Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.09.2024, RV/2100311/2024

Anpassung eines nach § 300 Abs 1 und Abs 3 BAO abgeänderten, jedoch fehlerhaften, Bescheides mit Erkenntnis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Richter1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den zur Steuernummer ***BF1StNr1*** ergangenen Bescheid des Finanzamtes Österreich vom (Ersatzbescheid nach § 253 BAO für den am 22. August nach § 300 Abs 1 BAO aufgehobenen Bescheid vom ) betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF) ***Bf1*** beantragte im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) vom für das Jahr 2023 die Zuerkennung eines Pendlerpauschales iHv € 718,00 und eines Pendlereuro iHv € 916,00. Zudem beantragte sie den Familienbonus Plus nach § 33 Abs 3a Z 3 lit a EStG als Familienbeihilfenbezieherin in voller Höhe.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für 2023 vom Finanzamt Österreich (belangte Behörde) zunächst erklärungsgemäß festgesetzt.

Am erhob die BF das Rechtsmittel der Beschwerde und ersuchte darum, dass bei ihr kein Familienbonus berücksichtigt werde.

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die BF dazu auf, bis einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner zu übermitteln.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid dahingehend ab, dass der Familienbonus, wie in der Beschwerde beantragt, nicht berücksichtigt wurde. Aufgrund der Nichtübermittlung eines Auszuges aus dem Pendlerrechner wurde auch kein Pendlerpauschale und kein Pendlereuro in Abzug gebracht.

Mit Vorlageantrag vom übermittelte die BF nachträglich den Ausdruck aus dem Pendlerrechner für die Strecke ***Bf1-Adr*** (Wohnung) nach ***Arbeitsstätte2*** (Arbeitsstätte).

Am legte die belangte Behörde den gegenständlichen Fall dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor. In ihrer Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die teilweise Stattgabe der Beschwerde durch Berücksichtigung eines Pendlerpauschales und eines Pendlereuro lediglich für die Monate Juli bis Dezember 2023.

Am klärte der zuständige Richter die BF über die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 300 BAO auf.

Mit Schreiben vom präzisierte die BF ihr Beschwerdebegehren einerseits dahingehend, dass das Pendlerpauschale nur für den Zeitraum 1.7. - begehrt werde. Andererseits erklärte sie, einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, in dem das Pendlerpauschale entsprechend berücksichtigt wird, zuzustimmen.

Mit Beschluss vom übermittelte das BFG der belangten Behörde die gegenständliche Zustimmungserklärung der BF und setzte eine Frist von 4 Wochen zur Aufhebung des angefochtenen und Erlassung eines ersetzenden Bescheides.

Am hob die belangte Behörde den Bescheid vom auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid. Am selben Tag setzte die belangte Behörde das BFG darüber in Kenntnis. Der Bescheid wurde der BF laut Rückschein am zugestellt.

Im ersetzenden Bescheid wurde zwar das Pendlerpauschale und der Pendlereuro berücksichtigt. Allerdings wurde der BF wiederum der Familienbonus Plus gewährt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF war im Jahr 2023 unselbständig tätig, wobei für sie zwei Lohnzettel übermittelt wurden. Für den Zeitraum - liegt ein Lohnzettel des ***Arbeitgeber1***, ***Arbeitsstätte1***, vor, in dem steuerpflichtige Bezüge iHv ***Betrag1*** ausgewiesen sind.

Für den Zeitraum - wurde ein Lohnzettel von ***Arbeitgeber2***, ***Arbeitsstätte2***, mit einem steuerpflichtigen Bezug iHv ***Betrag2*** übermittelt. Vom Arbeitgeber wurde kein Pendlerpauschale berücksichtigt. Zum Nachweis der Berechtigung des Pendlerpauschales betreffend diesen Arbeitsweg wurde von der BF ein Ausdruck aus dem Pendlerrechner übermittelt, aus dem sich ergibt, dass die einfache Wegstrecke 16 km beträgt, die Benützung eines Massenverkehrsmittels unzumutbar ist und die BF die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an mehr als 10 Tagen im Kalendermonat zurücklegt.

Der Familienbonus Plus wird zur Gänze vom Partner der BF in Anspruch genommen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 300 Abs 1 dritter Satz BAO können Abgabenbehörden beim Bundesfinanzgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide, wenn sich ihr Spruch als nicht richtig erweist, aufheben, wenn

a. die beschwerdeführende Partei (BF) einer solchen Aufhebung gegenüber dem Verwaltungsgericht nach Vorlage der Beschwerde zugestimmt hat und

b. wenn das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Zustimmungserklärung an die Abgabenbehörde unter Setzung einer angemessenen Frist zur Aufhebung weitergeleitet hat und

c. wenn die Frist (lit. b) noch nicht abgelaufen ist.

Gemäß § 300 Abs 3 erster Satz BAO ist grundsätzlich mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

Nach § 253 erster Satz BAO gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet, der an Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt.

Der Ersatzbescheid nach § 300 Abs 3 BAO ist ein an die Stelle des angefochtenen Bescheides iSd § 253 BAO bzw. § 261 Abs 1 lit a BAO getretener Bescheid. (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO³ § 300 RZ 21)

Nach § 300 Abs 5 der Bundesabgabenordnung (BAO) lebt bei einem Vorgehen nach § 300 Abs 1 BAO mit der Bekanntgabe der Aufhebung die Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgericht nach § 291 BAO wieder auf.

Dies hat zur Folge, dass in jedem Fall eine abschließende Erledigung des Verwaltungsgerichtes zu erfolgen hat. (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO³ § 300 RZ 25)

Das Bundesfinanzgericht kann den Bescheid somit mit einem abschließenden Erkenntnis iSd § 279 Abs 1 BAO in jede Richtung abändern. Im gegenständlichen Fall ist eine Abänderung notwendig, da zwar die Voraussetzungen des § 300 Abs 1 BAO erfüllt waren, jedoch im Ersatzbescheid der Familienbonus Plus zum Abzug gebracht wurde, obwohl dieser der BF nicht zusteht.

Zum Pendlerpauschale für den Zeitraum Juli bis Dezember 2023 und zum Pendlereuro:

Nach § 16 Abs 1 Z 6 lit a des Einkommensteuergesetzes 1988 idF BGBl. I Nr. 200/2023 (EStG 1988) steht als Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich zum Verkehrsabsetzbetrag ein Pendlerpauschale zu, welches nach Maßgabe der lit b - j zu bestimmen ist.

Nach § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG 1988 beträgt bei Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung das Pendlerpauschale für eine Strecke von 2 km bis 20 km jährlich € 372,00.

Nach § 16 Abs 1 Z 6 lit e EStG 1988 steht das volle Pendlerpauschale nur zu, wenn der Arbeitnehmer an mindestens 11 Tagen im Monat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.

Aufgrund der Wegstrecke von 16 km und dem Umstand, dass die BF zumindest an 11 Tagen im Monat von der Wohnung zur Arbeitsstätte gefahren ist, steht ihr nach § 16 Abs 1 Z 6 lit d iVm lit e EStG ein jährliches Pendlerpauschale von € 372,00 zu. Die BF war im Jahr 2023 nur ein halbes Jahr bei dem gegenständlichen Arbeitgeber beschäftigt, weshalb ihr für diesen Zeitraum das halbe Pendlerpauschale von € 186,00 zuzuerkennen ist.

Nach § 33 Abs 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Anspruch auf ein Pendlerpauschale auch ein Pendlereuro von jährlich 2 Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Absetzbetrag zu.

Da die BF ein halbes Jahr, nämlich von Juli bis Dezember 2023 für den Arbeitgeber tätig war, steht ihr somit ein Pendlereuro von € 16,00 zu.

Zum Familienbonus Plus

Nach § 33 Abs 2 Z 1 EStG 1988 ist von dem sich nach Abs 1 ergebenden Betrag ein Familienbonus Plus gem. Abs 3a abzuziehen; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gem. Abs 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

Nach § 33 Abs 3a Z 3 lit a EStG 1988 ist der Familienbonus Plus für ein Kind, für das kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, zwischen den dort genannten Personen so aufzuteilen, dass entweder der einen berechtigten Person der ganze, oder beiden berechtigten Personen jeweils der halbe Familienbonus Plus zusteht.

Da die BF erklärt hat, dass ihr Partner den gesamten Familienbonus Plus zur Gänze in Anspruch nimmt, steht ihr kein Familienbonus Plus mehr zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gelöst werden musste und auch keine uneinheitliche Rechtsprechung vorliegt, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100311.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at