Vorschreibung der KFZ-Steuer - Verwenderbegriff, Gegenbeweis und überwiegende Verwendung im Ausland
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin *** in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers, mit der Adresse X, vertreten durch LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Ottensheimer Straße 32, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Kraftfahrzeugsteuer 1 - 12/2018, Steuernummer XXX, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (kurz Bf.) als Verwender des Fahrzeuges gilt und er den Gegenbeweis der Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erbracht hat.
Beim Bf. fand unter anderem für die Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer 2015 bis 2016 eine Außenprüfung und eine Nachschau für den Zeitraum 2017 statt. Anlässlich der Außenprüfung wurde mit Bescheiden jeweils vom über die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2015 in Höhe von € 5.461,58 sowie die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2016 und 1-12/2017 jeweils in Höhe von € 1.555,88 festgesetzt. Begründend wurde auf die Feststellungen der Niederschrift vom (Beilage I im Betriebsprüfungsbericht vom ) verwiesen.
Die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2015 wurde mit Bescheid vom in Höhe von € 1.902,36 festgesetzt. Begründend wurde auf den Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 04/2014 verwiesen.
Mit Schreiben vom wurde die (nicht ausgefüllte) Kraftfahrzeugsteuererklärung bei der Abgabenbehörde eingereicht. Es werde darauf hingeweisen, dass der Bf. über kein Fahrzeug verfüge, dessen dauernder Standort in Österreich liege bzw. dessen überwiegende Verwendung in Österreich erfolge. Beim vom Bf. gefahrenen Fahrzeug handle es sich - nach wie vor - um den Mercedes CLS, welcher X s.r.o. (kurz s.r.o.), mit Sitz in B (CZ), gehöre. Es werde auf das offene Verfahren betreffend Kraftfahrzeugsteuer 1 - 12/2016 und 1-12/2017 sowie Normverbrauchsabgabe 9/2015, wo die diesbezüglichen Daten bekannt seien (Vorlageantrag vom ) verwiesen.
Mit Bescheid vom (OZ 2) wurde die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2018 in Höhe von € 1.555,88 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass da sich die Verhältnisse zu den Vorjahren nicht geändert hätten, werde die Kraftfahrzeugsteuer wie in den Vorjahren in Höhe von € 1.555,88 festgesetzt. Es werde auf die Niederschrift der Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung vom und den Bericht vom verwiesen.
Mit fristgerechter Beschwerde vom (OZ 1) wurde beantragt, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid 1-12/2018 ersatzlos zu beheben. Begründend wurde erneut vorgebracht, dass das vom Bf. gefahrenen Fahrzeug (CZ-00000) keinen dauernden Standort in Österreich habe bzw. dessen überwiegende Verwendung nicht in Österreich erfolge. Für das Fahrzeug bestehe daher keine kraftfahrrechtliche Zulassungspflicht in Österreich. Es handle sich, nach wie vor, um dasselbe Fahrzeug, welches der s.r.o., mit Sitz in B (CZ) gehöre.
Es werde auf die Ausführungen in der Beschwerde vom betreffend die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer 2016, 2017 und NoVA 9/2015 sowie eines ersten Säumniszuschlages von der NoVA 9/2015 verwiesen, welche in der Anlage übermittelt werden. Die Nutzung des Fahrzeuges sei im Veranlagungsjahr 2018 im Vergleich zum Beschwerdezeitraumen 2015-2017 im Wesentlichen unverändert erfolgt. Es werde daher der Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und Vorlage innerhalb von 3 Monaten ab Einlangen der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt.
In der Beschwerde vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat gestellt und beantragt, gemeinsam über die beiden Verfahren zu entscheiden.
In der Beschwerde vom gegen die Kraftfahrzeugsteuerbescheide 1-12/2016 und
1-12/2017 und den Normverbrauchsabgabebescheid 09/2015 wird vom Bf. grundsätzlich gleichlautend wie in der gegenständlichen Beschwerde ausgeführt. Nicht der Bf. sondern die s.r.o. sei als Verwender des Fahrzeuges zu sehen. Das Fahrzeug werde weitaus überwiegend für betriebliche Zwecke dieser Gesellschaft verwendet und ziehe diese den Nutzen aus der Verwendung.
Es werde eine Kilometeraufstellung auf Basis des Fahrtenbuchs 2017 übermittelt (Anlage II). Es ergäben sich keine geänderten Verhältnisse ab dem Jahr 2014. Für das Jahr 2016 sei kein Fahrtenbuch geführt worden. Die Gesellschaft trage die Kosten des Fahrzeuges zur Gänze und werde auf die Anlage III verwiesen. Die Gesellschaft habe die Verfügungsmacht und werde das Fahrzeug nur in sehr geringem Ausmaß für private Zwecke genutzt.
Im beigelegten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (Anlage I) wegen einer Verwaltungsübertretung des Bf. nach § 82 Abs. 8 KFG sei dieses am zur Ansicht gekommen, dass eine solche nicht vorliege, da über dieses Fahrzeug vom Sitz der s.r.o hauptsächlich verfügt worden sei und die Fahrten vom und zum Wohnsitz des Bf. in Österreich dem nicht entgegenstehen würden. Es sei zu keinen für die rechtliche Beurteilung relevanten Änderungen gekommen und gelten daher die Schlussfolgerungen des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichtes zu diesem Fahrzeug analog.
Es komme bei der Qualifikation als Verwender nicht auf die Stellung im Unternehmen, sondern nur darauf an, ob diese Person als Halter zu qualifizieren sei. Die s.r.o. habe ihren Sitz in Tschechien und befinde sich der Standort dort. Die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG komme daher nicht zur Anwendung. Gleiches gelte für den § 79 KFG, da das Fahrzeug nicht länger als ein Jahr ohne Grenzübertritt in Österreich verblieben sei. Der Beschwerdeführer sei operativer Geschäftsführer der s.r.o, von welcher ausschließlich die Gehaltsaufwendungen für den Bf. getragen werden, nicht jedoch der österreichischen X GmbH. Die Geschäftsführung der GmbH erfolge durch Herrn *X*.
Das Fahrzeug sei in zeitlicher Hinsicht überwiegend für Fahrten im Interesse der s.r.o verwendet worden und befinde sich in der Regel vier Tage in der Woche in Tschechien, was durch Zeugenaussagen belegt werden könne. Das Fahrzeug werde zudem im Hinblick auf die zurückgelegten Kilometer weitaus überwiegend in Tschechien im betrieblichen Interesse gefahren, dort repariert und der Service durchgeführt. Die geringe Privatnutzung stehe bei einer Gesamtbetrachtung einer Zuordnung zur s.r.o entgegen, da für Privatfahrten in Österreich grundsätzlich ein in Österreich zugelassenes Fahrzeug verwendet werde.
Aufgrund der in zeitlicher und streckenmäßiger überwiegenden Verwendung des Fahrzeuges in Tschechien im betrieblichen Interesse der s.r.o. sei von einer wirksamen Erbringung des Gegenbeweises auszugehen. Es habe weder in der Vergangenheit eine widerrechtliche Verwendung des Fahrzeuges in Österreich bestanden, noch bestehe aktuell eine, sodass auch keine Kraftfahrzeugsteuer- und Normverbrauchsabgabenpflicht entstehe.
Mit fristgerechter (Direkt-)Vorlage beantragte die Abgabenbehörde die Abweisung der Beschwerde und führte in der Stellungnahme zusammengefasst aus, dass Fahrzeuge von ausländischen juristischen Personen dann den dauernden Standort im Ausland haben, wenn über das Fahrzeug vom ausländischen Betriebsstandort aus verfügt werde oder wenn das Fahrzeug tatsächlich weit überwiegend zu betrieblichen Zwecken im Ausland verwendet werde. Fahrten zwischen inländischem Wohnsitz und ausländischem Betriebsstandort würden nicht als betriebliche Fahrten qualifiziert (vgl. Haller, NoVAG, § 1 Tz 137 ff). Die Beweislast für den Gegenbeweis treffe den Verwender. Als weitere Gründe für das Vorliegen des Gegenbeweises werde in der Beschwerde sowohl die zeitliche (4 von 7 Tagen = 57,14%) als auch kilometermäßig (lt. Anlage II 32.952 km = 60,84% der im Jahr 2017 gefahrenen Kilometer) überwiegende Verwendung in Tschechien vorgebracht. Dabei werde aber übersehen, dass die Judikatur eine nahezu ausschließliche Verwendung am ausländischen Betriebsstandort (80 % und mehr) voraussetze. Die zu den Jahren vor 2018 vorgebrachten, in Tschechien durchgeführten Reparaturen und Services seien nicht nachgewiesen worden und würden keinen Rückschluss über das Ausmaß der Verwendung zulassen.
Der Bf. als Verwender des Fahrzeuges habe weder ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für das Jahr 2018 geführt, noch andere geeignete Nachweise aufbewahrt oder beigebracht. Er sei seiner Beweisvorsorgepflicht im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 115 Abs. 1 letzter Satz BAO nicht nachgekommen. Der Gegenbeweis scheitere daher nach Ansicht der Abgabenbehörde an den fehlenden Beweisen für 2018. Aufgrund des dauernden Standorts im Inland war die Verwendung des Fahrzeuges ohne Zulassung nur während eines Monats ab Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Die Verwendung des Fahrzeuges auf inländischen Straßen sei einen Monat zulässig, danach sei sie (ab 02/2015) widerrechtlich erfolgt.
Die Entscheidung über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 2018 entspreche der laufenden Judikatur des Bundesfinanzgerichts. Die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer für 12 Monate ergebe sich aus der Berechnung in der Niederschrift vom (siehe Bericht vom ) anhand der bekannten Motorleistung von 195 KW unter Anwendung des Steuersatzes nach § 5 KfzStG.
Im gegenständlichen Fall sei strittig, ob die Standortvermutung zur Anwendung komme und diese widerlegt worden sei. Es seien für das Jahr 2018 keine zusätzlichen Unterlagen vorgelegt worden, welche einen abweichenden Sacherhalt oder die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges belegen würden. Aufgrund des Verweises des Bf. auf die Vorjahre, stehe fest, dass das Fahrzeug vom Bf. wie in den Vorjahren genutzt werden konnte. Es stehe somit fest, dass die Nutzungsmöglichkeit - wie im vorliegenden Geschäftsführervertrag vereinbart - ohne zeitliche Einschränkung für das Jahr 2018 vorhanden gewesen sei.
Mit Schreiben vom , eingelangt beim Bundesfinanzgericht am , hat der Beschwerdeführer die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgezogen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. ist gemeinsam mit seinem Bruder und Mag. X zu je 33,33 % an der X GmbH (kurz GmbH) beteiligt sei. Die GmbH hält 100 % der X s.r.o. mit Sitz in B**, Tschechien.
Geschäftsführer der GmbH sind Mag. X und der Bf.. Geschäftsführer der s.r.o. sind der Bf. und sein Bruder. Die GmbH ist eine Handelsgesellschaft mit ungefähr 45 Mitarbeitern. Die s.r.o. hat in Tschechien einen Produktions- und Handelsbetrieb und rund 140 Mitarbeitern.
Am wurde zwischen GmbH und dem Bf. ein schriftlicher Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen, wobei in der Präambel ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass das Dienstverhältnis bereits seit besteht und erstmals schriftlich festgehalten wird.
Im Geschäftsführerdienstvertrag sind auszugsweise die nachstehend angeführten Bestimmungen festgehalten:
IV. Tätigkeitsbereich
(1) ....Der Geschäftsführer ist insbesondere für die Leitung des Unternehmens zuständig und verpflichtet sich gemäß den Beschlüssen der Generalversammlung zu handeln.
(2) Zum Tätigkeitsbereich gehört insbesondere die Leitung des Tochterunternehmens X s.r.o.
(4) Der gewöhnliche Dienstort des Geschäftsführers ist am Sitz der Tochtergesellschaft B* (Tschechien).
VI. Firmen wagen
(1) Dem Geschäftsführer wird ein entsprechender Firmenwagen der oberen Mittelklasse sowohl für geschäftliche als auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt. Der Firmenwagen wird von jener Konzerngesellschaft zur Verfügung gestellt, für die der Geschäftsführer überwiegend tätig wird.
(2) Die Erhaltungskosten des Dienstwagens trägt die Gesellschaft. Weiters übernimmt die Gesellschaft die bei dienstlicher und privater Nutzung angefallenen Betriebskosten, insbesondere Treibstoff, Maut und Parkgebühren.
XII. Allgemeine Bestimmungen
(2) Dieser Vertrag unterliegt österreichischem Recht. Mit dem Abschluss dieses Vertrages wurden die bereits in der Vergangenheit tatsächlich praktizierten Gegebenheiten in schriftlicher Form festgehalten.
Am hat die s.r.o. einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Mercedes-Benz CLS 350 CDI 4Matic über 1.250.000 tschechische Kronen abgeschlossen. Das Fahrzeug wurde am in Tschechien mit dem Kennzeichen CZ-00000 auf die s.r.o. zugelassen und ab diesem Zeitpunkt dem Abgabepflichtigen zur Nutzung überlassen.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in Österreich und fährt rund 45-mal im Jahr mit seinem Dienstfahrzeug von seinem Wohnsitz zum Firmensitz der s.r.o., wo dieses dann im Schnitt für vier Tage der Woche bleibt, bis der Bf. wieder zu seinem Wohnsitz in Österreich zurückkehrt.
Das Fahrzeug wird zudem im Hinblick auf die zurückgelegte Gesamtkilometeranzahl von 54.166 km weitaus überwiegend in Tschechien (im betrieblichen Interesse der s.r.o) verwendet.
Die in Tschechien vom Bf. gefahrenen betrieblichen Fahrten (13.145 km) betragen 24 % der Gesamtkilometer.
Von der Arbeitsstrecke und einer Kilometeranzahl von 25.657 km (= rund 48 % der Gesamtkilometeranzahl) entfallen 77 % der Strecke auf Tschechien und 23 % der Strecke auf Österreich.
Die Privatnutzung der mit dem Fahrzeug in Österreich gefahrenen Kilometer (5.947 km) beträgt 11 % der Gesamtkilometer.
Von den Fahrten außerhalb von Tschechien (wie zB Ungarn, Italien, Deutschland) in Ausmaß von 17 % (9.417 km) entfallen auf österreichisches Gebiet lediglich 30 %.
Somit entfallen 12 % von den gefahrenen Gesamtkilometern auf das (übrige) Ausland.
Das Ausmaß der nicht in Österreich gefahrenen kilometermäßigen Strecke beträgt jedenfalls 72 % der Gesamtkilometer.
Auf den Bf. war in Österreich ein Privatfahrzeug im beschwerdegegenständlichen Zeitraum zugelassen.
2. Beweiswürdigung
Der im Verfahrensgang dargelegte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten elektronischen Verwaltungsakten, den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung, den Finanzanwendungen, KFZ-DataWareHouse-Abfrage betreffend die auf den Bf. angemeldeten Fahrzeuge in Österreich.
Die Ausführungen zu den Gesellschaftsverhältnissen der Nutzungsüberlassung der Fahrzeuge ergibt sich unstrittig aus dem Betriebsprüfungsbericht und der darin enthaltenen Niederschrift sowie dem vorliegenden Geschäftsführervertrag, dem Firmenbuch und dem Vorbringen des Bf.
Diese Liste und die dort zugeordneten Fahrstrecken im Ausland wurden auch vom Finanzamt als Basis für die Argumentation verwendet, dass das Fahrzeug nicht überwiegend im Ausland verwendet worden sei, da die Fahrten zwischen Wohnsitz und Sitz der s.r.o als private Fahrten zu gelten hätten und daher die dabei im Ausland gefahrenen Kilometer nicht bei dieser Frage zu berücksichtigen seien.
Die prozentuelle Berechnung der vom Bf. kilometermäßig gefahrenen Strecken ergibt sich aus der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Berechnungen anhand der vorgelegten Berechnung "Kilometer-Übersicht" und die vorliegenden Aufzeichnungen im "Fahrtenbuch" für das Jahr 2017.
Für den Gegenbeweis erforderliche Beweismittel sind nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbegrenzt und kann die Nutzung im Ausland nicht nur durch ein (ordnungsgemäß geführtes) Fahrtenbuch, sondern auch durch Listen etc., welche als Basis für das Vorbringen und auch als Grundlage und Begründung für den gegenständlichen Bescheid des Finanzamtes genutzt wurden, erbracht werden.
Vom Bundesfinanzgericht wurden weitere Kilometerberechnungen durchgeführt und anhand der Orte (soweit lesbar) und Fahrtstrecken des Fahrtenbuches im gängigen Routenplaner https://www.google.at/maps/ das Kilomterausmaß an In- und Auslandsfahrten aufgeteilt und berechnet.
Die den Hin- und Rückfahrten zur s.r.o. betragen 48 % der Gesamtkilometerstrecke von 54.166 km. Davon entfallen 77 % (19.807 km) der Fahrtstrecke auf Tschechien und 23 % (5.850 km) auf Österreich.
Die betrieblichen Fahrten innerhalb von Tschechien betragen 24 % (13.145 km) der gesamten gefahrenen Kilometeranzahl und die betrieblichen Fahrten im (übrigen) Ausland 12 %.
Die Privatfahrten und betrieblichen Fahrten innerhalb Österreich betragen rund 16 % der Gesamtkilometeranzahl.
Der prozentmäßige Anteil der nicht in Österreich gefahrenen Kilometer beträgt mindestens rund 72 % der Gesamtkilometeranzahl.
Auch wenn man die Hin- und Rückfahrt nach Tschechien an den Sitz der s.r.o außer Acht lassen würde, ergibt sich ein prozentmäßiger Anteil an nicht in Österreich gefahrenen Kilometern von rund 68 %.
Aus den Aufzeichnungen im Fahrtenbuch ergibt sich, dass der Bf. rund 45 Fahrten pro Jahr an Heimfahrten tätigte und die Reparatur und das Service in Tschechien gemacht wurden.
Ebefalls ergibt sich daraus, dass sich der Bf. - wie aus dem Dienstvertrag ersichtlich - für mehrere Tage in Tschechien befunden hat bzw. sich das Fahrzeug für mehrere Tage der Woche [den überwiegenden Teil der Wochentage] am Sitz der s.r.o. in Tschechien befunden hat und von dort aus Fahrten zu den Auswärtsterminen wie zB Lieferantentermine und Kundentermine unternommen wurden.
Die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges war laut vorliegendem Geschäftsführervertrag ohne (zeitliche) Einschränkung vereinbart.
Aus den zuvor angeführten Unterlagen (Fahrtenbuch, Dienstvertrag) und dem Vorbringen des Bf. ist ergibt sich eine überwiegende Verwendung im Ausland.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Für das Bundesfinanzgericht ergibt sich unter Berücksichtigung all der vorliegenden Unterlagen des elektronischen Aktes und der durchgeführten Berechnungen und Abfragen eindeutig eine überwiegende Verwendung des Fahrzeuges nicht in Österreich.
Für das Bundesfinanzgericht ergeben sich aus dem elektronischen Akt genügend Anhaltspunkte, dass das Fahrzeug in einer Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zuzuordnen ist.
Vor diesem Hintergrund können die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Allgemeines:
Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gemäß § 323b Abs. 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr getreten ist.
Ein Antrag iSd § 262 BAO idgF wurde in der Beschwerde gestellt. Die Abgabenbehörde hat die Akten innerhalb der 3-Monats-Frist vorgelegt, sodass dem Grunde nach die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung rechtmäßig war. Das Bundesfinanzgericht wurde durch diesen Antrag auf iSd § 262 BAO idgF zuständig.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 116 BAO lautet:
"(1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war."
Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (KfzStG):
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 lautet:
Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).
Nach § 3 Z 2 KfzStG 1992 ist Steuerschuldner "... die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet."
Die Steuerpflicht dauert gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Z 3) eines Kraftfahrzeuges vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung endet.
Kraftfahrgesetz 1967 (KFG):
Nach § 36 KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen ua. des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) und wenn andere hier nicht interessierende Voraussetzungen gegeben sind.
Gemäß § 40 Abs. 1 KFG 1967 gilt als dauernder Standort eines Fahrzeuges der Hauptwohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.
Laut § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden.
Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht.
Bindungswirkung:
Die Frage, ob eine widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen vorliegt, ist primär von den für die Vollziehung des KFG zuständigen
(Verwaltungs- )Behörden zu beurteilen. Im Abgabenverfahren handelt es sich um eine Vorfrage iSd § 116 BAO. Keine Bindungswirkung besteht, wenn sich das verwaltungsbehördliche Verfahren auf einen anderen Zeitraum bezieht (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2021) § 1 Rz 79).
Im durchgeführten Verfahren des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichtes wurde der Beweis erbracht, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug (VW Fahrzeug der Type VW Tuareg) mit dem Kennzeichen CZ-00001 gerade nicht um ein solches handelt, dessen dauernder Standort als im Inland anzusehen ist.
Das Erkenntnis des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichtes betrifft einen Zeitraum im Jahr 2014. Das im Jahr 2018 beschwerdegegenständliche Fahrzeug (Mercedes CLS) ist ein anderes Fahrzeug als das beschwerdegegenständliche im Verfahren des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichtes. Es besteht somit keine Bindungswirkung.
Verwenderbegriff:
Das KFG enthält keine Regelung darüber, wem die Verwendung des Fahrzeuges zuzurechnen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2009/16/0107, ausgeführt, dass dabei auf den Begriff des Halters iSd § 5 Abs. 1 des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes (EKHG) zurückzugreifen ist. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z) sei dazu die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (). Dies ist nach der zuvor angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Die freie Verfügung ermöglicht es, über die Verwendung des Kraftfahrzeuges zu entscheiden und korreliert mit der Möglichkeit zur Gefahrenabwendung. Auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis, wie z.B. auf das Eigentum oder ein Mietrecht am Fahrzeug, kommt es dabei nicht an; ebensowenig darauf, auf wen das Fahrzeug zugelassen ist oder wer Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung ist. Maßgebend ist nur, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. ; ).
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass dem Bf. aufgrund des Geschäftsführungsvertrages das Fahrzeug als Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde und der Bf. allein darüber verfügen kann. Der Bf. kann das Fahrzeug nicht nur für dienstliche Zwecke dieses Unternehmens, sondern auch für eine uneingeschränkte Nutzung für Privatfahrten und andere Dienstfahrten ohne weitere Vorgaben verwenden. Da der Bf. darüber verfügen kann, wann und wo er das Fahrzeug privat und beruflich verwendet und es ihm exklusiv zur Verfügung steht, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer Verwender des Fahrzeuges war.
Damit gilt die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 am Hauptwohnsitz des Bf., welcher sich unstrittig in Österreich befindet.
Standortvermutung und Gegenbeweis:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/15/0276, ausgesprochen hat, folgt aus der Formulierung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967, wonach "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden," bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind und dass diese Standortvermutung sowohl auf von Privatpersonen verwendete Fahrzeuge, als auch auf von Unternehmungen verwendete Fahrzeuge anzuwenden ist. (vgl. auch mwN).
Nach § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 ist gegen die darin vorgesehene Vermutung ausdrücklich der Gegenbeweis zulässig ("bis zum Gegenbeweis"). Damit handelt es sich um eine widerlegbare Rechtsvermutung, die der Person, die das Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht hat, die Möglichkeit einräumt, den Gegenbeweis zu erbringen, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort tatsächlich nicht im Inland hat. Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat diese Person dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein solches mit dauerndem inländischen Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (vgl. mwN). Die für den Gegenbeweis erforderlichen Beweismittel sind nach Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes unbegrenzt (Erkenntnis des ).
Nach der ständigen Rechtsprechung (; , , 2008/15/0276) erfordert der Gegenbeweis Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass das Fahrzeug in einer Gesamtbetrachtung einem bestimmten Bundesgebiet zuzuordnen ist.
Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (vgl. , , Ra 2018/16/0171; , 2008/15/0276). Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird (vgl. ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0171 in jenem mit Verweis auf das Erkenntnis vom , 2008/15/0276 hervorgehoben, dass § 82 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes (KFG) die lex specialis zu § 40 Abs. 1 leg. cit. und die darin verwendete, bei Fahrzeugen von Unternehmungen auf ein "hauptsächliches" Verfügen abstellende Standortfiktion sei. Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich ausgesprochen, dass der Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG erbracht sei, weil das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet werde. Dass für einen tauglichen Gegenbeweis ein weitaus überwiegendes Verwenden im Ausland erforderlich wäre und ein lediglich überwiegendes Verwenden im Ausland noch nicht ausreiche, ist jenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen.
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, durch welche für das Bundesfinanzgericht feststeht, dass das Fahrzeug überwiegend nicht in Österreich verwendet wurde, gelang der Gegenbeweis der Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967.
Das gegenständliche Fahrzeug wurde weitaus überwiegend in Tschechien und im übrigen Ausland verwendet. Es ergeben sich rund 72 % der kilometermäßigen Verwendung im Ausland, wobei eine Unterscheidung zwischen beruflichen und privaten Fahrten - wie bereits oben ausgeführt - nicht entscheidend ist.
Eine Kraftfahrzeugsteuerpflicht in Österreich ist für das Dienstfahrzeug des Bf. nicht gegeben und war der Bescheid aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ob der Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 als erbracht anzusehen ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. ). Dies kann jedoch nur jeweils anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt bereits aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar. Da das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung beizumessen wäre.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 § 116 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100202.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at