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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2024, RV/6100107/2021

Familienbonus Plus, Unterhaltsabsetzbetrag, Indexierung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Ewald Ullmann, Erzabt-Klotzstraße 8/1, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 des Finanzamtes Österreich vom zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind als Beilage angeschlossenen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Österreich (FA) die Einkommensteuer für 2019 veranlagt und ist dabei von der Erklärung der beschwerdeführenden Partei (bP) zur ArbeitnehmerInnenveranlagung abgewichen.

Mit Schriftsatz vom hat die bP Beschwerde gegen den og Bescheid erhoben.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens hat das FA mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid abgeändert.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt (Vorlageantrag).

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP eine Vorlageerinnerung gem § 264 Abs 6 BAO eingebracht.

Am hat das FA einen Vorlagebericht samt Unterlagen elektronisch dem Bundesfinanzgericht übermittelt.

Mit E-Mail vom hat die bP Bankbelege als Nachweis für die tatsächliche Leistung des Unterhalts für seine beiden Töchter dem Bundesfinanzgericht übermittelt.

Mit Schreiben vom bescheinigt die Familienkasse Bayern Süd für den Streitzeitraum den Anspruch der geschiedenen Ehegattin der bP auf deutsches Kindergeld für die beiden gemeinsamen Töchter.

Mit E-Mail vom hat die bP zwei Jahreszeugnisse der Berufsschule München (Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin) betreffend der älteren, am ***GebDat1*** geborenen Tocher (T1) übermittelt.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die bP war 2019 durchgehend in Österreich wohnhaft, erzielte vom 1.1. bis zum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und war 2019 aufgrund von Dienstverhältnissen durchgehend nach dem ASVG sozialversichert.

Seine geschiedene Ehegattin war im Streitzeitraum mit den beiden gemeinsamen Kindern, geboren am ***GebDat1*** (T1) bzw am ***GebDat2*** (T2), in Deutschland wohnhaft. Die Kindesmutter bezog im Streitzeitraum für beide Kinder durchgehend deutsches Kindergeld.

T1 befand sich im Streitzeitraum in einer Berufsausbildung zur technisch-pharmazeutischen Assistentin.

Die bP hat im Streitzeitraum die vereinbarten Alimente für beide Kinder in Höhe von € 550,00 monatlich an die Kindesmutter geleistet.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, der dagegen erhobenen Beschwerde, der Beschwerdevorentscheidung, dem Vorlageantrag und der Vorlageerinnerung sowie zwei Vorhalteverfahren des FA.

Darüber hinaus übermittelte die bP am Bankbelege, aus denen ersichtlich ist, dass die monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von € 550,00 tatsächlich an die Kindesmutter geleistet worden sind.

Auf Ersuchen des BFG hat die Familienkasse Bayern Süd mit Schreiben vom bestätigt, dass die geschiedene Ehegattin der bP im Streitzeitraum Kindergeld für die gemeinsamen Kinder bezogen hat.

Aus den von der bP am übermittelten Zeugnissen ergibt sich, dass sich T1 im Streitzeitraum ganzjährig in einer beruflichen Ausbildung befunden hat.

3. Rechtliche Beurteilung

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob der bP der Familienbonus Plus sowie der Unterhaltsabsetzbetrag für die beiden bei der Kindesmutter in Deutschland lebenden Töchter zusteht.

Gemäß § 33 Abs 3a EStG 1988 steht der Familienbonus Plus auf Antrag für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder […] aufhält.

Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 zusteht, ist der Familienbonus Plus in der Veranlagung beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht […] zu berücksichtigen […] (§ 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG 1988).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht der Familienbonus Plus nicht nur zu, wenn die Familienbeihilfe bzw eine Ausgleichszahlung iSd § 4 Abs 2 FLAG 1967 beantragt und gewährt wurde, sondern auch ohne einen solchen Antrag, wenn der Familienbeihilfen- bzw Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zusteht ().

Der Unterhaltsabsetzbetrag für die minderjährige Tochter T2 wurde der bP vom FA zuerkannt und sind dem Gericht keine entgegenstehenden Gründe bekannt. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes steht fest, dass die bP dem Grunde nach einen Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Die Kindesmutter hat für T2 eine vergleichbare deutsche Leistung (Kindergeld) bezogen und keinen Antrag auf Familienbonus Plus gestellt. Daraus folgt, dass der bP der Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag für seine minderjährige Tochter T2 zustehen.

Die volljährige Tochter T1 hat sich im Streitzeitraum in einer Berufsausbildung befunden. Auch für T1 hat die Kindesmutter deutsches Kindergeld bezogen und keinen Antrag auf Familienbeihilfe Plus gestellt. Der Nachweis für die Leistung des Unterhalts wurde im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht erbracht. Daraus folgt, dass der bP der Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag auch für seine volljährige Tochter T1 zustehen.

Indexierung Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom , C-328/20, Kommission/Österreich ausgesprochen, dass Art 67 VO 883/2004 dahin auszulegen ist, dass die Familienleistungen, die ein Mitgliedstaat Erwerbstätigen gewährt, deren Familienangehörige in diesem Mitgliedstaat wohnen, exakt jenen entsprechen müssen, die er Erwerbstätigen gewährt, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Kaufkraftunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen im Hinblick auf diese Bestimmung nicht, dass ein Mitgliedstaat dieser zweiten Personengruppe Leistungen in anderer Höhe gewährt als der ersten Personengruppe (Rn 47). Die Mitgliedstaaten dürfen gemäß dieser Verordnung die Familienleistungen nicht nach Maßgabe des Wohnstaats der Kinder des Begünstigten anpassen (Rn 51 aE).

In Folge dieses Urteiles erfolgte mit BGBl I Nr 135/2022 vom eine Änderung des § 33 EStG 1988. Die Bestimmungen des § 33 Abs 3a Z 2 und Z 5 sowie Abs 4 Z 4 und Z 5 EStG 1988 (Indexierung der Absetzbeträge) sind entfallen. Für Kinder, die sich in […] Deutschland […] aufhalten, ist die Änderung erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 anzuwenden (§ 124b Z 410 lit a EStG 1988).

Aufgrund dieser gesetzlichen Änderung sind die streitgegenständlichen Absetzbeträge bei der Ermittlung der Einkommensteuer für 2019 ohne Indexierung zu berücksichtigen:
- Familienbonus Plus für T1 (volljährig): 12 x 41,68 = 500,16
- Familienbonus Plus für T2 (minderjährig): 12 x 125,00 = 1.500,00
- Unterhaltsabsetzbetrag für das erste Kind: 12 x 29,20 = 350,40
- Unterhaltsabsetzbetrag für das zweite Kind: 12 x 43,80 = 525,60

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der im gegenständliche Fall aufgeworfenen Rechtsfragen ergibt sich zweifelsfrei aus den einschlägigen Bestimmungen. Daher war die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100107.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at