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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 30.08.2024, RV/6300013/2022

1. Eine Zusatzstrafe anstelle einer selbständigen Strafe ist nur dann zu verhängen, wenn alle Finanzvergehen zur Gänze vor der Fällung der früheren Entscheidung (erster Instanz) begangen wurden. Wurden die im späteren Verfahren gegenständlichen Finanzvergehen nur zum Teil vor der früheren Entscheidung begangen, ist § 21 Abs 3 FinStrG nicht anzuwenden. 2. Spezial- und generalpräventive Erwägungen bei einem Täter, der im Baunebengewerbe tätig ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Salzburg 7021-5 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Albert Salzmann, den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch und die fachkundigen Laienrichter Dr. Rupert Mayr und Dr. Johannes Dock in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gem § 33 Abs 1 und Finanzordnungswidrigkeiten gem § 51 Abs 1 lit a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Amtsbeauftragten Mag. Brigitte Schuller vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates Salzburg I als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , GZ FV-001 393 246, in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***RR** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und bei unverändert aufrecht bleibendem Schuldspruch der Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abgeändert, dass gem § 33 Abs 5 iVm § 51 Abs 2 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs 1 und 2 FinStrG, die über den Täter verhängte Geldstrafe mit € 30.000,00 und die gem § 20 Abs 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe mit 8 Wochen festgesetzt werden.


  • Gem § 185 FinStrG sind die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 500,00 sowie die Kosten eines allfälligen Strafvollzuges zu ersetzen.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf:

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde über ***T*** (Täter) wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG betreffend Einkommensteuer 2017, 2018 und 2020 sowie wegen Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG betreffend Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen 2017 bis 2020 und der Einkommensteuererklärung 2019 eine Zusatzgeldstrafe iHv € 4.000,00 verhängt. Eine Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht ausgesprochen.

Mit Schriftsatz vom hat die Amtsbeauftragte Beschwerde angemeldet und diese mit Schreiben vom ausgeführt. Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe bzw der Nichtverhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe.

In der Sitzung vom hat der Finanzstrafsenat Salzburg 7021-5 des Bundesfinanzgerichtes über die Beschwerde der Amtsbeauftragten beraten und wie im Spruch zu Recht erkannt.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Der Täter wurde am ***9*** in Bihac (Bosnien und Herzegowina) geboren, ist österreichischer Staatsbürger, ledig und hat keine Sorgepflichten. Der Täter verfügt über kein Vermögen und kein laufendes Einkommen.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Salzburg-Stadt vom wurde der Täter für schuldig befunden, dass er im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt
1. in eigenen Steuerangelegenheiten zur Steuernummer ***1***
a) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum 06-08/2015, eine Verkürzung von Umsatzsteuer, und zwar für 06/2015 iHv € 1.861,87, für 07/2015 iHv € 10.224,62 und für 08/2015 iHv € 728,73, insgesamt somit iHv € 12.815,22 verkürzt hat;
b) vorsätzlich Lohnsteuer für 01-08/2016 iHv € 7.607,75 sowie für 11-12/2015 iHv € 1.294,68 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für 01-08/2016 iHv € 8.159,86 sowie für 11-12/2015 iHv € 1.545,35, insgesamt somit Abgaben iHv € 18.607,64 EUR nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt) hat;
2. betreffend ***10*** (St.Nr. ***2***)
a) als deren verantwortlicher Geschäftsführer und Wahrnehmender deren steuerlicher Angelegenheiten der ***10*** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum 01-02/2015, eine Verkürzung von Umsatzsteuer, und zwar für 01/2015 iHv € 7.632,81 sowie für 02/2015 iHv € 5.659,85, insgesamt somit iHv € 13.292,66 verkürzt hat;
b) vorsätzlich Lohnsteuer für 2014 iHv € 3.687,54 sowie für 01-07/2015 iHv € 7.094,70 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für 2014 iHv € 1.977,41 sowie für 01-07/2015 iHv € 3.988,00, insgesamt somit Abgaben iHv € 16.747,65 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt) hat und hiedurch zu 1.a) und 2.a) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG sowie zu 1.b) und 2.b) eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen hat. Er wurde hiefür nach § 33 Abs 5, § 49 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe iHv € 7.000,00 - im Nichteinbringungsfalle 3 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe - verurteilt.

Mit Strafverfügung des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde der Täter für schuldig befunden, als Geschäftsführer und Verantwortlicher in steuerlichen Belangen des Verbandes ***11*** beim Finanzamt Salzburg-Stadt zur StNr ***3***
a) vorsätzlich bis eine abgabenrechtliche Pflicht zur Führung oder Aufbewahrung von Büchern oder sonstigen Aufzeichnungen oder zur Einrichtung technischer Sicherheitsvorkehrungen verletzt und hierdurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit c FinStrG begangen zu haben.
b) vorsätzlich bis eine abgabenrechtliche Pflicht zur Ausstellung oder Aufbewahrung von Belegen verletzt und hierdurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit d FinStrG begangen zu haben.
Gem § 51 Abs 2 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe iHv € 2.000,00 verhängt; gem § 20 FinStrG wurde die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 Wochen festgesetzt.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Salzburg Stadt vom wurde der Täter für schuldig befunden, im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt
1. als Einzelunternehmer zur StNr ***4*** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für 09/2015, 11/2015, 12/2015 und 01/2016, 03-08/2016, 10-11/2016, eine Verkürzung von Umsatzsteuer für die Zeiträume
09/2015 iHv € 7.752,94
11/2015 iHv € 4.137,69
12/2015 iHv € 315,81
01/2016 iHv € 245,63
03/2016 iHv € 4.109.58
04/2016 iHv € 1.690.59
05/2016 iHv € 666,40
06/2016 iHv € 113,96
07/2016 iHv € 1.970,22
10/2016 iHv € 21.864,35
insgesamt somit iHv € 42.367,17, bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben;
2. als unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***11*** zur StNr: ***5*** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Abgabe von unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für 10-12/2018, eine Verkürzung von Umsatzsteuer iHv insgesamt € 10.000,00 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben;
3. vorsätzlich, ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht des § 119 der Bundesabgabenordnung durch Abgabe von unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum 01/2019 verletzt zu haben.
Der Täter hat hiedurch
zu 1. und 2. das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG sowie zu 3. eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG
begangen und wurde hiefür nach § 33 Abs 5, § 51 Abs 2, § 21 FinStrG zu einer Geldstrafe iHv € 14.000,00 - im Nichteinbringungsfalle 4 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe - verurteilt.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates I als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom wurde der Täter für schuldig befunden, im Bereich des Finanzamtes Österreich zur StNr ***1*** vorsätzlich
1. unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2017, 2018 und 2020 Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, verkürzt zu haben, nämlich Einkommensteuer iHv € 51.030,00, und zwar
für das Jahr 2017 iHv € 43.702,00
für das Jahr 2018 iHv € 426,00
für das Jahr 2020 iHv € 6.902,00;
2. die abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht des § 119 der Bundesabgabenordnung durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen 2017 bis 2020 und Einkommensteuererklärung 2019 verletzt zu haben und hiedurch
zu 1. das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG sowie
zu 2. eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG
begangen zu haben. Er wurde hiefür nach § 33 Abs 5, § 21 FinStrG zu einer Zusatzgeldstrafe (Strafverfügung vom , FV 001 120 756; Erkenntnis vom , StrNr ***6***) iHv € 4.000,00 verurteilt.
Eine Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht verhängt.

Die letztgenannte Entscheidung ist Sache des gegenständlichen Verfahrens und wurde diese vom Täter nicht angefochten. Die Amtsbeauftragte hat in der von ihr fristgerecht angemeldeten und ausgeführten Beschwerde ausschließlich die Strafhöhe, sowie die Nichtverhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe bekämpft.

Im angefochten Erkenntnis begründet der Spruchsenat die Strafbemessung wie folgt:
"Bei der Strafzumessung waren als mildernd das volle Geständnis des Beschuldigten und die teilweise Schadensgutmachung, als erschwerend hingegen die einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2017 und der lange Tatzeitraum zu werten. In Anbetracht dieser Strafzumessungsgründe erachtete der erkennende Senat eine Zusatzgeldstrafe in Höhe von 4.000 EUR als tat- und schuldangemessen. Dabei war auf die beiden Vorverurteilungen aus dem Jahr 2020 Bedacht zu nehmen, aus denen sich ein Verkürzungsbetrag von rund 52.000 EUR ergibt. Unter Hinzuziehung des hier maßgeblichen Verkürzungsbetrags von rund 51.000 EUR und unter Berücksichtigung des § 21 FinStrG errechnet sich ein Strafrahmen bis rund 206.000 EUR. Im Hinblick darauf, dass der Beschuldigte nunmehr seine selbstständige Erwerbstätigkeit aufgegeben hat und als unselbstständiger Dienstnehmer arbeitet, sowie aufgrund des Umstands, dass die einschlägige Vorstrafe bereits längerer Zeit zurückliegt, konnten spezialpräventive Umstände in den Hintergrund treten, weshalb der erkennende Senat die Verhängung der Mindeststrafe für ausnahmsweise noch gerechtfertigt ansah. Unter Berücksichtigung der mit Strafverfügung und Erkenntnis aus dem Jahr 2020 verhängten Strafen von insgesamt 16.000 EUR war somit eine Zusatzstrafe in Höhe von 4.000 EUR zu verhängen."

Die Amtsbeauftragte führt in ihrer Beschwerde folgende Punkte an, warum nach ihrer Ansicht die Strafe zu niedrig bemessen wurde:
1. Die Bestrafung liegt unter der Mindeststrafe (bezogen auf die verhängte Zusatzgeldstrafe);
2. Keine Berücksichtigung der von dem strafbestimmenden Wertbetrag losgelösten
Finanzordnungswidrigkeiten;
3. Fehlendes Bemühen den Schaden gutzumachen;
4. Notwendige spezialpräventive Strafbemessung wegen langanhaltender Tatbegehung.

Von den verkürzten Abgaben wurden rund 25% beglichen.

Beweiswürdigung

Die angeführten Finanzstrafverfahren, die jeweils mit Schuldspruch rechtskräftig endeten, und die von diesen Verfahren umfassten Abgabenarten und Zeiträume sind durch die jeweils vorliegenden Entscheidungen (Spruchsenatserkenntnis, Strafverfügung) nachgewiesen.

Die Höhe und Begründung der bisherigen Strafbemessung ergeben sich aus dem vorliegenden Spruchsenatserkenntnis vom . Rechtzeitigkeit und Inhalt der Beschwerde der Amtsbeauftragten ergeben sich aus den Schriftsätzen vom und .

Das Ausmaß der Schadensgutmachung ist durch eine aktuelle Abfrage des Abgabenkontos des Täters nachgewiesen.

Die Vermögen- und Einkommensverhältnisse des Täters ergeben sich aus Datenbankabfragen der Finanzverwaltung sowie aus dem mit Beschluss des Bezirksgerichts vom über die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens und dem gleichzeitig rechtskräftig bestätig-ten Zahlungsplan mit einer Zahlungsfrist bis (BG Salzburg, Aktenzeichen ***8***).

Rechtliche Erwägungen

Gem § 20 Abs 1 FinStrG ist im Falle, dass auf eine Geldstrafe oder auf einen Wertersatz erkannt wird, zugleich die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Gem § 20 Abs 2 FinStrG dürfen die gem Abs 1 anstelle einer Geldstrafe und eines Wertersatzes festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafen (…) bei Finanzvergehen, deren Ahndung in den Fällen des § 58 Abs 2 lit a dem Spruchsenat vorbehalten ist, das Höchstmaß von je drei Monaten und bei den übrigen Finanzvergehen das Höchstmaß von je sechs Wochen nicht übersteigen.

Gem § 21 Abs 1 erster Satz FinStrG ist im Falle, dass jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben oder verschiedener Art begangen hat und über diese Finanzvergehen gleichzeitig erkannt wird, eine einzige Geldstrafe, Freiheitsstrafe oder Geld- und Freiheitsstrafe zu erkennen.

Gem § 21 Abs 2 FinStrG ist die einheitliche Geld- oder Freiheitsstrafe jeweils nach der Strafdrohung zu bestimmen, welche die höchste Strafe androht. Es darf jedoch keine geringere Strafe als die höchste der in den zusammentreffenden Strafdrohungen vorgesehenen Mindeststrafen verhängt werden. Hängen die zusammentreffenden Strafdrohungen von Wertbeträgen ab, so ist für die einheitliche Geldstrafe die Summe dieser Strafdrohungen maßgebend (…).

Gem § 21 Abs 3 FinStrG ist im Falle, dass jemand, der bereits wegen eines Finanzvergehens bestraft worden ist, wegen eines anderen Finanzvergehens bestraft wird, für das er nach der Zeit der Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte bestraft werden können, eine Zusatzstrafe zu verhängen. Diese darf das Höchstmaß der Strafe nicht übersteigen, die für die nun zu bestrafende Tat angedroht ist. Die Summe der Strafen darf jeweils die Strafen nicht übersteigen, die nach den Abs 1 und 2 zulässig und bei gemeinsamer Bestrafung zu verhängen wären. Wäre bei gemeinsamer Bestrafung keine höhere als die in der früheren Entscheidung ausgesprochene Strafe zu verhängen, so ist von einer Zusatzstrafe abzusehen.

Gem § 23 Abs 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

Gem § 23 Abs 2 FinStrG sind bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

Gem § 23 Abs 3 FinStrG sind bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Gem § 23 Abs 4 FinStrG hat bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

Gem § 33 Abs 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerecht-fertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerecht-fertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen.

Gem § 51 Abs 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe bis zu € 5.000,00 geahndet.

Gem § 160 Abs 2 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn a) in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder b) nur die Höhe der Strafe bekämpft wird oder c) im angefochtenen Bescheid eine € 500,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder d) sich die Beschwerde nicht gegen ein Erkenntnis richtet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Ein solcher Antrag kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gem § 161 Abs 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gem § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH ist im Bereich des Finanzstrafrechts eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits möglich (vgl ). Die vorliegende Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe bzw die nicht verhängte Ersatzfreiheitsstrafe. Damit ist hinsichtlich des Strafausspruches im bekämpften Erkenntnis des Spruchsenates vom Teilrechtskraft eingetreten. Erwächst nämlich der Schuldspruch der Finanzstrafbehörde mangels Bekämpfung in Rechtskraft, so ist er nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens; das Bundesfinanzgericht ist vielmehr an diesen Schuldspruch gebunden (). Es war daher gegenständlich nur eine Prüfung der Höhe der von der Amtsbeauftragten als zu niedrig angefochtenen Strafen vorzunehmen.

Die Verhängung einer Zusatzstrafe (anstatt einer selbständigen Strafe) ist gem § 22 Abs 3 FinStrG dann vorgesehen, wenn ein Täter hinsichtlich mehrerer Finanzvergehen bestraft wird, über die nach den finanzstrafrechtlichen Verfahrensvorschriften grundsätzlich gleichzeitig erkannt hätte werden können, über die aber tatsächlich in getrennten Verfahren - also in einem zeitlich früheren und in einem zeitlich späteren Verfahren - abgesprochen wird. Voraussetzung der Zusatzstrafe ist damit, dass sämtliche Finanzvergehen zur Gänze (nicht nur teilweise) vor Fällung der ersten Entscheidung begangen wurden (vgl ).

Wird daher über die mehreren Finanzvergehen nicht gleichzeitig erkannt, ist unter folgenden Voraussetzungen keine selbständige Strafe, sondern eine Zusatzstrafe zu verhängen:
Es muss die rechtliche Möglichkeit bestehen, über die mehreren Finanzvergehen in einem einzigen Verfahren und mit einer einzigen Entscheidung zu erkennen. Das ist nur dann der Fall, wenn alle Finanzvergehen zur Gänze vor der Fällung der früheren Entscheidung (erster Instanz) begangen wurden. Wurden die im späteren Verfahren gegenständlichen Finanzvergehen nur zum Teil vor der früheren Entscheidung begangen, ist § 21 Abs 3 FinStrG nicht anzuwenden (; ). Bei mehreren früheren Bestrafungen ist nur dann auf alle Bedacht zu nehmen, wenn sämtliche Taten vor der Fällung des ersten Urteils liegen - somit alle vorhergehenden Urteile durch das in § 21 Abs 3 FinStrG beschriebene Verhältnis verknüpft sind (vgl ). Unter mehreren - ihrerseits nicht im Verhältnis des § 21 Abs 3 FinStrG stehenden - früheren Bestrafungen ist nur auf die tatnächste Bedacht zu nehmen (; ). Von einer vorausgegangenen Entscheidung kann nur dann gesprochen werden, wenn diese im Zeitpunkt der Fällung der nachfolgenden Entscheidung bereits rechtskräftig ist. Da die Regelung über die Zusatzstrafe den Täter begünstigen soll, gilt § 21 Abs 3 FinStrG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auch im Verhältnis zu bereits getilgten Verurteilungen (vgl ).

Im hier angefochtenen Erkenntnis des Spruchsenats vom wurde ua über die Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG betreffend Einkommensteuer 2020 und über die Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 FinStrG betreffend Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung für 2020 abgesprochen. Diese Taten konnten zum Zeitpunkt der Erlassung des Spruchsenatserkenntnisses vom nicht (mit)bestraft werden, weil zu diesem Zeitpunkt diese Taten noch nicht begangen worden sein konnten.

Gem § 134 Abs 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt, bis zum Ende des Monates Juni jeden Folgejahres einzureichen. Da der Beschuldigte Finanz-Online Teilnehmer ist und die Abgabenerklärungen in elektronischer Form eingereicht wurden, endete die Frist zur Einreichung der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung 2020 mit , sodass erst frühestens mit Ablauf dieses Tages Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 oder § 51 Abs 1 lit a FinStrG bezogen auf Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2020 verwirklicht werden konnten. Demzufolge sind gegenständlich die Voraussetzungen des § 21 Abs 3 FinStrG nicht für alle verfahrensgegenständlichen Taten erfüllt und war daher - entgegen der Ansicht des Spruchsenates - keine Zusatzstrafe, sondern eine selbständige Strafe gem § 21 Abs 1 und 2 FinStrG zu verhängen.

Strafbemessung

Gem der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Im vorliegenden Fall wurden vom Senat als erschwerend gewertet:
- die oben angeführten finanzstrafrechtlichen Verurteilungen, da diese schon aufgrund des
§ 186 Abs 4 FinStrG noch nicht als getilgt zu werten waren;
- die mehrfache Tatbegehung über einen langen Zeitraum;
- das Zusammentreffen von Finanzvergehen und Finanzordnungswidrigkeiten.

Im vorliegenden Fall wurden vom Senat als mildernd gewertet:
- das vollumfängliche Geständnis des Täters,
- die Schadensgutmachung im Ausmaß von ca. 25 %.

Ein ernsthaftes Bemühen des Täters, den verursachten Schaden iSd § 34 Abs 1 Z 15 StGB über die genannten ca. 25 % hinaus gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern, konnte vom Gericht nicht festgestellt werden.

Abweichend vom angefochtenen Erkenntnis vom sieht das erkennende Gericht weder in der zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses aufrechten und zwischenzeitlich beendeten nichtselbständigen Tätigkeit des Täters, noch in den vermeintlich länger zurückliegenden Vorstrafen eine Veranlassung, spezialpräventive Gründe in den Hintergrund treten zu lassen. Vielmehr kommt im vorliegenden Fall der Spezialprävention eine besondere Bedeutung zu.

Zum bisherigen abgabenrechtlichen Verhalten des Täters ist festzustellen, dass er schon in mehreren Finanzstrafverfahren für schuldig befunden wurde, das Fehlverhalten 2014 begonnen hat und über 2020 hinaus angehalten hat. Das abgabenrechtliche Fehlverhalten des Täters ist daher mehrfach, dauerhaft und bis in die jüngere Vergangenheit nachgewiesen.

Der Täter ist im Baunebengewerbe tätig, ist 38 Jahre alt, hat ein Schuldenregulierungs-verfahren abgeschlossen und befindet sich zum Zeitpunkt der Senatsberatung am Beginn eines rechtskräftigen Zahlungsplans. Er zeigte in der Vergangenheit über einen langen Zeitraum eine wiederkehrende Neigung und Bereitschaft, Abgaben zu hinterziehen und Finanzordnungs-widrigkeiten zu begehen. Auch aufgrund des Alters des Täters, der Möglichkeit, im Baunebengewerbe jederzeit wieder selbständig tätig zu werden und dem aktuell bestehenden wirtschaftlichen Druck, dem der Täter ausgesetzt ist, erweist sich aus spezialpräventiver Sicht eine Strafe in der im Spruch genannten Höhe als notwendig und tat- und schuldangemessen.

Dass der Täter (erneut) vollumfänglich geständig ist, ändert nichts an dieser Notwendigkeit. Im Umstand, dass der Täter in allen bisherigen Finanzstrafverfahren vollumfängliche Geständnisse abgelegt hat, die jeweils zur Schau gestellte Reue aber nicht dazu führte, diesen von weiteren Finanzvergehen abzuhalten, erkennt das Bundesfinanzgericht einen weiteren spezialpräventiven Grund.

Aufgrund seiner Tätigkeit im Baunebengewerbe und dem Umstand, dass der Täter vereinnahmte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat, waren auch general-präventive Gründe bei der Bemessung der Strafhöhe zu berücksichtigen.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters wurden schuld- und tatangemessen berücksichtigt und ging das Gericht aufgrund des abgeschlossenen Schuldenregulierungsverfahrens und des laufenden Zahlungsplans von einer äußerst schlechten wirtschaftlichen Situation aus.

Der strafbestimmende Wertbetrag errechnet sich entsprechend des § 21 Abs 2 FinStrG aus den bescheidmäßig festgesetzten Nachforderungen betreffend die verkürzte Einkommensteuer für 2017 (€ 43.702,00), 2018 (€ 426,00) und 2020 (€ 6.902,00) und beträgt insgesamt € 51.030,00, wodurch sich gem § 33 Abs 5 FinStrG eine Höchststrafe von € 102.060,00 ergibt. Abweichend von der vom Spruchsenat verhängten Zusatzstrafe von € 4.000,00 war ausgehend von der Höchststrafe von € 102.060,00 nach Abwägung sämtlicher Strafbemessungsgründe und insbesondere aus den og spezialpräventiven Gründen daher eine Strafe von gerundet 30 % der Höchststrafe - sohin € 30.000,00 - als schuld- und tatangemessen festzusetzen.

Zudem erachtet das erkennende Gericht die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Wochen als schuld- und tatangemessen und war eine solche aufgrund des § 20 Abs 1 FinStrG, entgegen der Ansicht des Spruchsenates, zwingend festzusetzen.

Nach § 160 Abs 2 lit b FinStrG kann das Bundesfinanzgericht von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn nur die Höhe einer Strafe bekämpft wird und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Da gegenständlich die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 lit b FinStrG vorliegen, war über die Beschwerde in einer nichtöffentlichen Sitzung des Senates des Bundesfinanzgerichts zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs 1 lit a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gem Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht von der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hat die Strafbemessung im konkreten Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Salzburg, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at