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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.09.2024, RV/7102840/2024

Einzelunternehmer bzw. natürliche Personen können nicht Mitglied einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG sein

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache **BF**, **Adresse**, Steuernummer ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am unter Anwesenheit des Schriftführers Arian Selimaj zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer war im streitgegenständlichen Jahr 2021 ein als Einzelunternehmer tätiger Rechtsanwalt; zudem hielt er sämtliche Anteile an der **X-GmbH**. In seiner eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte er - neben positiven Einkünften aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer - auch negative Einkünfte in Höhe von EUR -35.811,77, die aus der von ihm (im Privatvermögen) gehaltenen GmbH stammen.

Mit Einkommensteuerbescheid 2021, datiert mit , erfolgte die Festsetzung des Einkommens des Beschwerdeführers mit EUR 61.956,63 und der Einkommensteuer mit EUR 19.069,00. Der Verlustausgleich mit den erklärten negativen Einkünften aus der GmbH-Beteiligung wurde von Seiten der belangten Behörde nicht zugelassen.

In der gesonderten Bescheidbegründung vom verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die unterschiedlich geregelte steuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und Einzelunternehmen. Ein Durchgriff auf das Einkommensteuerverfahren des Gesellschafters und ein Verlustausgleich im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens sei gesetzlich nicht gedeckt (Sphärentrennung). Die Beteiligung an einer Unternehmensgruppe sei für den Beschwerdeführer als natürliche Person somit nicht möglich.

In der eingebrachten Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass es - auch verfassungsrechtlich - nicht darauf ankommen könne, ob ein Freiberufler sein Unternehmen als GmbH oder als Einzelunternehmer führt, damit Verluste aus anderen Betrieben im Rahmen der Gruppenbesteuerung kompensiert werden könnten. § 9 KStG sei verfassungskonform auszulegen und auf Freiberufler ohne Rücksicht auf deren Rechtsform auszudehnen. Die Unterscheidung wäre sachwidrig und gleichheitswidrig. Beantragt von ihm wurde die persönliche steuerliche Verlustverwertung von EUR -35.811,77 der **X-GmbH**, zumal ihm die Verluste, hätte er die Gesellschaft als KG oder OG betrieben, sehr wohl zurechenbar wären.

Die abweisend ergangene Beschwerdevorentscheidung vom verwies begründend im Wesentlichen auf die Ausführungen des Erstbescheids. Darüber hinaus sei die belangte Behörde dem Legalitätsprinzip verpflichtet und jegliche Amtshandlungen würden nur auf Grund geltender Gesetze ausgeübt. Die Entscheidung, ob die gegenständlich zur Anwendung gelangenden Gesetze in Einklang oder in Widerspruch mit der Verfassung stehen, könne nicht von Behörde getroffen werden. Das Anliegen des Beschwerdeführers sei im Beschwerdeverfahren geprüft worden und es sei keine vom Gesetz abweichende Auslegung für das Finanzamt erkennbar. Die Abgabenbehörde sei ein Vollziehungsorgan und habe die Verfassungskonformität von geltenden Normen nicht zu prüfen. Das geltende Recht lasse eine abweichende Auslegung, wie vom Beschwerdeführer beantragt, nicht zu

Im Vorlageantrag vom wies der Beschwerdeführer ergänzend noch darauf hin, dass er als Einzelunternehmer auch bilanzierungspflichtig werden könne und sein Einzelunternehmen auch in eine GmbH einbringen könne. Es sei sachlich unverständlich und daher verfassungsrechtlich - insbesondere nach dem Gleichheitssatz - nicht haltbar, dass die belangte Behörde die Bildung einer Unternehmensgruppe nicht anerkennen wolle. Der Gesetzgeber habe nicht bedacht, dass ein Einzelunternehmer auch "mehrere Kapitalgesellschaften als Eigentümer betreiben" könne. Die Unternehmensgruppe in dieser Form nicht anzuerkennen, sei nicht sachgerecht, die Gesetze seien verfassungskonform auszulegen. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs habe in der Vergangenheit auch andere Bestimmungen, die die Verlustverwertung begrenzt haben, als unwirksam und entsprechend zu interpretieren beurteilt. Die Stellung eines Gesetzprüfungsantrages zu § 9 KStG werde angeregt, damit geklärt werde, ob die Bestimmung auch verfassungskonform ausgelegt werden kann.

Mit Bericht vom erfolgte die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht. Beantragt wurde von Seiten der belangten Behörde, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht die beantragte mündliche Verhandlung statt. Der zugrundeliegende Sachverhalt wurde dabei von den Parteien bestätigt und die Beschwerdesache rechtlich umfassend erörtert.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer betrieb im Streitjahr 2021 als Einzelunternehmer eine Rechtsanwaltskanzlei und erzielte damit ein positives steuerliches Ergebnis.

Zudem hielt er im Privatvermögen sämtliche Anteile an der **X-GmbH**, FN ***, mit dem Geschäftszweig Eisstrahl-Dienstleistungen, Fahrzeughandel, Handelsagent, Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe, Baustoffhandel und Baustoffproduktion, Transport und Spedition. Die GmbH erzielte im Streitjahr 2021 ein negatives steuerliches Ergebnis.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf dem vorliegenden Verwaltungsakt und vorgenommenen Einsichtnahmen in das offene Firmenbuch sowie in den Steuerakt des Beschwerdeführers. Im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Verhandlung wurde der Sachverhalt von beiden Parteien bestätigt und kann als unstrittig angesehen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

Streitgegenständlich möchte der Beschwerdeführer den Ausgleich des negativen steuerlichen Ergebnisses der von ihm als Alleingesellschafter gehaltenen GmbH mit den von ihm erzielten positiven steuerlichen Einkünften aus seiner als Einzelunternehmer geführten Rechtsanwaltskanzlei erreichen. Der Verlustausgleich solle, so das Beschwerdevorbringen, (zumindest) über die Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG) zwischen ihm als Einzelunternehmer und der von ihm gehaltenen GmbH möglich sein.

Von Seiten des Bundesfinanzgerichts wird diesbezüglich auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 3 KStG verweisen, wonach als Gruppenträger unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die unter § 7 Abs 3 KStG fallen, unbeschränkt steuerpflichtige Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des VAG 2016, unbeschränkt steuerpflichtige Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes, sowie beschränkt steuerpflichtige in der Anlage 2 zum EStG in der jeweils geltenden Fassung genannten, den von den Teilstrichen 1 bis 4 umfassten inländischen Rechtsformen vergleichbaren Gesellschaften und den Kapitalgesellschaften vergleichbare Gesellschaften, die den Ort der Geschäftsleitung und den Sitz in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes haben, wenn sie mit einer Zweigniederlassung im Firmenbuch eingetragen sind und die Beteiligung an den Gruppenmitgliedern (Abs 2) der Zweigniederlassung zuzurechnen ist, und näher bezeichnete Beteiligungsgemeinschaften (als Personengesellschaft, Beteiligungssyndikat oder im Wege gemeinsamer Kontrolle) in Frage kommen. Als Gruppenmitglieder lässt § 9 Abs 2 KStG unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die unter § 7 Abs 3 KStG fallen sowie vergleichbare nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, ansässig sind und ausschließlich mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell verbunden sind, zu. Einzelunternehmer oder generell natürliche Personen können nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht Mitglied einer Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG sein.

Abgesehen davon unterliegt der Beschwerdeführer mit seinem Einzelunternehmen als natürliche Person der Einkommensteuer, demgegenüber ist die GmbH, an der er beteiligt ist, als Körperschaft, Subjekt der Körperschaftsteuer. Beide Besteuerungssysteme basieren auf unterschiedlichen steuerlichen Grundprinzipien:

Bei natürlichen Personen, somit im Bereich der Einkommensteuer, gilt das subjektive Nettoprinzip, es werden zum Teil auch private Ausgaben und familiäre Verhältnisse berücksichtigt und das Einkommen unterliegt gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG) einem progressiven Steuertarif, der die steigende Leistungsfähigkeit der natürlichen Person entsprechend berücksichtigt. Es wird das Einkommen jeder natürlichen Person getrennt erfasst und besteuert.

Hingegen ist bei Körperschaften, die der Körperschaftsteuer unterliegen, keine Berücksichtigung von persönlichen oder familiären Bedürfnissen vorgesehen. Das Einkommen der Körperschaft unterliegt gemäß § 22 Abs 1 KStG in den Jahren vor 2023 einem linearen Steuersatz von 25%. Grundsätzlich besteht auch bei Körperschaften das Prinzip der Individualbesteuerung, es wird somit, dem vorgesehenen Trennungsprinzip entsprechend, auch das Einkommen jeder Körperschaft getrennt erfasst und der Steuer unterworfen. Im Falle einer nachfolgenden Ausschüttung an eine natürliche Person (Anteilsinhaber) erfolgt darüber hinaus eine Belastung mit der Einkommensteuer (grundsätzlich in Form der Kapitalertragsteuer).

Anders als bei natürlichen Personen besteht jedoch - nur bei konkret vom Gesetzeswortlaut benannten Körperschaften - die Möglichkeit der Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG, womit die Ergebnisse mehrerer Körperschaftsteuersubjekte gemeinsam versteuert werden können. Die durch das System der Gruppenbesteuerung ermöglichte Durchbrechung des Trennungsprinzips kann einem Einzelunternehmer bzw einer natürlichen Person nicht zu Gute kommen.

Weder hat der österreichische Gesetzgeber ein System der Zusammenführung von steuerlichen Ergebnissen zwischen mehreren natürlichen Personen vorgesehen (es existiert in Österreich beispielsweise auch kein "Familiensplitting"), noch ist ein derartiges System zwischen natürlichen Personen und Körperschaften vorgesehen. Es ist, wie ausgeführt, mit den unterschiedlichen Systemen der Einkommen- und Körperschaftbesteuerung auch nicht in Einklang zu bringen.

Dem Ansinnen des Beschwerdeführers, die Vorschriften über die Gruppenbesteuerung mögen in der Art und Weise verfassungskonform ausgelegt werden, dass ihm als Einzelunternehmer die Teilnahme an einer Unternehmensgruppe ermöglicht wird, kann - dem klaren Gesetzeswortlaut sowie auch den obigen Ausführungen entsprechend - sohin nicht nachgekommen werden.

Schließlich ist der Anregung des Beschwerdeführers, das Bundesfinanzgericht möge einen Antrag auf Normenkontrolle beim Verfassungsgerichtshof stellen, folgendermaßen zu begegnen:

Nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit a des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) erkennt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag eines Gerichtes über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen. Gemäß Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 135 Abs 4 B-VG sind Verwaltungsgerichte verpflichtet, wenn sie unter anderem gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken haben, den Antrag auf Aufhebung der jeweiligen Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichts zu stellen.

Den obig getroffenen Ausführungen entsprechend, ergeben sich für das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Fall jedoch keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken und kann das Gericht den dargelegten Ausführungen des Beschwerdeführers nicht folgen. Anders, als vom Beschwerdeführer vorgebracht, kommt es sehr wohl darauf an, ob ein Unternehmen in der Rechtsform eines Einzelunternehmens oder als GmbH betrieben wird. Dem Beschwerdeführer stand und steht die freie Wahl der für ihn ideal geeigneten Rechtsform offen. Eine Sach- und Gleichheitswidrigkeit, wie vom Beschwerdeführer behauptet, vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu erkennen. Der Anregung des Beschwerdeführers, einen Normenprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, kann sohin nicht nachgekommen werden. Der Beschwerdeführer wird vielmehr auf die durch Art 144 B-VG eröffnete Möglichkeit der Erhebung einer Erkenntnisbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof verwiesen.

Die vorliegende Beschwerde war vom Bundesfinanzgericht somit gemäß § 279 der Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zumal der klare Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 2 KStG den Kreis der potentiell möglichen Mitglieder einer Unternehmensgruppe eindeutig festlegt und damit die Teilnahme eines Einzelunternehmers bzw einer natürlichen Person an einer Unternehmensgruppe nicht zulässt, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im vorliegenden Fall nicht vor. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof war damit gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 9 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102840.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at