Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.09.2024, RV/3100062/2024

Abgrenzung eines Bonussystems von der steuerbegünstigten Mitarbeitergewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100062/2024-RS1
Eine "Gewinnbeteiligung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 muss zwar nicht notwendigerweise an den Gewinn oder eine Gewinngröße anknüpfen, aber es ist erforderlich, dass die Größe, an die angeknüpft wird, objektivierbar ist. Eine Anknüpfung an das Ausmaß, in welchem die Ziele des Unternehmens erreicht wurden, erfüllt dieses Kriterium nicht.
RV/3100062/2024-RS2
Wenn die individuelle Leistung der Arbeitnehmer aufgrund von Beurteilungen durch den jeweiligen Vorgesetzten Einfluss auf die Höhe der ausgezahlten Beträge hat, erfolgt dadurch effektiv die Bildung einer neuen "Gruppe von Arbeitnehmern" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 lit. a EStG 1988. Da diese weder nach betriebsbezogenen Merkmalen noch willkürfrei erfolgt, ist sie begünstigungsschädlich.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom bzw. gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom bzw. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 bzw. 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Waltraud Pranger zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im vorliegenden Verfahren ausschließlich, ob das Bonussystem der Arbeitgeberin des Beschwerdeführers (Bf.) gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 steuerlich begünstigt ist oder nicht. Da seine Arbeitgeberin die Ansicht vertritt, dass Zahlungen im Rahmen des Bonussystems nicht steuerlich begünstigt seien, macht der Bf. die Begünstigung im Wege der Beschwerde gegen seine Einkommensteuerbescheide geltend.

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

1.1. Verfahrensgang betreffend 2022

Am reichte der Bf. über FinanzOnline einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 ein. Am erließ die belangte Behörde einen Einkommensteuerbescheid für 2022, mit welchem sie den Bf. antragsgemäß veranlagte. Aufgrund einer nachträglich eingegangenen Spendenmeldung nahm die belangte Behörde das Einkommensteuerverfahren für 2022 mit Wiederaufnahmebescheid vom wieder auf und erließ gleichzeitig den nunmehr angefochtenen neuen Sachbescheid, mit welchem die belangte Behörde auch die nachträglich gemeldeten Spenden als Sonderausgaben berücksichtigte.

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt Österreich eingebracht am , erhob der Bf. rechtzeitig Beschwerde gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für 2022 vom ; diese Beschwerde gilt gemäß § 253 BAO als gegen den neuen Sachbescheid vom gerichtet. Begründend führte er zusammengefasst aus, das Bonussystem seiner Arbeitgeberin stelle eine Mitarbeitergewinnbeteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 dar und erfülle alle gesetzlichen Voraussetzungen sowie die in den Lohnsteuerrichtlinien und der einschlägigen Information des BMF angeführten Kriterien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, wobei sie begründend lediglich ausführte, eine Korrektur des Lohnzettels sei seitens des Dienstgebers vorzunehmen.

Am brachte der Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag ein, in welchem er zusammengefasst ausführte, sein Vorbringen sei inhaltlich überhaupt nicht behandelt worden und eine Korrektur des Lohnzettels durch seine Arbeitgeberin könne nicht Vorbedingung für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen sein, zumal dann in verfassungswidriger Weise effektiv allein seine Arbeitgeberin über die Rechtmäßigkeit der Anwendung einer steuerrechtlichen Begünstigung entscheiden würde.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. nach dahingehender Rechtsbelehrung um Bestätigung, ob sein Anbringen als Vorlageantrag zu verstehen sei, was dieser mit Eingabe vom bejahte. In dieser Eingabe stellte der Bf. auch mehrere Anträge, darunter einen Antrag auf Rechtsbelehrung, einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie einen Beweisantrag auf Einvernahme eines Mitglieds des Betriebsrates seiner Arbeitgeberin als Zeugen.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht führte die Behörde zum Beschwerdevorbringen zusammengefasst aus, beim gegenständlichen Bonussystem der Arbeitgeberin des Bf. würden unternehmensbezogene und individuelle Ziele so vermischt werden, dass zwischen diesen keine deutliche Unterscheidung möglich sei, weshalb es bei gesamthafter Betrachtung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 nicht zugänglich sei. Zudem könne mangels vorgelegter Zahlen nicht beurteilt werden, ob die Summe der Mitarbeitergewinnbeteiligungen im EBIT gedeckt sind.

Am erteilte das Gericht dem Bf. die beantragte Rechtsbelehrung und informierte ihn darüber, dass sein Antrag auf eine mündliche Verhandlung verspätet und somit nicht wirksam gestellt wurde und dass das Gericht beabsichtigt, den Zeugen ohne Anwesenheit der Parteien einzuvernehmen, zu welchem Zwecke der Bf. aufgefordert wurde, konkrete Fragen an den Zeugen bekanntzugeben, was dieser mit Schreiben vom auch tat. Gleichzeitig erstattete er neues Vorbringen und übermittelte Berechnungen, aus welchen hervorgehen soll, dass sich die Bonuszahlungen betraglich in einen auf den Unternehmenserfolg bezogenen und einen auf die individuelle Leistung bezogenen Teilbetrag aufspalten lassen.

1.2. Verfahrensgang betreffend 2023

Am reichte der Bf. über FinanzOnline einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 ein. Am erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenenEinkommensteuerbescheid für 2023, mit welchem sie den Bf. antragsgemäß veranlagte.

Am erhob der Bf. gegen diesen fristgerecht Beschwerde. Darin wiederholte er im Wesentlichen seine Ausführungen aus der Beschwerde betreffend das Jahr 2022. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, wobei sie auf den Vorlagebericht betreffend das Jahr 2022 verwies und das darin enthaltene Vorbringen der Behörde weitgehend wiederholte.

In seinem rechtzeitigen Vorlageantrag vom verwies der Bf. im Wesentlichen auf seine beim Gericht eingebrachten Schreiben vom . In diesem Vorlageantrag wiederholte er seine Anträge auf Rechtsbelehrung, Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie seinen Antrag auf Einvernahme eines Mitglieds des Betriebsrates seiner Arbeitgeberin als Zeugen.

Am legte die belangte Behörde auch diese Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei sie begründend auf ihren Vorlagebericht zum Vorjahr verwies.

1.3. Mündliche Verhandlung

Mit Ladung vom lud das Gericht die Parteien sowie den vom Bf. beantragten Zeugen zur mündlichen Verhandlung am . Nach einer Vertagungsbitte des Bf. wurde die Verhandlung im Einvernehmen mit allen Beteiligten auf den verschoben.

Während der Verhandlung brachte die belangte Behörde ergänzend vor, es sei begünstigungsschädlich, wenn der Bonus innerhalb der einzelnen Klassen noch nach der individuellen Leistung differenziert würde, da diesbezüglich keine Gruppenbildung nach objektiven Gesichtspunkten vorliege.

Der Richter hielt dem Bf. während der Verhandlung seine Bedenken vor, nämlich sowohl hinsichtlich des Abstellens auf die Unternehmensziele statt der "harten" betriebswirtschaftlichen Kennzahlen selbst sowie hinsichtlich der vom Bf. vorgelegten Berechnungen, mit welchen die Trennbarkeit des Bonusbetrags in einen auf den Unternehmenserfolg bezogenen und einen auf die individuelle Leistung bezogenen Teilbetrag dargetan werden sollte.

Der Bf. brachte seinerseits ergänzend vor, dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass individuelle Faktoren begünstigungsschädlich seien; ferner sei es eine bloße, unbegründete Behauptung seiner Arbeitgeberin, dass im vorliegenden System Unternehmenserfolg und individuelle Leistung untrennbar miteinander vermischt würden, welche die belangte Behörde wiederum begründungslos übernommen hätte; selbst laut der belangten Behörde sei der Faktor für den Unternehmenserfolg der Steuerbefreiung zugänglich; es sei auch nicht begünstigungsschädlich, den Unternehmenserfolg an den vom Unternehmen selbst gesetzten Zielen zu messen, da unter einer Gewinnbeteiligung eine Beteiligung am Unternehmenserfolg gemäß der eigenen Wahrnehmung des Unternehmens zu verstehen sei; es sei unschädlich, dass bei der Bonushöhe nach der individuellen Leistung differenziert wird, zumal den Lohnsteuerrichtlinien zu entnehmen sei, dass die Steuerbefreiung nicht gänzlich, sondern nur "insoweit" ausgeschlossen sei, als eine Differenzierung ohne sachliche Begründung erfolge; schließlich sei gezeigt worden, dass die Voraussetzungen der lit. a bis d der gegenständlichen Befreiungsbestimmung erfüllt sind.

Im Zuge der Verhandlung wurde ***Zeuge***, Mitglied des Betriebsrats der ***Arbeitgeberin***, wie vom Bf. beantragt als Zeuge einvernommen.

2. Sachverhalt

2.1. Allgemeines zum gegenständlichen Bonussystem

Der Bf. ist seit 2002 Angestellter der ***Arbeitgeberin*** mit Sitz in ***Sitz***. Die Arbeitgeberin des Bf. hat auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung mit dem Konzernbetriebsrat mit Wirksamkeit vom ein Bonussystem namens "***Name***" eingeführt, dem alle Arbeitnehmer der ***Arbeitgeberin*** - und somit auch der Bf. - unterliegen. Die Arbeitgeberin behandelte die auf Grundlage dieses Systems an den Bf. ausbezahlten Beträge beim Lohnsteuerabzug zur Gänze als steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Unter dem gegenständlichen Bonussystem werden in Abhängigkeit des Unternehmenserfolges des Konzerns sowie der individuellen Leistung des einzelnen Arbeitnehmers Bonuszahlungen an die Arbeitnehmer geleistet. Die Auszahlung der Boni, die auf dem Erfolg des jeweils vorangegangenen Jahres basieren, erfolgt zu ³⁄₁₂ mit dem Gehalt für März und zu ¹⁄₁₂ in jedem Monat von April bis Dezember. Aufgrund der Anknüpfung an den Vorjahreserfolg werden in jenem Kalenderjahr, in welchem ein Arbeitnehmer neu in das Unternehmen eintritt, noch keine Bonuszahlungen geleistet.

Die Höhe der insgesamt von der Arbeitgeberin des Bf. ausgezahlten Boni übersteigt weder im Jahr 2022 noch im Jahr 2023 das Konzern-EBIT des jeweiligen Vorjahres. Die Zahlungen erfolgen nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift und auch nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung (keine Gehaltsumwandlung).

Die Höhe des Bonus für den einzelnen Mitarbeiter wird nach folgender Formel berechnet:

Bonus (Jahresbetrag) = BJG x APF x UEF x ILF

"BJG" ist das Bruttojahresgehalt des jeweiligen Arbeitnehmers, "APF" ein Faktor, der von der Wertigkeit seines Arbeitsplatzes abhängt, "UEF" der Faktor für den Unternehmenserfolg des Konzerns und "ILF" der Faktor für die individuelle Leistung des jeweiligen Arbeitnehmers. Außerdem - gleichwohl im gegenständlichen Fall nicht von Relevanz - wird der Bonus auch nach Beschäftigungsgrad und Dauer des Dienstverhältnisses im jeweiligen Betrachtungsjahr aliquotiert.

2.2. Bemessungsgrundlage: "BJG"

BJG ist das Bruttojahresgehalt des jeweiligen Arbeitnehmers, welches in dieser Berechnung die Bemessungsgrundlage des Bonus darstellt und in weiterer Folge mit den drei Faktoren APF, UEF und ILF multipliziert wird, um den Bonusbetrag zu ermitteln. Hierbei wird nicht das tatsächliche Bruttojahresgehalt des vorherigen Kalenderjahres herangezogen, sondern ein fiktives Bruttojahresgehalt, welches durch Hochrechnung vom Bruttogehalt des Monats Dezember des Vorjahres (Multiplikation mit 14) ermittelt wird.

Im vorliegenden Fall betrug der Wert BJG
…für das Jahr 2022: 7.130,41 € (Bruttogehalt Dezember 2021) x 14 = 99.825,74 €
…für das Jahr 2023: 7.469,10 € (Bruttogehalt Dezember 2022) x 14 = 104.567,40 €

2.3. Arbeitsplatzbezogener Faktor: "APF"

Der Faktor APF (Arbeitsplatzfaktor) wird betriebsintern anhand des Aufgabenspektrums des jeweiligen Arbeitnehmers festgelegt und richtet sich nach der personal- oder geschäftsstrategischen Verantwortung. Dabei ist jeder Arbeitsplatz fix einer bestimmten Klasse zugeordnet. Nach der gegenständlichen Konzernbetriebsvereinbarung kann der Faktor APF 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 % "oder höher" betragen.

Der Faktor APF beträgt für den Bf. in beiden Streitjahren 15 %.

Die absolute Mehrheit der Arbeitnehmer (insbesondere aufgrund der Arbeiter) fällt in die niedrigste Klasse mit einem Faktor APF von 3 %. Im Allgemeinen gehören der nächsthöheren Klasse weniger Mitarbeiter an als der jeweils darunterliegenden. Bei weniger als 1 % der Arbeitnehmer beträgt der Faktor APF mehr als 20 %.

2.4. Faktor für Konzernerfolg: "UEF"

Der Faktor UEF (Unternehmenserfolgsfaktor) hängt davon ab, in welchem Ausmaß im Vorjahr die globalen Konzernziele hinsichtlich der folgenden betriebswirtschaftlichen Kennzahlen erreicht wurden, wobei diese alle gleich gewichtet werden:

  • Net sales (Nettoumsatz des Konzerns)

  • Core operating income (Gewinn aus der betrieblichen Kerntätigkeit des Konzerns)

  • Free cash flow (frei verfügbare liquide Mittel)

  • Core operating margin (Core operating income in % des Nettoumsatzes des Konzerns)

Der Faktor UEF wird von der ausländischen Konzernleitung konzernweit einheitlich festgesetzt und kann mindestens 0 % und höchstens 150 % betragen.

[...]

Im vorliegenden Fall betrug der Faktor UEF…
…für das Jahr 2022, basierend auf den Kennzahlen des Jahres 2021: 102 %
…für das Jahr 2023, basierend auf den Kennzahlen des Jahres 2022: 105 %

Die relevanten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Jahre 2021 und 2022 betrugen:

[...]

Bei gleicher Gewichtung dieser Kennzahlen ergibt sich von 2021 auf 2022 eine durchschnittliche Veränderung (Verschlechterung) dieser Kennzahlen um -2,64 %, während der Faktor UEF im selben Zeitraum um 2,86 % gestiegen ist. Dies ist Ausfluss des Umstandes, dass der Faktor UEF nicht unmittelbar auf diesen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, sondern auf dem Ausmaß der Erreichung der Konzernziele beruht.

2.5. Faktor für individuelle Leistung: "ILF"

Der Faktor ILF (individueller Leistungsfaktor) hängt von der persönlichen Leistung des einzelnen Mitarbeiters im Vorjahr ab. Die persönliche Leistung wird vom unmittelbaren Vorgesetzten des jeweiligen Mitarbeiters anhand der individuell vereinbarten Ziele sowie der Compliance des Mitarbeiters mit den Werten und Verhaltensweisen des Konzerns beurteilt. Im Normalfall beträgt er 100 %. Bei außerordentlich guten Leistungen kann ein Wert von 120 % bis 140 % zur Anwendung gelangen. Bei nicht zufriedenstellender Leistung des Arbeitnehmers kann unter Einbindung des Betriebsrats ein Wert von 80 %, 50 % oder sogar 0 % zur Anwendung gelangen.

Der Faktor ILF betrug für den Bf. in beiden Streitjahren 100 %.

Zumindest für rund ¾ der Mitarbeiter beträgt der Faktor ILF 100 %. Werte unter 100 % sind sehr selten und stellen Ausnahmefälle dar. Sie kommen insbesondere bei Arbeitnehmern zur Anwendung, die schwere Verfehlungen begangen haben oder von denen sich die Arbeitgeberin aus anderen Gründen trennen möchte. Das bloße Nichterreichen der individuellen Ziele rechtfertigt in der Regel nicht den Ansatz eines Faktors ILF von weniger als 100 %. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Mitarbeiter, deren Faktor ILF 100 % übersteigt, beträgt er 120 %, was nach der Betriebsvereinbarung das Mindestausmaß für einen erhöhten Faktor ILF darstellt.

3. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum gegenständlichen Bonussystem und den einzelnen Faktoren ergeben sich unmittelbar aus der Konzernbetriebsvereinbarung "***Name***", in welcher das System detailliert beschrieben ist. Das System wurde in der mündlichen Verhandlung eingehend besprochen, wobei sowohl der Bf. als auch das Betriebsratsmitglied ***Zeuge*** übereinstimmend die Richtigkeit der vom Richter vorgetragenen diesbezüglichen Feststellungen bestätigten.

Vereinzelt weicht die Darstellung des Gerichts im vorliegenden Erkenntnis aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit von den Darstellungen des Bf. oder dem Wortlaut der Konzernvereinbarung ab, nämlich insbesondere hinsichtlich der Bezeichnung der Faktoren sowie der Frage, ob die Reduktion bei individuellen Minderleistungen (0 %, 50 % oder 80 %) auf den Faktor ILF oder stattdessen auf den Faktor APF anzuwenden ist (was stets zum selben Endergebnis führt). Die vom Gericht gewählte Darstellung ist aber in jeder Hinsicht sowohl zur Darstellung des Bf. als auch zur Darstellung in der Betriebsvereinbarung mathematisch äquivalent, was sowohl die Parteien als auch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung bestätigten.

Die festgestellten Bruttojahresgehälter des Bf. (Bemessungsgrundlagen für die Bonusberechnung) ergeben sich aus den von seiner Arbeitgeberin vorgelegten Jahreslohnkonten des Bf., welche auch mit den von ihm vorgelegten Berechnungsblättern übereinstimmen.

Die festgestellten relevanten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Jahre 2021 und 2022 hat das Gericht den öffentlichen Konzernabschlüssen der ***Konzernmutter*** für diese Jahre entnommen.

Die festgestellte Verteilung der Faktoren APF und ILF unter allen Mitarbeitern der ***Arbeitgeberin*** basiert auf einer anonymisierten Liste aller Mitarbeiter, welche die Arbeitgeberin des Bf. dem Gericht in Erfüllung eines Ermittlungsauftrags an das für die Arbeitgeberin zuständige Finanzamt für Großbetriebe vorlegte. Der Zeuge erhob Einwendungen gegen die Richtigkeit der aufgrund dieser Tabelle vom Richter erstellten Auswertung, da ihm die Anzahl der Arbeitnehmer mit einem Faktor ILF von 0 % nach dieser Auswertung viel zu hoch erschien (12,9 % aller Mitarbeiter, obwohl es sich nach der glaubwürdigen Aussage des Zeugen, der als Betriebsrat notwendigerweise über einschlägiges Wissen verfügt, um absolute Einzelfälle handelt). Er hatte jedoch keine Bedenken gegen die Richtigkeit der übrigen Daten. Demzufolge wurde der zunächst ermittelte Anteil von Mitarbeitern mit einem Faktor ILF von 0 % vom Gericht außer Acht gelassen, woraus sich die zahlenmäßigen Feststellungen im letzten Absatz von Abschnitt 2.5. dieses Erkenntnisses ergeben. Ein ähnliches, aber weniger gravierendes Problem existierte auch in der ursprünglichen Auswertung der APF-Werte (wonach 4,1 % aller Mitarbeiter einen Faktor APF von 0 % hätten, was sowohl nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung als auch nach der glaubwürdigen Aussage des Zeugen unmöglich ist). Auch hier bestätigte der Zeuge ausdrücklich die Plausibilität der übrigen Werte, auf welche sich die Feststellungen im letzten Absatz von Abschnitt 2.3. dieses Erkenntnisses stützen.

Im Übrigen war der Sachverhalt zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt strittig, weshalb das Gericht diesen bedenkenlos seiner Entscheidung zugrunde legen konnte.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Rechtslage und Vorbemerkungen

§ 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 lautet:

"Von der Einkommensteuer sind befreit:

Gewinnbeteiligungen des Arbeitgebers an aktive Arbeitnehmer bis zu 3 000 Euro im Kalenderjahr. […] Für die Steuerfreiheit gilt:

a)Die Gewinnbeteiligung muss allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden.

b)Insoweit die Summe der jährlich gewährten Gewinnbeteiligung das unternehmensrechtliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre übersteigt, besteht keine Steuerfreiheit. Abweichend davon gilt:

  • […]

  • Gehört das Unternehmen des Arbeitgebers zu einem Konzern, kann alternativ bei sämtlichen Unternehmen des Konzerns auf das EBIT des Konzerns abgestellt werden.

  • […]

c)Die Zahlung erfolgt nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6.

d)Die Gewinnbeteiligung darf nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden."

Nach den Feststellungen sind die in den lit. a bis d angeführten Kriterien erfüllt. Ferner war der Bf. sowohl im Zeitpunkt des Zuflusses der Bonuszahlungen als auch in den Zeiträumen (Vorjahren), auf die sich diese Zahlungen beziehen, ein aktiver Arbeitnehmer der ***Arbeitgeberin***, welche die Boni ausgezahlt hat. Die ausgezahlten Boni überstiegen den Freibetrag von 3.000 €, weshalb höchstens dieser zustünde.

Näherer Auseinandersetzung bedarf es allerdings mit dem unbestimmten Gesetzesbegriff der "Gewinnbeteiligung".

4.2. Zum Begriff der Gewinnbeteiligung

Höchstgerichtliche Judikatur zum Begriff der Gewinnbeteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 liegt bislang nicht vor. Die Literaturmeinungen zum Begriffsinhalt gehen weit auseinander.

Nach engem Verständnis des Wortlauts setzt der Begriff der "Gewinnbeteiligung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 voraus, dass die Höhe der Zahlung an den Gewinn oder zumindest eine Gewinngröße anknüpft (Vondrak, ecolex 2022, 12; Bernhofer/Leitsmüller, ÖStZ 2021, 677).

Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1293 BlgNR 27. GP, 4) soll es auch möglich sein, an andere objektivierbare Erfolgsgrößen wie zB Umsatz, Deckungsbeitrag oder Betriebsergebnis anzuknüpfen. Dies ist auch das Begriffsverständnis der Finanzverwaltung (LStR 2002 Rz 112ea; Mayr, RdW 2021, 868).

Manche Autoren (zB Shubshizky, SWK 2022, 542) vertreten ein besonders weites Begriffsverständnis, nach welchem es überhaupt keiner Anknüpfung an eine konkrete Erfolgsgröße bedürfe. Folgt man einem weiten Begriffsverständnis, kämen auch Prämienmodelle aller Art in den Genuss der Steuerbegünstigung (vgl. Zwick-Pevny/Daxkobler in Hofstätter/Reichel, EStG, § 3 Rz 35d).

Das Gericht hegt keine Bedenken gegen das Abstellen auf Konzernkennzahlen anstelle von Kennzahlen des einzelnen Konzernmitglieds, zumal lit. b leg cit dies - wenn auch nur in Bezug auf die Beschränkung des Gesamtbetrags der ausbezahlten Beträge - ebenfalls erlaubt (vgl. auch Hirschler/Zwick-Pevny, RwSt 2002, 3 [17]).

Das besonders weite Begriffsverständnis, wonach es überhaupt keiner Anknüpfung an eine konkrete Erfolgsgröße bedürfe, wird vom erkennenden Gericht nicht geteilt. Ein derart weites Begriffsverständnis würde - wie erwähnt - dazu führen, dass Prämienmodelle aller Art in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fielen. Dies hat der Gesetzgeber offenkundig nicht beabsichtigt, da er von verhältnismäßig geringen budgetären Folgen der Einführung dieser Steuerbefreiung ausging. Bernhofer/Leitsmüller (ÖStZ 2021, 677) führen diesbezüglich aus, das BMF hätte Kosten in Höhe von ca. 100 Millionen Euro (für das Jahr 2024) geschätzt, was nach den Autoren naheläge, dass derzeit weniger als 150.000 Arbeitnehmer bzw. 3 % der österreichischen Beschäftigten die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können. In der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 Teil I, mit welchem die gegenständliche Bestimmung eingeführt wurde, geht das BMF davon aus, dass im Jahr 2026 bis zu 300.000 Arbeitnehmer von der Steuerbefreiung profitieren werden (1293 BlgNR 27. GP, Vorblatt/WFA, 6). Dies deutet nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber Prämienmodelle aller Art begünstigen wollte, da diesfalls nach Ansicht des Gerichts mehr Personen in den Anwendungsbereich der Bestimmung fallen würden und die budgetären Folgen entsprechend schwerwiegender wären. Auch der vom Gesetzgeber gewählte spezifische Begriff "Gewinnbeteiligung" spricht nicht dafür, Prämienmodelle alle Art unter diese Begünstigung zu subsumieren. Insbesondere die Subsumtion von Leistungsbelohnungen unter § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 würde nach Ansicht des Gerichts auch verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, da Leistungsbelohnungen im Bereich nicht auf Gewinn gerichteter Organisationen oder etwa im öffentlichen Dienst von vornherein von dieser Steuerbefreiung ausgeschlossen wären und somit eine Ungleichbehandlung entstünde, für die keine offensichtliche sachliche Rechtfertigung vorläge.

Vielmehr folgt das Gericht dem Mittelweg, der auch in den Erläuternden Bemerkungen vorgezeichnet wurde: Demnach ist es nach Ansicht des Gerichts zwar nicht unbedingt erforderlich, dass die Höhe der Zahlung unmittelbar an den Gewinn oder eine Gewinngröße anknüpft, aber es ist unabdingbar, dass die Größe, an die angeknüpft wird, objektivierbar ist.

4.3. Der Faktor UEF ist nicht als Basisgröße für eine Gewinnbeteiligung geeignet

Objektivierbar in diesem Sinne sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie auch diejenigen, von denen der Faktor UEF abhängt (Nettoumsatz, core operating income, free cash flow, core operating margin).

Der UEF-Wert selbst ist allerdings nicht objektivierbar. Er knüpft nämlich nicht unmittelbar an die genannten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen an, sondern wird von einem Leitungsgremium auf Grundlage eines Vergleichs dieser Kennzahlen mit vorher definierten Zielen festgesetzt. Die Konzernleitung hat bei der Ausgabe der Ziele einen gewissen Spielraum und auch bei der späteren Festsetzung eines konkreten UEF-Wertes durch ein Gremium wird ebenfalls stets ein gewisser Spielraum bestehen. Damit wird allerdings sowohl mit der Festlegung der Konzernziele als auch mit der Festsetzung eines konkreten UEF-Wertes der Zusammenhang zwischen den genannten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und dem UEF-Wert durchbrochen.

Da der UEF-Wert als solcher nicht objektivierbar ist, kann er nach Ansicht des Gerichts nicht als Grundlage für eine Gewinnbeteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 dienen.

4.4. Berücksichtigung individueller Leistungen - keine sachliche Gruppenbildung

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 lit. a EStG 1988 muss eine Gewinnbeteiligung im Sinne dieser Bestimmung "allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern" gewährt werden. Unstrittig ist, dass das gegenständliche System auf alle Arbeitnehmer der ***Arbeitgeberin*** Anwendung findet und dem Wortlaut der Bestimmung somit jedenfalls entspricht.

Ähnliche Bestimmungen finden sich auch bei anderen in § 3 Abs. 1 EStG 1988 angeführten Steuerbefreiungen wieder, nämlich in Z 13, 15, 16b und 21, weshalb die zu diesen Bestimmungen ergangene Judikatur auch im Kontext des § 3 Abs. 1 Z 35 lit. a EStG 1988 zu beachten ist.

Durch die Zuordnung eines jeden einzelnen Arbeitsplatzes zu einer bestimmten Klasse (mit dem Faktor APF) hat die Arbeitgeberin des Bf. effektiv mehrere Gruppen von Arbeitnehmern geschaffen, die alle in unterschiedlichem Ausmaß am gegenständlichen Bonussystem partizipieren. Diese Art der Gruppenbildung anhand der personal- oder geschäftsstrategischen Verantwortung des jeweiligen Arbeitsplatzes wird als zulässig erachtet (vgl. ).

Indem die Arbeitgeberin bei der Bonushöhe allerdings auch noch den Faktor ILF und somit die individuelle Leistung jedes einzelnen Arbeitnehmers berücksichtigt, unterteilt sie die Gruppen von Arbeitnehmern, welche jeweils denselben Faktor APF haben, effektiv in weitere Untergruppen. Für jegliche Gruppenbildung ist nach der Judikatur grundsätzlich Voraussetzung, dass diese nach betriebsbezogenen Merkmalen und ohne Willkür erfolgt (vgl. ).

Der VwGH hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob die Berücksichtigung der individuellen Leistung bei der Gruppenbildung zulässig ist. In seiner Entscheidung vom , 2013/13/0069, geht er nicht näher darauf ein, wenngleich er ausdrücklich festhält, dass in diesem Fall die individuelle Leistung des Arbeitnehmers nicht in die Gruppenbildung eingeflossen ist, was zumindest dafürspricht, dass der VwGH diesem Umstand eine gewisse Bedeutung beimisst.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts erfolgt durch die Einbeziehung des Faktors ILF eine Gruppenbildung, die weder nach betriebsbezogenen Merkmalen (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 3 Tz 109) noch willkürfrei erfolgt, da die Höhe des Faktors ILF letztlich von einer subjektiven Beurteilung durch den Vorgesetzten des jeweiligen Mitarbeiters abhängt. Sie ist daher begünstigungsschädlich.

Da die relevante Rechtsfrage die Zulässigkeit der Art und Weise der Gruppenbildung und somit nicht die individuelle Berechnung des Bonus für den Bf., sondern das ganze System betrifft, ist es ohne Bedeutung, dass der Faktor ILF des Bf. in beiden Streitjahren 100 % betrug und somit in seinem Fall mathematisch gar keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hatte.

4.5. Trennung der Beiträge der Faktoren UEF und ILF zum Gesamtbonus unmöglich

Die Ausführungen in Abschnitt 4.4. dieses Erkenntnisses wären nach Ansicht des Gerichts irrelevant, wenn man - wie der Bf. behauptet - die ausbezahlten Boni klar in zwei Teile trennen könnte, von denen einer auf den Faktor UEF und der andere auf den Faktor ILF entfällt. Der auf den Faktor UEF entfallende Teil wäre in diesem Fall von der individuellen Leistung unabhängig und damit der Steuerbegünstigung grundsätzlich zugänglich (wenn man entgegen der Ansicht des Gerichts davon ausginge, dass der Faktor UEF als Basisgröße für eine Gewinnbeteiligung herangezogen werden kann).

Der Bf. hat dem Gericht diesbezüglich folgende Berechnung für die UEF-Werte 90 %, 100 % und 110 % sowie die ILF-Werte 100 %, 120 % und 80 % übermittelt. In der Berechnung ging er von einem beispielhaften Bruttojahresgehalt von 50.000 € sowie einem Faktor APF von 10 % aus. Das Gericht hat sie nach dem System des Bf. um die ILF-Werte 50 % und 0 % ergänzt:

Der Bf. geht erkennbar davon aus, dass bei einem Faktor ILF von 100 % der gesamte Bonus auf den Faktor UEF entfällt und bei einer Änderung des Faktors ILF die daraus resultierende Änderung des Gesamtbonus allein auf den Faktor ILF zurückzuführen ist.

Diese Berechnungsmethode erweist sich als willkürlich gewählt. Bei der Multiplikation ist die Reihenfolge bekanntlich gleichgültig und die Faktoren haben alle dasselbe Gewicht. Demnach könnte man aus mathematischer Sicht mit derselben Berechtigung die Annahme treffen, dass stattdessen bei einem Faktor UEF von 100 % der gesamte Bonus auf den Faktor ILF entfällt und bei einer Änderung des Faktors UEF die daraus resultierende Änderung des Gesamtbonus allein auf den Faktor UEF zurückzuführen ist. Diese Umkehrung führt zu einer völlig anderen Aufteilung der Anteile:

Die vom Bf. gewählte Berechnungsmethode ist darüber hinaus sachlich verfehlt, da ihr die Annahme zugrunde liegt, dass bei einem Faktor ILF von 100 % kein Anteil des Bonusbetrags auf die individuelle Leistung des Bf. entfällt. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da auch im Falle eines Faktors ILF von 100 % eine Leistungsbewertung des Bf. vorgenommen wurde, die zum Ausdruck bringt, dass der Bf. im Vorjahr eine durchschnittliche bzw. zumindest nicht stark unterdurchschnittliche Leistung erbracht hat, für die der Bf. von seiner Arbeitgeberin auch entsprechend (aber eben nicht überdurchschnittlich) honoriert werden soll.

Eine klare Trennung des Gesamtbonus in einen Anteil, der auf den Faktor UEF entfällt, und einen Anteil, der auf den Faktor ILF entfällt, ist schlussendlich nicht möglich, da bei einer Multiplikation jeder einzelne Faktor Einfluss auf das Gesamtergebnis hat und auch den Beitrag aller anderen Faktoren verändert. Da somit kein betragsmäßiger Anteil ermittelt werden kann, der (ausschließlich) auf den Faktor UEF entfällt, hat die Begünstigungsschädlichkeit des Faktors ILF (siehe Abschnitt 4.4. dieses Erkenntnisses) letztendlich die Begünstigungsschädlichkeit des gesamten Bonussystems zur Folge.

4.6. Zusammenfassung

Zusammengefasst ist das erkennende Gericht der Ansicht, dass das gegenständliche Bonussystem "***Name***" keine Gewinnbeteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 darstellt, weil die Bonushöhe nicht von einer objektivierbaren Gewinn- oder Erfolgsgröße, sondern einem vom Konzern - wenngleich innerhalb gewisser Grenzen - willkürlich festgelegten Wert abhängt. Da schon das Tatbestandsmerkmal der "Gewinnbeteiligung" nicht vorliegt, kommt es überhaupt nicht darauf an, ob die Kriterien lit. a bis d leg cit erfüllt sind.

Die Begründung in den Abschnitten 4.4. und 4.5. dieses Erkenntnisses stellt lediglich eine Alternativbegründung zur nach Ansicht des Gerichts bereits allein tragfähigen Begründung in Abschnitt 4.3. dieses Erkenntnisses dar, die zum selben Ergebnis führen würde. Nach dieser Alternativbegründung erfolgt durch die Berücksichtigung des Faktors ILF eine nicht sachlich gerechtfertigte Gruppenbildung, die zur Versagung der Steuerfreiheit führt. Da sich die Beiträge der Faktoren UEF und ILF zum Gesamtbonus mathematisch nicht klar trennen lassen, besteht auch keine Möglichkeit, nur den auf den Faktor UEF entfallenden Anteil des Gesamtbonus der Steuerbegünstigung zu unterziehen.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.7. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zu § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988, insbesondere zum unbestimmten Gesetzesbegriff der Gewinnbeteiligung, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiert, war die Revision zuzulassen.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100062.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at