Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.08.2024, RV/3100199/2024

Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus Plus - Nachweis der Leistung des vollen Unterhaltes im Verfahren vor dem BFG erbracht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am reichte der Beschwerdeführer seine Arbeitnehmerveranlagung 2022 beim Finanzamt ein. Darin gab er unter anderem eine Beilage L1k an, diese war allerdings dem L1 nicht angeschlossen.

2. Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2022 und berücksichtigte weder einen Familienbonus Plus noch einen Unterhaltsabsetzbetrag.

3. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 langte am beim Finanzamt ein. Darin führte der Beschwerdeführer aus, der Familienbonus Plus sei nicht berücksichtigt worden, die Beilage L1k müsse verloren gegangen sein.

Der Beschwerde fügte er das Beiblatt L1k an, in dem er für seinen Sohn ***1*** ***2*** aufgrund der im vollen Umfang geleisteten Unterhaltszahlungen für das gesamte Jahr 2022 den ganzen Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag beantragte. Insgesamt habe er im Jahr 2022 € 1.302,00 an Unterhaltszahlungen geleistet und die monatliche Unterhaltsverpflichtung betrage € 108,05.

4. Nach einem Ergänzungsverfahren wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom zurück. Begründend führte es aus, der Beschwerdeführer habe weder einen Nachweis über eine behördlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtung noch einen belegmäßigen Nachweis über geleistete Unterhaltszahlungen (sondern lediglich eine Rückstandsaufgliederung) erbracht und könne der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus nicht gewährt werden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sei.

5. Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein. Darin gab er an, die geleisteten Unterhaltszahlungen seien nicht berücksichtigt worden. Diese seien direkt von seinem Lohn abgezogen worden, was aus seinen Lohnzetteln ersichtlich sei. In der Auflistung der geleisteten Zahlungen seien in der Spalte "Zlg." die Beträge ersichtlich, die von Oktober 2017 bis Februar 2023 für seinen Sohn ***1*** ***2*** von seinem Lohn eingezogen worden seien.

Dem Vorlageantrag beigelegt wurden eine Auflistung, die gerichtlichen Beschlüsse zum Unterhalt und der Lohnzettel für November 2022.

6. Nach einem weiteren Ergänzungsverfahren, in dem der Beschwerdeführer darlegte, dass er für seine beiden Söhne ***4*** ***5*** und ***2*** ***1*** den Unterhaltsabsetzbetrag und für ***2*** ***1*** den Familienbonus Plus beantrage, legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am vor. Darin beantragte es die Abweisung der Beschwerde, da der Beschwerdeführer die Zahlung der Unterhaltsleistungen nicht nachgewiesen habe.

7. Nach einem Ergänzungsverfahren des Bundesfinanzgerichtes brachte der Beschwerdeführer weitere Nachweise, die dem Finanzamt im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurden.

In der Stellungnahme vom führte das Finanzamt aus, dem Beschwerdeführer stehe aufgrund der nunmehr vorliegenden Unterlagen im Jahr 2022 für beide Kinder ein Unterhaltsabsetzbetrag und der ganze Familienbonus Plus für ein Kind zu.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist zur Zahlung von Unterhalt für seine beiden Söhne verpflichtet. Für den minderjährigen ***2*** ***1***, geboren im Februar 2005, wurde dieser bis inklusive September 2022 i.H.v. monatlich € 126,00 und ab Oktober 2022 i.H.v. monatlich € 56,00 sowie für den minderjährigen ***4*** ***5***, geboren im Oktober 2009, i.H.v. monatlich € 325,00 jeweils gerichtlich festgesetzt (siehe Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom zu 3 Pu 2/19 sowie Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom zu 47 Pu 29/21h und Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck - Kinder- und Jugendhilfe vom ).

2. Die beiden Söhne wohnten im Streitzeitraum bei der vom Beschwerdeführer geschiedenen Kindesmutter in deren Haushalt. Sie hat in dieser Zeit für beide Kinder durchgehend Familienbeihilfe bezogen (siehe Abfrage der Datenbank FABIAN der Finanzverwaltung vom ).

3. Der Beschwerdeführer hat im strittigen Zeitraum nachgewiesen, dass er seinen Unterhaltsverpflichtungen für seine beiden Söhne zur Gänze nachgekommen ist (Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck - Kinder- und Jugendhilfe vom ).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

1. Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 in der hier anzuwendenden Fassung steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro…

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

2. Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der auf das Kalenderjahr 2022 anzuwendenden Fassung steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Dabei gilt:

a) Der Unterhaltsabsetzbetrag steht zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird.

b) Leistet ein Steuerpflichtiger für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu.

c) Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird.

e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen.

3. Der Anspruch des Unterhaltsverpflichteten auf den Familienbonus Plus ist an dessen Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag gebunden. Voraussetzung für den Unterhaltsabsetzbetrag ist die Leistung des gesetzlichen Unterhalts für das Kind. Außerdem darf das Kind nicht dem Haushalt (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) des Unterhaltspflichtigen zugehören und es darf weder ihm noch seinem im selben Haushalt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt werden (§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988). Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu. Der Höhe nach steht der (monatliche bemessene) Unterhaltsabsetzbetrag für die Anzahl der Monate zu, für die der Unterhaltsverpflichtung voll entsprochen wurde.

4. Der Beschwerdeführer ist für seine beiden Kinder ***2*** ***1*** und ***4*** ***5*** seiner Unterhaltsverpflichtung in allen Monaten des Jahres 2022 zur Gänze nachgekommen. Daher stehen ihm im Streitjahr für beide Kinder für 12 Monate der Unterhaltsabsetzbetrag und für ***2*** ***1*** der volle Familienbonus Plus zu.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100199.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at