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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.09.2024, RV/7103296/2019

Pfändung einer Geldforderung: Einwendungen gegen Haftungsbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Pfändung einer Geldforderung, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) als Haftungspflichtiger gemäß § 12 Bundesabgabenordnung (BAO) für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***GmbH & Co KG*** im Ausmaß von Euro 53.632,48 in Anspruch genommen.

Mit an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom bestritt der Bf. die Haftung, da er niemals einen Haftungsbescheid erhalten habe und auch immer bestritten habe, Komplementär der gegenständlichen Gesellschaft gewesen zu sein.

Im Ergänzungsersuchen vom führte die belangte Behörde einleitend aus, dass der Haftungsbescheid vom am nach einem vergeblichen Zustellversuch durch den Postboten am Postamt hinterlegt und eine Benachrichtigung des Zustellversuches und der Hinterlegung im Postamt in der Abgabeeinrichtung (Postkasten) belassen worden sei. Das Schriftstück gelte daher als zugestellt und sei auch abgeholt worden. In diesem Zusammenhang ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Auskunft, ob er an seiner Behauptung festhalte, niemals den diesbezüglichen Haftungsbescheid erhalten zu haben. Der Bf. wurde zur Sachverhaltsdarstellung und Übermittlung entsprechender Beweise aufgefordert.

Mit Schreiben vom teilte der Bf. mit, dass die Behauptung, wonach der gegenständliche Haftungsbescheid nicht zugestellt worden sei, aufrecht erhalten werde.

Mit Schreiben vom informierte die belangte Behörde den Bf., dass ein Rückschein eines RSb vorliege, der die Hinterlegung beweise. Es sei dem Bf. Gelegenheit gegeben worden, eine allfällige damalige Ortsabwesenheit nachzuweisen und eine neuerliche Zustellung des Haftungsbescheides zu erwirken. Da dieses Argument nun weggefallen sei, sei der Haftungsbescheid rechtskräftig, fällig und vollstreckbar.

Im Schreiben vom brachte der Bf. vor, dass der Bf. einen Rückschein nicht unterfertigt habe und die belangte Behörde zu beweisen habe, dass eine richtige Zustellung erfolgt sei.

Die belangte Behörde verfügte mit einem gegenüber einer Drittschuldnerin erlassenen Bescheid vom die Pfändung einer dem Bf. zustehenden Geldforderung und forderte die Drittschuldnerin mit Bescheid vom zur Überweisung der Geldforderung auf. Weiters wurde dem Bf. mit Bescheid vom die Verfügung über die gepfändete Geldforderung untersagt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. gegen den Pfändungsbescheid Beschwerde und führte darin aus, dass ihm der Haftungsbescheid nicht zugegangen sei und die belangte Behörde diesbezüglich eine Beweispflicht treffe. Es wurde beantragt, die gegenständliche Pfändung aufzuheben und den am abgebuchten Betrag in Höhe von Euro 252,39 wieder gutzuschreiben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde zurückgewiesen, da sich das Vorbringen ausschließlich auf den Bestand oder Nichtbestand des zugrunde liegenden Haftungsbescheides beziehe. Der Haftungsbescheid sei - wie bereits im erfolgten Schriftverkehr hingewiesen - nachweislich zugestellt worden.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. In der Begründung wies der Bf. darauf hin, dass die Pfändung auf einem nicht rechtskräftigen Haftungsbescheid beruhe. Zunächst habe die belangte Behörde behauptet, der Haftungsbescheid sei dem Bf. übergeben worden. Nunmehr behaupte die belangte Behörde - im Rahmen ihres Schutzgedankens -, dass der Haftungsbescheid nach einem vergeblichen Zustellversuch hinterlegt worden sei. Der Bf. habe überdies keine Ankündigung und Information betreffend die Hinterlegung des Haftungsbescheides beim Postamt erhalten.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der GA 1017 zur Entscheidung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bf. als Haftungspflichtiger gemäß § 12 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***GmbH & Co KG*** im Ausmaß von Euro 53.632,48 in Anspruch genommen.

Am wurde gegenüber dem Bf. als Haftungsschuldner ein Rückstandsausweis ausgestellt. Dieser weist eine nach Abgabenart gegliederte Abgabenschuld in Höhe von Euro 51.569,81 auf, enthält den Namen und die Anschrift des Bf. sowie den Vermerk, dass die Abgabenschuld vollstreckbar ist.

Mit Bescheid vom verfügte die belangte Behörde die Pfändung einer dem Bf. gegenüber der Drittschuldnerin zustehenden Geldforderung in Hinblick auf die geschuldeten Abgaben in Höhe von Euro 51.569,81.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und aus Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 229 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet wie folgt:

Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

§ 65 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) lautet wie folgt:

(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.

Der Bf. bringt in der vorliegenden Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid vor, dass er den Haftungsbescheid vom nicht erhalten habe und er nicht zur Haftung herangezogen werden könne.

Grundsätzlich ist nur die Frage des Vorliegens eines Exekutionstitels (Rückstandsausweis) Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen einen Pfändungsbescheid (siehe Liebeg, Die Abgabenexekutionsordnung2, § 65 AbgEO Rz 28).

Der Rückstandsausweis stellt den Exekutionstitel im finanzbehördlichen und im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren dar (vgl. bspw ). Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (vgl. ). Rückstandsausweise sind keine rechtsmittelfähigen Bescheide (vgl. ). Sie sind bloß aus den Rechnungsbehelfen der Behörde gewonnene Aufstellungen über Zahlungsverbindlichkeiten (vgl. ). Die Ausfertigung eines Rückstandsausweises ist als Grundlage für die Einbringung im Vollstreckungsverfahren erforderlich. Eine Zusendung desselben an den Abgabepflichtigen ist demgegenüber nicht vorgesehen. Die Vollstreckbarkeit von Rückstandsausweisen hängt nicht von ihrer vorherigen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner ab (vgl. ).

Betreffend den Bf. als Haftungsschuldner der ***GmbH & Co KG*** (Haftungsbescheid vom ) wurde am ein Rückstandsausweis ausgestellt, der als Grundlage für die gegenständliche Forderungspfändung dient.

Der Rückstandsausweis vom weist eine nach Abgabenart gegliederte Abgabenschuld auf, enthält den Namen und die Anschrift des Bf. sowie den Vermerk, dass die Abgabenschuld vollstreckbar ist. Damit liegen alle gesetzlichen Erfordernisse des § 229 BAO für Rückstandsausweise vor. Dass der Rückstandsausweis nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend ausgestellt wurde, wurde vom Bf. nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich. Die Einwendungen des Bf. beziehen sich vielmehr lediglich auf die Zustellung des Haftungsbescheides sowie auf die Haftungsinanspruchnahme dem Grunde nach.

Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch als solchen richten, sind im Veranlagungsverfahren mit Beschwerde gegen die Abgabenbescheide - und nicht im Vollstreckungsverfahren - geltend zu machen. Diese sind unzulässige Einwendungen gegen den Exekutionstitel (vgl. ).

Wird eine nicht rechtswirksame Zustellung der Abgabenbescheide behauptet, so bedeutet dies nichts anderes, als dass die Berechtigung der Abgabenbehörde zur Ausstellung eines Rückstandsausweises gemäß § 229 BAO bestritten wird (vgl. ). Die Frage, ob die Ausstellung eines Rückstandsausweises als Grundlage für die Pfändung zu Recht erfolgt ist, ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen einen Pfändungsbescheid. Die Frage, ob ein Rückstandsausweis mangels Vollstreckbarkeit der in ihn aufgenommenen Abgaben (z.B. mangels wirksamer Zustellung der Abgabenbescheide) entgegen § 229 BAO zu Unrecht erfolgt ist, ist ausschließlich in einem Verfahren nach § 15 AbgEO - und bei Strittigkeit nach § 13 AbgEO - zu beurteilen (siehe dazu Liebeg, Die Abgabenexekutionsordnung2, § 65 AbgEO Rz 28 mwN; vgl. außerdem ).

Demnach hat das Bundesfinanzgericht im streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren gegen den Pfändungsbescheid nicht zu beurteilen, ob der als Grundlage für die Pfändung dienende Rückstandsausweis infolge behaupteter Nichtzustellung des Haftungsbescheides zu Unrecht ausgestellt wurde. Die Rechtmäßigkeit der Ausstellung des Rückstandsausweises ist vielmehr in einem gesonderten Verfahren im Rahmen einer Einwendung gemäß § 13 AbgEO oder eines Antrages nach § 15 AbgEO zu überprüfen.

Da der Rückstandsausweis den gesetzlichen Erfordernissen entsprechend ausgestellt wurde und damit ein Exekutionstitel vorliegt, erfolgte die gegenständliche Forderungspfändung zu Recht. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Lösung der gegenständlichen Streitfrage unmittelbar aus den angeführten Gesetzesbestimmungen sowie der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103296.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at