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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2024, RV/3100442/2024

Umwidmungskosten eines unbebauten Grundstücks sind kein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut (keine AfA)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Reinhard Obholzer, Karl-Schönherr-Straße 10, 6020 Innsbruck, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2022 und den am ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2023 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit den angefochtenen Bescheiden die Einkommensteuer für das Jahr 2022 mit € 91.738,00 und für das Jahr 2023 mit € 94.469,00 festgesetzt. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachten wurden Werbungskosten Höhe von € 5.977,02 nicht anerkannt. Dabei handelt es sich um als Absetzung für Abnutzung geltend gemachte Kosten in für die Umwidmung eines unbebauten Grundstückes von Freiland in Gewerbe und Industriegebiet. Die Umwidmungskosten betrugen € 398.468,00, 1,5% dieses Betrags wurden für jedes Beschwerdejahr in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht.

2. Die steuerliche Vertretung hat elektronisch über FinanzOnline mit dem am eingereichten Schreiben gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 und mit dem am eingereichten Schreiben gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Die Begründung wurde mit elektronisch eigereichtem Schreiben vom (nach einem Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde mit Fristsetzung bis zum ) nachgereicht. Es bedürfe einer grundsätzlichen Beurteilung, ob es sich im Einzelfall um nachträgliche Anschaffungskosten oder um ein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut handle. So würden beispielsweise Erschließungskosten zum Gebäude gehören, wenn sie der besonderen Nutzung des Grundstückes dienen. Im Beschwerdefall handle es sich zwar nicht um Erschließungskosten, sondern um Umwidmungskosten, die wohl zweifelsfrei einer besonderen Nutzung des Grundstückes dienlich seien. Da im Beschwerdefall aber kein Gebäude bestehe, handle es sich bei den Umwidmungskosten um ein selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut, das einer Abschreibung zugänglich sei.

3. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen die Bescheidbeschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2022 und 2023 als unbegründet abgewiesen. Zusammengefasst wird darauf verwiesen, dass im Beschwerdefall ein unbebautes Grundstück umgewidmet wurde, die Umwidmungskosten als Anschaffungsnebenkosten dem nicht abnutzbaren Grund und Boden zuzuordnen und nicht als eigenständiges Wirtschaftsgut abschreibbar seien.

4. Mit elektronisch eingereichten Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

Für das Bundesfinanzgericht ist folgender Sachverhalt entscheidungswesentlich und erwiesen:

1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der unbebauten Liegenschaft EZ ***1***, KG 87111 (Kaltenbach), zu welcher unter anderem das Grundstück Gst.-Nr. ***2*** von 5.243 qm gehört.

2. Das Grundstück wird vom Beschwerdeführer an die ***3*** Privatstiftung vermietet.

3. Die Tiroler Landesregierung hat mit Bescheid vom dem Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Kaltenbach vom auf Änderung des Flächenwidmungsplanes zur Umwidmung dieses Grundstückes von Freiland (§ 41 TROG) in Gewerbe- und Industriegebiet (§ 39 TROG) die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt.

4. Der Beschwerdeführer hat für die Umwidmung des Grundstückes Kosten in Höhe von € 398.468,00.

III. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist nach der Aktenlage erwiesen und unbestritten.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 gehören Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8 EStG 1988) zu den Werbungskosten.

2. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (lineare Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.

3. Der Begriff des Wirtschaftsgutes ist im Einkommensteuergesetz nicht definiert. Wirtschaftsgüter sind nach der Rechtsprechung alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbare Güter aller Art (). Entscheidend ist die wirtschaftlich zu beurteilende Selbstständigkeit des Wirtschaftsgutes (; )

4. Zu den Anschaffungskosten gehören die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben. Auch jene Aufwendungen, die der Steuerpflichtige tätigt, damit das Wirtschaftsgut zweckentsprechend genutzt werden kann, gehören dazu ().

5. Die Flächenwidmung gehört nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu den Voraussetzungen für die zweckentsprechende Nutzung eines unbebauten Grundstückes, weshalb Kosten für die Umwidmung zu den Anschaffungskosten des nicht abnutzbaren Grund und Bodens zählen und demzufolge nicht auf die Nutzungsdauer verteilt abgesetzt werden können. Wirtschaftlich beurteilt sind Umwidmungskosten wegen der engen Bindung zum unbebauten Grundstück (Voraussetzung der Widmung für die zweckentsprechende Nutzung) kein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass Erschließungskosten zum Gebäude gehören, wenn sie der besonderen Nutzung des Grundstückes dienen und bei einem nicht vorhandenen Gebäude als selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut einer Abschreibung zugänglich sind, ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung () die Anbindung an das Trinkwasser- und Abwasserkanalnetz oder das Gasnetz in der Regel keine Voraussetzungen für die Nutzung eines unbebauten Grundstückes ist und daher nicht zu dessen Anschaffungskosten zählt.

6. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gemäß § 279 abs. 1 BAOals unbegründet abzuweisen.

V. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage, ob Umwidmungskosten als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut anzusehen sind, liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes vor. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100442.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at