überschaubaren) Belege angefragt (mail vom ) und vom Finanzamt ausdrücklich bestätigt, dass es sich hiebei um sämtliche vom Bf. beim Finanzamt eingereichten Belege handle (mail des Finanzamtes vom ). Weiters richtete das Bundesfinanzgericht an den Bf. ein Ergänzungsersuchen vom betreffend beantragte Werbungskosten und Fragen des Bundesfinanzgerichts zu den Fahrtstrecken bzw. Dienstverhältnissen/Dienstzeiten betreffend die drei Dienstverhältnisse. Dabei wurden dem Bf. wie dem Finanzamt alle dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Belege zu Abklärung übermittelt und dem Bf. die Möglichkeit eingeräumt, ergänzend Belege nachzureichen. Dem Bf. wurde dabei auch mitgeteilt, falls keine Beantwortung erfolgen sollte, werde das Bundesfinanzgericht auf Grund der Aktenlage entscheiden. Dieses Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet. Damit ist eine Berücksichtigung von weitergehenden Werbungskosten ausgeschlossen.

8.1. Was das vom Bf. beanspruchte erhöhte Pendlerpauschale betrifft, ist folgende Rechtslage gegeben:

Das Pendlerpauschale ist in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geregelt und lautet in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung auszugsweise:

"§ 16 Abs. 1 EStG 1988:

… Werbungskosten sind auch:

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b) …

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale (Anmerkung: kleines Pendlerpauschale):

Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c (Anmerkung: großes Pendlerpauschale):

Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. … - Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. …"

§ 124b Z 395 EStG 1988 bestimmt:

Zur Abgeltung der erhöhten Treibstoffkosten sind im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich zu den Pauschbeträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c bei einer einfachen Fahrtstrecke von mindestens 20 km bis 40 km 29 Euro monatlich zu berücksichtigen.

Zur Abgeltung der erhöhten Treibstoffkosten sind im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich zu den Pauschbeträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d bei einer einfachen Fahrtstrecke von mindestens 2 km bis 20 km 15,50 Euro monatlich, bei einer einfachen Fahrtstrecke von mehr als 20 km bis 40 km 61,50 Euro monatlich zu berücksichtigen.

8.2. Vom Finanzamt wurde ausgehend von der Fahrtstrecke von der Wohnung des Bf. zu Arbeitsstätte der Firma ***F3*** AG in ***OrtÖ3-Adr***, (laut Pendlerrechner 21 km) in der Beschwerdevorentscheidung das Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 Euro (Pendlereuro von 42,00 Euro) berücksichtigt. Dieses Dienstverhältnis hat allerdings nicht ganzjährig, sondern für 6 Monate bestanden. Für die beiden weiteren (zeitlich vorher) bestandenen Dienstverhältnisse steht kein Pendlerpauschale zu, da die Fahrtstrecken jeweils unter 20 km liegen. Im Übrigen blieb das auch zum Pendlerpauschale an den Bf. ergangene Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichts vom unbeantwortet.

Im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur Firma ***F3*** AG in ***OrtÖ3-Adr***, ist daher ein Pendlerpauschale für 6 Monate zu berücksichtigen (Bezugszeitraum laut Lohnausweis bis und bis ), wobei davon ausgegangen wird, dass der Bf. in den Monaten Juni bis Oktober an mindestens elf Tagen und im Monat Dezember an acht Tagen von der Wohnung zur Arbeitsstätte gefahren ist, woraus sich ein Pendlerpauschale von 493,00 Euro ergibt (696,00/12 Monate = 58 Euro + 29 Euro = 87 Euro/Monat; 87 Euro x 5 Monate + 87 Euro x 2/3 = 493 Euro). Im Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis steht auch der Pendlereuro für 6 Monate zu. Nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend. Nach § 124b Z 395 lit. c EStG 1988 steht im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich ein Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 von 0,50 Euro monatlich pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu. Für die Berücksichtigung des zusätzlichen Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend. Daraus ergibt sich für das Jahr 2022 ein Pendlereuro in Höhe von 79,33 Euro (21 km x 2 Euro/12 Monate = 3,50 Euro + 21 x 0,5 Euro = 14,00 Euro pro Monat; 14 Euro x 5 Monate + 14 x 2/3 = 79,33 Euro). In den Punkten Pendlerpauschale und Pendlereuro war daher die ergangene Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

9. Der Bf. hat für einen Teil des Kalenderjahres 2022 auch Arbeitslosengeld bezogen. Diese steuerbefreiten Transferleistungen lösen bei Durchführung der Veranlagung eine besondere Berechnung aus (Hochrechnung im Sinne des § 3 Abs. 2 EStG 1988).

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

"(2) Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. …"

Ziel der Regelung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 ist die Vermeidung überhöhter Nettoeinkommen aus Transferleistungen. Beabsichtigt ist die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Absenkung der Steuerprogression durch die Miteinbeziehung der steuerfreien Bezüge in das Jahreseinkommen. Über die Steuerfreiheit hinausgehende Vorteile für die Transferleistungen sollen vermieden werden. Im Fall des Vorliegens bestimmter steuerfreier Bezüge, die nur für einen Teil des Kalenderjahres bezogen werden, findet eine Hochrechnung der restlichen Einkünfte statt (vgl. Jakom/Ehgartner EStG, 2024, § 3 Rz 120).

Bei der Hochrechnung des Einkommens nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 war das hochgerechnete Einkommen für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Absetzbeträge maßgeblich (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 89, uHa ). Im vorliegenden Fall führt die Umrechnungsvariante zu einer höheren Steuer als die Kontrollrechnung (Besteuerung sämtlicher Bezüge). Folglich ist die Kontrollrechnung anzuwenden. Im Übrigen wird im Detail auf die angeschlossenen Berechnungsblätter hingewiesen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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