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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.08.2024, RV/5100422/2020

Hinterzogene Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Bindung an das Straferkenntnis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TreuRevision Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Europaplatz 4, 4020 Linz, und TreuRevision Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Europaplatz 4, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer wurde für die Jahre 2015 und 2016 am aufgrund des Vorhandenseins mehrerer Lohnzettel von Amts wegen im Weg der Schätzung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) veranlagt, wobei abgesehen von den Lohnzetteln und Pauschbeträgen für Werbungskosten und Sonderausgaben nichts weiter berücksichtigt wurde. Aufgrund des geringen Einkommens wurden für 2015 die Sozialversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers mit dem Höchstbetrag von € -220,00 rückerstattet. Für das Jahr 2016 wurde Einkommensteuer von € 153,00 festgesetzt.

Am erhielt das Finanzamt eine Kontrollmitteilung der örtlich zuständigen Großbetriebsprüfung über an den Beschwerdeführer ausgestellte Honorarnoten von in Summe 2013 € 21.345,70, 2014 € 21.500,00, 2015 € 53.755,00 und 2016 € 53.755,00.

Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass über den Beschwerdeführer am der Konkurs eröffnet worden war und dieser am aufgehoben worden ist.

Mit Ersuchen um Ergänzung datiert vom wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, die zusätzlichen Einnahmen neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit ab dem Jahr 2013 und damit in Zusammenhang stehende Ausgaben bekannt zu geben.

Mit den Schreiben des Finanzamtes vom , gerichtet an drei verschiedene Wohnadressen des zu diesem Zeitpunkt im Zentralen Melderegister nicht aufscheinenden Beschwerdeführers wurde der Beschwerdeführer an die Beantwortung des oben genannten Vorhaltes erinnert.

Mit dem als zweite Erinnerung bezeichneten erneuten Vorhalt datiert vom gleichen Inhalts wurde dem Beschwerdeführer dem Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe von € 500,00 gemäß § 111 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) angedroht, wenn er bis zum er den Vorhalt nicht beantwortet.

Mit Mail vom behauptete der Beschwerdeführer, die letzten Wochen im Ausland verbracht zu haben, bat um Fristverlängerung bis und versprach in den nächsten Tagen persönlich zu erscheinen. Mit neuerlicher Mail vom kündigte der Beschwerdeführer sein Kommen für den an.

An diesem Tag erschien der Beschwerdeführer ohne jede Unterlagen bei Finanzamt und wurde erneut über die dem Finanzamt bekannt gewordenen Einkünfte in Kenntnis gesetzt. Diese wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Mit den Bescheiden datiert legte das Finanzamt die mit der Kontrollmitteilung vom bekannt gewordenen zusätzlichen Einkünfte abzüglich des Gewinnfreibetrages der Berechnung des Einkommens für die Jahre 2013 bis 2016 zugrunde.

Dabei ergingen für die Jahre 2013 und 2014 Erstbescheide.

Die existierenden Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 datiert vom wurden gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch entsprechende neue Sachbescheide ersetzt. Dabei wurden durch einen EDV-Fehler bei den Aufhebungsbescheiden als Datum der aufgehobenen Bescheide der angegeben.

Als Begründung wurde angegeben, dass aufgrund einer Kontrollmitteilung die gewerblichen Einkünfte von Amts wegen festgesetzt worden seien (2013 € 18.570,76, 2014 € 13.050,00, 2015 € 10.875,00, 2016 € 49.855,00).

Mit gleichem Datum, dem , wurden für die Jahre 2013 bis 2016 Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen (2013 € 191,23, 2014 € 89,23, 2015 € 97,40, 2016 € 379,93) erstellt.

Am stellte die rechtfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers einen Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist für alle oben genannten Bescheide datiert vom bis zum .

Mit neuerlichem Fristverlängerungsantrag vom wurde um Erstreckung der Frist bis zum mit der Begründung ersucht, dass die für das Erstellen der Einnahmen-Ausgabenrechnung notwendigen Unterlagen immer noch nicht beim steuerlichen Vertreter eingelangt seien, eine Akteneinsicht (in die Kontrollmitteilung) notwendig sei und mit dem Rechtsanwalt noch geprüft werde, ob der vorgeschriebene Abgabenbetrag in die Quote der Privatinsolvenz einzurechnen sei.

Mit gleicher Begründung stellte die Vertreterin am 30. April neuerlich einen Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis zum .

Unter Berufung auf die mündlich erteilte Vollmacht erhob die Vertreterin am Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 und die korrespondierenden Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2013 bis 2016, alle datiert vom .

Darin begehrte der Beschwerdeführer die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 ersatzlos aufzuheben sowie "die gemäß § 299 aufgehoben Bescheide 2015 und 2016 aufzuheben und die ursprünglichen Bescheide wieder in Kraft zu setzen".

Weiter beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO und eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.

Dies begründete der Beschwerdeführer damit, dass keine Vorhalte- beziehungsweise kein Ermittlungsverfahren über die Kontrollmitteilungen durchgeführt worden und dadurch das Parteiengehör verletzt worden sei. Das Kontrollmaterial sei dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten und ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Das Finanzamt habe den angefochtenen Bescheiden einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt, da sich dieser nicht aus den dem Beschwerdeführer vorliegenden Unterlagen ableiten lasse. Da der Sachverhalt nur mangelhaft ermittelt worden sei, könne nicht erkannt werden, aus welchen Gründen das Finanzamt angenommen habe, das sich aus den in den Kontrollmitteillungen enthaltenen Einkünfte solche aus Gewerbetrieb seien. Die neuen Sachbescheide für die Jahre 2015 und 2016 hätten nicht erlassen werden dürfen, da sich die Bescheidaufhebung ausdrücklich auf Bescheide vom beziehen würden.

Mit den Bescheiden datiert vom wurden die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO datiert vom insofern von Amts wegen gemäß § 293 BAO berichtigt, als das Datum der aufgehobenen Bescheide von auf geändert wurde. Gegen diese Bescheide hat der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel erhoben.

Mit einem neuerlichen Ersuchen um Ergänzung des Finanzamtes datiert vom hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, dass er neben den Lohneinkünften von der Firma ***1*** GmbH für den Zeitraum bis und von der Firma ***2*** GmbH von bis Einnahmen erhalten habe, welche er bisher nicht erklärt habe. Er werde daher ersucht, die Beilagenblätter zur Einkommensteuererklärung E1a einschließlich einer Gewinnermittlung nachzureichen. Falls dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Ausgaben entstanden seien, solle er diese mit einer genauen Aufstellung, wie zum Beispiel einem Fahrtenbuch, bis zum nachweisen.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Geschäftsführers der steuerlichen Vertreterin am nahm dieser im Rahmen einer Akteneinsicht Kenntnis von der oben beschriebenen Kontrollmitteilung.

Mittels E-Mail vom ersuchte die steuerliche Vertreterin um Erstreckung dieser Frist bis zum .

Am erklärte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin, dass für die Jahre 2013 bis 2015 können keine Betriebsausgaben nachgewiesen werden könnten. Der Beschwerdeführer beantrage für diesen Zeitraum das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 6 % anzuwenden und den Gewinnfreibetrag in Höhe von 13 % zu berücksichtigen.

Die Gewinne aus Gewerbebetrieb würden betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2013
2014
2015
Einnahmen
21.345,00
15.000,00
12.500,00
Ausgabenpauschale
-1.280,70
-900,00
-750,00
20.064,30
14.100,00
11.750,50
Freibetrag investierte Gewinne
-2.608,36
-1.833,00
-1.527,50
17.455,94
12.267,00
10.222,50

Im Jahr 2016 habe die ***2*** GmbH dem Beschwerdeführer ein Mitarbeiterdarlehen in Höhe von € 50.000,00 zugestanden, worüber ein schriftlicher Darlehensvertrag geschlossen worden sei. Die im Jahr 2016 auf dem Verrechnungskonto verbuchten Beträge seien daher keine Betriebseinnahmen, sondern Teilbeträge, des Mitarbeiterdarlehens. Die auf dem Verrechnungskonto verbuchten € 53.755,00 seien daher keine Einnahmen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer habe bei Herrn ***2*** die Übermittlung des Vertrages angefordert. Dieser sei nach seiner Auskunft in die Buchhaltung gegeben worden, aber aufgrund der Insolvenz der ***2*** GmbH nicht mehr auffindbar. Das Vorliegen sowie der Inhalt des Vertrages könne von Herrn ***2*** bezeugt werden.

In den Beschwerdevorentscheidungen datiert vom betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2015 folgte das Finanzamt dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Vorhaltsbeantwortung vom setzte für 2013 € 17.455,94, 2014 € 12.267,00 und 2015 € 10.222,50 an Einkünften aus Gewerbebetrieb an, ohne dies näher zu begründen.

Die gegen die Einkommensteuer für das Jahr 2016 gerichtete Beschwerde hingegen wurde am als unbegründet abgewiesen.

Dies wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer keinen schriftlichen Nachweis dafür vorgelegt habe, dass die auf sein Verrechnungskonto ausbezahlten € 53.755,00 ein Mitarbeiterdarlehen gehandelt habe, über welches ein schriftlicher Darlehensvertrag abgeschlossen wurden sei. Da kein entsprechender schriftlicher Nachweis über das Vorliegen eines solches Mitarbeiterdarlehens weder vom Beschwerdeführer noch von der Firma ***2*** GmbH vorgelegt habe werden können, sei ausbezahlte Betrag zur Gänze in der Einkommensteuererklärung (als Einkünfte aus Gewerbebetrieb) anzusetzen gewesen.

Die Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 wurden am nachweislich der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers zugestellt.

Am verfasste das Finanzamt die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Festsetzungen von Anspruchszinsen für die Einkommensteuer 2013 bis 2015 und begründete dies mit den Worten:

"Gemäß § 205 BAO löst jede Nachforderung beziehungsweise Gutschrift gegebenenfalls einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor. Einer Abänderung (Aufhebung) des Stammabgabenbescheides ist gegebenenfalls durch die amtswegige Erlassung eines neuen Zinsenbescheides Rechnung zu tragen. Dass es in Fällen der Bagatellgrenze nicht zur vollständigen Egalisierung kommt, wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen, weil sich die Bagatellregelung nicht nur zu Lasten von Abgabepflichtigen, sondern je nach Fallkonstellation ebenso zu ihren Gunsten auswirken kann. Da in Ihrem Fall die Bagatellgrenze von € 50,00 nicht überschritten wird, war Ihre Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide 2013 bis 2015 abzuweisen gewesen."

Diese Beschwerdevorentscheidungen wurden am der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers zugestellt.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Einkommensteuer 2016 wurde damit begründet, dass da es zu keiner Änderung des ursprünglichen Abgabenbescheides gekommen sei und daher kein neuer Anspruchszinsenbescheid nach § 205 BAO zu erlassen sei.

Diese Beschwerdevorentscheidung wurde am der der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers zugestellt.

Der Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde vom bezieht sich ausdrücklich auf die Bescheide vom betreffend, Einkommensteuer 2013, Festsetzung von Anspruchszinsen 2013, Einkommensteuer 2014, Festsetzung von Anspruchszinsen 2014, Körperschaftsteuer 2015, Festsetzung von Anspruchszinsen 2015, Einkommensteuer 2016 und Festsetzung von Anspruchszinsen 2016

Dabei wiederholte der Beschwerdeführer das Vorbringen, dass sich die Beschwerden gegen die Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften richte, da die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegten Sachverhalt mangelhaft ermittelt und das Parteiengehör verletzt habe, weil betreffend die angeblich vorliegenden Kontrollmitteilungen keinerlei Vorhalteverfahren durchgeführt worden sei, die vorgenommene Beweiswürdigung somit nicht nachvollziehbar sei und die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheiden damit einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, die Bescheide betreffend die Einkommensteuer für 2013 bis 2016 mangelhaft begründet seien, weil die Erwägung der belangten Behörde, auf Basis welcher konkreten Beweismittel und welcher daraus gezogenen logischen Schlussfolgerungen sie zu dem Sachverhalt gelangt sei, den sie der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegt habe, daraus nicht ersichtlich sei, die Bescheide betreffend die Einkommensteuer 2013 bis 2016 auch deshalb mangelhaft begründet seien, weil die belangte Behörde es unterlassen habe darzustellen, auf Basis welcher getroffenen Feststellungen sie zu der Ansicht gelangt sei, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der angesetzten Höhe erzielt worden seien und das Erlassen der Sachbescheide 2015 und 2016 unzulässig gewesen sei, da sie sich auf Aufhebungsbescheide beziehen würden, welche Bescheide des Jahres 1998 beträfen.

Neu ist das Vorbringen, dass sämtliche Zustellungen von Beschwerdevorentscheidungen nicht erfolgt seien, da die rechtsfreundliche Vertreterin über keine Zustellvollmacht verfüge.

In Folge dieser Argumentation wiederholte der Beschwerdeführer "die Anträge die Bescheide 2013 und 2014 ersatzlos aufzuheben sowie die gemäß § 299 aufgehoben Bescheide 2015 und 2016 aufzuheben und die ursprünglichen Bescheide wieder in Kraft zu setzen" und jene auf Entscheidung durch den gesamten Senat und das Durchführen einer mündlichen Verhandlung (§ 272 Abs. 2 Z 1 BAO und § 274 Abs. 1 Z 1 BAO).

Dazu wiederholte die Beschwerdeführerin die Argumente der Beschwerdeschrift weitgehend wörtlich, brachte aber ergänzend und die frühere Vorhaltsbeantwortung wiederholend vor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2016 von der ***2*** GmbH ein Mitarbeiterdarlehen in Höhe von €50.000,00 erhalten habe, worüber ein schriftlicher Darlehensvertrag abgeschlossen worden sei, weswegen die auf dem Verrechnungskonto aufgeführten € 53.755,00 nicht in die Steuerklärung aufzunehmen seien. Nach der Insolvenz der ***2*** GmbH sei dieser Vertrag in der Buchhaltung jedoch nicht mehr auffindbar. Eine jederzeit mögliche Zeugenaussage Herrn ***2*** sei vom Finanzamt nicht eingefordert worden.

Außerdem verfüge der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers über keine Zustellvollmacht, weswegen Zustellungen ausschließlich an den Beschwerdeführer selbst zu erfolgen hätten. Die Beschwerdevorentscheidungen beziehungsweise die berichtigten Bescheide seien daher als rechtlich nicht existent anzusehen.

Im Bericht über die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht vom , welcher auch dem Beschwerdeführer zugestellt wurde und deshalb als Vorhalt zu werten ist, vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass es nicht nachvollziehbar sei, weswegen die Beschwerdevorentscheidungen zur Einkommensteuer 2013 bis 2015 vom bekämpft würden, obwohl den beantragten Änderungen der steuerlichen Vertretung in den genannten Bescheiden vollinhaltlich entsprochen worden sei.

Außerdem habe der Beschwerdeführer nicht bestritten, die laut Kontrollmitteilung vom erzielten Einkünfte in den Jahren 2013 bis 2016 tatsächlich erhalten zu haben.

Dass es sich bei den im Jahr 2016 erzielten Einnahmen um ein Mitarbeiterdarlehen der von ***2*** GmbH gehandelt habe, sei vom Beschwerdeführer weder in der persönlichen Vorsprache am noch in der Beschwerde vom vorgebracht worden. Einen schriftlichen Darlehensvertrag habe die steuerliche Vertretung erstmals in der Vorhaltsbeantwortung vom behauptet. Dass dieser aber aufgrund der Insolvenz der ***2*** GmbH nicht mehr auffindbar sei, wäre daher nicht glaubwürdig.

Wäre tatsächlich ein schriftlicher Darlehensvertrag geschlossen worden, hätte auch der Beschwerdeführer eine Ausfertigung besitzen müssen, eine entsprechende Kopie sei aber bisher nicht übermittelt worden. Wenn es sich tatsächlich um ein Mitarbeiterdarlehen gehandelt habe, wie von der steuerlichen Vertreterin behauptet worden sei, dann hätte der insolvent gewordene Arbeitgeber, die ***2*** GmbH vermutlich schon beizeiten seine Forderung gegen den Beschwerdeführer geltend gemacht und es gäbe diesbezüglich Unterlagen.

Zu dem Vorwurf der steuerlichen Vertretung, wonach die Abgabenbehörde den zugrunde gelegten Sachverhalt mangelhaft ermittelt und betreffend die Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfung keinerlei Vorhalteverfahren durchgeführt worden sei, erläuterte das Finanzamt detailliert den oben dargestellten Verfahrensgang, aus welchem das Gegenteil der Behauptung des Beschwerdeführers hervorgeht.

Dem Vorbringen, wonach die Sachbescheide zur Einkommensteuer 2015 und 2016 unzulässig erlassen worden seien, weil sie sich auf Aufhebungsbescheide, die das Jahr 1998 betreffen, beziehen würden, hielt das Finanzamt entgegen, dass die Aufhebungsbescheide zur Einkommensteuer 2015 und 2016 vom , welche einen EDV-Fehler enthielten mit Bescheid datiert vom gemäß § 293 BAO berichtigt worden seien.

Auch die Zustellung sämtlicher Beschwerdevorentscheidungen zur Einkommensteuer 2013 bis 2016 und jene zu den damit zusammenhängenden inkl. den Anspruchszinsenbescheide sei korrekt erfolgt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs umfasse eine allgemeine Vollmacht auch eine Zustellungsbevollmächtigung (mit Fundstellen), was auch gelte, wenn sich ein Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht berufe. Da sich der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerde vom ausdrücklich auf die (mündlich) erteilte Vollmacht berufen habe und das Nichtvorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung darin nicht ausdrücklich angegeben habe, sei für die Abgabenbehörde davon auszugehen gewesen, dass er Zustellungsbevollmächtigter des Beschwerdeführers sei.

Wenn der steuerliche Vertreter erstmals im Vorlageantrag vom bekannt gegeben habe, über keine Zustellvollmacht zu verfügen, so ändere dies nichts an der rechtsgültigen Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen datiert vom 4., 5. und .

Hinsichtlich der Anspruchszinsen 2013 bis 2016 verwies das Finanzamt auf die Ausführungen in den Beschwerdevorentscheidungen vom 5. und .

Mit Erkenntnis gemäß § 141 Abs. 3 FinStrG (Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958; Rechtsmittelverzicht aller Parteien) wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen, unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die Veranlagungsjahre 2013 bis 2016 Verkürzungen an Einkommensteuer für 2013 in der Höhe von € 2.647,00, 2014 € 1.569,00, 2015 € 2.817,00 und 2016 € 4.000,00 in der Höhe von insgesamt daher von € 11.033,00 dadurch bewirkt zu haben, dass er seine seit zumindest 2013 ausgeübte gewerbliche Tätigkeit der Abgabenbehörde nicht angezeigt und die von ihm dabei erzielten Einkünfte gegenüber dem Fiskus verheimlicht habe, indem er für 2013 keine Abgabenerklärung sowie für 2014 bis 2016 Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung (für 2014: ein leeres Formular) eingereicht habe, wodurch infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs die Einkommensteuer 2013 und 2014 nicht mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt hätte werden können und für 2015 und 2016 Einkommensteuerbescheide erlassen worden wären, in welchen Abgaben zu niedrig festgesetzt worden seien und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben. Dementsprechend wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von € 2.800,00 verhängt.

Aus der Niederschrift zur mündliche Verhandlung gemäß § 135 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) geht hervor, dass der Zeuge ***3*** ***4*** ***2*** befragt wurde und der Amtsbeauftragte seinen Antrag insoweit modifiziert hat, dass die für das Jahr 2016 bewirkte Verkürzung der Einkommensteuer mit € 4.000,00 beziffert wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat in den Jahren 2013 bis 2016 neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit solche aus Gewerbebetrieb bezogen, welche im Jahr 2013 € 17.455,94, 2014 € 12.267,00, 2015 € 10.222,50 und 2016 € 10.930,93 an Einkünften aus Gewerbebetrieb betragen haben.

Für diese Jahre hat der Beschwerdeführer keine Einkommensteuererklärungen abgegeben und auch bei den Pflichtveranlagungen aufgrund mehrerer nichtselbständiger Einkunftsquellen in den Jahren 2015 und 2016 nicht auf das Vorhandensein von Einkünften aus Gewerbebetrieb aufmerksam gemacht, weswegen für diese Jahre Einkommensteuerbescheide datiert vom ohne die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte erlassen wurden.

Erst durch Außenprüfungen bei jenen Firmen, von welcher der Beschwerdeführer die Honorare bezogen hat, erlangte die Finanzverwaltung Kenntnis davon, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2013 bis 2016 nicht nur nichtselbständige, sondern auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hat.

Zu Auskünften und Vorlage von Unterlagen war der Beschwerdeführer im Ermittlungsverfahren des Finanzamtes trotz mehrmaliger Aufforderung, wiederholter Fristverlängerung, Androhung von Zwangsstrafe und persönlicher Vorsprache nicht bereit, bestritt aber das Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht.

Erst nach dem Ergehen der Erstbescheide 2013 und 2014, beziehungsweise der mit den Aufhebungsbescheiden nach § 299 BAO erlassenen neuen Sachbescheide 2015 und 2016 und Einblick in die dem Finanzamt vorliegenden Kontrollmitteilungen durch seine Vertreterin war der Beschwerdeführer bereit, zur Höhe seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb (nach mehrfacher Fristverlängerung) im Rahmen seiner Beschwerdeschrift Stellung zu nehmen.

Nach Einblick in die Kontrollmitteilungen durch die Vertreterin des Beschwerdeführers, erklärte dieser keine Betriebsausgaben nachweisen zu können, beantragte aber das Betriebsausgabenpauschale und den Gewinnfreibetrag zu berücksichtigen.

Es kann vermutet werden, dass der Beschwerdeführer diese Vorgangsweise gewählt hat, um herauszufinden, welche von seinen mehreren Einkunftsquellen für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Finanzverwaltung bekannt waren, ohne von sich aus solche zuzugeben, welche bis dahin im Dunkeln geblieben sein mögen.

Wie oben dargestellt, wurde der Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom des Spruchsenates des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde wegen des Vergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrg (Abgabenhinterziehung) in der Form verurteilt, für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2016 Verkürzungen an Einkommensteuer in Höhe von 2013 € 2.647,00, 2014 € 1.569,00, 2015 € 2.817,00 und 2016 € 4.000,00 dadurch begangen zu haben, "dass er seine seit zumindest 2013 ausgeübte gewerbliche Tätigkeit der Abgabenbehörde nicht angezeigt und die von ihm dabei erzielten Einkünfte gegenüber dem Fiskus verheimlicht hat, indem er für 2013 keine Abgabenerklärung sowie für 2014 bis 2016 Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung (für 2014: ein leeres Formular) eingereicht hat, wodurch infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs die Einkommensteuer 2013 und 2014 nicht mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt werden konnte und für 2015 und 2016 Einkommensteuerbescheide erlassen wurden, in welchen Abgaben zu niedrig festgesetzt wurde."

Da von allen Parteien ein Rechtsmittelverzicht zu diesem Finanzstraferkenntnis abgegeben wurde, ist dieses rechtskräftig und die dort festgehaltenen Sachverhaltselemente für das Bundesfinanzgericht (soweit verurteilend) bindend.

Die Verkürzungsbeträge entsprechen den vom Finanzamt in den Beschwerdevorentscheidungen datiert vom angesetzten Einkünften aus Gewerbebetrieb von € 17.455,94 für 2013, € 12.267,00 für 2014 und € 10.222,50 für 2015 und insofern dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Vorhaltsbeantwortung vom .

Der Verkürzungsbetrag von € 4.000,00 für das Jahr 2016 ergibt sich aus zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hinzutretenden Einkünften aus Gewerbebetrieb von € 10.930,93. Insofern liegt kein behauptetes Darlehen der ***2*** GmbH an den Beschwerdeführer vor, sondern handelt es sich um nicht erklärte Einkünfte aus Gewerbetrieb

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Unterlagen, insbesonders aus den oben beschriebenen Kontrollmitteilungen, dem Vorbringen der Parteien, soweit es übereinstimmend ist, dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung und insbesondere aus der Bindung an die Sachverhaltsfeststellungen im Erkenntnis vom des Spruchsenates des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde.

§ 116 BAO lautet:

"(1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war."

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht eine Bindung der Abgabenbehörden und des Bundesfinanzgerichts im Falle rechtskräftiger verurteilender Entscheidungen eines Strafgerichts, einer Finanzstrafbehörde oder des Bundesfinanzgerichts nach einem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren an die Tatsachenfeststellungen, auf denen der Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (siehe für Viele Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 116, IV. Bindung an Strafurteile [Rz 14] und die dort zitierten Fundstellen.

Die Bindung betrifft nur den festgestellten Sachverhalt, nicht jedoch dessen steuerliche Beurteilung (siehe Ritz/Koran, aaO.).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

A) Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

Wie oben dargestellt hat der Beschwerdeführer in den Jahren 2013 bis 2016 nicht erklärte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der im Sachverhalt festgestellten Höhe bezogen. Diese sind gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988 in Verbindung mit § 23 EStG 1988 der Einkommensteuer zu unterwerfen.

Da die Höhe dieser Einkünfte entsprechend des Erkenntnisses vom des Spruchsenates des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde von jener der angefochtenen Bescheide abweicht, waren diese entsprechend abzuändern.

B) Anspruchszinsen:

Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide nach Maßgabe des § 205 BAO zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um mögliche Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben ().

Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind von Amts wegen neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().

Wegen der genannten Bindung sind Anspruchszinsenbescheide nicht erfolgreich mit der Begründung anfechtbar, die maßgebenden Einkommensteuerbescheide seien inhaltl ich rechtswidrig (ständige Judikatur u nd Lehre; für Viele siehe Ritz/Koran, BAO7 § 205 Tz 34).

Dass die Berechnung der Anspruchszinsen unrichtig gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, sondern seine Ausführunten auf die zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheide begrenzt.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich der Anspruchszinsen als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieses Erkenntnis auf das Anwenden der oben zitierten ständigen Judikatur und das Anwenden des Gesetzetextes beschränkt, wurden keine Rechtsfragen berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung in diesem Verfahren hinausgeht.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 141 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 116 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100422.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at