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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.09.2024, RV/7102844/2023

Rückzahlung von Fremdmittel relevant für die Bemessung der Höhe der außergewöhnlichen Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom , weil das Finanzamt die Kosten iHv EUR 5.915,42 für eine in einer Privatklinik durchgeführten Operation mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung gem § 34 EStG anerkannt hatte.

In seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer folgende Begründung vor, hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Operationskosten vor:

"

1. Außergewöhnlich: Die Belastung war außergewöhnlich, weil ich die Kosten nicht aus meinem laufenden Einkommen bestreiten konnte. Das Einkommen war u.a. durch die Entgelteinstellung seitens meines Arbeitgebers (BDIR NÖ) geschmälert. Ich musste einen Kredit aufnehmen, um die Kosten begleich zu können.

2. Zwangsläufig: Die Behandlung in der Privatklinik war zwangsläufig aus folgenden Gründen: Ich konnte wegen der Wirbelsäulenschmerzen nicht mehr sitzen, dann auch mit Krücken nicht mehr gehen und musste, weil ich keine Unterstützung hatte, einmal aus dem Badezimmer kriechen (wörtlich zu nehmen). Trotz multimodaler Schmerztherapie war keine Besserung zu erreichen. Die mir im Landesklinikum angebotenen Operation (mit längerer Wartezeit) wäre eine Versteifung meines Lendenwirbels gewesen. Davon wurde mir wegen meiner diagnostizierten Osteoporose und weil ich bereits zwei Wirbelkörper "zementiert" bekommen hatte, dringend abgeraten. Daraufhin bekam ich vom Privatarzt Dr. Mrfka in Graz einen Akut-Termin für eine "schonendere" Operation.

3. Ohne diese Operation mit nachfolgender REHA hätte ich meine Arbeit überhaupt nicht mehr antreten können (Wiedereingliederungs-Teilzeit, wiederum mit finanziellen Einbußen)."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Als Begründung führte das Finanzamt wie folgt aus:

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Ob die öffentlichen Krankenhäuser nicht auch die erforderlichen operativen Maßnahmen (Dekompression des Spinalkanals ohne gleichzeitiger percutaner Stabilisierung) zur Wiederherstellung der Gesundheit getroffen hätten, wurde nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Für Umfang und Wartezeiten einer ärztlichen Behandlung in Krankenanstalten ist ausschließlich der Gesundheitszustand maßgebend. Ein früherer OP-Termin ist für sich alleine nicht ausreichend, um von einer Zwangsläufigkeit der OP in einer Privatklinik auszugehen.

Zur weiteren Information:

Eine Kredit- oder Darlehensaufnahme führt noch zu keiner Belastung des Einkommens. Diese tritt erst nach Maßgabe der Rückzahlung der Schuld ein. Dabei kommt es alljährlich zu einer Kürzung um den Selbstbehalt, der sich aus dem jeweiligen Jahreseinkommen ableitet. Ihre Rückzahlungen für den aufgenommenen Kredit betrugen im Jahr 2019 laut den nachgereichten Unterlagen 2.344 Euro, der für Sie gültige Selbstbehalt im Jahr 2019 liegt bei 3.310,76 Euro. Somit ergibt sich auch daraus keine steuerliche Auswirkung."

Am stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Beschwerde vor das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer unterzog sich am einer Dekompression des Spinalkanals ohne gleichzeitiger percutaner Stabilisierung in einer Privatklinik.

Für die Operation und dem Spitalsaufenthalt vom bis zum wurden im von der Klinik EUR 7.460,22 in Rechnung gestellt.

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter leistete einen Kostenzuschuss von EUR 1.544,80.

Den Restbetrag von EUR 5.915,42 machte der Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung in seiner Arbeitnehmerveranlagung geltend.

Da der Beschwerdeführer die Kosten für die Operation nicht aus dem laufenden Einkommen bezahlen konnte, nahm er einen Kredit zur Finanzierung der Operation auf. Die Kreditaufnahme erfolgte somit zwangsläufig aufgrund der Operation.

Im Jahr 2019 tätigte der Beschwerdeführer eine Rückzahlung inkl Finanzierungskosten von EUR 2.344,00 (8 Raten je EUR 293,00).

Der für die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen relevante Selbstbehalt gem § 34 Abs 4 EStG, der im Jahr 2019 für den Beschwerdeführer anwendbar ist, beträgt EUR 3.310,76.

2. Beweiswürdigung

Der Spitalsaufenthalt anlässlich der Operation und der Rechnungsbetrag ergibt sich unzweifelhaft aus der vorgelegten Rechnung der Privatklinik vom .

Die Rückerstattung des Kostenersatzes durch die BVA ergibt sich unzweifelhaft aus dem Schreiben vom .

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zur Finanzierung der Operation einen Kredit aufgenommen hat, ergibt sich für das Bundesfinanzgericht zweifelsfrei aus dem Vorbringen in der Beschwerde vom . Dass die Kreditaufnahme im Zusammenhang mit der Operation steht und durch diese zwangsläufig notwendig war, zeigen auch die vorgelegten Kreditunterlagen, die mit - also fünf Tage vor der Operation - datiert sind.

Die Feststellung der Rückzahlung iHv EUR 2.344,00 ergibt sich aus dem Antwortschreiben des Beschwerdeführers vom auf den Vorhalt vom . Die Angaben stehen auch im Einklang mit dem vorgelegten Tilgungsplan der kreditgebenden Bank, der im Jahr 2019 acht Raten zu je EUR 293,00 vorsieht.

Der Selbstbehalt errechnet sich unzweifelhaft aus den beim Finanzamt eingereichten Lohnzettel betreffend den Beschwerdeführer. Das zum Tarif zu versteuernde Einkommen des Beschwerdeführers beträgt im Jahr 2019 EUR 28.219,00. Die Sonderzahlungen betragen nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge EUR 4.888,60. Die für die Berechnung des Selbstbehalts relevanten Einkünfte gem § 34 Abs 4 iVm Abs 7 EStG betragen somit EUR 33.107,60. Damit kommt gem § 34 Abs 4 EStG ein Selbstbehalt von 10% dieses Einkommens zur Anwendung. Der Selbstbehalt beträgt somit die festgestellten EUR 3.310,76.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss vor allem folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)

Die drei Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine als außergewöhnliche Belastung beantrage Ausgabe steuerlich berücksichtig werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu § 34 EStG führt ein Kredit- oder Darlehensaufnahme noch zu keiner Belastung des Einkommens. Die Belastung des Einkommens tritt erst nach Maßgabe der Rückzahlung der Schuld (einschließlich Zinsen) ein. Bei außergewöhnlichen Belastungen kommt es daher nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung der Ausgaben an, sondern auf die Rückzahlung der geborgten Mittel, die zur Finanzierung der Ausgaben gedient haben (vgl ; ; , , ).

Wie im Sachverhalt festgestellt beträgt der Selbstbehalt gem § 34 Abs 4 EStG im konkreten Fall EUR 3.310,76. Die Rückzahlung des Darlehens inkl Finanzierungskosten beträgt im Jahr 2019 EUR 2.344,00. Da der Rückzahlungsbetrag im Selbstbehalt vollständig Deckung findet, wird gem § 34 Abs 1 Z 3 iVm Abs 4 EStG die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht wesentlich beeinträchtigt.

Da bereits der Selbstbehalt höher ist als die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes relevanten Kosten iHv EUR 2.344,00, brauchen die beiden anderen Tatbestandsmerkmale (Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit der Ausgaben) nicht weiter geprüft zu werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102844.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at