zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.09.2024, RV/1100002/2024

Zurückweisung eines nicht fristgerecht eingebrachten Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt Bf.) war im Streitjahr 2020 als Grenzgänger in Liechtenstein nichtselbständig tätig.

Mit Bescheid vom erfolgte die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2020.

Am brachte der Bf. über FinanzOnline einen Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2020 ein. Unter Hinweis auf eine übermittelte Bestätigung der Arbeitgeberin vom , in welcher unter dem Titel "Nacht- und Sonntagszulagen und Vergütungen" unter anderem angeführt wird, dass dem Bf. "Auslagen Verpflegung" auf Grund Art 39 des Allgemeinen Dienstvertrags I in Höhe von 3.600,00 CHF (3.312,47 €) ausbezahlt wurden, wurde begehrt, diese Verpflegungsspesen steuerfrei zu belassen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2020 mit der Begründung abgewiesen, die vom Arbeitgeber ausbezahlten Verpflegungsauslagen seien keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988.

Die gegen den die beantragte Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2020 abweisenden Bescheid über FinanzOnline am fristgerecht eingebrachte Beschwerde richtet sich wiederum gegen die Besteuerung der Verpflegungsspesen. Unter nochmaligen Verwies auf die in diesem Zusammenhang übermittelte Bestätigung der Arbeitgeberin wurde begründend vorgebracht, bei diesen Spesen handle es sich laut Gesamtarbeitsvertrag um steuerfreie Zulagen. Das Finanzamt Österreich habe überdies bei sämtlichen Arbeitskollegen (Grenzgängern) die Verpflegungskosten steuerfrei gestellt.

In der die Beschwerde abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde begründend auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach für alle in § 26 EStG 1988 angeführten, nicht steuerbaren Arbeitgeberleistungen der Grundsatz gelte, dass darüber einzeln abgerechnet werden müsse. Für die Anwendbarkeit von § 26 Z 4 EStG 1988 sei daher der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise dem Grunde nach durch entsprechende Belege gegenüber dem Arbeitgeber zu erbringen. Dies erfordere, dass im Einzelnen eine Dienstreise nach der Definition des § 26 Z 4 EStG 1988 vorliegen und die für diese Reise vom Arbeitgeber gewährten pauschalen Tagesgelder die gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 je nach Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder nicht überschreiten würden. Die betreffende Leistung des Arbeitgebers gelte als Ersatz konkreter Aufwendungen für eine bestimmte Dienstreise. Eine solche Konkretisierung habe bereits der Leistung des Arbeitgebers für jede einzelne Dienstreise zugrunde zu liegen. Gewährte Tagesgelder würden also nur dann unter die Regelung des § 26 Z 4 EStG 1988 fallen, wenn der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise dem Grunde nach durch entsprechende Belege gegenüber dem Arbeitgeber erbracht worden sei.

Vom Arbeitgeber pauschal ausbezahlte Reiseaufwandsentschädigungen (pauschale Spesenvergütung für alle geschäftsnotwendigen Ausgaben sowie pauschale Vergütungen für die Verwendung des Privat-PKW) seien keine nicht steuerbaren Aufwandsentschädigungen iSd § 26 Z 4 EStG 1988, weil diese Reisekostenaufwendungen nicht einzeln überprüft und abgerechnet worden seien und es sich daher nicht um einen Ersatz für konkrete Aufwendungen für bestimmte Dienstreisen handle.

Am brachte der Bf. über FinanzOnline einen Vorlageantrag ein. Begründend wurde vorgebracht, seinen Arbeitskollegen seien die mit der gleichen Begründung beantragten Wiederaufnahmen ihrer Arbeitnehmerveranlagungen vom Finanzamt bewilligt worden. Es sei nicht sein Fehler gewesen, dass die damaligen Lohnausweise von der Arbeitgeberin erst im Jahr 2022 aufgrund der steuerfreien Spesen berichtigt worden seien.

In seiner Stellungnahme im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, die Beschwerdevorentscheidung vom sei am in die Databox zugestellt worden. Da der Vorlageantrag vom somit verspätet eingebracht worden sei, werde beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Sachverhalt

Der Bf. war im Streitjahr 2020 als Grenzgänger vom bis zum bei der ***1*** nichtselbständig als Fahrer im Linienverkehr tätig.

Laut den inhaltsgleichen, mit "Nacht- und Sonntagszulagen und Vergütungen" betitelten Bestätigungen der Arbeitgeberin des Bf. vom und vom bezog der Bf. im Jahr 2020 auf Grund Art 39 des Allgemeinen Dienstvertrags (ADV) I (Gesamtarbeitsvertrag) für die Linienbus-Wagenführer im Fürstentum Liechtenstein die Zulage "Auslagen Verpflegung" in Höhe von 3.600,00 CHF (3.312,47 €). Diese Pauschalspesen werden im übermittelten Jahreslohnausweis nicht gesondert ausgewiesen, sondern sind Bestandteil des Grundlohns.

Die Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die Beschwerde vom gegen den den Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2020 abweisenden Bescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde, wurde am elektronisch über FinanzOnline in die Databox des Bf. zugestellt (elektronische Signatur des Bescheides 2022-11-15T17:50:15+01:00).

Der Vorlageantrag wurde vom Bf. über FinanzOnline am eingebracht.

Der Bf. hat den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht vom , der ihm zeitgleich mit der Verständigung über die Vorlage der Beschwerde übermittelt worden ist, nicht widersprochen. So wurde weder das Vorliegen eines Fristverlängerungsansuchens behauptet (ein solches ist auch nicht aktenkundig) noch wurden die Daten der Zustellung bestritten.

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen.

4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)

In Streit steht, ob es sich bei den von der Arbeitgeberin ausbezahlten Spesen für Verpflegungsaufwendungen um nicht steuerbare bzw. steuerfreie Leistungen handelt.

Eine Sachentscheidung ist allerdings nur unter der Voraussetzung der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrags zu treffen. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Auffassung des Finanzamtes, wonach der Vorlageantrag nicht zeitgerecht eingebracht worden sei, zutreffend ist.

Gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß § 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs. 2 erster Satz BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag Sonntag oder Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Im Beschwerdefall wurde die Beschwerdevorentscheidung vom am über FinanzOnline in die Databox und damit in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf. eingebracht. Sie gilt damit gemäß § 98 Abs. 2 erster Satz BAO als zugestellt (siehe auch ).

Dem Bf. wurde die verspätete Einbringung des Vorlageantrages im Vorlagebericht, der Vorlagecharakter hat, zur Kenntnis gebracht. Der Bf. hat keine Äußerungen über allfällige Zustellmängel bzw. Fristerstreckungsanträge getätigt. Die am zu laufen begonnene Frist zur Einbringung des Vorlageantrags endete daher gemäß § 108 Abs. 3 BAO mit Ablauf des , einem Donnerstag.

Da der Vorlageantrag erst am über FinanzOnline eingebracht wurde, wurde die Frist zur Einbringung des Vorlageantrags nicht gewahrt, sodass dieser mit Beschluss gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückzuweisen war. Dem Finanzgericht war es somit verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.

4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung der Verspätung einer Eingabe hat jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende tatsächliche Geschehen zu erfolgen. Des Weiteren ergibt sich die Rechtsfolge der Zurückweisung des Vorlageantrages bereits unmittelbar aus dem Wortlaut von § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 260 Abs. 1 BAO. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Beschwerdefall daher nicht vor, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100002.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at