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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.09.2024, RV/4100154/2024

Rückzahlungsantrag nach Erbantrittserklärung durch steuerlich vertretene Erbin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache Verlassenschaft ***Bf1***, vertreten durch ***Erbin***, diese vertreten durch ARTUS Steuerberatung GmbH & Co KG, Wassergasse 3, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und entschieden, dass das zum am Abgabenkonto der Steuernummer ***BF1StNr1*** bestehende Guthaben iHv. € 18.798,-- auf das von der beschwerdeführenden Partei bekanntgegebene Konto IBAN ***111*** lautend auf ***Erbin*** rückzuzahlen ist.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Abweisung des Antrages vom auf Rückzahlung des zum Zeitpunkt des Antrages auf dem Abgabenkonto der Verlassenschaft ***Bf1*** ausgewiesenen Guthabens iHv. € 18.798,-- durch die belangte Behörde rechtmäßig war.

I. Verfahrensgang

Am wurde elektronisch über FinanzOnline ein Rückzahlungsantrag zur Verlassenschaft ***Bf1*** über einen Betrag iHv. € 18.798,-- von ***StB1*** eingebracht.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Rückzahlung mit der Begründung ab, dass kein Einantwortungsbeschluss vorgelegt worden sei. Adressiert war dieser Bescheid an die Verlassenschaft ***Bf1***, z.H. ***StB1***.

Dagegen erhob ***StB1*** am über FinanzOnline für die Verlassenschaft ***Bf1*** Beschwerde und brachte vor, dass mit die Amtsbestätigung zum Nachweis der Vertretungsbefugnis für ***Erbin*** vom vorgelegt worden sei, wonach diese berechtigt sei, die Verlassenschaft iSd § 810 ABGB alleine zu vertreten.

In der am erlassenen Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass dem Finanzamt lediglich ein Beschluss nach § 153 AußStrG vorgelegt worden und eine erneute Verlassenschaftsabhandlung notwendig sei, da die Aktiva durch das Guthaben beim Finanzamt € 5.000 übersteigen.

In dem rechtzeitig am bei der belangten Behörde eingelangten Vorlageantrag wurde vorgebracht, dass ein Verlassenschaftsverfahren bereits anhängig sei und in der Zwischenzeit ***Erbin*** allein vertretungsbefugt im Namen der Verlassenschaft Handlungen setzten und über das Vermögen verfügen könne (§ 810 ABGB). Eine Einantwortung sei dafür nicht notwendig.

Am wurde die Rechtssache dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Die belangte Behörde beantragte die Zurückweisung des Antrages auf Rückzahlung, da der Rückzahlungsantrag nicht im Namen der Erbin von deren Steuerberaterin eingebracht worden sei und somit eine nicht aktivlegitimierte Person den Antrag eingebracht habe.

Replizierend auf den Vorlagebericht führte die beschwerdeführende Partei in ihrem am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Schreiben aus, dass sowohl der Rückzahlungsantrag vom als auch die Beschwerde vom sowie der Vorlageantrag vom als Partei von der "Verlassenschaft nach der am ***tt.mm.jjjj*** verstorbenen ***Bf1***", vertreten durch die erbserklärte Alleinerbin ***Erbin***, diese vertreten durch die Steuerberaterin ***StB1*** bzw. deren Nachfolgerin ARTUS Steuerberatung GmbH & CO KG gestellt worden seien.

Der belangten Behörde wurde dieses Schreiben im Rahmen des Vorhalteverfahrens zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt. Eine Stellungnahme durch die belangte Behörde erfolgte nicht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

***Bf1*** verstarb am ***tt.mm.jjjj***.

Am ***tt.mm.jjjj*** erließ das Bezirksgericht Völkermarkt den Beschluss, dass ***Erbin*** gemäß § 153 AußStrG über das Verlassenschaftsvermögen der ***Bf1*** verfügen kann. Zu diesem Zeitpunkt wies das Finanzamtskonto der Verlassenschaft kein Guthaben auf.

Ab wurde ***Erbin*** von ***StB1*** steuerlich vertreten. ***StB1*** war ab diesem Zeitpunkt auch Zustellungsbevollmächtigte für ***Erbin***.

Am gab ***Erbin*** eine unbedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass der ***Bf1*** ab.

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 legte ***Erbin*** am die Amtsbestätigung zum Nachweis ihrer Vetretungsbefugnis hinsichtlich der Verlassenschaft ***Bf1***, ausgestellt am vom Notar als Gerichtskommisär, der belangten Behörde vor. Dieses Dokument bestätigt, dass ***Erbin*** eine unbedingte Erbserklärung abgegeben hat und sie berechtigt ist, die Verlassenschaft ***Bf1*** im Sinne des § 810 ABGB alleine zu vertreten.

Daraufhin erfolgten am bzw. am Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2017 und 2018 (***Bf1*** z.H. ***StB1***). Aufgrund der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2017 und 2018 sowie einer Einzahlung auf das Finanzamtskonto der Verlassenschaft wies dieses am ein Guthaben iHv. € 18.798,-- aus.

Am reichte ***StB1*** für die Verlassenschaft ***Bf1*** einen Rückzahlungsantrag ein und beantragte die Überweisung auf das Konto lautend auf ***Erbin***.

Seit ist anstelle von ***StB1*** ARTUS Steuerberatung GmbH & Co KG steuerlicher Vertreter und Zustellungsbevollmächtigter für ***Erbin***.

Die Einantwortung der ***Erbin*** ist bis dato nicht rechtskräftig.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen im Zusammenhang mit dem Tod und dem Verlassenschaftsverfahren ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen (Beschluss des BG Völkermarkt vom ***tt.mm.jjjj***, Amtsbestätigung vom ) sowie aufgrund der Auskunft des Bezirksgerichtes Völkermarkt.

Der Zeitpunkt der Übermittlung der Amtsbestätigung vom an die belangte Behörde sowie Feststellungen hinsichtlich der steuerlichen Vertretung und Zustellungsbevöllmächtigung für ***Erbin*** basieren auf der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in die Zentralen Anwendungen des Bundes.

Der Rückzahlungsantrag vom ist aktenkundig.

Die Kontostände des Finanzamtskontos der Verlassenschaft zu den genannten Zeitpunkten ergeben sich unzweifelhaft aus dem Abgabenkonto zur Steuernummer ***BF1StNr1***.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

Beim Abgabepflichtigen iSd § 239 Abs. 1 BAO handelt es sich um denjenigen, auf dessen Namen das betreffende Abgabenkonto lautet. Dieser ist auch zur Stellung eines Antrags auf Rückzahlung berechtigt (; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 239 Anm. 4; -G/12).

Die Verlassenschaft setzt vor der Einantwortung des Erben die Rechte und Pflichten des verstorbenen Steuerpflichtigen fort (§ 531 ABGB).
Aufgrund des Todes von ***Bf1*** am ***tt.mm.jjjj*** ist die Verlassenschaft deren Gesamtrechtsnachfolgerin.

Der ruhende Nachlass bzw. die Verlassenschaft ist eine juristische Person ().
Eine juristische Person kann im Abgabenverfahren nur durch jene Vertreter handeln, die in den §§ 80 ff BAO genannt werden. Unter § 80 Abs. 2 BAO fallen Erben, denen gemäß § 810 ABGB die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft überlassen wurde (Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 80 Rz 8).

Nach § 810 Abs. 1 ABGB hat der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Trifft dies auf mehrere Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes vereinbaren.

Aufgrund der Erbsantrittserklärung vom ist ***Erbin*** ab diesem Zeitpunkt Vertreterin der Verlassenschaft.

Die Erbantrittserklärung von ***Erbin*** und die Amtsbestätigung zum Nachweis der Vertretungsbefugnis lagen der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des streitgegenständlichen Bescheides vor.

Die Abweisung des Rückzahlungsantrages vom erfolgte daher zu Unrecht.

***Erbin*** wurde durch elektronische Bekanntgabe gegenüber der Abgabenbehörde am von ***StB1*** steuerlich vertreten. Zustellungen für ***Erbin*** konnten aufgrund der ebenfalls elektronisch gegenüber der belangten Behörde bekanntgegebenen Zustellvollmacht rechtswirksam an ***StB1*** erfolgen.

Nach § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
***StB1*** war, als Vertreterin von ***Erbin*** und dieses als Vertreterin der Verlassenschaft, daher im Zeitpunkt der Einbringung des Rückzahlungsantrages befugt, Anbringen für die Verlassenschaft ***Bf1*** einzubringen und war eine Zustellung für die Verlassenschaft zu ihren Handen rechtswirksam.

Es liegt daher weder ein Nichtbescheid noch mangelnde Aktivlegitimation vor.

Da das Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei seit ein Guthaben iHv. € 18.798,-- ausweist und ***Erbin*** erbantrittserklärte Erbin ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Judikatur des VwGH.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 810 Abs. 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


-G/12
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100154.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at