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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.09.2024, RV/5100732/2023

Kein Familienbeihilfenanspruch bei Unterhaltspflicht der Ehegattin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume Juli 2020 bis April 2023 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) dahingehend abgeändert, dass die Rückforderung für die Zeiträume April 2021 bis einschließlich April 2023 insgesamt 9.753,00 Euro (FB: 8.279,40 Euro; KG: 1.473,60 Euro) beträgt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in der Höhe von insgesamt 13.527,60 Euro, welche der Beschwerdeführer (Bf.) für die Zeiträume Juli 2020 bis April 2023 bezogen hatte, zurück.
Dies mit der Begründung, dass für verheiratete oder geschiedene Kinder kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn der (frühere) Ehepartner Unterhalt zu leisten habe (§ 5 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Da der Bf. verheiratet sei, sei im vorliegenden Fall die Ehegattin aufgrund ihres Einkommens zur Unterhaltsleistung verpflichtet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich die Rückforderung auf die Jahre 2020 bis 2023 beziehe und auf einen langen Zeitraum von knapp drei Jahren abstelle. Die Höhe der Rückforderung sei mit 13.527,60 Euro entsprechend hoch und komme für den Bf. sehr überraschend. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sich aus dem Einkommen seiner Ehegattin (Rehabilitationsgeld) ein Unterhaltsanspruch ergeben könnte. Den Umstand, dass er verheiratet sei, habe er im Zuge der Überprüfung der Familienbeihilfe wahrheitsgemäß am Datenkontrollblatt im Jahr 2021 angegeben.
Der Bf. stelle einen Antrag gemäß § 236 BAO, den Rückforderungsbetrag aufgrund seiner schwierigen Lebenssituation ganz oder teilweise zu erlassen. Da die Familienbeihilfe und der Erhöhungsbetrag für ihn wesentliche Teile für die Bestreitung des Lebensunterhaltes weiterhin darstellen würden, sei es praktisch unmöglich, den Rückzahlungsbetrag aufzubringen.
Die Ehegattin des Bf. habe einen festgestellten Grad der Behinderung von 90 Prozent und sei seit Mai 2023 in Berufsunfähigkeitspension. Das Rehabilitationsgeld habe sie nur vorübergehend bekommen und sie sei auch mit dem Einkommen aus dem Rehabilitationsgeld nicht imstande gewesen, für den Bf. Unterhalt zu leisten, weil sie aufgrund ihrer schweren psychischen Erkrankung hohe eigene Aufwendungen für Krankheitskosten und Arztkosten gehabt habe. Nach mehrjährigen Therapie- und Reha-Maßnahmen habe die PVA seiner Ehegattin eine Berufsunfähigkeitspension gewährt. Derzeit erhalte sie 963,68 Euro Pension (netto). Der Bf. selbst habe einen Behinderungsgrad von 100 Prozent und arbeite daher an einem geschützten Arbeitsplatz nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz. Er verfüge über ein Einkommen von rund 770 Euro (netto).
Die zwischen 2020 und 2023 ausgezahlten Beiträge an Familienbeihilfe habe der Bf. für den Lebensunterhalt eingeplant und für gemeinsame Kosten wie Miete aufgewendet. Da seine Ehegattin derzeit auch nicht in der Lage sei, ihn finanziell zu unterstützen, würde ihn die Rückforderung in Form der Einbehaltung der Familienbeihilfe in starke finanzielle Bedrängnis bringen und eine drastische Notlage verursachen. Aufgrund der Krankheit und Behinderung seien der Bf. und seine Ehegattin außerstande, ein höheres Einkommen zu erzielen. Es könne daher nicht angenommen werden, dass sich die finanzielle Situation in Zukunft wesentlich verbessern werde.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Zur Begründung führte die Behörde nach Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen an, dass für Kinder, die verheiratet seien, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn die Eltern noch zur Unterhaltsleistung verpflichtet seien, weil der Ehegatte des Kindes nach seinen Lebensumständen hierzu nicht verpflichtet sei. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn sich der Ehegatte selbst noch in Berufsausbildung befinde und keine oder nur geringfügige Einkünfte habe. Art und Umfang des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten würden sich aus dem Zivilrecht, insbesondere aus § 94 ABGB ergeben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sei zu prüfen, ob die Einkünfte des Ehegatten über die eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen würden, was seine Unterhaltspflicht begründen und somit den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließen würde. Bei dieser Beurteilung könne nach herrschender Lehre und Rechtsprechung der Ausgleichzulagenrichtsatz des § 293 ASVG für Alleinstehende herangezogen werden. Dieser habe im Jahr 2020 966,65 Euro, im Jahr 2021 1.000,48 Euro sowie im Jahr 2022 1.030,49 Euro betragen und betrage im Jahr 2023 1.110,26 Euro.
Da die Ehegattin des Bf. zur Unterhaltsleistung verpflichtet sei und im gegenständlichen Fall im Zeitraum von Juli 2020 bis April 2023 über ein ausreichendes Einkommen verfügt habe, sei ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Im Vorlageantrag wurde ergänzend vorgebracht, dass die Rückforderung des Betrages von 13.527,60 Euro an Familienbeihilfe zwar aus rein rechtlicher Perspektive gerechtfertigt sein möge, dem Bf. aber als unverhältnismäßig erscheine. So hätte das Finanzamt spätestens im Jahr 2021 im Zuge der damaligen Überprüfung der Familienbeihilfe die Möglichkeit gehabt, das Einkommen seiner Ehegattin zu berücksichtigen, denn im Datenkontrollblatt habe er seinen Familienstand und die persönlichen Daten seiner Ehegattin (inklusive Sozialversicherungsnummer) wahrheitsgetreu angegeben.
Im Juni 2021 habe das Finanzamt jedoch den Bezug der Familienbeihilfe bis Juni 2023 bestätigt.
Die Rückforderung für drei Jahre im Nachhinein und der hohe Betrag der Rückforderung würden beim Bf. existenzielle Sorgen erzeugen. Seine Ehegattin habe hohe Krankheitskosten zu bewältigen, was eine Unterhaltsleistung stark erschwere. Wie aus den Einkommenssteuerbescheiden in dieser Zeit ersichtlich sei, habe sich wegen der außergewöhnlichen Belastungen aufgrund eigener Behinderung ihr steuerpflichtiges Einkommen reduziert.

Abschließend beantragte der Bf., den Rückforderungsbetrag aufgrund seiner schwierigen Lebenssituation ganz oder teilweise zu erlassen.

Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde samt den Verfahrensakten mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Bf. ersucht, das monatliche Gesamteinkommen seiner Ehegattin, nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben (somit die Summe der ihr tatsächlich zugeflossenen, verfügbaren Geld- bzw. geldwerten Leistungen) für die Monate März 2021 bis einschließlich April 2023 durch die Vorlage der entsprechenden Auszahlungsbelege bekanntzugeben, und anzugeben, ob und in welchen Monaten im Zeitraum März 2021 bis April 2023 seine Ehegattin einen krankheitsbedingten Mehraufwand zu tragen hatte, der die Unterhaltsbemessungsgrundlage minderte.

Mit Eingabe vom legte der Bf. Unterlagen über das monatliche Gesamteinkommen seiner Ehegattin vor und stellte dar, in welchen Monaten im Zeitraum März 2021 bis April 2023 sie einen krankheitsbedingten Mehraufwand zu tragen hatte.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der am ***GebDat*** geborene Beschwerdeführer (Bf.) ist aufgrund einer vor dem 21. Lebensjahr eingetretenen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Er ist seit mit Frau ***EheG*** verheiratet und bezog im hier maßgeblichen Rückforderungszeitraum Juli 2020 bis April 2023 gemäß § 6 Abs. 2 lit. d in Verbindung mit §§ 6 Abs. 5 und 8 Abs. 4 FLAG 1967 Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag sowie gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 den Kinderabsetzbetrag.
Das Einkommen des Bf. betrug laut den Einkommensteuerbescheiden 7.342,51 € im Jahr 2020, 7.551,34 € im Jahr 2021, 7.638,25 € im Jahr 2022 und 8.689,08 € im Jahr 2023.
Das nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen ermittelte Gesamteinkommen der Ehegattin des Bf. betrug im Zeitraum April 2021 bis einschließlich April 2023:

2. Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Der Bf. legte Unterlagen über das monatliche Gesamteinkommen seiner Ehegattin vor und stellte dar, in welchen Monaten im Zeitraum März 2021 bis April 2023 sie einen krankheitsbedingten Mehraufwand zu tragen hatte. Ausgehend von diesen Beweisergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

3. Rechtslage

Gemäß § 6 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Volljährige Vollwaisen haben nach § 6 Abs. 2 FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie […]

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder […]

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal (§ 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967).

Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden gemäß § 15 Abs. 1 FLAG 1967 die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) idF BGBl I Nr. 26/2009 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

4. Rechtliche Beurteilung

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg.) FLAG2, § 10 Rz 8, mwN).

Das Finanzamt steht im Beschwerdefall auf dem Standpunkt, dass im gegenständlichen Fall der Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zum Tragen komme und demnach im Rückforderungszeitraum ein Eigenanspruch des Bf. auf (erhöhte) Familienbeihilfe ausgeschlossen sei.

Der Gesetzgeber hatte für die Stammfassung des FLAG 1967 die klare Absicht, verheiratete Kinder von der Familienbeihilfe gänzlich auszuschließen. Demnach endete die finanzielle Belastung der Eltern für das Kind mit dessen Vermählung. Durch die Heirat ging die Unterhaltsverpflichtung des Kindes auf den Ehegatten über und konnte daher einen Anspruch der Eltern auf Familienbeihilfe nicht mehr begründen. Nach der Novellierung infolge Aufhebung des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 durch das Erkenntnis VfSlg. 8.793/1980 räumte das Gesetz für verheiratete oder geschiedene Kinder oder Vollwaisen einen Anspruch auf Familienbeihilfe ein, sofern nicht deren Ehegatte oder der frühere Ehegatte Unterhalt zu leisten haben. In diesem Zusammenhang kommt es - anders als bei der Leistung des Unterhalts durch die Eltern - auf die Pflicht verheirateter und geschiedener Ehegatten zur Unterhaltsleistung an (vgl. , mwN).

Die Verehelichung führt zum Verlust der Familienbeihilfe, wenn der Unterhalt vom Ehegatten zu leisten ist. Schon der Wortlaut des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 spricht eindeutig dafür, dass jeder Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten die Gewährung von Familienbeihilfe ausschließt. Dass die Unterhaltspflicht des Ehegatten einen Umfang erreichen müsse, der dazu führe, dass damit der überwiegende Unterhalt des Unterhaltsberechtigten abgedeckt würde, wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht gefordert ().

Art und Umfang des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten ergeben sich aus dem Zivilrecht, insbesondere aus § 94 ABGB.
Der Unterhalt wird grundsätzlich nicht (nur) durch Geld, sondern (auch) durch Naturalleistungen (Wohnung, Nahrungsmittel, Bekleidung, Haushaltsgegenstände usw.) erbracht.

Die umfassende Lebensgemeinschaft, die Ehegatten eingehen, bedingt auch die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Ehegatte selbst keine oder nur geringfügige Einkünfte hat.
Beziehen beide Ehegatten ein Einkommen, jedoch in wesentlich verschiedener Höhe, hat der schlechter verdienende Partner, dessen zumutbarerweise erzielbares Einkommen für seinen angemessenen Unterhalt nicht ausreicht, einen entsprechenden Ergänzungsanspruch gegen den besser verdienenden Gatten. Dem weniger verdienenden Ehegatten gebührt idR 40 % des Nettofamilieneinkommens, abzüglich des eigenen Einkommens.

Reichen die Einkünfte höchstens zur Bestreitung der eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse aus, so wird die Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehegatten verneint werden müssen ().

Maßgebend für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist in erster Linie seine wirtschaftliche Lage, wobei sein hier relevantes Einkommen die Summe aller ihm tatsächlich zufließenden Mittel ist.
Auf einen krankheitsbedingten Mehraufwand ist bei der gesetzlichen Unterhaltsbemessung angemessen Bedacht zu nehmen.

Bei der Prüfung, ob die Einkünfte des potentiell Unterhaltsverpflichteten über die eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen, ist es sachgerecht, sich bei der Höhe der "bescheidensten Bedürfnisse" an den zivilrechtlichen Begriffen "notwendiger bzw. notdürftiger" Unterhalt zu orientieren. Diese wiederum orientieren sich nach der Judikatur am "Existenzminimum", das die Ausgleichszulagenrichtsätze des § 293 ASVG als Basis hat.

Es ist daher sachgerecht, bei der Höhe des Mindestbetrages zur Deckung der "bescheidensten Bedürfnisse" den Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG für Alleinstehende heranzuziehen.
Ein Unterhaltsanspruch besteht also nur dann, wenn dieser Wert überschritten ist (vgl. zu alldem Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 6 Rz 9 ff und die dort angeführte Judikatur).

Der Ausgleichszulagenrichtsatz betrug (monatlich) 2021: € 1.000,48, 2022: € 1.030,49 und 2023: € 1.110,26.

In den Monaten April 2021 bis einschließlich April 2023 lag das auch unter Berücksichtigung des geltend gemachten krankheitsbedingten Mehraufwandes ermittelte monatliche Gesamteinkommen der Ehegattin des Bf. über dem maßgeblichen Ausgleichszulagenrichtsatz.
Die Annahme des Finanzamtes, im Beschwerdefall sei ein Familienbeihilfenanspruch des Beschwerdeführers zu verneinen, weil seine Ehegattin aufgrund ihres Einkommens ihm gegenüber zur Unterhaltsleistung verpflichtet sei, erweist sich daher für diese Zeiträume als gerechtfertigt.

Die Verehelichung des Bf. mit seiner Ehegattin erfolgte im Juni 2020. Für die Anspruchszeiträume Juli 2020 bis März 2021 konnten aufgrund der Sonderregelung des § 15 FLAG 1967 die bisherigen Anspruchsvoraussetzungen jedoch weiter Anwendung finden, sodass die Rückforderung für diese Zeiträume zu Unrecht erfolgte.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge war daher im Hinblick auf § 10 Abs. 2 FLAG 1967, wonach die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt wird, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden und mit Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt, erlischt, auf die Monate April 2021 bis einschließlich April 2023 einzuschränken.

Hinsichtlich dieser Zeiträume beträgt der Rückforderungsbetrag:

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12 u. 13, mwH auf die VwGH-Judikatur).

Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gemäß § 12 FLAG 1967 stehen einer Rückforderung gemäß § 26 FLAG 1967 nicht entgegen. Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden wäre ().

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Abschließend wird der Vollständigkeit halber und ohne Präjudiz angemerkt, dass bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 236 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 2 bzw. § 3 Z. 2 lit. a der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 i.d.g.F., auch eine allfällige Nachsicht des Rückforderungsbetrages in Betracht kommt. Das antragsgebundene Verfahren auf Nachsicht gemäß § 236 BAO (Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten) ist ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des Finanzamts und kann bei Versagung der beantragten Nachsicht in einem Rechtsmittelverfahren angefochten werden. Die Nachsicht setzt keine Weisung der Oberbehörde nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 voraus (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 26 Rz 78).

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständlich erfolgte Ermittlung der den Familienbeihilfenbezug ausschließenden Unterhaltsverpflichtung der Ehegattin des Bf. ist durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt und hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

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