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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.08.2024, RV/7102601/2024

Besteuerung sonstiger Bezüge bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Negativsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***V***, den Richter***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***B1*** und ***B2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über
die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 des ***FA*** vom und über
die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 des ***FA*** datiert vom ,
Steuernummer ***BF1StNr1***, im Rahmen eines Umlaufbeschlusses gemäß § 276 Abs. 3 BAO zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer wurde aufgrund der elektronischen Abgabenerklärungen vom betreffend die Einkommensteuer 2022 und vom betreffend die Einkommensteuer 2023, mit den Bescheiden datiert vom für das Jahr 2022 und für das Jahr 2023 antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.

Gegen diese Bescheide wandte sich der Beschwerdeführer mit den inhaltlich gleichen Beschwerdeschriften vom für die Einkommensteuer 2022 (im elektronischen Weg des FinanzOnline) und für die Einkommensteuer 2023.

Darin stellte er die Anträge die "sonstigen Einkünfte (Sonderzahlungen)" einer Regelbesteuerung zum Normalsteuersatz zu unterziehen und die Negativsteuer des § 33 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) auf 80 % der gesamten Sozialversicherungsbeiträge (der laufenden und jener auf die Sonderzahlungen) zu erhöhen, über die Beschwerden im Senat des Bundesfinanzgerichtes zu entscheiden und gemäß § 262 Abs. 2 diese unmittelbar dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Zuletzt stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Entscheidungen über seine Beschwerden an seinen Postkorb bei "oestereich.gv.at" zuzustellen, da er nach dem E-GovG (E-Government-Gesetz, BGBl. I Nr. 10/2004) einen Rechtsanspruch auf entsprechende elektronische Zustellung habe.

Dies begründete der Beschwerdeführer damit, dass gemäß § 67 EStG 1988 Sonderzahlungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einer 6 %-igen Versteuerung unterzogen würden.

Beim Beschwerdeführer würden die Sonderzahlungen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterhalb der Freigrenze von € 2.100,00 liegen, wenn man als Berechnungsgrundlage das endgültige Einkommen nach dem Einkommensteuerbescheid und nicht die laufenden Bezüge als Berechnungsgrundlage heranziehen würde. Wenn man die Sonderzahlungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wie laufende Bezüge behandeln würde, wäre aufgrund der geringen Einkünfte des Beschwerdeführers ein Steuersatz von 0 % anzuwenden.

Soweit der § 67 EStG 1988 oder § 41 EStG 1988 der Möglichkeit der Regelbesteuerung für die sonstigen Bezüge im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entgegenstehen würden, sehe der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Bedenken. Da es für Pensionsempfänger keine Möglichkeit gebe, ausschließlich laufende Bezüge zu erhalten, erscheine es unsachlich und damit gleichheitswidrig zu sein, bei einem Gesamteinkommen inklusive sonstiger Bezüge unterhalb der steuerpflichtigen Grenze von für 2022 € 12.816, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu nehmen, die 6 %-ige Besteuerung der sonstigen Bezüge zu vermeiden.

Der Verfassungsgerichtshof habe bei der Gesetzesprüfung für Nachzahlungen die fehlende sachliche Begründung für eine Belastungsbesteuerung, die sich zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, wenn die Tarifbesteuerung für ihn günstiger wäre, festgestellt. Dies müsse auch für die Sonderzahlungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gelten, welche ebenfalls dem § 67 EStG 1988 in Verbindung mit § 41 Abs. 4 EStG 1988 unterliegen würden. Aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips gehe der Beschwerdeführer davon aus, dass die bei ihm vorgenommene Besteuerung sachlich ungerechtfertigt und verfassungswidrig sei.

Gemäß § 34 Abs. 5 EStG 1988 seien für den Zweck der Berechnung des Selbstbehalts bei den außergewöhnlichen Belastungen Bezüge gemäß § 67 EStG 1988 und laufende Bezüge zusammenzurechnen. Eine derartige Möglichkeit bleibe aufgrund des § 41 Abs. 4 EStG 1988 dem Beschwerdeführer hinsichtlich der sonstigen Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit verwehrt. Daraus ergebe sich ein Wertungswiderspruch, welcher zur Unsachlichkeit und Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung führe.

In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden sei dem Beschwerdeführer nicht einmal die gesetzlich vorgesehene maximale Negativsteuer nach § 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 in Höhe von € 579 (2022) beziehungsweise € 637,00 (2023) zuerkannt worden, weswegen diese Bescheide schon allein deshalb gesetzwidrig seien.

Der Beschwerdeführer gehe darüber hinaus davon aus, dass die betragsmäßige Begrenzung der Negativsteuer in § 33 Abs. 8 EStG 1988 verfassungswidrig sei und begehre deshalb die Negativsteuer mit 80 % der gesamten Sozialversicherungsbeiträge für die laufenden und die sonstigen Bezüge zu bemessen.

Unter Bezug auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vertrat der Beschwerdeführer entgegen dem Gesetzeswortlaut die Ansicht, dass er dadurch, dass ihm die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar sei und er deshalb einen PKW benötige, um Ärzte zu besuchen, unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel wie ein Arbeitnehmer mit Verkehrsabsetzbetrag und Pendlerpauschale und Sozialversicherungsbonus zu behandeln sei und daher die Rückerstattung für ihn als Pensionisten nicht auf € 463,00 beziehungsweise € 579,00 begrenzt sein könne, sondern ihm € 526,00 beziehungsweise € 579,00 und zusätzlich ein Sozialversicherungsbonus von maximal € 684,00 beziehungsweise € 752,00 zustehe.

Am langte beim Finanzgericht eine Säumnisbeschwerde betreffend die oben genannte Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom ein. Mit Beschluss des Finanzgerichtes datiert vom wurde dem Finanzamt aufgetragen, bis zum eine Beschwerdevorentscheidung betreffend die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 des Beschwerdeführers zu erlassen.

Diesem Auftrag ist das Finanzamt mit der Beschwerdevorentscheidung datiert vom nachgekommen und hat die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Dies wurde damit begründet, dass die Besteuerung von Sonderzahlungen mit einem festen Steuersatz von 6 % gesetzlich geregelt sei. Gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 werde das Jahressechstel sowie die Freigrenze anhand der im Kalenderjahr zugeflossenen laufenden Bezüge errechnet und nicht anhand des Einkommens, das sich im Zuge der Veranlagung ergebe. Die Berechnung der Negativsteuer sei rechtskonform erfolgt, da gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 die Negativsteuer für Steuerpflichtige, welche einen Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag hätten, im Veranlagungsjahr 2022 mit € 550,00 begrenzt sei. Gleichartige verfassungsrechtlichen Bedenken und die Beschwerdepunkte seien bei der Einkommensteuer 2018 des Beschwerdeführers vom Bundesfinanzgericht abgewiesen worden.

Mittels FinanzOnline brachte der Beschwerdeführer am den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht elektronisch ein.

Darin erneuerte der Beschwerdeführer seinen Antrag über die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid im Senat gemäß § 272 BAO zu entscheiden und gestand zu, dass das Finanzamt den maximalen Negativsteuerbetrag für Pensionisten für das Jahr 2022 mit € 550,00 korrekt ermittelt habe.

Seine dazu geäußerten (oben dargestellten) verfassungsrechtlichen Bedenken würden über jene hinausgehen, welche er zur Einkommensteuer 2018 geäußert habe. Auch mit dem Einkommensteuerbescheid 2018 habe er sich an den Verfassungsgerichtshof gewendet, jedoch wegen der "Corona-Krise" seinen Verfahrenshilfeantrag dafür zurückgezogen, weswegen der Verfassungsgerichtshof darüber nicht abgesprochen habe.

Darüber hinaus regte der Beschwerdeführer an, auch in anderen Angelegenheiten den Verfassungsgerichtshof mit Gesetzesprüfungsanträgen, wie folgt, zu beschäftigen.

Er habe der Post mitgeteilt, dass er in der Zeit vom bis , also mehr als ein Monat auf Urlaub sei und deshalb keine Zustellungen entgegennehmen könne. Gleiches habe er in MeinPostkorb bei oesterreich.gv.at hinterlegt. Dennoch sei die Beschwerdevorentscheidung für die Einkommensteuer 2020 in FinanzOnline zugestellt worden, welches keine Ortsabwesenheit kenne. Er habe die Frist für den Vorlageantrag "gerades noch so" einhalten können. Den mit RSb am zugestellten Beschluss des Bundesfinanzgerichts über die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens habe er nur durch Zufall zur Kenntnis nehmen können, da der vom bis zu Hause gewesen sei, um den zweiten Teil seines Urlaubs vorzubereiten.

Dass das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 nicht, wie beantragt, unmittelbar dem Bundesfinanzgericht vorgelegt habe und er die Säumnis des Finanzamtes nur mit einer Säumnisbeschwerde wegen der in Folge nicht rechtzeitig erlassenen Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes bekämpfen habe können, sei ebenfalls verfassungswidrig.

Es müsse ein Mindestmaß an faktischer Effizienz der Rechtschutzeinrichtungen gegeben sein. Dadurch, dass ein Steuerpflichtiger erst durch Säumnisbeschwerde und allenfalls Fristsetzungsantrag eine wegen beantragter Direktvorlage nicht gewünschte Beschwerdevorentscheidung erzwingen könne, sei bis zum Beginn des inhaltlichen Rechtsmittelverfahrens eine derart lange Verfahrensdauer zu erwarten, dass ein Mindestmaß an faktischer Effizienz der Rechtschutzeinrichtung nicht mehr erreicht werde. Es solle die entsprechende Bestimmung für verfassungswidrig erklärt werden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei es nicht möglich, Anbringen im Abgabenverfahren mit E-Mail einzubringen. Da ein unmittelbares elektronisches Einbringen von Beschwerden beim Bundesfinanzgericht über FinanzOnline nicht möglich sei und das Finanzamt entgegen seiner Verpflichtung solche dem Bundesfinanzgericht nicht vorlege, sei eine unmittelbare elektronische Beschwerde beim Bundesfinanzgericht nicht möglich.

Da bei anderen Verwaltungsgerichten, wie den Landesverwaltungsgerichten, E-Maileingaben möglich seien und es beim Bundesverwaltungsgericht elektronische Formblätter gebe, welche mit Hilfe der ID-Austria eingebracht werden könnten, sei der heute nicht mehr gebräuchliche Weg des Telefax durch das E-Government-Gesetz und die ID-Austria abgelöst worden. Die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, welche auf Telefax und Ähnliches abstellen würden, seien derart veraltet, dass sie dem Sachlichkeitsgebot beziehungsweise dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr entsprächen und deshalb als verfassungswidrig aufzuheben seien.

Neuerlich stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zustellung dieses Erkenntnisses auf "meinPostkorb" bei oesterreich.gv.at.

In dem auch dem Beschwerdeführer zugestellten Bericht über die Vorlage der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2022 und 2023 datiert vom , welcher daher als Vorhalt zu werten ist, vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass eine Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2023 für Personen, welche eine Anspruch auf Pensionistenabsetzbetrag hätten, nur in Höhe von 80 % der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 begrenzt bis zum Höchstbetrag von € 579,00 möglich sei. Im Übrigen werde auf die Beschwerdevorentscheidung betreffend das Jahr 2022 und das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zur Einkommensteuer 2018 des Beschwerdeführers verwiesen. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide würden den anzuwendenden Gesetzesbestimmungen entsprechen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2022 als Pensionist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 15.257,16 und Einkünfte aus Kapitalvermögen von € 172,00 bezogen, woraus sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von € 15.429,00 ergibt. Durch Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vermindert sich dieser Betrag auf ein Einkommen von € 6.819,76. Darauf entfällt nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 eine Steuer von 0 % und daher € 0,00.

Davon wurde noch der Pensionistenabsetzbetrag von € 825,00 in Abzug gebracht.

Die Erstattung der Einkommensteuer 2022 erfolgte im Höchstbetrag nach § 33 Abs. 8 EStG 1988 in Höhe von € 550,00, von welchem die Einkommensteuersteuer für die sonstigen Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit von € 115,37 (fester Steuersatz von 6 % nach § 67 Abs. 1 EStG 1988) abgezogen wurde. Hinzugerechnet wurden die abgeführte Lohnsteuer von € 141,78 und die Kapitalertragsteuer von € 30,40. Zusammen mit der Rundung nach § 39 Abs. 3 EStG 1988 ergibt dies eine Abgabengutschrift von € 607,00.

Im Jahr 2023 hatte der Beschwerdeführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Pensionist von € 16.399,22 und Einkünfte aus Kapitalvermögen von € 257,06, also einen Gesamtbetrag der Einkünfte von € 16.399,22. Aufgrund von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ergibt sich ein Einkommen von € 7.095,34. Auch darauf entfällt eine Einkommensteuer von 0 %, also € 0,00. Der Pensionistenabsetzbetrag von € 868,00 wurde angesetzt.

Die Erstattung der Einkommensteuer 2023 erfolgte im Höchstbetrag nach § 33 Abs. 8 EStG 1988 in Höhe von € 579,00, wovon € 124,22 für die sonstigen Bezüge aus nicht selbständiger Arbeit abgezogen wurden. Hinzugerechnet wurden die anrechenbare Lohnsteuer (€ 146,06) und die Kapitalertragsteuer (€ 59,55). Mit der Rundung nach § 39 Abs. 3 EStG 1988 ergibt dies eine Abgabengutschrift von € 660,00.

Der Beschwerdeführer wurde für beide Jahre antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung. Er wird von beiden Parteien übereinstimmend dargestellt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A) Erstattung der vom Beschwerdeführer bezahlten Sozialversicherungsbeiträge

§ 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I 10/2022 für die Veranlagung 2022 lautet:

"Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den (erhöhten) Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 80% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, höchstens aber 550 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f."

§ 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 in der Fassung, BGBl. I 163/2022 für die Veranlagung 2023 lautet:

"Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den (erhöhten) Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 80% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, höchstens aber 579 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f."

Beim Beschwerdeführer wurden als Berechnungsbasis der Abgabengutschrift für das Jahr 2022 vom Finanzamt gesetzeskonform € 550,00 und für das Jahr 2023 € 579,00 des sich aus dem jeweiligen Pensionistenabsetzbetrag ergebenden negativen Steuerbetrag angesetzt.

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den § 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 insofern in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt, als er 80 % der gesamten 2022 und 2023 bezahlten Sozialversicherungsbeiträge als Negativsteuer und nicht bloß die im letzten Absatz genannten Höchstbeträge ausbezahlt erhalten möchte. Dies wären für das Jahr 2022 € 655,97 und für das Jahr 2023 € 693,98.

Die Begründung dafür sieht der Beschwerdeführer darin, dass er mit einem aktiven Arbeitnehmer vergleichbar sei, weil er keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne und deshalb einen PKW verwenden müsse.

Nun übersieht der Beschwerdeführer, dass das tägliche Absolvieren des Arbeitsweges, egal mit welchem Verkehrsmittel, gelegentlichen Arztbesuchen nicht gleichgesetzt werden kann. Dass der Beschwerdeführer jeden Arbeitstag einen Arzt aufsuchen müsse, hat er nicht behauptet.

Jedenfalls ist es nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes dem Gesetzgeber möglich, seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum auszunutzen und für unterschiedliche Fallgruppen unterschiedliche Regelungen zu treffen oder unterschiedliche Ziele zu verfolgen (ständige Judikatur, vergleiche zum Beispiel : "Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber [s etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001]. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen [vgl zB VfSlg 4.039/1995, 16.407/2001]. Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen [s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002]. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden [zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003].")

Es steht dem Gesetzgeber auch frei vereinfachende Regeln zu finden, die bis auf Ausnahmen zu befriedigenden Ergebnissen führen und dafür für wenige Ausnahmen Härten in Kauf zu nehmen (vergleiche etwa unter Verweis auf ).

Unter diesem Blickwinkel kann daher in der hier betroffenen Norm des § 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 keine Verfassungswidrigkeit entdeckt werden und besteht kein Grund für ein Gesetzprüfungsverfahren nach Art. 140 Abs. 7 B-VG.

Da die Höhe der der Berechnung der Negativsteuer zugrunde gelegten Höchstbeträge dem Gesetz entspricht (siehe oben), was der Beschwerdeführer für das Jahr 2022 auch zugesteht, waren die Beschwerden in diesem Punkt abzuweisen.

B) Besteuerung der sonstigen Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit

Nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 beträgt die Lohnsteuer, wenn ein "Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen)" erhält, innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 für die ersten € 620,00 0 % und für die nächsten € 24.380,00 6 %. "Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2 100 Euro beträgt".

Nach § 67 Abs. 2 EStG 1988 beträgt das Jahressechstel "ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge."

Anders als der Beschwerdeführer vorschlägt, ist die Freigrenze des § 67 Abs. 1 EStG 1988 von € 2.100,00 für das Jahressechstels also nach § 67 Abs. 2 EStG 1988 nicht nach dem gesamten Jahreseinkommen, sondern nach einem Sechstel der bereits zugeflossenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu berechnen.

Ein Sechstel der laufenden Bezüge des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit betrug im Jahr 2022 € 2.542,86 und 2023 € 2.690,36. Das Finanzamt ist daher richtig davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer in beiden Jahren die Freigrenze des § 67 Abs. 1 EStG 1988 überschritten hat.

Ebenso hat das Finanzamt die Besteuerung der sonstigen Bezüge des Beschwerdeführers gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 von 2022 € 2.542,86 und 2023 € 2.690,36 mit für 2022 € 115,36 und 2023 € 124,22 korrekt und dem Gesetz entsprechend vorgenommen.

Zu den verfassungsrechtlichen Überlegungen des Beschwerdeführers ist anzumerken, dass es dem Gesetzgeber freisteht, wie schon oben dargelegt, einfach zu handhabende Regelungen zu schaffen, welche seinen Ziel- und Lenkungsvorstellungen nahekommen, auch wenn dies in Einzelfällen zu Härten führen kann. Dass der Gesetzgeber in § 67 Abs. 1 EStG 1988 eine betraglich festgesetzte Bagatellgrenze eingeführt hat, kann daher nicht kritisiert werden.

Das Ansinnen des Beschwerdeführers, für diese Bagatellgrenze das Einkommen und nicht die laufenden Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit heranzuziehen, würde in aller Regel zu unsachlichen und geradezu nicht vorhersehbaren Ergebnissen führen, da das Einkommen der "Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105" ist (§ 2 Abs. 2 EStG 1988).

Ein Wahlrecht auf Besteuerung der sonstigen Bezüge nach dem Tarif des § 33 EStG 1988 hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen und kann aufgrund der Unterschiedlichkeit der Einkunftsarten auch nicht daraus geschlossen werden, dass in anderen Einkunftsarten vorgesehene Wahlrechte zwingend auch für die sonstigen Bezüge bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vorgesehen sein müssen.

Da in den angefochtenen Bescheiden die Einkommensteuer für die sonstigen Bezüge des Beschwerdeführers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gesetzeskonform nach § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 festgesetzt wurde und keine (verfassungsrechtlichen) Bedenken hinsichtlich der angewendeten Normen bestehen war dieser Beschwerdepunkt ebenfalls abzuweisen.

Im Übrigen wird hinsichtlich der Begründung auch auf das Erkenntnis zur Einkommensteuer 2018 (Bundesfinanzgericht , RV/7102135/2019) verwiesen.

C) Weitere verfassungsrechtliche Gedankengänge des Beschwerdeführers

Die vom Beschwerdeführer als verfassungswidrig bezeichnete Norm des § 262 Abs. 1 BAO, welche die Möglichkeit vorsieht, dass auf Antrag in der Beschwerde eine Beschwerdevorentscheidung unterbleibt, wenn die Abgabenbehörde binnen drei Monaten ab dem Einlangen der Beschwerde diese dem Verwaltungsgericht vorlegt, ist in dieser Entscheidung nicht präjudiziell, da vom Finanzamt und nicht vom Bundesfinanzgericht anzuwenden. Gleiches gilt für § 284 BAO (Säumnisbeschwerde) und § 38 Abs. 1 VwGG (Fristsetzungsantrag), welche ebenso in diesem Verfahren nicht zur Anwendung kommen.

Das Bundesfinanzgericht ist nach § 89 Abs. 2 B-VG nur dann befugt einen Antrag auf Aufhebung einer (verfassungswidrigen) Gesetzesvorschrift zu stellen, wenn "gegen die Anwendung" Bedenken bestehen, also in jeweiligen Verfahren angewendet werden müssen. Ein vom Beschwerdeführer gewünschter Antrag auf Gesetzesprüfung kommt daher nicht in Betracht.

Im Übrigen wird Ansicht des Beschwerdeführers in Hinblick auf Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (siehe oben) nicht geteilt und zeigt gerade das Verfahren des Beschwerdeführers wie effizient das System der Vorlage von Beschwerden und Säumnisbeschwerde in der Bundesabgabenordnung funktioniert.

Wenn der Beschwerdeführer glaubt, aus einem einfachen Gesetz, dem E-Government-Gesetz, welches den konkreten Weg für den elektronischen Verkehr mit Bundesbehörden nicht festlegt, sondern bestimmt, dass etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sowie der Zeitpunkt der Aufnahme des elektronischen Verkehrs im Internet bekanntzumachen sind (§ 1a Abs. 2 E-GovG), eine globale Verfassungswidrigkeit des Systems des Verkehrs mit der Finanzverwaltung und des Bundesfinanzgerichtes ableiten zu können, so ist dies verfehlt.

Einerseits sind die Normen der FinanzOnline-Verordnung 2006 (BGBl. II Nr. 97/2006) in diesem Verfahren nicht anzuwenden und daher nicht präjuziell und zweitens wurde für den elektronischen Verkehr mit dem Bundesfinanzgericht noch kein Zeitpunkt und keine Methode für den unmittelbaren elektronischen Verkehr bekannt gemacht, weswegen auch die übrigen Normen des E-Government-Gesetzes nicht anwendbar sind.

Im Übrigen kann den Normen der Bundesabgabenordnung und des Zustellgesetzes (BGBl. Nr. 20/1982) über die Zustellung keine Verfassungswidrigkeit festgestellt werden, weswegen auch in diesem Bereich Anträge auf Gesetzprüfung an den Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieses Erkenntnis auf die unmittelbare Anwendung des Gesetzestextes beschränkt, wurden keine Rechtsfragen berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung in dieser Rechtssache hinausgeht.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102601.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at