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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2024, RV/7101392/2024

Schlüssiges Sachverständigengutachten, Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration wurden nicht in Anspruch genommen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Pamperl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vertr.***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich jeweils vom betreffend Familienbeihilfe 05.2022 Ordnungsbegriff ***Ord.-Beg.*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Antrag auf Familienbeihilfe vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Zuerkennung von Familienbeihilfe ab . Begründend wurde angeführt: "Leichte Intelligenzminderung". Beigelegt wurden eine Urkunde des ***Verein*** für Erwachsenenschutz vom , wonach ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter für bestimmte Angelegenheiten bestellt sei sowie ein psychiatrischer Befund und Gutachten von Dr. ***1*** vom . Darin wird u.a. ausgeführt, dass sich in Zusammenschau der Anamnese und Befunderhebung beim Beschwerdeführer eine leichte Intelligenzminderung im Sinne einer Minderbegabung ergeben würde. Eine Aufhebung bzw. Einschränkung der Erwachsenenvertretung sei derzeit noch verfrüht. Aus psychiatrischer Sicht seien aufgrund der Minderbegabung und der Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers weiterhin die Voraussetzungen für die Beigebung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung gegeben.

Mit Abweisungsbescheid vom des Finanzamts Österreich wurde der Antrag auf Familienbeihilfe abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzung der dauernden Erwerbsunfähigkeit beim Beschwerdeführer nicht zutreffend sei. Mit weiterem Abweisungsbescheid des Finanzamts Österreich, ebenfalls vom , wurde der Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzung der dauernden Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Lebensjahr, beim Beschwerdeführer nicht zutreffend sei. Gemäß der Bescheinigung des Sozialministeriumservice vom werde beim Beschwerdeführer ein Grad der Behinderung weiterhin mit 50% festgestellt. Eine Erwerbsunfähigkeit sei bis April 2022 bescheinigt gewesen. In der gegenständlichen Bescheinigung werde eine Erwerbsunfähigkeit nicht mehr bestätigt.

Mit Eingabe vom bringt der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers Beschwerde gegen den Bescheid vom des Finanzamt Österreich ein. Begründend wurde ausgeführt:

"Im erstellten Sachverständigengutachten von Frau Dr. ***2*** vom [Anm. der Richterin: Gemeint wohl vom , Untersuchung am ] wird festgehalten, dass bei Herrn ***NN*** nach wie vor eine Intelligenzminderung mit maßgeblichen Anpassungsstörungen vorliegt. An der Situation von Herrn ***NN*** ist laut dem Gutachten vom - im Vergleich zum Vorgutachten, welches ebenfalls von Frau Dr. ***2*** am [Anm. der Richterin: Gemeint wohl Gutachten vom , Untersuchung am ] erstellt wurde - keine wesentliche Änderung eingetreten. Gleichzeitig wird im Gutachten vom ausgeführt, dass keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob der Antragsteller die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht hat. Das Gutachten ist insofern nicht schlüssig, da bei einer gleichbleibenden Situation, respektive dem unveränderten Vorliegen der Erkrankung, nicht davon ausgegangen werden kann, dass nun die Selbsterhaltungsfähigkeit besteht.

Zudem wird im Sachverständigengutachten vom festgestellt, dass Herr ***NN*** die zumutbaren Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration nicht ausgeschöpft habe. Diesbezüglich kann mitgeteilt werden, dass Herr ***NN*** von bis bei der Firma ***3*** beschäftigt war. Laut Herrn ***NN*** konnte er aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes dieser Beschäftigung nicht länger nachgehen. Weiters war Herr ***NN*** auch bei einem Termin bei der Arbeitsassistenz. Weitere Termine konnte Herr ***NN*** nicht wahrnehmen, da er - so seine Angaben - keinen Sozialversicherungsdatenauszug erhalten habe und sohin keine weitere Beratung möglich war. Das Verhalten und die Angaben von Herrn ***NN*** stehen zudem im Einklang mit dem psychiatrischen Befund und Gutachten von Frau Dr. ***4*** vom , welches im Zuge einer möglichen Beendigung der Erwachsenenvertretung erstellt wurde. In diesem Gutachten wird festgestellt, dass Herr ***NN*** aufgrund seiner Impulsivität und Unstetigkeit Probleme hat bei der Geldeinteilung und beim Planen. Weiters zeigen sich aufgrund der Vorgeschichte Hinweise auf Unstetigkeit, vor allem im Durchhaltevermögen, was die Zukunftsplanung und das Arbeitsverhalten angeht. Dies äußert sich etwa auch bei der Einhaltung von Terminen, welche oft im letzten Moment von Herrn ***NN*** abgesagt werden. Auch bei der Untersuchung für die weitere Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe nahm Herr ***NN*** - trotz mehrfacher Erinnerung durch den Erwachsenenvertreter - erst den dritten Untersuchungstermin wahr. Das äußerst geringe Durchhaltevermögen von Herrn ***NN*** im Arbeitsverhalten und im Betreuungssetting sowie die Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Terminen, lassen ebenfalls darauf schließen, dass bei Herrn ***NN*** nach wie vor Erwerbsunfähigkeit vorliegt."

Als Beweise werden angeführt und beigelegt das Sachverständigengutachten von Dr. ***2*** vom (gemeint wohl vom ) und "Psychiatrischer Befund und Gutachten Dr. ***1*** vom ". Beantragt wurde, es möge der Beschwerde vollinhaltlich stattgegeben werden, der angefochtene Bescheid behoben und die erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend ab Mai 2022 zuerkannt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zunächst wird der Begründungstext des Erstbescheides verwendet, und weiters ausgeführt, dass gemäß § 8 Abs. 6 FLAG der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen sei. Da in der Bescheinigung vom abermals keine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden sei, bestehe ab Mai 2022 kein Anspruch auf (erhöhte) Familienbeihilfe. Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung, ebenfalls vom , wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung werde als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt. Da die allgemeine Familienbeihilfe nicht zustehe, könne auch der Erhöhungsbetrag nicht ausbezahlt werden.

Mit Eingabe vom der beschwerdeführenden Partei wurde der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt (Vorlageantrag). Ergänzend zur Beschwerde werde der Antrag wie folgt begründet:

"In der Beschwerde vom wurde bereits näher auf die erstellten Vorgutachten - jene von Frau Dr. ***2*** - eingegangen. Im zuletzt erstellten Sachverständigengutachten von Frau Dr. ***5*** vom wurde nun erneut festgestellt dass sich keine wesentliche Änderung im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom Oktober 2022 zeigt. Wie auch schon in der Beschwerde festgehalten, würde dies bedeuten, dass bei Herrn ***NN*** krankheitsbedingt unverändert keine Selbsterhaltungsfähigkeit vorliegt.

Weiters verweise ich auf die Ausführungen in meiner Beschwerde und beantrage diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen."

Beantragt wurde, der Beschwerde vollinhaltlich stattzugeben, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die erhöhte Familienbeihilfe ab Mai 2022 zu gewähren. Beigelegt wurden die beiden Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamt Österreich jeweils vom , das Sachverständigengutachten des Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vom , die Urkunde des ***Verein*** für Erwachsenenschutz vom und den Beschluss des Bezirksgerichts ***6*** vom , wonach die gerichtliche Erwachsenenvertretung für den Beschwerdeführer für drei Jahre erneuert wird.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom vorgelegt. Folgende Metadaten der Gutachten SMS aus FABIAN wurden vorgelegt:

Untersuchung vom :

"Grad der Behinderung: 50% ab

Dauernd erwerbsunfähig: JA

Stellungnahme: GDB: -------Aufgrund der Testergebnisse und der anamnestischen Daten ist klinisch-psychologischerseits eine rückwirkende Anerkennung spätestens mit dem Datum der Untersuchung bei der Stellungskommission (untauglich aufgrund Intelligenzminderung) 07/2007 gerechtfertigt. DEU: Die Selbsterhaltungsfähigkeit wurde behinderungsbedingt noch nicht erreicht. NAU: Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit ist bei Fortführung/Wiederaufnahme von Unterstützungsmaßnahmen noch möglich, daher NU angezeigt."

Untersuchung vom :

"Kunde nicht erschienen."

Untersuchung vom :

"Grad der Behinderung: 50% ab

Dauernd erwerbsunfähig: Nein

Begründung dauernde Erwerbsunfähigkeit: Vom klinisch-psychologischen Standpunkt kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Antragsteller die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht hat. Die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung alleine reicht jedenfalls nicht aus, die dauernde Unfähigkeit zur Selbsterhaltung zu begründen, zumal (entgegen entsprechender Aufklärung bei der Vor-Untersuchung) die Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter nicht ausgeschöpft wurden."

Untersuchung vom :

"Kunde nicht erschienen."

Untersuchung am :

"Grad der Behinderung: 50% ab

Dauernd erwerbsunfähig: Nein

Begründung dauernde Erwerbsunfähigkeit: Es ist eine leichtgradige Intelligenzminderung in die Jugend zurückreichend nachvollziehbar. Daraus lassen sich keine Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß ableiten, dass sich daraus eine dauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit ergeben würde. Einfach Tätigkeiten sind möglich."

Untersuchung :

"Kunde nicht erschienen."

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurden alle in diesem Verfahren maßgeblichen Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen angefordert. Mit Eingabe vom wurden vom Sozialministeriumservice folgende Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vorgelegt:

Sachverständigengutachten vom von Dr.in Elisabeth ***2***:

Untersuchung am

"Zusammenfassendes Gutachten: Bei intellektuellen Leistungen, welche im nonverbalen, bildungsunabhängigen Testverfahren einem IQ um 83 entsprechen und in bildungsabhängigen Subtests ebenfalls deutlich unter Durchschnittswert liegen, sowie unter Mitberücksichtigung des Schul-und Berufsverlaufs (ASO, Projektteilnahme, Hilfsarbeiten, Arbeitslosigkeit), besteht klinisch-psychologischerseits eine Intelligenzminderung mit maßgeblichen Anpassungsstörungen bei Persönlichkeits-Akzentuierungen des passiv-aggressiven, ängstlich-vermeidenden und dissozialen Typs.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Intelligenzminderung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen bei Persönlichkeits-Akzentuierungen

Unterer Rahmensatz, da Berufstätigkeit bei entsprechender Unterstützung möglich ist.

Pos.Nr.:

Grad der Behinderung: 50%

Stellungnahme zu Vorgutachten: Im Vergleich zum VGA Dr. ***7*** aus 01/2014 (Pos. 030103, GdB 50%) ist keine wesentliche Änderung eingetreten; aufgrund der Testergebnisse und der anamnestischen Daten ist klinisch-psychologischerseits jedoch eine rückwirkende Anerkennung gerechtfertigt.

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: ja

GdB liegt vor seit: 07/2007

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Aufgrund der Testergebnisse und der anamnestischen Daten ist klinisch-psychologischerseits eine rückwirkende Anerkennung spätestens mit dem Datum der Untersuchung bei der Stellungskommission (untauglich aufgrund Intelligenzminderung) 07/2007 gerechtfertigt.

Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten.

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Die Selbsterhaltungsfähigkeit wurde behinderungsbedingt noch nicht erreicht.

Nachuntersuchung: in 3 Jahren

Anmerkung hins. Nachuntersuchung: Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit ist bei Fortführung/Wiederaufnahme von Unterstützungsmaßnahmen noch möglich, daher NU angezeigt."

Sachverständigengutachten vom von Dr.in Elisabeth ***2***:

Untersuchung am

"Zusammenfassendes Gutachten: Bei intellektuellen Leistungen, welche im nonverbalen, bildungsunabhängigen Testverfahren einem IQ um 79 entsprechen und in bildungsabhängigen Subtests unter diesem Niveau liegen, sowie im Hinblick auf die Bildungslaufbahn (ASO, Qualifizierungsprojekte) besteht klinisch-psychologischerseits eine Intelligenzminderung mit maßgeblichen Anpassungsstörungen.

Derzeit werden weder Arbeitsversuche berichtet noch Nachweise für berufliche Integrationsbemühungen (Arbeits-Assistenz etc.) vorgelegt. Ebenso werden auch keine psychiatrischen oder psychologischen Befunde als Nachweis psychischer Beeinträchtigungen bzw. entsprechender Behandlungen vorgelegt.

Vom klinisch-psychologischen Standpunkt kann daher keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Antragsteller die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht hat. Die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung alleine reicht jedenfalls nicht aus, die dauernde Unfähigkeit zur Selbsterhaltung zu begründen, zumal (entgegen entsprechender Aufklärung bei der Vor-Untersuchung) die Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter nicht ausgeschöpft wurden.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Kognitive Leistungseinschränkung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen.

Unterer Rahmensatz, da im Alltag Selbständigkeit gegeben ist.

Pos.Nr.

Grad der Behinderung: 50%

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Im Vergleich zum eigenen VGA aus 03/2019 ist keine wesentliche Änderung eingetreten.

Entgegen entsprechender Aufklärung bei der Vor-Untersuchung) wurden die zumutbaren Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter nicht nachweislich ausgeschöpft und werden die damals festgehaltenen Hinweise auf Persönlichkeits-Akzentuierungen nicht durch diagnostische oder therapeutische Maßnahmen unterstützt.

GdB liegt vor seit: 07/2007

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Anhand VGA.

Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Vom klinisch-psychologischen Standpunkt kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Antragsteller die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht hat. Die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung alleine reicht jedenfalls nicht aus, die dauernde Unfähigkeit zur Selbsterhaltung zu begründen, zumal (entgegen entsprechender Aufklärung bei der Vor-Untersuchung) die Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter nicht ausgeschöpft wurden.

Dauerzustand: ja"

Sachverständigengutachten vom von Dr.in ***5***:

Untersuchung am

Mitgebrachte Unterlagen: u.a. Psychiatrisches Gutachten Dr. ***4*** vom

"Anamnese: […] AKTUELL:

Überprüfung des laufenden Anspruchs,

Gesundheitsschädigungen: deutliche Minderbegabung

Neuerliche Beantragung wegen Beschwerde: ja

AW nicht anwesend.

Um 10: 25 erscheint der Erwachsenenvertreter […] ohne den AW, der trotz mehrfacher Erinnerung an den Termin nicht erschienen ist."

[….]

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Kognitive Leistungseinschränkung, leichtgradige Intelligenzminderung

Unterer Rahmensatz, da im Alltag selbstständig

Pos.Nr.

Grad der Behinderung: 50%

Stellungnahme zu Vorgutachten:

keine Änderung zum Gutachten 10/2022

GdB liegt vor seit: 07/2007

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

lt. psychologischem Vorgutachten 10/2022

Herr ***Bf1*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Es ist eine leichtgradige Intelligenzminderung in die Jugend zurückreichend nachvollziehbar. Daraus lassen sich keine Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß ableiten, dass sich daraus eine dauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit ergeben würde. Einfach Tätigkeiten sind möglich.

Dauerzustand: ja"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt ab 50%.

Mit Sachverständigengutachten vom wurde ein Grad der Behinderung von 50% ab Juli 2007, voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauernd, festgestellt. Zudem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Angemerkt wurde, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit behinderungsbedingt noch nicht erreicht sei und eine Nachuntersuchung in 3 Jahren wurde angefordert, da Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit bei Fortführung/Wiederaufnahme von Unterstützungsmaßnahmen noch möglich sei.

Mit Sachverständigengutachten vom und vom wurde jeweils ein Grad der Behinderung von 50% ab festgestellt. Dass der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen wurde in beiden Gutachten nicht festgestellt.

Ab Mai 2022 liegt kein Sachverständigengutachten vor, welches feststellen würde, dass der Beschwerdeführer dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Die Sachverständigengutachten vom , vom und vom sind schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.

Die Beschwerde vom und der Vorlageantrag vom richten sich gegen die beiden Bescheide der belangten Behörde jeweils vom bzw. gegen die beiden Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom .

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt und den angeforderten Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerde vom und der Vorlageantrag vom gegen die beiden Bescheide der belangten Behörde jeweils vom bzw. gegen die beiden Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom richten, ist vom Bundesfinanzgericht anzunehmen, weil sich in einer Gesamtschau der Beschwerde und des Vorlageantrages das Beschwerdebegehren gegen beide Bescheide bzw. beide Beschwerdevorentscheidungen ergibt. Zudem wurden mit Vorlageantrag vom beide Beschwerdevorentscheidungen von der beschwerdeführenden Partei vorgelegt.

Die Feststellung, dass ab Mai 2022 kein Sachverständigengutachten vorliegt, welches feststellen würde, dass der Beschwerdeführer dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, gründet sich in den vorliegenden Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Dies ist unter den Parteien unstrittig.

In der Beschwerde sowie im Vorlageantrag wird insbesondere vorgebracht, dass die Sachverständigengutachten vom und vom unschlüssig seien. Diesem Vorbringen kann sich das Bundesfinanzgericht aus folgenden Gründen nicht anschließen:

Im Gutachten vom wurde eine Intelligenzminderung mit maßgeblichen sozialen Anpassungsstörungen bei Persönlichkeits-Akzentuierungen, Pos.Nr. , festgestellt. Gemäß Anlage zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl II Nr. 261/2010 in der Fassung BGBl II Nr. 251/2012 wird unter der Pos. Nr. Intelligenzminderung mit maßgeblichen Anpassungsstörungen einen Grad der Behinderung im Rahmen von 50 bis 80% angeführt mit folgenden Kriterien:

"50-70 %:

Manifeste Probleme im Arbeitsleben und bei der Alltagsbewältigung

Ungelernte Arbeiten

Vollständige Unabhängigkeit eher selten

70-80 %:

Manifeste Probleme im Arbeitsleben und bei der Alltagsbewältigung

Betreuten Arbeitsformen

Alleine leben nur eingeschränkt möglich, deutliche Probleme bei der Alltagsbewältigung, Eigen-versorgung nur unter Aufsicht, Anleitung, Hilfe durch externe Betreuer/Angehörige notwendig"

Der Grad der Behinderung wurde in diesem Gutachten in dieser Pos.Nr. mit 50% angegeben. Angeführt wurde: "Unterer Rahmensatz, da Berufstätigkeit bei entsprechender Unterstützung möglich ist." Angemerkt wurde zur dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, weiters: "Die Selbsterhaltungsfähigkeit wurde behinderungsbedingt noch nicht erreicht. Nachuntersuchung in 3 Jahren. Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit ist bei Fortführung/Wiederaufnahme von Unterstützungsmaßnahmen noch möglich, daher NU angezeigt."

Im Sachverständigengutachten vom wird u.a. ausgeführt, dass derzeit weder Arbeitsversuche berichtet noch Nachweise für berufliche Integrationsbemühungen (Arbeits-Assistenz etc.) vorgelegt worden seien. Ebenso seien auch keine psychiatrischen oder psychologischen Befunde als Nachweis psychischer Beeinträchtigungen bzw. entsprechender Behandlungen vorgelegt worden. Vom klinisch-psychologischen Standpunkt könne daher keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Antragsteller die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht habe. Die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung alleine reiche jedenfalls nicht aus, die dauernde Unfähigkeit zur Selbsterhaltung zu begründen, zumal entgegen entsprechender Aufklärung bei der Vor-Untersuchung die Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter nicht ausgeschöpft wurden.

Zur Untersuchung am (Sachverständigengutachten vom ) war der Beschwerdeführer nicht zur Untersuchung erschienen. Der Erwachsenenvertreter war bei dieser Untersuchung anwesend und machte Angaben zum Beschwerdeführer. Feststellt wurde in diesem Gutachten neuerlich ein Grad der Behinderung von 50% zur gleichen Pos.Nr. und dass der Beschwerdeführer nicht dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Angemerkt wurde dazu, dass eine leichtgradige Intelligenzminderung in die Jugend zurückreichend nachvollziehbar sei. Daraus würden sich keine Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß ableiten lassen, dass sich daraus eine dauernde Selbsterhaltungsfähigkeit ergeben würde. Einfach Tätigkeiten seien möglich.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) hat ein ärztliches Gutachten, soll damit eine Behinderung im Sinne des FLAG dargetan werden, Feststellungen über Art und Ausmaß des Leidens, sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten. Insbesondere muss deutlich sein, welcher Bestimmung der Einschätzungsverordnung der festgestellt Behinderungsgrad zugeordnet wird (vgl. und vom , 2003/14/0006 mwN). Die Gutachten der Ärzte des Sozialministeriumservice haben die an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Die Beihilfenbehörde ist verpflichtet, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen. Die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, obliegt der Beihilfenbehörde, und zwar unabhängig davon, ob diese als erste Instanz oder im Berufungswege über den Anspruch auf Familienbeihilfe entscheidet (vgl. , mwN). Der Sachverständige hat sich bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes all jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Sowohl Methode als auch Umfang der Befundaufnahme hängen ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab, die primär der Sachverständige anhand seiner Fachkunde zu beurteilen hat (vgl. etwa , , 2009/12/0078, sowie vom , 2011/12/0057).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH muss ein Sachverständigengutachten, das der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. ).

Die Behörde und das Bundesfinanzgericht haben ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und sind dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen. Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde/dem Gericht aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. ).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts sind die Sachverständigengutachten vom , vom und vom schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Es gibt keine Anhaltspunkte, die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Gutachten in Zweifel zu ziehen. Auf die Art und das Ausmaß des Leidens wurde in schlüssiger und nachvollziehbarer Form eingegangen. Es wurden auch die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten weitere Gutachten (z.B. Gutachten Dr. ***4*** vom betreffend Erwachsenenvertretung) ausreichend berücksichtigt und stehen nicht im Widerspruch zu den gutachterlichen Beurteilungen. Es wurde ausreichend begründet und nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Gutachtens vom die Selbsterhaltungsfähigkeit behinderungsbedingt noch nicht gegeben, aber Besserung und Erreichen dieser möglich war, und dass eine Einschätzung darüber, ob der Beschwerdeführer dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, zu den Zeitpunkten der Gutachten vom (Untersuchung am ) und vom (Untersuchung am ) nur dann erfolgen hätte können, wenn jene Angebote und Unterstützungsmaßnahmen, wie im Gutachten vom angeführt, in der Zeit bis zur Nachuntersuchung (das war ein Zeitraum von 3 Jahren) ausgeschöpft worden wären. Wie aus einer Zusammenschau aller vorgelegten Unterlagen und aller Vorbringen der Parteien ersichtlich, wurde jedoch nicht einmal ein einziges Angebot zur beruflichen Integration lernbehinderter Menschen in Anspruch genommen. Sowohl im Gutachten vom als auch im Gutachten vom wird explizit ausgeführt, dass die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung für sich alleine jedenfalls nicht ausreicht, eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, begründet. Diese Aussagen stehen auch nicht im Widerspruch zum Gutachten vom . Dort wird ebenso ausgesprochen, dass eine Selbsterhaltungsfähigkeit möglich ist, wenn entsprechende Unterstützungsangebote zur beruflichen Integration Lernbehinderter in Anspruch genommen wird. Im Gutachten vom wird zudem angeführt, dass einfache Tätigkeiten möglich sind.

Aus den divergierenden Festellungen zur voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen des Gutachtens vom einerseits und den Gutachten vom und vom andererseits alleine kann nicht eine Unschlüssigkeit eines oder mehrere dieser Gutachten festgemacht werden. Im Gutachten vom wurde ausdrücklich angeführt: "Unterer Rahmensatz, da Berufstätigkeit bei entsprechender Unterstützung möglich ist". Auch die Nachuntersuchung in 3 Jahren wurde gerade damit begründet, dass derzeit die Selbsterhaltungsfähigkeit behinderungsbedingt noch nicht erreicht wurde, aber bei Fortführung/Wiederaufnahme von Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter eine Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit möglich ist. Diese 3 Jahre waren mit April 2022 abgelaufen. Bei der Nachuntersuchung am war der Beschwerdeführer zur Untersuchung nicht erschienen. Bei einer neuerlichen Untersuchung am wurde im Sachverständigengutachten vom festgestellt, dass weder über Arbeitsversuche berichtet wurde noch wurden Nachweise für berufliche Integrationsbemühungen wie z.B. Arbeits-Assistenz oder sonstige Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration Lernbehinderter vorgelegt. Aus diesem Grund könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob die Selbsterhaltungsfähigkeit mittlerweile erreicht wurde. Ausdrücklich festgehalten wurde, dass die festgestellte leichtgradige Intelligenzminderung dafür jedenfalls nicht ausreiche. Dies wurde auch im Gutachten vom bestätigt, worin ausgeführt wurde, dass sich aus der leichtgradigen Intelligenzminderung keine Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß ableiten lassen würden, dass sich daraus eine dauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit ergeben würde. Einfache Tätigkeiten seien möglich. Damit liegt aber kein Widerspruch zum Gutachten vom vor. Denn dort wurde gerade ausgeführt, dass die Nachuntersuchung in 3 Jahren erforderlich ist, um festzustellen, ob die Selbsterhaltungsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt (Mai 2022) gegeben ist oder nicht. Dass der Beschwerdeführer dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und keine Möglichkeit auf Besserung oder Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sei und daher keine weitere Nachuntersuchung folgen müsse wird im Gutachten vom gerade nicht festgestellt. Damit erweist sich das Vorbringen in der Beschwerde und im Vorlagebericht, dass bei gleichbleibender Situation, respektive dem unveränderten Vorliegen der Erkrankung, nicht davon ausgegangen werden könne, dass nun die Selbsterhaltungsfähigkeit bestehe, als unrichtig. Denn die Situation ist, wie im Gutachten vom ausgeführt, gerade nicht gleichbleibend, da durch entsprechende Maßnahmen eine Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit durchaus gegeben ist. Ob in der Zwischenzeit (der Zeitraum zur Nachuntersuchung umfasste 3 Jahre) die Selbsterhaltungsfähigkeit vorliegt oder nicht, konnte aufgrund der fehlenden Inanspruchnahme der Angebote und Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration, nicht beurteilt werden. Im Gutachten vom wurde explizit angeführt, dass einfache Tätigkeiten möglich sind.

Zur Ausschöpfung der zumutbaren Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer

  • von 1.11. bis bei einer Firma beschäftigt gewesen sei - aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes hätte er dieser Beschäftigung nicht länger nachgehen können; und

  • bei einem Termin bei der Arbeitsassistenz gewesen sei - weitere Termine hätte er nicht wahrnehmen können, da er keinen Sozialversicherungsdatenauszug erhalten hätte und sohin keine weitere Beratung möglich gewesen sei.

Dazu ist auszuführen, dass die Ausübung einer Tätigkeit keine Unterstützungsmaßnahme zur beruflichen Integration lernbehinderter Menschen darstellt. Betreffend die Wahrnehmung eines einzelnen Termins bei der Arbeitsassistenz kann ebenfalls keine Unterstützungsmaßnahme zur beruflichen Integration lernbehinderter Menschen erblickt werden, da hier offenbar nur ein einziger Termin wahrgenommen wurde und weder eine weitere Beratung in Anspruch genommen wurde, noch konkrete Maßnahmen aus dem einzigen Gespräch gefolgt wären. Im Übrigen ist anzumerken, dass ein Sozialversicherungsdatenauszug in Österreich sowohl online angefordert werden kann und dieser kostenfrei per Post zugesendet wird sowie gegen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises bei jedem Sozialversicherungsträger in allen Bundesländern ausgehändigt wird. Damit kann somit nicht aufgezeigt werden, dass bei den Untersuchungen durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen etwaige in Anspruch genommene Angebote oder Maßnahmen zur beruflichen Integration des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt worden wären. Zudem ist anzumerken, dass der Termin zur Untersuchung am , der im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen initiiert worden war, vom Beschwerdeführer nicht wahrgenommen wurde.

Die in der Beschwerde angeführten Leiden des Beschwerdeführers betreffend Impulsivität, Unstetigkeit, Probleme bei Geldeinteilung und Planung, Probleme im Durchhaltevermögen und Zukunftsplanung, z.B. bei Einhaltung von Terminen, wurden in allen vorliegenden Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen ausreichend berücksichtigt und auf entsprechende Angebote und Maßnahmen zur beruflichen Integration des Beschwerdeführers trotz dieser Leiden hingewiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist um einen bestimmten Betrag.

§ 8 Abs. 5 FLAG 1967 bestimmt, dass als erheblich behindert ein Kind gilt, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, wenn nach Art und Umfang eine mögliche Änderung zu erwarten ist.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr. 22/1970 in der jeweils geltenden Fassung und die Einschätzungsverordnung vom , BGBL II Nr. 261/2010 in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt (§ 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung).

Damit ist die Frage des Grades der Behinderung und die Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörde und damit auch dem Bundesfinanzgericht entzogen. Der Gesetzgeber hat ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für die Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden und damit auch das Bundesfinanzgericht haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigungen auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (vgl. dazu , vgl. auch ). Die Behörde ist an die der Bescheinigung des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend sind (vgl. dazu bspw. ; , 2011/16/0063, mwN).

Wie oben ausgeführt, wurde im Gutachten vom eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt mit einer Nachuntersuchung in 3 Jahren, da Besserung und Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit durch entsprechende Maßnahmen möglich ist. Sowohl im Gutachten vom als auch vom konnte keine Unfähigkeit, sich dauernd selbst den Unterhalt zu verschaffen, festgestellt werden. Da die Gutachten schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind - vgl. dazu bereits die Ausführungen oben unter Beweiswürdigung - war der Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967 und somit auch auf den Erhöhungsbetrag gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 ab Mai 2022 zu Recht zu versagen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die erhöhte Familienbeihilfe (Grundbetrag und Erhöhungsbetrag) zusteht, ergibt sich aus den bezughabenden Gesetzesbestimmungen. Bei den Fragen, in welchem Ausmaß eine Behinderung besteht und ob eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen besteht oder nicht, handelt es sich um Tatfragen und ist das Bundesfinanzgericht, sofern keine Unschlüssigkeit der Gutachten vorliegt, an die Gutachten des Sozialministeriumservice gebunden. Da im vorliegenden Fall somit die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich waren, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101392.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at