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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.09.2024, RV/7103737/2015

Zurückziehung des Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 (Steuernummer ***) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer 2013 wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer durch das Finanzamt Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) mit EUR 1.930,00 festgesetzt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass der Freibetrag wegen Körperbehinderung als außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Freibetrag berücksichtigt und die Einkommensteuer mit EUR 984,00 festgesetzt. Mit Vorlageantrag vom (Anmerkung BFG: ) zog der Beschwerdeführer den Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 zurück. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm ein Fehler passiert sei und er den Freibetragsbescheid für 2013 bei seinem Arbeitgeber hätte nicht abgeben sollen. Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor.

Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, einerseits bekannt zu geben, warum ein Freibetrag iHv EUR 5.073,60 bei der Lohnverrechnung des Arbeitgebers im Jahre 2013 berücksichtigt wurde, obwohl der Freibetragsbescheid einen Betrag in Höhe von EUR 2.793,68 ausweist und andererseits auch Nachweise für die geltend gemachten Aufwendungen zu erbringen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom , und übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesfinanzgericht per E-Mail Bestätigungen für Zahlungen betreffend die Wohnraumschaffung (von ***Wohnbaugenossenschaft***) ua für das Kalenderjahr 2013 iHv EUR 2.980,16, einen Auszug aus der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 mit Hinweis auf geltend gemachte Sonderausgaben (EUR 2.294,74 (455) ***X*** Versicherungen und ***Wohnbaugenossenschaft***, EUR 120,00 (458) Kirchensteuer, EUR 100,00 (451) Spenden), Bestätigungen für die Jahre 2010 und 2017 betreffend die Zahlung von Prämien für eine Insassen-Unfall-, Unfall-, Lebens- und Krankenversicherung sowie betreffend die Zahlung der Lebensversicherung für das Jahr 2012 und 2013. Der Beschwerdeführer verwies darauf, dass die Berücksichtigung des Freibetrages iHv EUR 5.073,60 offensichtlich aufgrund eines Fehlers bei der SVA (nunmehr SVS), als auszahlende Stelle für die Erwerbsunfähigkeitspension, passiert wäre. Die doppelte Veranlagung der Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung iHv EUR 2.280,00 wäre auch von drei Beamtinnen des Finanzamtes bestätigt worden. Schließlich übermittelte der Beschwerdeführer einen SVS-Pflegegeldbescheid und ein Schreiben der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie bzw. des AKH Lungentransplantations-Programms, verwies auf seine chronische fortschreitende für ihn belastende Erkrankung und ersuchte um Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation bei der Urteilbegründung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Jahre 2013 bezog der Beschwerdeführer von seinem Arbeitgeber (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug. Für das Jahr 2013 wurde sowohl ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 als auch ein zusätzlicher Betrag iHv EUR 2.280,00 (entspricht den Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung) bei der Lohnverrechnung des Arbeitgebers des Beschwerdeführers steuermindernd berücksichtigt.

Am beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer durch das Finanzamt Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) mit EUR 1.930,00 festgesetzt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass der Freibetrag wegen Körperbehinderung als außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom durch das Finanzamt Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) wurde der Freibetrag berücksichtigt und die Einkommensteuer mit EUR 984,00 festgesetzt.

Mit Vorlageantrag wurde die Zurücknahme des Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 erklärt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem vorgelegten Akt und den erbrachten Nachweisen und Angaben durch den Beschwerdeführer. Die Nachweise betreffend die Ausgaben zur Wohnraumschaffung (Bestätigungen durch ***Wohnbaugenossenschaft***) für das Jahr 2013 wurden erbracht; die Nachweise betreffend die freiwillige Unfall-, Lebens,- und Krankenversicherung wurden für die Jahre 2010 und 2017 erbracht. Für 2013 wurde eine Bestätigung über Prämienvorschreibungen iHv EUR 574,40 für eine Lebensversicherung übermittelt. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass die jährlichen Prämien dieselben Verträge betreffen. Das Bundesfinanzgericht erkennt die Prämienvorschreibungen betreffend die freiwillige Unfall-, Lebens,- und Krankenversicherung für das Jahr 2013 iHv EUR 2.212,92 daher aufgrund der vorgelegten Unterlagen betreffend 2010 und 2017 als erwiesen an.

Die Feststellungen zu den Einkünften des Beschwerdeführers im Jahr 2013 und die Berücksichtigung des Freibetragsbescheids im Zuge der Lohnverrechnung sind aus dem vorliegenden Lohnzettel ersichtlich. Der Nachweis des Grades der Behinderung, ausgestellt durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Landesstelle Wien, ist aus dem Akt ersichtlich. Der vorliegende Sachverhalt wird seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (tw Stattgabe)

Gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 hat das Finanzamt für die Berücksichtigung bestimmter Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Veranlagungsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen.

Gemäß § 64 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber den auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber ausgewiesenen Freibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu berücksichtigen und die Mitteilung zum Lohnkonto zu nehmen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu veranlagen, wenn ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde.

Der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung kann zurückgenommen werden. Die Zurücknahme des Antrages ist aber nur im Falle des Nichtvorliegens eines Pflichtveranlagungstatbestandes möglich (vgl. Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (20. Lfg 2018) Antragsveranlagung (§ 41 Abs 2 Z 1) Rz 35 ua mit Hinweis auf ).

Da im vorliegenden Fall ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 unbestritten bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde, ist gemäß § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 der Beschwerdeführer verpflichtend zu veranlagen. Der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung kann daher nicht zurückgezogen werden.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Aufgrund des Vorliegens einer Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (belegt durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Landesstelle Wien) war die Berücksichtigung des Freibetrages iHv EUR 2.280 in der Beschwerdevorentscheidung rechtens und ist dem Beschwerdeführer diesbezüglich auch in der vorliegenden Entscheidung stattzugeben.

Gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 94/2010 besteht für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 (insbesondere bestimmte Beiträge und Versicherungsprämien sowie Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung) mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen ein einheitlicher Höchstbetrag von EUR 2.920 jährlich. Sind diese Ausgaben insgesamt gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel).

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Sonderausgaben für das Jahr 2013 betreffen einerseits Versicherungsprämien zur freiwilligen Unfall-, Lebens,- und Krankenversicherung (EUR 2.212,92) geleistet an einen privaten Versicherungsträger und andererseits Rückzahlungen von Darlehen, die zur Schaffung von Wohnraum geleistet wurden (EUR 2.980,16). Da die geltend gemachten Sonderausgaben den Höchstbetrag nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 94/2010 (EUR 2.920) übersteigen, war die Berücksichtigung der Sonderausgaben iHv EUR 730 (Sonderausgabenviertel) in der Beschwerdevorentscheidung rechtens.

In einer E-Mail vom ersuchte der Beschwerdeführer um Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Situation. Es wird darauf hingewiesen, dass bereits die Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung berücksichtigt wurden. Darüber hinaus besteht kein gesetzlicher Grund, der eine Stattgabe der Beschwerde rechtfertigen würde.

Auch der Umstand, dass laut Unterlagen und Vorbingen des Beschwerdeführers die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) irrtümlich nicht nur den Freibetrag laut Freibetragsbescheid iHv EUR 2.793,68, sondern auch den Betrag iHv EUR 2.280,00 (entspricht den Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung) bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt hat, berechtigt keine Stattgabe der Beschwerde. Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu veranlagen, wenn ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde. Im Zuge der Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte besteht weder eine Bindung an den Steuerabzug durch den Arbeitgeber noch eine Bindung an einen Freibetragsbescheid.

Da das Finanzamt Österreich den angefochtenen Bescheid in der Beschwerdevorentscheidung vom abänderte, indem der Freibetrag - wie in der Beschwerde vorgebracht - wegen Körperbehinderung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wurde, wird der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Es war somit hinsichtlich des angefochtenen Bescheides betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da lediglich Tatsachenfragen entscheidungswesentlich waren, wird die Revision nicht zugelassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103737.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at