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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2024, RV/7101375/2015

Nichtbescheid - keine Zustellung an § 81 BAO Vertreter - Einkünfte aus Gewerbebetrieb eines Kommanditisten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2013 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit "Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2013" wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der ***A s.r.o & Co KG*** mit € 69.463,17 festgestellt. Der ***A*** wurde ein Betrag in der Höhe von € 48.626,37 und dem Beschwerdeführer ein Betrag in der Höhe von € 20.836,80 (Grundfreibetrag € 3.113,50) zur Berücksichtigung bei der Veranlagung im Rahmen der Einkommensermittlung zugerechnet. Die Erledigung enthielt den Hinweis, dass dieser Bescheid gegen alle Beteiligten wirke, denen Einkünfte zugerechnet würden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gelte die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO). Der Bescheid war an die ***A s.r.o & Co KG*** z.H. ***XY*** adressiert.

Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde die Einkommensteuer des Beschwerdeführers für das Jahr 2013 mit € 3.877, -- festgesetzt. Der Berechnung der Einkommensteuer wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von € 20.836,80 sowie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (bezugsauszahlende Stelle ***A s.r.o & Co KG***) in der Höhe von € 3.042,24 zu Grunde gelegt. Begründend wurde ausgeführt, da der Beschwerdeführer eine Beteiligung bei der ***A s.r.o & Co KG*** in der Höhe von € 20.836,80 habe und die Erklärungen E1 und E11 nicht abgegeben worden seien, sei diese hinzugerechnet worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, er habe aus seiner Beteiligung an der ***A s.r.o & Co KG*** keine Gewinnausschüttung erhalten. Er habe vielmehr sein Gehalt als Mitarbeiter der Firma nicht erhalten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer für das Jahr 2013 mit € 3.004, -- festgesetzt wurde. Die Differenz zum angefochtenen Bescheid resultierte aus einer Änderung bei den Sonderausgaben und der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen, Kinderfreibeträgen und des Unterhaltsabsetzbetrages.

Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus, er sei nie selbstständig tätig gewesen und habe immer als Angestellter im Büro gearbeitet. Beteiligung bzw. Gewinne seien keine ausgezahlt worden. Weiters wurde vorgebracht, es fehle bei der bezugsauszahlenden Stelle der Betrag der Firma ***B*** für die Zeit von bis .

Mit Vorlagebricht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In ihrer Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, es werde die teilweise Stattgabe der Beschwerde beantragt. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit wären laut dem nachträglich dem Finanzamt von der Firma ***B*** übermittelten Lohnzettel anzusetzen. Hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sei die Beschwerde unter Hinweis auf § 252 BAO abzuweisen. Die Einkünfte aus dem Lohnzettel der ***A s.r.o & Co KG*** seien nicht anzusetzen, weil der Beschwerdeführer als Gesellschafter dieses Unternehmens gemäß § 23 EStG 1988 Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehe.

Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht erließ das Bundesfinanzgericht am , am , am und am zur Klärung des Sachverhaltes und zur Darlegung seiner Rechtsansicht verfahrensleitenden Beschlüsse. Seitens des Beschwerdeführers und der belangten Behörde wurde (zum Teil) Stellung genommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1007 zur Entscheidung über die Beschwerde gründet auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom , die am in Kraft getreten ist.

1. Sachverhalt

Erledigung vom

Die Erledigung vom ("Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2013") wurde an die ***A s.r.o & Co KG*** gerichtet und z.H. ***XY*** zugestellt. Eine Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte nicht.

***XY*** war die steuerliche Vertretung und Zustellungsbevollmächtigte der ***A s.r.o & Co KG***. Sie wurde gegenüber der Abgabebehörde nicht als nach "§ 81 BAO vertretungsbefugte Person" namhaft gemacht.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Der Beschwerdeführer war Kommanditist der mittlerweile aus dem Firmenbuch gelöschten ***A s.r.o & Co KG***. Komplementärin war die ***A***. Seit war der Beschwerdeführer neben ***B*** Geschäftsführer der Komplementärin.

Der Gesellschaftsvertrag der ***A s.r.o & Co KG*** enthält unter anderem folgende Regelungen:

"…§ 4 Gesellschaftsbeiträge (Einlagen)

2.) Herr … (Anm. Beschwerdeführer) leistet eine Bareinlage in der Höhe von € 1.000,-- (in Worten: EURO eintausend), die binnen 14 Tagen nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages einzubezahlen ist.

§ 6. Gewinn- und Verlustverteilung, Entnahmen

2.) Der zu verteilende Gewinn bzw. Verlust wird im Verhältnis der Kapitaleinlagen der Gesellschafter diesen zugerechnet

3.) Entnahmen zu Lasten des Kapitalkontos sind nicht zulässig. Zu Entnahmen sind die Gesellschafter nur von positiven Privatkonten berechtigt, soweit nicht durch Gesellschafterbeschluss etwas anderes festgelegt wird. Der Bezug von Gewinnvorempfängen ist ausgeschlossen, soweit nicht durch Gesellschafterbeschluss etwas anderes bestimmt wird. …

§ 7 Geschäftsführung und Vertretung

1.) Die Geschäftsführung obliegt allein dem Geschäftsführer der ***A***. Er ist zur Vertretung nach außen hin berufen.

2.) Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgehen, bedürfen eines vorangehenden Gesellschafterbeschlusses. …

§ 10. Kontrollrechte der Gesellschaft

1.) Die Gesellschafter sind berechtigt, jederzeit in die Aufzeichnungen und Papiere der Gesellschaft Einsicht zu nehmen. …

§ 13. Auseinandersetzung

1.) Einem ausscheidenden Gesellschafter ist als Abfindung jener Betrag zu bezahlen der unter Rücksichtnahme auf den saldierten Wert seiner Konten seinem Anteil am Wert des Unternehmens entspricht. …

§ 15 Liquidation

3.) Das nach berichtigen der Schulden verbleibende Vermögen ist von den Liquidatoren nach den Verhältnissen der Kapitalanteile, wie sich diese aufgrund der Schlussbilanz ergeben, auf die Gesellschafter zu verteilen. …"

Der Beschwerdeführer war bei der ***A s.r.o & Co KG*** angestellt und als Bürokaufmann beschäftigt. Das Gehalt aus dieser Beschäftigung hat der Beschwerdeführer nur teilweise erhalten. Nähere Absprachen zu der Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses zur ***A s.r.o & Co KG*** lagen nicht vor.

Für das Jahr 2013 wurde über FinanzOnline eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Feststellungerklärung) für die ***A s.r.o & Co KG*** eingereicht. Die Feststellungserklärung wurde der Erledigung vom zu Grunde gelegt.

Darin wurden Erträge/Betriebseinnahmen (ohne Sonderbetriebseinnahmen) in der Höhe von gesamt € 148.822,50 sowie Aufwendungen/Betriebsausgaben (ohne Sonderbetriebsausgaben) in der Höhe von gesamt € 76.245,83 geltend gemacht. Vor Berücksichtigung des Grundfreibetrages in der Höhe von € 3.113, 50 wurden dem Beschwerdeführer € 23.950,30 als Gewinnanteil zugeteilt. Die Vergütungen des Beschwerdeführers für seine Tätigkeit bei der ***A s.r.o & Co KG*** wurden nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Beim Gewinnanteil des Beschwerdeführers wurden die Zahlungen an den Beschwerdeführer nicht als Sonderbetriebseinnahmen berücksichtigt. Der Komplementärin wurden € 48.676,37 zugeteilt. Der Gewinn wurde gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt.

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2013 von bis bei der Firma ***B*** als Angestellter beschäftigt. Aus dieser Beschäftigung betrugen die steuerpflichtigen Bezüge € 12.247,38. Die einbehaltene Lohnsteuer betrug € 1.231,05.

2. Beweiswürdigung

Erledigung vom

Die Adressierung der Erledigung vom und die Zustellung an die steuerliche Vertretung resultiert aus der Erledigung selbst. Dass keine Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgt ist, folgt aus den Angaben des Beschwerdeführers vom . Auch die belangte Behörde hat nichts Gegenteiliges behauptet. Eine Zustellung an den Beschwerdeführer ergibt sich auch nicht aus den Akten.

Dass ***XY*** die steuerliche Vertretung und Zustellungsbevollmächtigte der ***A s.r.o & Co KG*** war, folgt aus der Vollmachtsvorlage vom , der Vollmacht vom und dem Bericht über das Ergebnis einer Nachschau gemäß § 144 BAO vom . Insbesondere aus der Vollmacht vom geht klar hervor, dass ***XY*** die Vollmacht zur steuerlichen Vertretung hatte (vgl. etwa die Ausführungen, wonach ***XY*** bevollmächtigt wird, die ***A s.r.o & Co KG*** in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen zu vertreten, Eingaben und Steuererklärungen zu unterfertigen, Akteneinsicht zu nehmen sowie alles zweckdienlich Erscheinende zu verfügen, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe einzubringen und zurückzuziehen, Rechtsmittelverzichtserklärungen sowie verbindliche Erklärungen abzugeben und überhaupt sämtliche durch die Abgabenvorschriften vorgesehenen Handlungen zu setzen, die ein Steuerpflichtiger vorzunehmen berechtigt bzw. verpflichtet ist). Eine Namhaftmachung als § 81 BAO Vertreterin kann darin nicht erkannt werden. Auch aus den weiteren Verfahrensakten ergibt sich kein Hinweis, dass ***XY*** als Vertreterin nach § 81 BAO namhaft gemacht wurde. Weiters hat auch der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom ausgeführt, dass der Abgabenbehörde keine vertretungsbefugte Person mitgeteilt wurde.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die Feststellungen zu den Beteiligungen an der ***A s.r.o & Co KG*** ergeben sich aus dem vom Bundesfinanzgericht eingeholten Firmenbuchauszug vom . Dass der Beschwerdeführer neben ***B*** seit Geschäftsführer der Komplementärin war, folgt aus dem Auszug aus dem Handelsregister des Bezirksgerichts Bratislava vom .

Die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages resultieren aus diesem.

Dass der Beschwerdeführer bei der ***A s.r.o & Co KG*** als Bürokaufmann angestellt war, folgt aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Auszug aus dem Elektronischem Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger für die WGKK und dem Dienstzettel. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Gehalt aus der Beschäftigung bei der ***A s.r.o & Co KG*** nur teilweise erhalten hat, resultiert aus den Ausführungen des Beschwerdeführers.

Trotz mehrmaliger Aufforderungen, zu seiner Tätigkeit bei der ***A s.r.o & Co KG*** Stellung zu nehmen, machte der Beschwerdeführer keine näheren Angaben zu seiner Tätigkeit. Er legte lediglich den Auszug aus dem Elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger für die WGKK und einen Dienstzettel vor. Aus diesen ergibt sich zwar, dass der Beschwerdeführer für die ***A s.r.o & Co KG*** tätig war. Die nähere Ausgestaltung beziehungsweise Bedingungen dieser Tätigkeit insbesondere im Hinblick auf seine Stellung als Kommanditist, lassen sich daraus allerdings nicht ableiten. Der Beschwerdeführer beschränkte sich auf die Angabe, als Bürokaufmann tätig gewesen zu sein und weitere Unterlagen, nicht zu besitzen, da das Büro (das im Wohnhaus von ***B*** gewesen sei und auch von dessen vorherigen Firmen der Firmensitz gewesen sei) "von einer Minute auf die Andere" geschlossen und versiegelt worden sei. Selbst wenn der Beschwerdeführer aufgrund der von ihm angeführten Umstände keinen Zugang zu Unterlagen gehabt hat, wäre es an ihm gelegen, zumindest Ausführungen zu einer näheren Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses zur ***A s.r.o & Co KG*** zu machen. Es erscheint auch wenig plausibel, dass sämtliche Unterlagen bei ***B*** waren und der Beschwerdeführer nicht einmal im Besitz einer Ausfertigung eines allfällig vorhandenen Dienstvertrages ist. Es ist daher davon auszugehen, dass es keine näheren Absprachen zum Dienstverhältniss des Beschwerdeführers zur ***A s.r.o & Co KG*** gab.

Die Feststellungen zur Feststellungerklärung sowie die Gewinnermittlungsart ergeben sich aus der über FinanzOnline abgefragten Feststellungerklärung. Aus einem Vergleich der Angaben in der Feststellungserklärung mit der Erledigung vom wird ersichtlich, dass die Einkünfte erklärungsgemäß zwischen der Komplementärin und dem Beschwerdeführer verteilt wurden.

Dass beim Beschwerdeführer keine Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Feststellungserklärung berücksichtigt wurden folgt aus der Feststellungserklärung. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes gibt es keine Anhaltspunkte an der grundsätzlichen Richtigkeit der Feststellungserklärung zu zweifeln. Die Erklärung wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens auch dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde übermittelt. Von diesen wurden keine Vorbehalte gegen die Feststellungserklärung vorgebracht. Unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Richtigkeit der eingereichten Erklärung und des Umstands, dass die Tätigkeitsvergütungen wohl aufgrund fehlender Fremdüblichkeit (vgl. dazu die rechtliche Beurteilung) nicht als Sonderbetriebseinnahme berücksichtigt wurden, ist auch davon auszugehen, dass die Vergütungen an den Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit für die Gesellschaft bei dieser auch nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt wurden.

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

Die Feststellungen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit resultieren aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag vom samt Versicherungsdatenauszug (Stand ) und dem Lohnzettel vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Erledigung vom - Vorliegen eines Nichtbescheides

Gemäß § 192 BAO werden die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO kann ein Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind, wenn diesem Bescheid Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind.

Die prozessuale Bindung eines abgeleiteten Bescheides an einen Grundlagenbescheid kann aber nur dann zum Tragen kommen, wenn ein Grundlagenbescheid überhaupt rechtswirksam erlassen wurde (vgl. sowie Ritz/Koran, BAO7, § 252 Tz 3).

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Gemäß Abs. 3 leg. cit. wirken Feststellungsbescheide nach § 188 BAO gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des § 101 Abs. 3 BAO (noch vor der Novellierung durch das Abgabenänderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 110/2023) sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) tritt die Wirksamkeit eines Feststellungsbescheides nur ein, wenn der Bescheid in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnet (§ 191 Abs. 1 lit. c BAO bzw. § 191 Abs. 2 BAO iVm § 93 Abs. 2 BAO), der Bescheid seinem Adressaten (im Wege eines Vertreters nach § 81 BAO) zugestellt wurde und der Bescheid allen Personen, denen (gemeinschaftliche) Einkünfte zugerechnet werden, kraft Zustellfiktion (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO) als zugestellt gilt (§ 97 Abs. 1 BAO).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes zur im gegenständlichen Fall anwendbaren Rechtslage vor der Novellierung durch das Abgabenänderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 110/2023 ist die Angabe einer "nach § 81 vertretungsbefugten Person" für die Anwendung der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO konstitutive Voraussetzung und handelt es sich dabei insofern nicht um eine bloße Zustellbevollmächtigung (vgl. und ).

In der Erledigung vom wurde die steuerliche (zustellbevollmächtigte) Vertreterin der ***A s.r.o & Co KG*** als "z.H. Empfängerin" angegeben. Bei der steuerlichen Vertreterin handelte es sich nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt nicht um eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person. Da allerdings nach der zuvor zitierten Rechtsprechung die Angabe der nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person eine konstitutive Voraussetzung für die Anwendung der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO ist, konnte die Zustellfiktion im Beschwerdefall nicht wirksam werden.

Die belangte Behörde machte in ihrer Stellungnahme vom geltend, auch durch die Zustellung an die Zustellbevollmächtigte sei eine wirksame Zustellung erfolgt und stelle die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 110/2023, vorgenommene Änderung, wonach abweichend von § 81 Abs. 2 BAO auch einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden könne, nach den Erläuternden Bemerkungen lediglich eine Klarstellung dar.

Bei den Erläuternden Bemerkungen handelt es sich lediglich um einen Auslegungsbehelf, aber um keine verbindliche Rechtsquelle. Im Hinblick auf die wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes zur Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 110/2023, ist jedenfalls davon auszugehen, dass es sich bei der nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person nicht um einen bloßen Zustellbevollmächtigten handelt und eine Wirksamkeit der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO jedenfalls die Angabe der nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person sowie die Zustellung an diese erfordert.

Mangels Anwendbarkeit der Zustellfiktion im gegenständlichen Fall, wäre eine Wirksamkeit der Erledigung vom daher nur dann gegeben, wenn diese Erledigung sämtlichen Mitgliedern der ***A s.r.o & Co KG*** zugestellt worden wäre (vgl. , wonach die Behörde von der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO keinen Gebrauch machen muss. An die Personengemeinschaft gerichtete Bescheide können wirksam auch dadurch zugestellt werden, dass sie sämtlichen Mitgliedern der Personengemeinschaft zugestellt werden).

Da die Erledigung vom nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt schon dem Beschwerdeführer (Kommanditist) nicht zugestellt wurde, konnte sie auch durch Zustellung an sämtliche Mitglieder der Personengemeinschaft nicht wirksam werden.

Bei der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung handelt es sich somit mangels wirksamer Zustellung um einen Nichtbescheid. Eine Bindungswirkung an die als Grundlagenbescheid intendierte Erledigung vom ist daher im gegenständlichen Einkommensteuerverfahren nicht gegeben.

Das Bundesfinanzgericht hatte daher zu beurteilen, ob und in welcher Höhe der Beschwerdeführer im Jahr 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hat.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften), sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben.

Beim Beschwerdeführer handelte es sich um den Kommanditisten der ***A s.r.o & Co KG***. Aus den festgestellten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ergibt sich, dass die Stellung des Beschwerdeführers zumindest den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des UGB über die KG entsprochen hat (etwa Leistung einer Einlage, Stimm- und Kontrollrechte, Beteiligung am Gewinn und Verlust). Hinweise darauf, dass die Stellung des Beschwerdeführers als Kommanditist derart eingeschränkt war, dass nicht mehr vom Vorliegen einer Mitunternehmerschaft auszugehen ist, sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe keine finanziellen Transaktionen durchführen dürfen und habe auch die Kapitaleinlage nicht selber gezahlt, vermag nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes an seiner Stellung als Mitunternehmer nichts zu ändern.

Die dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Gewinnanteile aus seiner Beteiligung als Kommanditist an der der ***A s.r.o & Co KG*** führen somit beim Beschwerdeführer zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Gewinnanteile aus Personengesellschaften sind aufgrund des § 23 Z 2 EStG 1988 unmittelbar den Gesellschaftern zuzurechnen. Dies erfolgt in jenem Zeitpunkt, in dem das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft endet (vgl. Steinhauser in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 23 Rz 86 (Stand , rdb.at)). Wird der Gewinn - wie im Beschwerdefall - durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, ist der tatsächliche Zufluss des Gewinnanteils nicht entscheidend; Gewinnanteile und Vergütungen werden in dem Jahr bezogen, für das die Gesellschaft den Gewinn ermittelt (Doralt/Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 23 Rz 283 (Stand , rdb.at)). Dass der Beschwerdeführer nach seinen Beschwerdeausführungen keine Gewinnausschüttung aus seiner Beteiligung erhalten hat, vermag nichts daran zu ändern, dass es sich bei den Gewinnanteilen aus der ***A s.r.o & Co KG*** um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt.

Gemäß § 23 Z 2 zweiter Halbsatz EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft bezogen haben.

Wie oben dargestellt war der Beschwerdeführer bei der ***A s.r.o & Co KG*** als Bürokaufmann angestellt. Die Tätigkeitsvergütungen des Beschwerdeführers für diese Tätigkeit führen bei diesem daher gemäß § 23 Z 2 zweiter Halbsatz EStG 1988 grundsätzlich zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wie im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung, sind diese daher nicht zu berücksichtigten. Hinweise darauf, dass es sich bei den Vergütungen um einen Vorabgewinn handeln könnte, sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen. Insbesondere wird auch durch § 6 3.) des Gesellschaftsvertrages der Bezug von Gewinnvorempfängen ausgeschlossen, soweit nicht durch Gesellschafterbeschluss etwas anderes bestimmt wird.

Zwischen der ***A s.r.o & Co KG*** und dem Beschwerdeführer als deren Kommanditist besteht allerdings im Sinne der Angehörigenjudikatur ein Naheverhältnis (vgl. ), sodass zu prüfen ist, ob die Tätigkeitsvergütung des Beschwerdeführers allenfalls mangels Fremdüblichkeit der der Vergütung zu Grunde liegenden Vereinbarung nicht anzuerkennen ist.

Damit von einer fremdüblichen Vereinbarung ausgegangen werden könnte, müsste diese nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden.

Da es nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt keine näheren Absprachen zum Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur ***A s.r.o & Co KG*** gab und die Vergütung auch nur teilweise gezahlt wurde, ist keine Fremdüblichkeit gegeben. Die Tätigkeitsvergütungen des Beschwerdeführers sind daher steuerlich nicht anzuerkennen.

Sind Tätigkeitsvergütungen mangels Fremdüblichkeit als Betriebsausgaben bzw. Sonderbetriebseinnahmen nicht anzuerkennen, so sind die vor Berücksichtigung der Tätigkeitsvergütung erzielten Ergebnisse der Einkünfteermittlung zu Grund zu legen ( sowie Steinhauser in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 23 Rz 184a (Stand , rdb.at).

Im Beschwerdefall wurden nach dem festgestellten Sachverhalt die Vergütungen des Beschwerdeführers für seine Tätigkeit für die ***A s.r.o & Co KG*** bereits in der Feststellungerklärung nicht als Betriebsausgabe beziehungsweise Sonderbetriebseinnahme berücksichtigt. Die Angaben in der Feststellungserklärung können daher der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers zugrunde gelegt werden.

Bei Erträgen/Betriebseinnahmen in der Höhe von € 148.822,50 und Aufwendungen/Betriebsausgaben in der Höhe von € 76.245,83‬, entfällt auf den Beschwerdeführer bei einer Beteiligung des Beschwerdeführers am Gewinn und Verlust in der Höhe von 33% [vgl. § 6 2.) in Verbindung mit § 4 des Gesellschaftsvertrags] ein Gewinnanteil in der Höhe von € 23.950,30, wobei noch der Grundfreibetrag in der Höhe von € 3.113,50 zu berücksichtigen ist (§ 10 Abs. 4 Z 3 EStG).

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

Die im angefochtenen Bescheid noch nicht berücksichtigten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der Firma ***B*** sind bei der Ermittlung der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 in Verbindung mit § 25 EStG 1988 zu berücksichtigen.

In der Beschwerdevorentscheidung wurden im Vergleich zum angefochtenen Bescheid höhere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie Kinderfreibeträge und ein Unterhaltsabsetzbetrag berücksichtigt. Da keine Einwendungen gegen die Berücksichtigung dieser Beträge vorgebracht wurden, werden diese der Berechnung der Einkommensteuer zu Grunde gelegt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der gegenständliche Beschwerdefall wirft keine Rechtsfragen auf, die zu einer Zulässigkeit der Revision führen würden. Insbesondere weicht es nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab () bzw. ergibt sich die rechtliche Beurteilung eindeutig aus dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 23 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101375.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at