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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2024, RV/7300059/2024

Säumniszuschlag, keine Säumnis eingetreten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***4*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden des Beschuldigten vom und gegen die Bescheide vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages und vom über die Abweisung eines Antrages auf Erlassung eines Säumniszuschlages vom des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , ***1***, zu Recht erkannt:

1) Der Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid vom aufgehoben.

2) Der Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid wird stattgegeben und der Bescheid vom aufgehoben.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , Strafkontonummer ***1***, wurde ein von der Behörde so ausgelegter Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO von ***Bf1***, ***3*** ***5*** vom unter der Bezeichnung "Erlassung eines ersten Säumniszuschlages" abgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Entscheidend für die Entstehung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 1 BAO ist, dass eine Abgabe/Strafe nicht rechtzeitig, d.h., nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Der Säumniszuschlag stellt sich sohin als eine objektive Säumnis dar. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind - ebenso wie die Dauer des Verzuges - grundsätzlich unbeachtlich.

Mit Bescheid vom wurde aufgrund Ihres am eingebrachten Ansuchens um Zahlungserleichterung eine Ratenzahlung bewilligt. Laut diesem Ratenzahlungsplan war die letzte Rate in Höhe von € 8.300,00 am fällig. Da diese Rate nicht zur Gänze entrichtet bzw. erst am ein neues Ratenansuchen gestellt wurde, besteht der Säumniszuschlag zu Recht.

****

In der fristgerecht am eingebrachten Beschwerde wird wie folgt ausgeführt:

"Ich erhebe innerhalb offener Frist

BESCHWERDE

Wien, am

gegen den Bescheid vom und begründe diese wie folgt:

Wie aus dem oben angeführten Steuerakt hervorgeht, wird gegen mich voraussichtlich bis an mein Lebensende beim Bezirksgericht Wien ***3*** unter der Zahl ***2*** Exekution geführt. Das heißt: ich lebe vom Existenzminimum, welches gerade in der heutigen Zeit im Zusammenhang mit der hohen Inflation und Teuerung in allen Lebensbereichen in Wirklichkeit kaum zum Leben ausreicht.

Gleichzeitig habe ich drei unheilbare Krankheiten (bin Inhaber eines Behindertenpasses - siehe Anhang}) und muss für zahlreiche Medikamente und Heilbehelfe (Rollstuhl, orthopädische Schuhe ) monatlich viel Geld ausgeben.

Die Steuererleichterung wegen Behinderung behält das Finanzamt ein. Ich habe regelmäßig monatlich € 200,00 überwiesen in der Annahme, dass die Zahlungserleichterung weiter genehmigt wird - zumal sich an meinen Lebensumständen nichts geändert hat und - in meinem Alter und mit meinen unheilbaren Krankheiten - vermutlich auch kaum mehr etwas ändern wird. Da ich regelmäßig weiterbezahlt habe, ist der Republik Österreich kein Schaden entstanden.

Da ich möglicherweise krankheits- und altersbedingt auch in den kommenden Jahren den Ablauf der jährlichen Frist der Ratenzahlungserleichterung versäumen könnte, ersuche ich um ein rechtzeitiges Erinnerungsschreiben.

Abgesehen davon bitte ich höflich, nicht zu übersehen, dass ich während der laufenden Exekution keine weiteren Zahlungen an Gläubiger leisten darf. Ich würde wegen Begünstigung eines Gläubigers mit strafrechtlichen Folgen zu rechnen haben. Daher kann und darf ich derzeit weder den Säumniszuschlag noch die Zinsen bezahlen. Die Zinsen könnten am Ende der Strafzahlung vorgeschrieben werden.

Aus all diesen Gründen ersuche ich aus Billigkeitserwägungen um Erlass des Säumniszuschlages.

****

Schreiben (Antrag/Beschwerde) vom :

Betrifft: Steuernummer: Strafkontonummer: ***1***

Ansuchen um Zahlungserleichterung

Wien, am

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich ersuche höflich um Gewährung der Verlängerung der Zahlungserleichterung. Gegen mich wird - voraussichtlich bis an mein Lebensende - beim Bezirksgericht Wien ***3*** unter der Zahl ***2*** Exekution geführt. Das heißt: ich lebe vom Existenzminimum, welches gerade in der heutigen Zeit im Zusammenhang mit der hohen Inflation und Teuerung in allen Lebensbereichen in Wirklichkeit kaum zum Leben ausreicht.

Gleichzeitig habe ich drei unheilbare Krankheiten (bin Inhaber eines Behindertenpasses - siehe Anhang)) und muss für zahlreiche Medikamente und Heilbehelfe (Rollstuhl, Orthopädische Schuhe) monatlich viel Geld ausgeben.

Ich kann daher lediglich einen angemessenen monatlichen Betrag in Höhe von € 200,00 zur Zahlung leisten.

Gleichzeitig ersuche ich höflich um Erlassung des Säumniszuschlages: ich habe regelmäßig monatlich € 200,00 überwiesen in der Annahme, dass die Zahlungserleichterung weiter genehmigt wird - zumal sich an meinen Lebensumständen nichts geändert hat und - in meinem Alter und mit meinen unheilbaren Krankheiten - vermutlich auch kaum mehr etwas ändern wird.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO gilt: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Abs. 5: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Gem. §§ 172 Abs. 1 und 185 Abs. 5 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und auferlegten Verfahrenskosten den Finanzstrafbehörden. Hiebei gelten, soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung (BAO) und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen und Verfahrenskosten nach dem FinStrG richtet sich daher grundsätzlich nach § 212 BAO (vgl. ).

Gem. § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213), erstrecken.

Zur Anwendung des § 212 Abs. 1 BAO auf Zahlungserleichterungen im Finanzstrafverfahren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die mögliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ohnehin unter der zusätzlichen Sanktion des Vollzuges der gerade für diesen Fall ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe steht, sodass dem Aspekt der Gefährdung der Einbringlichkeit der Geldstrafe, im Unterschied zu anderen, ebenfalls auf ein Finanzstrafverfahren zurückgehenden Abgaben (wie zB Verfahrenskosten oder Nebengebühren iSd § 3 Abs. 2 lit. d BAO), keine eigenständige Bedeutung zukommt, zumal ja der Behörde aufgrund des § 212 Abs. 1 letzter Satz BAO ohnehin die Möglichkeit eröffnet ist, eine Zahlungserleichterung losgelöst von den Wünschen des Antragstellers und in einer auch das gewollte Strafübel noch aufrechterhaltenden Art zu gewähren (vgl. ; ).

Zum Sachverhalt:

Der Beschuldigte wurde mit Erkenntnis des Spruchsenates vom der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 FinStrG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von € 10.000,00 ausgesprochen.

Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer die Geldstrafe samt Kosten in monatlichen Raten iHv € 75,00 zu entrichten und begründete dies im Wesentlichen damit, dass er voraussichtlich bis an sein Lebensende exekutiert werde, er vom Existenzminimum lebe, er drei unheilbare Krankheiten habe und der Grad seiner Behinderung 50 % betrage.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde das Zahlungserleichterungsansuchen ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am fristgerecht Beschwerde, der mit Erkenntnis des zu RV/7300019/2023 teilweise stattgegeben wurde. Der angefochtene Bescheid wurde insofern abgeändert, als dem Beschwerdeführer gem. § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 212 Abs. 1 BAO zur Entrichtung des auf dem Strafkonto ***BF1StNr1*** derzeit mit insgesamt € 10.500,00 aushaftenden Rückstandes ab Juni 2023 bis Mai 2024 monatliche Raten iHv jeweils € 200,00 gewährt wurden. Die erste Rate sollte demnach am , die weiteren Raten jeweils am 1. der Folgemonate fällig. Der danach am Strafkonto verbleibende Restbetrag von € 8.100,00 sollte am fällig werden.

Am erließ die Behörde zudem einen Bescheid über die Bewilligung von Ratenzahlungen mit folgenden Vorgaben.

Am erging ein Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages wegen Nichtentrichtung eines Betrages von € 7.400,00 mit 2 % des nicht entrichteten Betrages, somit € 148,00, mit der Begründung, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil die oben angeführte Strafe nicht bis entrichtet worden sei.

Bewertung:

Die Behörde hat demnach unberechtigt einen von dem Erkenntnis des BFG abweichenden Bescheid erlassen und statt der am nach Vorgabe des BFG fällig werdenden Rate von € 200,00 einen Betrag von € 8.300,00 mit statt die Restschuld nach Ablauf der bewilligten Ratenzahlungen mit fällig gestellt.

Diesem Bescheid kann keine rechtliche Bedeutung zukommen, da zu dem Ratenansuchen eben bereits eine rechtswirksame Erledigung durch das BFG vorliegt.

Am Buchungstag scheint eine Rateneinzahlung von € 200,00 auf, die somit den Vorgaben des Erkenntnisses des BFG entsprechend geleistet wurde.

Daher liegt keine Säumnis zum Fälligkeitstag vor und es hätte kein Säumniszuschlagsbescheid in der vorliegenden Form ergehen dürfen.

Der Beschuldigte ist unvertreten, sein Schreiben mit dem Begehr keinen Säumnizuschlag bezahlen zu müssen, ist daher nicht formalistisch, sondern inhaltlich zu seinen Gunsten auszulegen.

Das BFG hat anders als die Behörde in diesem Schreiben keinen Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO - diese Bestimmung wird weder im Antrag noch im Abweisungsbescheid der Behörde genannt - gesehen, sondern dem kundgetanen Anfechtungswillen entsprechend die Erhebung einer Beschwerde erkannt.

Der Beschwerde war stattzugeben, da ja zum genannten Fälligkeitstag keine Säumnis eingetreten ist.

Somit ist der Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO von der Behörde auch zu Unrecht abgewiesen worden, daher war auch dieser Beschwerde stattzugeben.

Informativ wird jedoch festgehalten:

Aus dem Erkenntnis des BFG ergibt sich zweifelsfrei, dass die Abschlusszahlung Anfang Juni 2024 zu leisten gewesen wäre. Das Ratenansuchen vom wurde daher außerhalb der Entrichtungsfrist gestellt, demnach ist für die Fälligkeit Juni 2024 für den zu diesem Termin aushaftenden Strafbetrag ein Säumniszuschlag angefallen. Dies bescheidmäßig geltend zu machen, liegt jedoch nicht im Zuständigkeitsbereich des BFG, das in seiner Überprüfungstätigkeit an die Sache eines bekämpften Bescheides gebunden ist.

Ein Erinnerungsschreiben, dass Ratenzahlungsvereinbarungen auslaufen und man fristgerecht ein Verlängerungsansuchen einbringen möge, hat der Gesetzgeber nicht normiert. Die Wartung seiner Zahlungstermine liegt beim Ratenzahlungswerber.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag in diesem Beschwerdeverfahren nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300059.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at