Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.09.2024, RV/2100613/2021

Höhe der Mindestkörperschaftsteuer (MiKö) im Gründungsjahr einer GmbH bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin C. WITTMANN in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch SBF Steuerberatung OG, Wielandgasse 35, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Körperschaftsteuer 2020, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Körperschaftsteuer wird für 2020 festgesetzt mit 250,00 Euro.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden Bf) wurde im Jahr 2020 gegründet und ermittelt ihren Gewinn jeweils zum 30.6. Sie erklärte für das 2020 abweichende Wirtschaftsjahr einen Verlust.

Mit Bescheid vom wurde die KöSt in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer (im Folgenden MiKö) für vier Kalendervierteljahre von insgesamt 500,- Euro festgesetzt. Die belangte Behörde begründete dies damit, dass gem § 24 Abs 4 Z 3 iVm § 26c Z 51 KStG die Mindeststeuer bei nach dem gegründeten unbeschränkt steuerpflichtigen GmbH für die ersten fünf Jahre ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 125 Euro betrage.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom beantragte die stV der Bf, die MiKö mit 0,00 Euro festzusetzen, da die Bf im Veranlagungszeitraum 2020 noch kein volles Kalendervierteljahr bestanden habe. Weiters verwies sie auf Rz 142 KStR 2013. Der im Rahmen der Meldung der Betriebseröffnung am dem Finanzamt vorgelegte Gesellschaftsvertrag datiere vom . Somit habe die Bf im Veranlagungszeitraum 2020 von bis bestanden und umfasse dieser Zeitraum kein volles Quartal iSv § 24 Abs 4 Z 1 KStG, weshalb keine MiKö festzusetzen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, wenn eine Kapitalgesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr habe, beziehe sich die MiKö unabhängig davon auf das Kalenderjahr bzw das Kalendervierteljahr. Ergebe es sich bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, dass im Gründungsjahr selbst kein Wirtschaftsjahr ende, bestehe wegen der grundsätzlichen Anknüpfung an die unbeschränkte Steuerpflicht trotzdem MiKö-Pflicht.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom wandte die Bf ein, dass sich die Begründung der Bechwerdevorentscheidung in einer wortgleichen Wiedergabe der Rz 1565 KStR 2013 erschöpfe. Das Bestehen der MiKö-Pflicht werde mithin damit begründet, dass im Gründungsjahr kein Wirtschaftsjahr ende. Dies sei schlichtweg falsch, da im Gründungsjahr 2020 aufgrund des Bilanzstichtages sehr wohl ein Wirtschaftsjahr ende, nämlich das Wirtschaftsjahr 2020, wie sich aus dem anlässlich der Betriebseröffnung vorgelegten Gesellschaftsvertrag mit Bilanzstichtag 30.6. ergebe. Es sei daher neuerlich festzuhalten, dass die Gesellschaft im Veranlagungszeitraum 2020 (nur) von bis und somit kein volles Quartal iSv § 24 Abs 4 Z 1 KStG bestanden habe, weshalb keine MiKö festzusetzen sei.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht vom aus, dass die Bf zum Bilanzierungsstichtag noch kein ganzes Jahr bestanden habe. Daraus ergebe sich aber nur, dass der Gewinnermittlungszeitraum lediglich ein Rumpfwirtschaftsjahr umfasse. Davon zu unterscheiden sei der Veranlagungszeitraum, der stets - unabhängig davon, ob der Gewinnermittlungszeitraum das Kalenderjahr oder ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr umfasse - das Kalenderjahr betreffe. Daher richte sich die Festsetzung der MiKö immer nach der Anzahl der Kalendervierteljahre im gesamten Kalenderjahr, in denen die unbeschränkte Steuerpflicht für ein volles Kalendervierteljahr bestanden habe. Da die Bf erst im zweiten Quartal 2020 öffentlich in Erscheinung getreten sei und somit die unbeschränkte Steuerpflicht auch erst im zweiten Quartal 2020 eingetreten sei, bestehe die MiKö-Pflicht erst ab dem 3. Quartal 2020, da für dieses erstmals die unbeschränkte Steuerpflicht für das volle Kalendervierteljahr bestanden habe. Dementsprechend sei auch nur für das dritte und vierte Kalendervierteljahr 2020 MiKö zu entrichten. Die belangte Behörde beantrage deswegen die vorgeschriebene MiKö für 2020 von 500,00 Euro auf 250,00 Euro herabzusetzen.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Erklärung zur Errichtung der Bf wurde am erstellt. In Art 4 dieser Erklärung wird festgehalten, dass das Geschäftsjahr erst mit dem Tag der Eintragung der Bf in das Firmenbuch beginnt. Der Antrag auf Neueintragung einer Firma langte am beim Landesgericht für ZRS Graz ein. Die Eintragung der Firma erfolgte am zur FN ***1***. Die Gewinnermittlung der Bf erfolgt im Rahmen eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres jeweils zum 30.6. eines Jahres.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in das Firmenbuch, die Erklärung zur Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom und in die in Punkt I. zitierten Schriftsätze der beiden Parteien. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug und den genannten Schriftsätzen und ist auch nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem § 7 Abs 1 KStG ist der KöSt das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gem § 7 Abs 4 KStG ist Gewinnermittlungszeitraum das Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr deckt sich grundsätzlich mit dem Kalenderjahr.

Steuerpflichtige, die zur Rechnungslegung verpflichtet sind, und buchführende Steuerpflichtige, die eine Land- und Forstwirtschaft betreiben, dürfen gem § 7 Abs 5 KStG ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben; in diesem Fall ist der Gewinn bei Ermittlung des Einkommens für jenes Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

Gem § 24 Abs 4 Z 3 KStG idF bis zum Inkrafttreten von BGBl I 2023/200 mit beträgt die MiKö für unbeschränkt steuerpflichtige GmbH in den ersten fünf Jahren ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 125 Euro und in den folgenden fünf Jahren für jedes volle Kalendervierteljahr 250 Euro.

Gem § 4 Abs 1 KStG sind Körperschaften iSd § 1 Abs 2 Z 1 KStG, wozu auch GmbH zählen, ab jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtsgrundlage wie Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Stiftungsbrief festgestellt ist und sie erstmalig nach außen in Erscheinung treten.

§ 24 Abs 4 KStG knüpft an die unbeschränkte Steuerpflicht gem § 1 Abs 2 KStG an (vgl nur ; , 2012/15/0138).

MiKö-Pflicht besteht für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht (ausschlaggebend ist der "Tag des Eintretens in die unbeschränkte Steuerpflicht", vgl ). § 24 Abs 4 KStG knüpft insoweit an die Regelungen über Beginn und Ende der unbeschränkten Steuerpflicht iSd § 4 KStG an (vgl Brugger in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG³, 2022, § 24, Rz 73).

Die MiKö-Pflicht beginnt gem § 24 Abs 4 Z 1 KStG mit dem Tag des Eintretens in die unbeschränkte Steuerpflicht. Den Beginn der Steuerpflicht regelt § 4 Abs 1 KStG. Bei juristischen Personen des Privatrechts iSd § 1 Abs 2 Z 1 KStG beginnt sie, wenn die Rechtsgrundlage "festgestellt" ist und die juristische Person erstmalig nach außen in Erscheinung tritt (vgl Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 24, Tz 72f). Dieses In-Erscheinung-Treten erfordert eine nach außen hin erkennbare Tätigkeit. Darunter fällt bspw bereits die Eröffnung eines Bankkontos, das der Einzahlung des Stammkapitals zu dienen bestimmt ist (vgl ).

Kalendervierteljahre sind die Zeiträume vom 1.1. bis 31.3., 1.4. bis 30.6., 1.7. bis 30.9. und 1.10. bis 31.12. Die unbeschränkte Steuerpflicht muss für ein volles Kalendervierteljahr bestehen. (Bsp: Beginn der unbeschränkten Steuerpflicht mit 5.1.; Mindeststeuerpflicht erstmals für das Kalendervierteljahr 1.4. bis 30.6.). Beginnt die unbeschränkte Steuerpflicht am ersten Tag eines Kalendervierteljahres, besteht für dieses Kalendervierteljahr bereits Mindeststeuerpflicht. Endet die unbeschränkte Steuerpflicht am letzten Tag eines Kalendervierteljahres, besteht für dieses Kalendervierteljahr noch Mindeststeuerpflicht (vgl Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 24, Tz 72, 77; vgl Brugger in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG³, 2022, § 24, Rz 74 mwN).

Mindeststeuer fällt nur an, wenn die tatsächliche KöSt-Schuld geringer als der Mindeststeuerbetrag gem § 24 Abs 4 Z 1 bis 3 KStG ist. Dass die "tatsächliche Körperschaftsteuerschuld" als Vergleichsgröße heranzuziehen ist, ergibt sich aus den in § 24 Abs 4 Z 4 KStG getroffenen Regelungen über die Mindeststeueranrechnung (vgl auch Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 24, Tz 95; Brugger in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG³, 2022, § 24, Rz 88).

Die tatsächliche KöSt-Schuld ist jener Steuerbetrag, der auf das im Veranlagungszeitraum zu versteuernde Einkommen entfällt (vgl auch Schuchter in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 24, Tz 95). Der tatsächlichen KöSt-Schuld ist der für diesen Veranlagungszeitraum berechnete Mindeststeuerbetrag gegenüberzustellen. Dies gilt auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (vgl auch ; ). Die Einkünfte sind dann in jenem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 7 Abs 5 KStG; vgl Brugger in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG³, 2022, § 24, Rz 89).

Auch wenn eine Kapitalgesellschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat, bezieht sich die MiKö auf das Kalendervierteljahr. Ergibt sich bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, dass im Gründungsjahr selbst kein Wirtschaftsjahr endet, besteht dennoch MiKö-Pflicht, weil die Mindeststeuer an der unbeschränkten Steuerpflicht anknüpft. In diesem Fall wird jedoch das Vergleichseinkommen für das Gründungsjahr mit Null angesetzt (vgl Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG, § 24, Tz 56.2; Schuchter-Mang in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 24, Tz 95).

Die Bf ist zwar mit ihrer Aussage, die Gesellschaft habe zum Bilanzierungsstichtag noch kein volles Kalendervierteljahr bestanden, im Recht. Daraus ergibt sich aber nur, dass der Gewinnermittlungszeitraum lediglich ein Rumpfwirtschaftsjahr umfasst. Davon zu unterscheiden ist der Veranlagungszeitraum, der stets - unabhängig davon, ob der Gewinnermittlungszeitraum das Kalenderjahr oder ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr umfasst - das Kalenderjahr betrifft. Daher richtet sich die Festsetzung der MiKö immer nach der Anzahl der Kalendervierteljahre im gesamten Kalenderjahr, in denen die unbeschränkte Steuerpflichtfür ein volles Kalendervierteljahr bestand.

Da die Bf erst im zweiten Quartal 2020 öffentlich in Erscheinung trat und somit die unbeschränkte Steuerpflicht auch erst im zweiten Quartal eintrat, besteht die MiKö-Pflicht erst ab dem dritten Quartal 2020, da für dieses erstmals die unbeschränkte Steuerpflicht für das volle Kalendervierteljahr bestand. Dementsprechend ist auch nur für das dritte und vierte Kalendervierteljahr MiKö zu entrichten. Sie beträgt daher 2 x 125,00 Euro = 250,00 Euro.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im ggst Fall zu beurteilenden Rechtsfragen der Berechnung der MiKö iSd st Rsp des VwGH entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100613.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at