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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2024, RV/7102547/2024

Immobilienertragsbesteuerung bei Zwangsversteigerung nach Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens - Abgabenfestsetzung zulässig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***2***,über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

I.1. Verfahren vor dem Finanzamt

Der Beschwerdeführer, im folgenden der Bf., war seit 2006 Eigentümer der Liegenschaft KG ***3***, EZ ***4***, ***5***. Mit wurde diese Liegenschaft vom Bezirksgericht ***5*** um EUR ***6*** zwangsversteigert. Für diesen Erwerbsvorgang wurde keine Immobilienertragssteuer entrichtet.

Das Finanzamt hat dem Bf. am einen Vorhalt mit dem Ersuchen um Ergänzung betreffend der Versteigerung KG ***3***, EZ ***4*** aus dem Jahr 2018 übermittelt. In diesem Vorhalt wurde der Steuerpflichtige darauf hingewiesen, dass bei Übertragung eines Vermögensgegenstandes im Rahmen einer Zwangsversteigerung dies keinen behördlichen Eingriff im Sinne einer Enteignung darstellt, sondern ein grundsätzlich steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft. Der Bf. werde daher ersucht, den Differenzbetrag zwischen Anschaffung und Versteigerung anhand einer Auflistung samt belegmäßigem Nachweis nachzuweisen.

Am langte die Stellungnahme des Steuerpflichtigen ein. Demnach sei die Liegenschaft seinerzeit zu einem Kaufpreis von EUR ***7*** gekauft und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden, für welche in Summe eine Finanzierung von EUR ***8*** (endfälliger Kredit in CHF) bei der ***16*** in Anspruch genommen worden sei. Aufgrund einer Zwangskonvertierung der Finanzierung durch die ***16*** zum ungünstigst möglichen Zeitpunkt sei die Verbindlichkeit der Finanzierung enorm erhöht worden, was zu einer exorbitant hohen Zinsbelastung geführt habe. In Summe seien an Kapital und Zinsen über EUR ***9*** angefallen, zusätzlich Klagkosten und Gebühren in Höhe von EUR ***10***. Der Differenzbetrag zwischen Anschaffung und Versteigerung sei daher zur Deckung der Zinsen und Kosten aus der Liegenschaftsfinanzierung herangezogen worden. Ein Gewinn sei daher aus der Versteigerung nicht entstanden.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2018 erlassen, in dem die Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 30%) iHv EUR ***11*** festgesetzt wurde. Da der Bf. im Jahr 2018 keine anderen Einkünfte erzielte, wurde die Einkommensteuer insgesamt mit EUR ***11*** festgesetzt. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass Geldbeschaffungskosten oder Zinsen keine Anschaffungsnebenkosten bei der Berechnung der , darstellen. Laut der Vorhaltsbeantwortung sei für den Erwerb bzw. der Sanierung ein Kredit in Höhe von EUR ***8*** aufgenommen worden. Dem gegenüber stehe das Meistbot von EUR ***6***, sodass sich eine Bemessungsgrundlage von EUR 180.000,00 ergebe. Darauf sei der fixe Steuersatz von 30% anzuwenden.

Ebenfalls am wurde ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018 erlassen, in dem Anspruchszinsen in Höhe von EUR 3.288,39 vorgeschreiben wruden.

Der Vertreter des Steuerpflichtigen, ein Rechtsanwalt, brachte am Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 (und gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2018) ein. Er begründete, dass die Versteigerung der Liegenschaft am stattgefunden habe. Der Privatkonkurs sei gegen ihn am eröffnet worden. Bei der Forderung aus Immobilienertragssteuer handle es sich gem. § 51 I.O. um eine Insolvenzforderung, die im Insolvenzverfahren anzumelden gewesen sei. Eine Geltendmachung der Forderung, wie im vorliegenden Falle, sei ausgeschlossen, da dies zu einer Bevorteilung eines (Insolvenz-) Gläubigers führen würde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, dass die Frage, ob es sich bei einer festgesetzten Abgabenschuld um eine Insolvenzforderung handle, keinen Einfluss auf die Zulässigkeit bzw. Notwendigkeit der Abgabenfestsetzung habe. Dieser Umstand sei erst bei der Einhebung der Abgabenschuld von Relevanz.

Am übermittelte der Vertreter des Steuerpflichtigen den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

I.2. Verfahren vor dem BFG

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht am dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Das BFG hat am einen Vorhalt an den Bf. gerichtet, in dem er nach Darstellung des Verfahrensablaufs, des vorläufigen entscheidungswesentlichen Sachverhalts und der Rechtslage darauf aufmerksam gemacht wurde, dass bei einem Antrag auf Regelbesteuerung (Regelbesteuerungsoption) nach § 30a Abs. 2 EStG 1988 unter anderem Fremdkapitalzinsen abzugsfähig sind und daher vom Bf. abzuwägen sei, ob die Pauschalbesteuerung oder die Regelbesteuerung für den Bf. günstiger sei. Im Falle des Antrags auf Inanspruchnahme der Regelbesteuerung wurde der Bf. aufgefordert, Fragen zu beantworten und entsprechende Nachweise vorzulegen.

Der Vorhalt blieb unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

II.1. Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom hat der Beschwerdeführer die Liegenschaft EZ ***4*** des Grundbuches ***3*** ***12***, Bezirksgericht ***5***, bestehend aus der Grundstücksnummer ***13*** Baufläche (Gebäude), Baufläche (befestigt), mit der Grundstücksadresse ***14***, mit einer Gesamtfläche von ca. ***15*** m2 zu einem Kaufpreis von EUR ***7*** gekauft.

Laut Zentralem Melderegister war der Bf. an der Grundstücksadresse von bis hauptwohnsitzgemeldet.

Zur Finanzierung des Kaufpreises und der Sanierung hat der Bf. einen endfälligen Schweizer Frankenkredit iHv EUR ***8*** bei der ***16*** aufgenommen. Dieser Frankenkredit wurde zwangskonvertiert.

Auf Betreiben der Bank wurde die Liegenschaft im Jahr 2018 zwangsversteigert. Am erteilte das Bezirksgericht ***5*** den Zuschlag aufgrund des Meistbots von EUR ***6*** an eine Bietergemeinschaft als Meistbietende. Aus der Forderungsanmeldung zur Meistbotverteilungstagsatzung im November 2018 und einer Beilage - Schuldnerabrechnung - ergibt sich, dass das zur Finanzierung und Sanierung der Liegenschaft begründete Kreditverhältnis auf dem Konto Nr. ***17*** geführt wurde und das Konto Nr. ***18*** dazu einen integrierenden Kreditvertragsbestandteil bildet. Die Schuldnerabrechnung zeigt, dass für das Konto Nr. ***17*** bis zur Versteigerung Zinsen in Höhe von EUR ***19*** und für das Konto Nr. ***18*** Zinsen in Höhe von EUR ***20*** angefallen sind. Darüber hinaus wurden auch noch Kosten des Verfahrensbetreibung durch die Bank geltend gemacht.

Aus der Insolvenzdatei ergibt sich, dass das Bezirksgericht ***5*** mit Wirkung das Schuldenregulierungsverfahren, Aktenzeichen ***21***, über den Bf. bei Eigenverwaltung des Schuldners eröffnet hat.

II.2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Akten sowie einer Einschau in das Grundbuch, das Firmenbuch, das Zentrale Melderegister und die Insolvenzdatei.

II.3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zu Spruchpunkt I.

II.3.1.1. Abgabenfestsetzung

Mit der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ändert sich nichts am Steuersubjekt. Steuerschuldner bleibt der Schuldner, im Beschwerdefall der Beschwerdeführer. Zudem behält der Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren alle Verwaltungs- und Verfügungsrechte betreffend die Insolvenzmasse (§ 186 IO).

Die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens hindert nicht die Festsetzung der Einkommensteuer (oder von Anspruchszinsen). Erst nach erfolgter Festsetzung schließt sich die Frage der Einbringung an, also ob diese Forderung des Finanzamtes vom Finanzamt eingefordert wird. Dabei hat das Finanzamt zu klären, ob es sich bei der festgesetzten Abgabenschuld um eine Insolvenz-, eine Masse- oder eine konkursfreie Forderung handelt. Diese Frage ist jedoch nicht in dem vom BFG zu entscheidendem Beschwerdeverfahren zu beurteilen. Hier geht es aufgrund des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 nur darum, darüber abzusprechen, ob der angefochtene Bescheid formal und materiell richtig ergangen sind.

II.3.1.2. Einkommensteuerbescheid 2018

a.

Formal wurde der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2018 richtig an den Beschwerdeführer als Schuldner in Eigenverwaltung adressiert.

b.

Ebenso wurde der Einkommensteuerbescheid 2018 rechtzeitig im Jahr 2023 - innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist ab Ende des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (das war 2018) - erlassen.

c.

Die für die Entscheidung wesentlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988) lauten in der Fassung des Beschwerdejahres auszugsweise wie folgt:

§ 30 (Private Grundstücksveräußerungen)

(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). […]

(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. […]

§ 30a (Besonderer Steuersatz für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen)

(1) Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 30% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

d.

Nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 idF vom sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Das Grundstück wurde vom Bf. im Privatvermögen gehalten. Die gerichtliche Zwangsversteigerung eines Grundstückes stellt ein Veräußerungsgeschäft iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 dar (Vgl. ). Im Beschwerdefall handelt es sich bei dem Grundstück um Neuvermögen, weil der Bf. das Grundstück selbst erst im Jahr 2006 erworben hat.

Gemäß Abs. 3 ist als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungs- und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen. Das Finanzamt hat die um Herstellungskosten erhöhten Anschaffungskosten mit EUR ***8*** geschätzt und dem Veräußerungspreis von EUR ***6*** gegenübergestellt. Die um die Herstellungskosten erhöhten Anschaffungskosten entsprechen der laut Beschwerdeführer aufgenommenen Kreditsumme. Der Bf. hat gegen diese Schätzung nichts eingewendet. Auch dem BFG erscheint es nachvollziehbar, dass die über die Anschaffungskosten hinausgehende Kreditsumme zur Sanierung der angeschafften Liegenschaft verwendet wurde.

Als Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer wurde daher der Betrag von 180.000,00 herangezogen und - aufgrund Fehlens eines Antrags auf Regelbesteuerung - dem besonderen Steuersatz gem. § 30a Abs. 1 EStG 1988 von 30% unterworfen.

Die vom Finanzamt vorgenommene Immobilienertragsbesteuerung erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 ist abzuweisen.

Ob und In welcher Weise in weiterer Folge das Finanzamt die festgesetzte Abgabenschuld geltend macht, ist offen und nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

II.3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102547.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at